Kunstdrucke mit Motiven von Roerich Nicholas und Roerich Svetoslav

 

 


Briefe von Helena Roerich, Band 1, 1929 - 1935 >> 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10


20. April 1935

       Alle Irrtümer und schrecklichen Widersprüche entstehen, weil man Gott von der geoffenbarten Natur trennt. Nur wenige denken über die Immanenz Gottes nach und erkennen, was dies vor allem besagt – nämlich daß der Mensch von Gott ermächtigt ist.

       Wieso wollen Sie dann so sicher sein, daß ”es unmöglich ist, die Eigenschaften, die erworben und entwickelt wurden, wieder zu verlieren?” In der Tat, der Kosmos umfaßt beides, Evolution und Involution; und wenn im Kosmos Geoffenbartes wieder in Chaos zurückfällt, so kann dies auch mit dem Menschen, dem Mikrokosmos, geschehen. Es geschieht, wenn die besten Gefühle des Menschen mit den niedersten Erscheinungen des Egoismus vermischt, von ihnen überwältigt werden und sich in verderbliche Energien verwandeln. Das größte und unheilvollste Beispiel ist der Fall des Fürsten dieser Welt. Solch ein Fall ist selbst bei einem Geist von so hoher Entwicklungsstufe möglich.

       Über den Begriff des Absoluten und seine Synonyme Unendlichkeit, Absolute Vernunft oder Weisheit, Absolutes Bewußtsein und Absolutes Sein muß man ernsthaft nachdenken und sich dann fragen, ob es möglich ist, sie zu erreichen. Wenn von einer Verschmelzung mit dem Kosmos gesprochen wird, so muß dies in völliger Relativität verstanden werden; anders widerspräche es der Unbegrenztheit. Der Göttliche Funke oder Gott in uns kann durch Herzstreben so stark entwickelt werden, daß er mit dem höchsten Raumfeuer verschmilzt. Durch sein Licht kann er dann alle in uns aufgespeicherten geistigen Schätze, diese hohen Energien, die im Gefühlswissen zum Ausdruck kommen, enthüllen. Doch der Grad der Erleuchtung wird in jedem Fall mit den Aufspeicherungen im Kelch völlig übereinstimmen. Mit jeder weiteren Vervollkommnung, mit jeder höheren Evolution der Menschheit, mit jedem höheren Zyklus unseres Planeten werden daher diese Erleuchtungen höher und schöner sein – und so fort bis ins Unendliche.

       Es ist falsch, die Ur-Materie als geistlos anzusehen. Sie ist das erste Stadium der Offenbarung des Geistes, folglich auch die höchste. Geist ohne Materie existiert nicht. Des Geistes beraubte Materie nennen wir den Zustand der Materie auf den niederen Ebenen, wenn die höchsten Energien die Materie verlassen haben und nur das tierische Leben erhalten bleibt. Genaugesagt, wenn Materie zu Abfall wird, verbleibt nur noch die kosmische Umarbeitung.

       Ebenso ist es falsch, den Zustand von Pralaya als ”Tod” zu bezeichnen, denn im Kosmos gibt es keinen solch rein menschlichen Begriff wie Tod. Es gibt nur eine unbegrenzte Wandlung der Formen. In der Zeit des Großen Pralaya verbleibt daher die Materie in ihrem höchsten Zustand, sie wird daher keineswegs des Geistes beraubt; denn der Große Atem setzt auch während des Maha-Pralaya nicht aus, während im kleinen Pralaya alle Welten im Status quo verharren.

       Zweifellos gibt es im geoffenbarten Kosmos viele Unvollkommenheiten. Andernfalls hätte es keine Offenbarungen gegeben, da das Leben des Kosmos sich in ewiger Bewegung befindet, aus der die ganze Evolution fließt, der gesamte Vervollkommnungsprozeß. Obgleich es zutrifft, daß vieles Unheil sich im Lauf der Zeit nicht als unheilvoll, sondern eher als wohltätig erweist, muß man nichtsdestoweniger verstehen, daß all dieses Unglück mit dem menschlichen Bewußtseinsstand zusammenhängt. Wenn sich jedoch das Bewußtsein der Menschheit laufend vervollkommnet, wird sich dadurch nicht nur die tägliche Notlage wesentlich ändern, sondern auch der Aspekt des Schreckens der kosmischen Kataklysmen wird ein anderer. Das Bewußtsein des Menschen muß besser angepaßt werden, um beidem zu widerstehen. In der Tat, im Kosmos herrscht das große Gesetz der Entsprechung.

       Der Mensch selbst verletzt ständig dieses Gesetz durch Herabsetzung und Verrat des göttlichen Geschenks des freien Willens und stürzt sich und seinen Planeten in fürchterliches Unheil. Der Einfluß des Menschen auf alle kosmischen Zustände ist groß – und umgekehrt. Es wäre wirklich weise, diese starke gegenseitige Beeinflussung der kosmischen und menschlichen Kräfte vordringlich und sehr aufmerksam zu studieren. Das gesamte Leben des Menschen würde um vieles freier, leichter und schöner werden!

       Und nun möchte ich nur noch hinzufügen, daß die Lehre jedem zugänglich ist, der genügend Geistigkeit und die nötigen Eigenschaften besitzt – die wichtigsten Eigenschaften für jene, die dem Großen Lehrer näherkommen wollen. Doch ohne diese in der Lehre erwähnten Grundeigenschaften kann niemand hoffen, als Schüler aufgenommen zu werden, auch nicht, wenn er große intellektuelle Fähigkeiten besitzt. In der Tat, die Lehre ist zugänglich, denn zu allen Zeiten ist jener Teil der Wahrheit, den die Menschheit in sich aufnehmen konnte, der Welt immer gegeben worden. Doch es ist ganz unmöglich, jemandem die Wahrheit aufzuzwingen; jeder muß sie von selbst finden. Alles was getan werden kann, ist, die Richtung zu weisen.

* * *

       Erfahrungen in Levitation, Materialisation, Projektion des Astralen – all das, was in den psychischen Forschungsinstituten vielmals demonstriert wurde, hat mit geistigen Errungenschaften und der Annäherung an den Lehrer nichts zu tun. Im Gegenteil, sehr oft ist es nur ein Hindernis auf dem Pfad des Aufstiegs. Alle Großen Lehrer sind gegen solche Phänomene, und mit wenigen Ausnahmen nehmen sie Menschen, die zu Mediumismus neigen, nicht als Schüler an. Denn tatsächlich sind die Experimente mit den hohen feurigen Energien etwas wesentlich anderes und liegen jenseits der Fähigkeit eines Mediums.

       Viel Mißverständnis gibt es auch bezüglich des § 185 im Buch Agni Yoga. Und solchen Mißverständnissen liegt oftmals mehr zugrunde als pure Einfalt. Hauptsächlich ist es die unbewußte Auflehnung der Ichsucht gegen die Autorität der Hierarchie. Dieser Paragraph zeigt klar die Notwendigkeit auf, einen irdischen Lehrer zu wählen, der schließlich ein Bindeglied zum Höheren Lehrer sein kann. Sicherlich, die Lehrer können nicht jeden lenken, der sich ihnen nähert. Sie sind mit kosmischen Aufgaben beschäftigt und führen derzeit einen fürchterlichen Kampf gegen die finsteren Kräfte, die versuchen, unseren Planeten zu vernichten. Deshalb geben Sie die Lehre durch einen Hauptkanal und überwachen dann die zahlreichen Gruppenbewegungen um die Lehre. Jedoch können Sie Personen nur leiten, wenn diese bestimmten Aufforderungen nachkommen. Viele von denen, die sich der Lehre nähern, befinden sich noch in einem elementaren Zustand, ihr Bewußtsein ist durch Vorurteile und unterbewußte vorgefaßte Meinungen infiziert, so daß es für sie wichtig ist, vorerst einen irdischen Lehrer zu haben.

       Dieser Lehrer kann ihr Denken reinigen und ihr Bewußtsein für jene spätere Stufe vorbereiten, auf der sie das Nahen des Großen Lehrers wahrnehmen. Es ist wirklich eine seltene Begebenheit, die Stimme des Lehrers zu hören! Dazu sind viele geistige Aufspeicherungen nötig! Und wie oft geschieht es, daß Menschen, die nur einen Blick in die Bücher der Lehre geworfen haben, in ihrem Eigendünkel die Stimmen aus der feinstofflichen Welt fälschlich für die Stimme des Lehrers halten! Nur wer geistig stark ist, geistiges Gleichgewicht und Unterscheidungsvermögen besitzt, kann sich nähern und die Lehre der Großen Brüder der Menschheit in sich aufnehmen. Viele Verblendungen und mannigfaltige Versuchungen aus der feinstofflichen Welt befallen den, der auf dem Pfad ist. Der einzig wahre Maßstab, das einzige Licht, das zum Ziele führt, ist die reine Flamme des Herzens. Genaugesagt, das reine Herz und das klare Bewußtsein werden den rechten Pfad weisen.

       Das ist der Grund, warum die Lehre die Läuterung des Denkens, das Erweitern des Bewußtseins und die Herzensbildung so betont!

* * *

       Nicht ein einziger der Großen Lehrer der Menschheit hat unser Sonnensystem verlassen. Sie haben selbst die Sphären, die unseren Planeten umgeben, nicht verlassen. Im Gegenteil, Sie sind uns näher als je zuvor, denn das ungestüme Harmagedon erfordert die Anspannung aller Kräfte der Hierarchie des Lichts. Selbst wenn es kein Harmagedon gäbe, würden diese Höchsten Geistwesen ihre Vervollkommnung in anderen, höheren Sphären auf Planeten noch innerhalb der Grenzen unseres Sonnensystems fortsetzen. Die Erde ist nicht der höchste Planet in unserem Sonnensystem. Die Hohen Geistwesen kamen von einem höheren Planeten auf die Erde, um die Evolution unserer Menschheit zu beschleunigen. Aber da ihr Planet die ganze Evolutionsrunde noch nicht beendet hat, werden Sie dahin zurückkehren, sobald er die Ihrer Geisteshöhe entsprechende Runde erreicht hat.

       Der Begriff der Großen Weißen Bruderschaft ist von Mißverstehen und Irrtum umgeben. Es war vielleicht zu erwarten, denn unser Schriftgut ist armselig, was diese Kenntnis betrifft und wird von Händen, die weder rein noch schön sind, entstellt.

* * *

       Was meinen Sie mit: ”Die Auswahl eines Lehrers steht auch den örtlichen Schülern zu, die einen der Brüder wählen können”? Wenn Sie dabei an die dort befindlichen Inder denken oder an Leute, die in Indien leben, so sind diese in der gleichen Lage wie Sie! Denn die Zahl der Schüler, die dort in ihrem physischen Körper im Bollwerk der Weißen Bruderschaft wohnen, ist äußerst gering; darüber hinaus sind diese wenigen bereits Adepten. In einem Jahrhundert gelangen nicht mehr als einer oder zwei in ihrem physischen Körper in die Weiße Bruderschaft. So gelangte im Jahre 1924 unsere Landsmännin H. P. Blavatsky zu Ihnen (in einem männlichen Körper ungarischer Nationalität). Verspottet, verleumdet, verfolgt nahm sie einen Platz unter den Rettern der Menschheit ein. So wiederholt sich die Geschichte, und so wirkt die kosmische Gerechtigkeit.

* * *

       Fohat ist die feinste feurige Energie; sie kann bei Berührung einen unvorbereiteten Organismus verbrennen und einen martervollen Tod verursachen. Ich selbst sah Fohat mit meinen physischen Augen und war voller Wunder, als ich das Zerbersten eines Sonnenstrahles in Millionen von leuchtenden Funken von Fohat gewahrte. Danach erlitt ich eine leichte Verbrennung der Zentren. Ebenfalls sah ich den Kristall von Materia Lucida. All dies wurde mir vom Großen Lehrer gezeigt. Zweimal befand ich mich auch am Rand des feurigen Todes und wurde durch die Strahlen des Großen Lehrers gerettet. Doch dieser Grad von Erfahrung ist sehr selten; man muß die Vorbereitungsstufen feuriger Erscheinungen durchschreiten, andernfalls würde ein vorzeitiger Tod eintreten. Wenn der rechte Augenblick für die Aufnahme der höheren feurigen Energien gekommen ist, gestalten sich die Lebensereignisse so, daß der Schüler den Platz findet, wo sich Gelegenheit bietet, eine solche Erfahrung zu machen. Ist der Schüler bereit, so kann ihn nichts hindern, das zu erhalten, was er rechtmäßig verdient. Denn in der Lehre ist gesagt, daß ”jeder sich seinen Teil zuweist”.

       Wenn Sie Sternchen wahrnehmen, so ist dies ein vorzügliches Zeichen, und ich hoffe, Sie nehmen sie ernst und freudig auf. Notieren Sie, unter welchen Umständen die Sternchen erscheinen. Außer purpurnen, blauen und silbernen kann es auch schwarze geben mit einem hellen Rand oder einfarbig schwarze, gelbe und rote. Alle haben ihre Bedeutung. So halten wir schwarze und schwarze mit hellem Rand für ein bedrohliches Zeichen, oft bedeuten sie Gefährdung der Gesundheit und das Vorhandensein von Feinden. Die gelben warnen und raten zur Vorsicht. Die roten zeigen Spannung in der Atmosphäre an und können auf Erdbeben und Orkane hinweisen. Bei den übrigen handelt es sich um gute Zeichen. Die Flecken von verschiedener Farbe, die Ihnen sichtbar werden, bedeuten den Anfang der Zentrenöffnung. Solche Farben können zu einem gewissen Grad Materia Lucida zugeschrieben werden. Ebenso ist es ein gutes Zeichen, sich selbst zu sehen, das heißt in doppelter Gestalt. Ich will einen Paragraphen aus der Lehre zitieren: ”Manchmal seht ihr euch selbst in einem genauen Ebenbild wie lebendig vor euch. Solch eine Vision veranschaulicht, daß das Auge nur eine Anpassung ist und das Sehvermögen in den Nervenzentren ruht. Solch eine Spannung des Zentrums kann ebenfalls als eine feurige Erscheinung angesehen werden. In der Feurigen Welt gibt es die Sicht des Geistes, die keiner okularen Anpassung bedarf. In den Besitz des feurigen Auges zu gelangen ist leichter, wenn man bereits im irdischen Zustand fähig war, das Aufblitzen solch geistiger Sicht wahrzunehmen.” (Feurige Welt, II. Band)

       Für die Übersendung der Antwort bezüglich der Diskussion an der dortigen Universität danke ich Ihnen. Das den Lebensproblemen gewidmete Interesse ist erfreulich. Ja, die besten Vertreter der Wissenschaft nähern sich den in der östlichen Philosophie dargelegten Vorstellungen. So habe ich kürzlich über das gleiche Thema ein Interview mit einem bedeutenden amerikanischen Physiker, Professor Pupin, gelesen. Als man die Frage an ihn richtete, wie er sich den Himmel vorstelle, antwortete er: ”Er ist das, was die Wissenschaftler die wahre Welt nennen, und unsere irdische Welt ist nur ihre Reflexion. Alle wissenschaftlichen Forschungen und Entdeckungen richten sich auf die weitere Entfaltung der Welt jenseits der physischen Grenzen.”

       ”Wo, glauben Sie, befindet sich die Wohnstätte der Göttlichen Intelligenz?”

       ”In der Seele des Menschen. In dieser großartigen Welt in uns wohnt die Gottheit. Die Seele des Menschen ist der größte Beweis Göttlicher Schöpferkraft. Würden wir erkennen, daß Gott unzählige Zeitalter für die Schaffung des Menschen aufwandte, ihn mit einer Seele auszustatten, die ihren Schöpfer widerspiegelt, könnten wir uns nur schwer vorstellen, daß ein menschliches Wesen nur eine kurze Zeit auf dieser Erde lebt und dann verschwindet, ohne irgendeine Spur zu hinterlassen und daß seine Seele zusammen mit seinem physischen Körper stirbt – daß also die Existenz der Seele zwecklos war.”

       Für den Osten sind dies natürlich einfache Fragen und Antworten. Doch für die breite Masse des Westens sind sie voller Interesse und Hoffnung. Auch in Amerika experimentierte vor Jahren Professor Rhine von der Duke Universität mit seinen Studenten in Gedankenübertragung auf Entfernung. Er erzielte bedeutende Ergebnisse. Es wurde bewiesen, daß es möglich ist, einem menschlichen Empfänger in einer anderen Stadt lange Zitate aus Gedichten, komplizierte Probleme etc. zu übermitteln, die augenblicklich aufgenommen und mit größter Genauigkeit niedergeschrieben wurden. Allerdings wählte der Professor von vielen Tausenden Studenten nur dreißig aus, die empfindungsfähigsten Individuen. Und diese haben sich nach einer Zeitdauer von einigen Jahren bewußtseinsmäßig vereint. Im Hinblick auf unsere gegenwärtige Zeit waren die Ergebnisse überaus zufriedenstellend.

30. April 1935

       Ihr Brief enthält viele unklare Vorstellungen. Diese Unstimmigkeit rührt natürlich daher, daß Sie den ersten Band der Geheimlehre noch nicht in sich aufgenommen haben und sich nun schon auf den dritten konzentrieren; und gerade dieser weist viele Verschleierungen auf. Ich will versuchen, kurz einige Auffassungen zu klären, wobei ich mich an die Reihenfolge Ihrer Fragen und Feststellungen halte.

       1.) Das Absolute ist das Parabrahman der Inder. Ebenfalls sollte Mulaprakriti als das Absolute angesehen werden, da es das abstrakte Göttliche Weibliche Prinzip darstellt. In der höchsten Vorstellung sind Geist und Materie eins; die beiden Prinzipien sind miteinander vereint und bilden das Eine Element. Wir können daher alles vom Gesichtspunkt des Geistes allein oder der Materie allein behandeln, doch wir müssen die Unermeßlichkeit der Erscheinungen und Abstufungen erfassen. So wie wir sagen können, daß Geist ohne Materie nichts ist, so können wir auch sagen, daß es Materie an sich nicht gibt, sondern nur Energie. Das Äquivalent Parabrahmans ist Brahma, und Brahma ist bereits Gottheit, periodisch erscheinend und verschwindend. Dieses Brahma, als geoffenbarte Gottheit, hat zwei Aspekte, nämlich männlich und weiblich – als Polarität – oder es ist wieder die ewige Erscheinung des fundamentalen Kosmischen Gedankens in der sichtbaren Natur.

       2.) Atman und Atma werden ebenfalls oft als Synonyme erwähnt. Exoterisch offenbaren sie das siebente Prinzip – die im Kosmos ausgebreitete ewige Lebenskraft; doch esoterisch bedeutet Atma oft Weltseele.

       3.) Die Planetenkette besteht aus jenen Sphären der Feinstofflichen und der Feurigen Welt, die unseren Planeten umgeben und die den Prinzipien im menschlichen Aufbau oder Organismus entsprechen. Natürlich befinden sich Mars und Merkur genauso in der zu unserem Sonnensystem gehörenden Planetenkette wie viele andere unseren Astronomen noch unbekannte Planeten. Die theosophischen Schriften wurden nicht absichtlich entstellt, sondern eher aus Unwissenheit oder vielleicht aus Mangel an einer präzisen Terminologie in jener Zeit.

       4.) Es ist unmöglich zu sagen, daß unsere Erde oder gar die geoffenbarte Welt der Gegensatz des Absoluten ist, da man dann annehmen müßte, daß außerhalb des Absoluten noch etwas anderes möglich ist, oder daß es gewissermaßen zwei Absolute gibt, was allerdings absurd wäre. Genaugesagt, das Absolute umfaßt alles: Begrenztes und Unbegrenztes, Geoffenbartes und Nichtgeoffenbartes, Sichtbares und Unsichtbares. Und da es alles ist, ist es nicht nur die Ursache, sondern auch die Wirkung. Hinter dieses Allumfassende kann der menschliche Verstand nicht vordringen. Wenn wir das Absolute mit unserer Vorstellung begrenzen, hört es auf, das Absolute zu sein, es wird begrenzt – eben in unserer Vorstellung. Das Absolute kann daher nicht erfaßt werden, und wir können nur seine verschiedenen Aspekte und Erscheinungen wahrnehmen. Als Teilchen des Absoluten besitzen wir potentiell seine Eigenschaften; und diese Potentialität können wir in Myriaden von Inkarnationen und Jahrmillionen, die in die Unendlichkeit fließen, allmählich entfalten.

       5.) Es wäre falsch zu sagen, daß Materie passiv sei, da Materie ohne Geist gar nicht existiert; ebenso wie es nichts gibt, was wir ”passives Element” nennen könnten. In der geoffenbarten Welt ist alles passiv und aktiv zugleich. Vergessen Sie das Gesetz der Relativität nicht! Und denken Sie auch daran, daß die Zustände oder Grade der Manifestation von Geist-Materie unendlich sind! Im zweiten Band der Lehre des Agni Yoga heißt es, daß ”Materie ein Zustand des Geistes” ist.

       Daher empfehle ich Ihnen, über Ihre Aussagen gründlich nachzudenken. Sie sagen: ”Die Erde ist nur Materie, ein passives Element im Verhältnis zu allem, was existiert, aber auf keinen Fall ein geistiges oder aktives Element.” Doch wie wir wissen, ist kein einziges Atom im ganzen Kosmos ohne Leben und Bewußtsein, d. h. ohne Geist; wie sehr müssen dann die mächtigen Himmelskörper, einschließlich unseres Planeten, von diesem Geist erfüllt sein. Doch für die Menschen ist es ziemlich schwierig, das zu erkennen, denn sie können sich das Vorhandensein von Bewußtsein selbst in ihnen naheliegenden Formen kaum vorstellen. In alten philosophischen Schriften wird die Erde oft mit einem riesigen Tier mit eigenem Leben verglichen, was besagt, daß sie ihr eigenes Bewußtsein oder ihre geistige Offenbarung hat. Es gibt kein ”passives Element” im Kosmos. Bedenken Sie doch, daß der Kosmos nur durch gegenseitiges Durchdringen und die wechselseitige Wirkung der Raumenergien besteht, die aus den unzähligen Milliarden Brennpunkten oder Zentren ausströmen, die den Raum erfüllen und ständig in ihm geformt werden.

       6.) Die Monade bleibt, als Teilchen der Göttlichen Monade oder des Absoluten, umgeben von den Energien ihrer Erscheinung in dieser oder jener Sphäre eines Planeten, immer ein göttlicher Teil des Absoluten oder der sublimierten Geist-Materie. So kann man in der geoffenbarten Welt nur von diesem oder jenem Erscheinungszustand der Geist-Materie sprechen. Geist ist Energie, und wir wissen, daß keine Energie ohne Materie in Erscheinung treten kann; und zwar gilt dies auf allen Ebenen, in allen Taten und Gedanken. Wir können uns nicht von der Materie trennen. Wir wirken entweder mit der höchsten oder mit der gröbsten Form der gleichen Materie. Geist, als subjektives Element oder Energie, ruht potentiell im Schoße der Kosmischen Natur. Differenzierung verursacht allerdings vielfältige Zustände oder Grade geoffenbarter Geist-Materie; so kam der Begriff der Relativität oder der Bipolarität zustande. Doch Relativität und Bipolarität sind tatsächlich die Grundlagen unserer Erkenntnis.

       7.) Was nun Ihre Feststellung über ”das Eingehen mit Atman in die Erkenntnis des Absoluten” betrifft, will ich zu diesem Thema eine an einen meiner Briefpartner gegebene Antwort bringen:

       ”Über den Begriff des Absoluten und seine Synonyme – Unbegrenztheit, Absolute Vernunft oder Weisheit, Absolutes Bewußtsein und Absolutes Sein – muß man ernstlich nachdenken und sich dann fragen, ob es möglich ist, das zu erlangen. Wird von Vereinigung mit dem Absoluten oder dem Kosmos gesprochen, so muß dies in völliger Relativität verstanden werden; andernfalls widerspricht es der Unbegrenztheit. Der Göttliche Funke oder Gott in uns (die Monade) kann durch Herzstreben so stark entwickelt werden, daß er mit dem höchsten Raumfeuer verschmilzt. Durch sein Licht kann er dann alle in uns aufgespeicherten geistigen Schätze enthüllen, diese sehr hohen Energien, die sich als das herrliche Gefühlswissen offenbaren. Doch der Grad dieser Erleuchtung wird jeweils mit den Aufspeicherungen im Kelch völlig übereinstimmen. Mit jeder weiteren Vervollkommnung, mit jeder höheren Evolution der Menschheit, mit jedem höheren Zyklus unseres Planeten werden daher diese Erleuchtungen höher und schöner sein und so fort bis ins Unendliche …”

       8.) Buddha bedeutet in wortgetreuer Übersetzung ”der Erleuchtete”. Im Prinzip ist der Vervollkommnungsprozeß ewig. Spricht man daher von Vervollkommnung, so muß man die vielen Abstufungen der Vervollkommnung für besondere Zyklen unseres Planeten und anderer Planeten bedenken. Im Falle Buddhas ist diese Vervollkommnung unermeßlich hoch, da Er, zusammen mit bestimmten anderen Geistwesen, in der dritten Rasse unseres Zyklus vom höchsten Planeten zur Erde kam, um die Evolution unserer Menschheit zu beschleunigen. Er wird daher nicht wieder auf der Erde inkarnieren, sondern in der letzten Runde der letzten Rasse auf dem höchsten Planeten unseres Sonnensystems.

       9.) Die Worte Buddhas, daß ”in jedem Bikshu sechs Bikshus und ein Buddha sind, und in Buddha – sieben Buddhas”, bedeuten, daß alle diese Prinzipien, Zentren oder Feuer in ihrer synthetischen geistigen Entwicklung und ihrem Gleichgewicht in Buddha völlige feurige Umwandlung erfahren haben – das heißt allerdings, für einen bestimmten Zyklus. Doch wie es in den Briefen der Mahatmas heißt, wird selbst Buddha innerhalb unseres Sonnensystems inkarnieren müssen.

       Die große Individualität Buddhas, sein in Materia Lucida gehülltes Feuriges Ego, befindet sich jetzt in Sphären, die unserem Planeten nahegelegen sind. In Anbetracht der bedrohlichen Zeit des Harmagedons befindet sich eine Anzahl Feuriger Bewohner in den unsere Erde umgebenden Sphären. Die Annäherung der feurigen Energien ermöglicht ihre Anwesenheit. Daraus mögen Sie ersehen, wie bedrohlich unsere Zeit ist und welch hohe Kräfte sich um die Rettung unseres Planeten bemühen.

       10.) Buddhas Manas bleibt immer bei Ihm, in gleicher Weise, so hoffen wir, wie Ihres und meines immer bei uns bleiben. Ohne Manas gibt es kein bewußtes Leben. Wie ich Ihnen bereits geschrieben habe, ist es erforderlich, die drei Prinzipien (das vierte, fünfte und siebente) zu verbinden und dann mit dem sechsten zu verschmelzen, um ein Archat oder Buddha zu werden.

       Sicherlich, das Kapitel ”Die Mysterien Buddhas” ist nicht ganz klar formuliert, doch sollte es auch nicht wörtlich aufgefaßt werden. Man muß mit den metaphysischen Begriffen über Avatar und Teilinkarnationen der Größten Geistwesen gründlich vertraut sein, um dieses Kapitel richtig zu verstehen. Die Materie oder Energie, die ein Hohes Geistwesen umhüllt, ist unüberwindlich; in besonderen Fällen kann sie durch das Gesetz der Anziehung oder Affinität als Grundlage für einen feinstofflichen Körper dienen, der zur Nutzung durch diesen oder jenen Hohen Geist geformt werden soll. Erinnern Sie sich der Worte aus dem zweiten Band der Lehre des Agni Yoga, wo es heißt: ”Daher bietet die Hülle, der sich ein hoher Geist bedient, den besten Nutzen, weil nichts verlorengeht …”

       Ich kann Ihnen versichern (und meine Worte gründen auf der Aussage der Großen Autorität), daß Buddha nach seiner Inkarnation als Prinz Siddhartha nicht wieder inkarnierte. Manche Inkarnationen der Großen Geistwesen müssen metaphysisch verstanden werden. Sie können beispielsweise als ein teilweises, verstärktes oder auch ständiges Aussenden des Strahles des Großen Geistes an einen erwählten Empfänger verstanden werden. So kann ein Hoher Geist, der mit einem für eine bestimmte Mission zur Inkarnation angetretenen Geist karmisch eng verbunden ist, diesem seinen Strahl senden, der diese Seele durch ihr ganzes Leben begleiten wird. Die neugeborene Seele nimmt diesen Strahl gleichzeitig mit den Strahlen der Gestirne, unter denen sie geboren wurde, in sich auf. Die Seele wächst unter Einwirkung dieses Strahles und nimmt ihn im Lauf ihrer geistigen Entwicklung völlig in sich auf. Es vollzieht sich, was wir ”Inkarnation des Strahles” oder ”Hiero-Inspiration” nennen.

       11.) Sri Shankaracharya, der Begründer der Vedanta-Philosophie, war eine Inkarnation des Strahles einer der Großen Lehrer der Weißen Bruderschaft.

       Und jetzt übermittle ich Ihnen einige Paragraphen aus dem noch nicht veröffentlichten Band ”Feurige Welt”. Es ist gut, sie zu kennen.

       ”Nicht Magie, sondern Inspiration Gottes ist in den alten Vermächtnissen verordnet worden. Als die Höhere Verbindung abbrach, verwendeten die Menschen selbst Magie aus der irdischen Welt als Mittel zum Erzwingen der Verbindung. Doch wie alles Erzwungene endet Magie in den finstersten Erscheinungen. Die feine Grenzlinie zwischen schwarzer und weißer Magie ist in ihrer Verwicklung schwer faßbar. Auf dem Pfad in die Zukunft sollte man daher jegliche Magie unterlassen. Man darf nicht vergessen, daß die alten Methoden der Magie mit anderen Lebensformen verbunden waren. Gewiß, Magie gründet auf genauer Erfüllung technischer Bedingungen, doch wenn alle Lebensformeln geändert werden, müssen sich zwangsläufig auch alle magischen Wirkungen entsprechend ändern. Das ist der Grund, warum derzeitige Magie in Nekromantie und anderen niederen Erscheinungen versank. Wer die Technik der Formeln studiert, vergißt leicht zu bedenken, daß sie für eine ganz andere Verwendung niedergeschrieben wurden. Man vergißt außerdem, daß die höheren Formeln und alle Bedingungen überhaupt nicht niedergeschrieben wurden; falls aber vermerkt, dann in solchen Symbolen, deren Bedeutung jetzt völlig verschleiert ist. So führen zeitgenössische Studien über Magie entweder zu sinnloser Gelehrsamkeit, oder aber sie enden in schwarzen Messen. Deshalb gebrauchen Wir so strenge Worte und raten, sich von Magie abzuwenden. Überlassen wir sie den finsteren Nekromantikern. Es gibt zuviel Besessenheit auf Erden. Der einzige Pfad zur Höheren Verbindung ist der über das Herz. Gewalt darf diesen feurigen Pfad nicht beschmutzen.

       ”Können die Menschen wirklich meinen, daß die Beschwörung niederer Wesenheiten ungestraft bleibt? Und welche Lebensverbesserung kann solche Beschwörung geben? Niemand kann auf einen Nutzen durch Nekromantie hinweisen, noch auf ein Herz, das durch sie aufgestiegen wäre. Man muß sich dem kurzen und höheren Pfad zuwenden, der Gesundheit des Geistes verleiht und so zur körperlichen Gesundheit führt. Die Abwendung von der Magie wird ein weißer Stein auf dem Pfad der Welt sein.

       ”Die Abkehr von der Magie ist keine Unterbrechung der Erscheinungen der Feinstofflichen Welt. Im Gegenteil, das Band mit der Höheren Welt kann durch Vermeiden jeglicher Gewalt nur verstärkt werden. Genaugesagt, unwissendes Erzwingenwollen kann die Harmonie der Verbindungen stören. Die Natur widersetzt sich im großen und im kleinen jeglicher Gewalt. Die wunderbare Annäherung an die Feinstoffliche und die Feurige Welt zu studieren und zu erkennen, ist keine Magie. Das Gebet des Herzens ist keine Magie. Das Streben des Geistes zum Licht ist keine Magie. Man muß sich vor jeder Unwissenheit bewahren, denn sie ist eine Quelle der Lüge, und Lüge ist die Schwelle zur Finsternis. Findet die Wahrheit in eurem Herzen, die Zuflucht zu dem einen Licht. Die Welt ist von Schrecken erfüllt. Beschreitet nicht den Pfad des Schreckens! Laßt euch stärken durch Beispiele früherer Zeiten. Die Heiligen selbst waren über das Herz mit der Feurigen Welt verbunden, mit dem Herzen, das jedem gegeben ist. Die Fähigkeit, die Stimme des Herzens zu vernehmen, führt bereits zur Wahrheit.

       ”Hiero-Inspiration senkt sich herab durch eine einzige grundlegende Bedingung. Weder Konzentration noch Willensbeherrschung, sondern Liebe zur Hierarchie stellt unmittelbare Verbindung her. Wir können dieses führende Gesetz nicht besser und genauer bezeichnen als einen Zustrom von Liebe. Daher ist es so zeitgemäß, sich von zwingender Magie abzuwenden und in seinem ganzen Wesen von Liebe erfüllt zu sein. Durch den Sinn für Schönheit kann man sich so leicht dem Prinzip des Seins nähern. Genaugesagt, inmitten der Zersetzung des Planeten muß man sich dem äußerst gesundheitspendenden Prinzip zuwenden. Und was kann stärker verbinden als das Mantram ”Ich liebe Dich, o Herrscher!” In solch einem Ruf ist es leicht, einen Strahl der Erkenntnis zu empfangen. Beachtet dies!” (Feurige Welt, II. Band)

       Zum Abschluß empfehle ich Ihnen, sich mehr auf geistige Vervollkommnung zu konzentrieren als auf solch abstrakte Vorstellungen wie die Inkarnation der feinstofflichen Strahlen Lord Buddhas und dergleichen. Legen Sie den dritten Band der ”Geheimlehre” beiseite und versuchen Sie, die beiden ersten Bände gründlich zu studieren. Sie werden Ihnen für Jahre ausreichend Arbeit bieten. Trüben Sie Ihr Bewußtsein nicht durch lückenhafte, unsystematische Studien! Hasten Sie nicht zu verschiedenen Quellen, ohne die ersten Grundlagen studiert zu haben.

* * *

       Ich sehe wirklich nicht ein, warum Sie Ihre gymnastischen Übungen nicht fortsetzen sollten, da Sie durch sie ja nicht ermüden. Es hängt von der Art der Übungen ab und davon, wie Sie sich nachher fühlen.

       Fahren Sie fort, sich zu vervollkommnen und befassen Sie sich nicht zuviel mit Kosmogonie. Jetzt ist die Zeit des großen bedrohlichen Kampfes und alle Krieger des Lichts müssen ihre Stellung halten, um den Angriff der finsteren Kräfte gegen die Hierarchie des Lichts abzuwehren. Auf Erden offenbart sich dieser Angriff im Widerstand gegen alle erleuchteten Vorhaben.

       Alles in dieser Welt wird mit menschlichen Händen und Füßen aufgebaut.

8. Mai 1935

       Ich war äußerst glücklich zu hören, daß Sie sich bemühen, ganz selbständig eine geistige Gemeinschaft aufzubauen. Nur was wirklich vom Geist und vom Herzen genährt wird, kann mit Erfolg errichtet werden. Es ist viel Kraft erforderlich, um ein gesundes, aufbauendes Fundament für das Wohl der ganzen menschlichen Familie zu legen, jener Familie, die so lange Zeit gelitten hat. Wahrlich, eine kolossale Aufgabe, wenn man bedenkt, daß nicht nur ein Volk, sondern ganze Völker umerzogen werden müssen!

       Die Idee der ”Gemeinschaft der heldenhaften Schwestern” war seit früher Kindheit mein Traum! Ich stellte mir vor, daß diese Schwestern in die entlegensten Winkel und die härtesten Lebensbedingungen unseres Landes Licht und Freude hineintragen würden Allerdings, zusammen mit meinem Bewußtsein erweiterten sich auch meine Träume, und jetzt denke ich an die verschiedenen Lebensaspekte, die in solch einer Gemeinschaft ihre Widerspiegelung finden könnten. So könnten einige Schwestern sich der Medizin widmen, andere der Landwirtschaft, weitere könnten Lehrerinnen sein und auf verschiedenen Wissensgebieten und über soziale Fragen in einer den Menschen leicht verständlichen Form Vorträge halten. In solch einer Gemeinschaft wäre allerdings auch das Studium und das Lehren von Kunst und Handwerk, zusammen mit der Erforschung der Bedeutung der Farbe, des Tons und des Dufts und deren Wirkung auf den allgemeinen Zustand des Menschen, sehr wichtig.

       Die Aufgabe der LEBENDIGEN ETHIK wäre es, die ganze wohltätige Bewegung dieser Schwestern zu verschönen. Kleine Gruppen dieser Gemeinschaft könnten weit verstreut sein, und die Schwestern könnten kleinere Inspektionsreisen in die Bezirke organisieren, die in ihrer Betreuung standen. Eine ganze Armee solcher Schwestern und Mitarbeiterinnen wäre erforderlich, um die derzeitigen Bedürfnisse sowie den geistigen und physischen Hunger der Menschen zu stillen. Durch die Zentralgemeinschaft könnten Schulen, Universitäten, Laboratorien und ein Forschungsinstitut für psychische Energie errichtet werden. Darüber hinaus könnten alle Arten von Werkstätten, Sanatorien, Arbeitsgemeinschaften, Musterfarmen, ja eine ganze Stadt des Wissens aufgebaut werden!

       Wenn der Große Lehrer von diesen heldenhaften Schwestern spricht, sagt er so schön: ”Mögen sie die Vertrauten des Volkes werden. Mögen die Menschen sagen: Eine Teure kommt in unser Dorf”. Wirklich, meine Schwestern müßten zuerst lernen, dem Volke nahezustehen. Ich weiß, es ist nicht leicht, selbstlose Heldinnen zu finden, doch gebe ich die Hoffnung nicht auf, weil ich weiß, daß selbst eine kleine Gruppe, die sich einer solchen Aufgabe widmet, Wunder vollbringen kann. Sie werden daher verstehen, wie es mich freut, daß sich Seelen finden, die meine innersten Gedanken wiedergeben. Es scheint mir, daß die kommende Zeit Seelen anzieht, die in reinem Streben schöne, heilsame und selbstaufopfernde Taten vollbringen. Vor nicht langer Zeit erhielt ich einen Brief von einem Schriftsteller, der unter anderem schrieb: ”Wir haben viele Länder bereist und haben fleißig gearbeitet, doch die Saat, die wir ausstreuten, ging nicht auf und brachte keine Ernte; ganz gleich, wieviel wir säten – das Unkraut erstickte alles!” Ja, auch wir stießen auf solche Unfruchtbarkeit, doch das soll uns nicht beirren.

       Die Menge war nie eine Gewähr für Erfolg. In der Lehre der LEBENDIGEN ETHIK wird ständig betont, daß eine kleine Gruppe von Menschen, im Bewußtsein und im Herzen vereint, Wunder wirken kann. Schätzen wir daher unsere im Herzen verborgenen heiligen Gedanken, und wenn der rechte Augenblick erscheint, wollen wir gewappnet sein! Die Idee der Gemeinschaft der heldenhaften Schwestern ist in der Feinstofflichen Welt in Form eines schönen Teraphims festgelegt. Und die Mitarbeiter an seiner irdischen Entsprechung sind bereits auf dieser Erde. Wie es geboten ist, müssen wir bestrebt sein, Erfahrung und Wissen zu speichern, um es in fortschrittlichen Ländern zu gebrauchen. Wenn Sie sich daher stark genug fühlen, sich der selbstaufopfernden Arbeit zu widmen, so wenden Sie das ganze Feuer ihres Herzens auf, um sich die Grundlagen der Lehre zu eigen zu machen. Wahrlich, ein Arzt muß fähig sein, vor allem die geistigen Ursachen der Krankheiten zu heilen, denn alle Krankheiten nisten im feinstofflichen Körper. Es ist gut, wenn Sie mit Astrologie vertraut sind, denn für einen Arzt ist das äußerst wichtig. Das Horoskop eines Patienten kann für viele Krankheiten und ihre Behandlung Aufschluß geben. Und so schreiten Sie fort in Ihrer Arbeit, immer das große Ziel vor Augen.

       Nun will ich mich Ihren Fragen zuwenden:

       – Der Kosmische Magnet ist das Kosmische Herz oder das Bewußtsein der Kosmischen Vernunft der Hierarchie des Lichts. Der Kosmische Magnet ist im Plan des Seins die Verbindung zu den Höheren Welten. Unsere Verbindung mit dem Herzen und Bewußtsein der Großen Lehrer der Menschheit führt uns in den mächtigen Strom des Kosmischen Magneten.

       – Gefühlswissen ist in unserem Kelch aufgespeichertes Wissen und Erfahrung. Es ist die sogenannte Intuition, doch von äußerst hoher Beschaffenheit.

       Geistiges Wissen bedeutet hier, daß beides – Geist und Offenbarungen – vorhanden ist. In den Schulen der Zukunft wird es wichtig sein, die Physiologie des Geistes zu lehren.

       – Mulaprakriti ist das abstrakte, göttliche weibliche Prinzip, der weibliche Aspekt von Parabrahman – undifferenzierte Substanz. Wörtlich übersetzt: ”Die Wurzel der Natur oder der Materie.”

       – Tactica adversa ist die planmäßige Ausschöpfung des Gegensätzlichen. Genaugesagt, wenn die Hellen Kräfte einen Plan auf Erden erfüllen wollen, rechnen Sie mit allen Möglichkeiten, selbst die schlechtesten Bedingungen ins Auge fassend, um den Erfolg auch noch unter den ungünstigsten Umständen zu gewährleisten. Dann ist jede Verbesserung der Zustände bereits ein unerwartetes Plus. So wird sogar aus dem Schlechtesten noch ein Nutzen gezogen. Wenn solche Taktik angewandt wird, tragen die Feinde oft zum Erfolg bei. Denken Sie an das Lob der Feinde: ”Gäbe es keine Feinde, hätte die dankbare Menschheit längst die besten Unternehmungen begraben.” Kommt es denn nicht oft genug vor, daß Menschen sich scheuen, ihre Freunde zu loben, weil sie fürchten, für parteiisch gehalten zu werden? Wahrlich, solche verächtlichen Gefühle sind von den meisten Menschen noch nicht ausgelebt. Sie greifen entweder die Erscheinungen des Lichts an, oder sie ignorieren sie.

       – Materia Lucida ist der Grad der Ursprünglichen Materie auf der astralen Ebene, die noch nicht erforscht ist, doch zweifellos ihre Abstufungen besitzt. Materia Matrix befindet sich jenseits der astralen Ebene, sie ist ein Äquivalent von Mulaprakriti, Akasha, Ursubstanz – die feinste überirdische ätherische Substanz, die den ganzen Raum erfüllt – das Mysterium Magnum der Alchimisten.

       – Ich kenne kein besseres Mittel gegen astrale Wesenheiten als Eukalyptusöl. Vor dem Schlafengehen können Sie einige Tropfen in eine Schale mit heißem Wasser geben. Gewiß, das Deodar-Öl ist ebensogut, doch nicht im Handel verfügbar.

* * *

       Um einen Gedanken oder eine Antwort aus dem Raum zu erhalten, ist eine völlige Übereinstimmung der Schwingungen erforderlich. Es ist das gleiche Prinzip wie beim Radio. Öfter als sie denken fangen die Menschen Gedanken aus dem Raum auf, doch diese sind nicht immer erhaben. Der Raum ist erfüllt mit aller Art von geistigen Botschaften, und wir empfangen das, was mit unserem geistigen Empfänger im Einklang steht. Darum besteht die Lehre so sehr auf Läuterung des Herzens und des Denkens, damit wir Gedanken aus der höheren Welt aufzunehmen vermögen. Die sogenannten Inspirationen kommen oft von nichts anderem als von dieser Harmonie der Schwingungen.

       Ich will gerne geistige Hilfe leisten und werde nie ermüden, Fragen zu beantworten. Ist nicht gesagt worden ”… ohne Fragen gibt es keinen Lehrer”? Doch jeder Plan geistigen Schaffens muß individuell sein. Daher werde ich Sie besser beraten können, sobald ich Sie besser kenne. Schon jetzt aber möchte ich Ihnen sagen, daß Ihr Streben nach geistiger Gemeinschaft und Ihre Liebe zur Tat wirklich schön sind. Nähren Sie daher dieses innere Streben, machen Sie es zu Ihrer Lebensaufgabe! Schreiben Sie aus den Büchern der Lehre alles heraus, was über heldenhafte Errungenschaften gesagt ist und befolgen Sie es. Wahrlich, die Zeit ist gekommen, wo jeder über Heldentat im täglichen Leben sprechen sollte. Ohne diese heldenhaften Taten im täglichen Leben ist unser Wissen nichts! Das hohe Wissen erschließt sich nur dem, der nach den Heldentaten des Lebens strebt. Die Abkehr vom Leben oder lediglich intensives Studium der okkulten Wissenschaft wird die höchste Erleuchtung nicht erbringen; diese erreicht nur, wer sein Herz und seine Seele dem Dienst an der Welt weiht. So sollte Ihr Mantram lauten: ”Möge es mir gelingen, einen wirksamen Dienst zum Wohl der Welt zu leisten”. Sprechen Sie auch zu Ihren Schülern über Heldentat. In unserer bedrohlichen Zeit benötigen wir selbstaufopfernde Mitarbeiter, wir brauchen Enthusiasten, wir brauchen Helden!

       Ich will einige Paragraphen aus dem II. Band der ”Feurigen Welt” anführen.

       ”Die Menschen haben gewöhnlich keine Vorstellung davon, wie die gegebene Lehre genutzt werden soll. Wenn sie eine scheinbar bekannte Formel vernehmen, erklären sie hochmütig: ‚Wieder etwas, was allen bekannt ist‘. Sie bemühen sich nicht zu prüfen, inwieweit diese bekannte Formel von ihnen erkannt und befolgt worden ist. Sie denken nicht daran, daß die nützliche Lehre nicht um der Neuheit willen, sondern zur Gestaltung eines würdigen Lebens gegeben wurde.

       ”Die Lehre des Lebens ist kein Sammelwerk nie gehörter Utopien. Die Menschheit ist sehr alt, und im Laufe von Zeitaltern sind mannigfache Funken der Weisheit über die Erde ausgegossen worden, doch jede Runde hat ihren Schlüssel. Sollte jemand den gegenwärtigen Schlüssel als vertraut erkennen, so möge er frohlocken und dankbar sein für eine ihm vertraute Weisung. Das scheint einfach zu sein, doch in Wirklichkeit erweist es sich als sehr schwierig. Die Menschen lieben es, Neuigkeiten zu lauschen und Spielzeug zu erhalten, doch wenige sind bereit, ihr Bewußtsein zu verfeinern.

       ”Es kann nicht sein, daß von einem der Elemente in der Lehre nicht gesprochen wurde. Das Feuer wurde tausendmal erwähnt, aber jetzt ist der Hinweis auf das Feuer keine Wiederholung mehr, sondern eine Warnung vor Ereignissen, die das Schicksal des Planeten betreffen. Nicht viele Menschen werden sagen können, sie hätten sich in ihrem Herzen für die Feuertaufe vorbereitet, obwohl die ältesten Lehren vor der unvermeidlichen Epoche des Feuers warnten.

       ”Als Raj-Agni bezeichnet man jenes Feuer, das ihr Begeisterung nennt. Wahrlich, es ist ein herrliches und mächtiges Feuer, das den umgebenden Raum reinigt. Durch dieses Feuer wird der aufbauende Gedanke genährt. Im silbernen Licht des Feuers Raj-Agni wächst der Gedanke der Großmut. Aus derselben Quelle strömt Hilfe für die Nahestehenden herbei. Für die von Raj-Agni leuchtenden Schwingen gibt es weder eine Grenze noch Beschränkung. Denkt nicht, daß dieses Feuer in einem bösen Herzen entfacht werden kann. Man muß in sich die Fähigkeit entwickeln, die Quelle solcher Verzückung hervorzurufen. Vorerst muß man dafür bürgen, dem Großen Dienen sein Herz zu weihen. Dann sollte man sich darüber klar sein, daß der Ruhm des Schaffens nicht einem selbst, sondern der Hierarchie des Lichts gebührt. So kann man durch die Unendlichkeit der Hierarchie erhoben werden und die für alle Welten nötige Heldentat erweisen. Nur im Großen Dienen wird Raj-Agni entfacht. Verstehet, daß die Feurige Welt ohne dieses Feuer nicht bestehen kann.

       ”Ihr habt heute über physische Hilfsmittel geschrieben, doch für die Massen sind sogar Fässer wertvollster Substanzen nutzlos. Man sollte alle Ärzte der Welt bitten, mit einer Mission zur Vergeistigung des Herzens zu beginnen. Der Arzt hat zu verschiedenen Heimen Zutritt. Er sieht verschiedene Generationen, und seinen Worten wird viel Aufmerksamkeit geschenkt. Ihm wäre es ein leichtes, mit den physischen Verordnungen zugleich wertvolle geistige Ratschläge zu erteilen. Er hat das Recht, alle Einzelheiten über die moralischen Verhältnisse der Familie zu erfahren. Er kann Ratschläge geben, welche die Menschen veranlassen, über mehr als nur über ihre Verdauung nachzudenken. Er kann sogar anordnen, denn hinter dem Patienten steht die Angst vor dem Tod. Der Arzt ist die heiligste Person in einem Hause, wo es Kranke gibt. Die Menschheit hat für eine genügende Anzahl von Krankheiten gesorgt, und daher kann auch der Arzt viele wertvolle vorbeugende Warnungen geben. Ach, hätten wir doch erleuchtete Ärzte! Derzeit gibt es so wenige! Umso mehr schätzen wir es, wenn es überhaupt welche gibt, denn leider sind sie immer bedroht, aus den Ärzte-Vereinigungen ausgeschlossen zu werden. Überall, wo Wahrheit herrscht, ist Heldentum nötig.” (Feurige Welt II, § 217).

       ”Das zu Uns bestrebte Bewußtsein verfeinert sich unaufhörlich. Der Prozeß der Verfeinerung wird zum täglichen Gesetzbuch. Wäre es zulässig, daß sich die feinste Energie in Chaos verwandelt? Überall ist gesagt worden: Wer immer zu Mir kommt, soll auch in Mir wohnen. Das muß wörtlich verstanden werden. Die feinste Energie kann nicht in Formlosigkeit übergehen. Deshalb bin Ich so sehr um die Verfeinerung des Bewußtseins besorgt. Schwierigkeiten, die infolge Grobheit entstehen, beweisen nur, daß die Herzensenergie noch nicht jene Höhe erreicht hat, auf der sie vom Versinken in die Wellen des Chaos nicht mehr bedroht ist. Man muß den Verfeinerungsprozeß beschleunigen. Jedes Geschwür beginnt mit der kleinsten Zersetzung von Gewebe. Ein Tropfen Harz vermag das kranke Gewebe zu heilen, doch bei einem vernachlässigten Geschwür kann selbst ein ganzer Tiegel Harz keine Hilfe mehr bringen. Bewirkt eine Manifestation der Verfeinerung inmitten des Lebens! Warum nur in Worten oder Blicken, wenn die Herzensenergie sich gerade in Gedanken vermehrt? Das Kostbarste wird nur zum Vergelten gesammelt. Wer würde nicht wirklich die beste Qualität geben wollen? Nur ein Betrüger wird versuchen, etwas Ungeeignetes und Nutzloses anzubieten. Man muß seine Gedanken überwachen, um den höchsten Wert auszusenden. Ich spreche keinesfalls abstrakt.” (Feurige Welt II, § 240)

       ”Es ist gut, wenn ihr die Bedeutung des Soda nicht vergeßt. Nicht ohne Grund wurde Soda die Asche Göttlichen Feuers genannt. Es gehört zu jenen weitverbreiteten Heilmitteln, die der ganzen Menschheit zur Nutzung gesandt wurden. An Soda sollte man sich nicht nur bei Krankheit erinnern, sondern auch, wenn man gesund ist. In Verbindung mit feurigen Wirkungen dient es als Schild gegen die zerstörende Finsternis. Doch man sollte den Körper allmählich daran gewöhnen. Soda sollte jeden Tag mit Wasser oder Milch eingenommen werden, und man sollte es bei der Einnahme gleichsam in die Nervenzentren lenken. So kann man allmählich Immunität erlangen.” (Feurige Welt II, § 461)

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       Zum Abschluß möchte ich sagen, daß die Frauen den ihnen anvertrauten Kelch heilig hüten sollten: das Fortschreiten des Bewußtseins und die Rettung der Welt. Die Epoche Maitreyas ist die Epoche der Frau.

       Möge unser Alltag dem Dienst am Großen Fortschritt gewidmet sein.

21. Mai 1935

       Zweifellos wird jeder, der fähig ist, auf die für die Evolution vorgesehene Richtung hinzuweisen, zum Lehrer für jene, deren Bewußtsein noch nicht entwickelt ist und die nicht einmal das primitivste Verständnis für soziale Fragen erlangt haben. Doch diese Lehrer können nicht Seite an Seite mit den Lehrern der Großen Himalaja-Gemeinschaft gestellt werden – solche Vergleiche stehen einfach in keinem Verhältnis. Vergessen Sie nicht, daß sich unter den Mahatmas der Bruderschaft jene Sieben Großen Geistwesen befinden, die am Ende der dritten Rasse von einem höheren Planeten zur Erde kamen, um unsere Evolution zu beschleunigen. Ihre geistige Stärke, Ihre Erhabenheit läßt sich nicht mit irgendwelchen anerkannten Genies vergleichen, außer mit jenen, in denen Sie Selbst inkarnierten. Daher ist ihr Vergleich einfach ein unwissendes Fehlurteil, eine Blasphemie. Der von Ihnen erwähnte Lehrer mag wohl ein sehr reiner und strebender Geist sein – er mag sogar ein Anwärter für die Jüngerschaft der Weißen Bruderschaft sein, doch er kann nicht mit diesen Großen Herrschern des Planeten gleichgestellt werden.

       Und jetzt können Sie hinsichtlich des von Ihnen erwähnten Buches, vor allem nach der Herausgabe Ihres Buches, selbst bemerken, daß sich bestimmte Bewußtseine unserer Zeit von denen aus der Zeit der Inquisition kaum unterscheiden. Und selbst wenn Autoren solcher Bücher wie des Ihrigen keine Gefahr droht, so werden sie doch oft verfolgt und geächtet. Auch die Alchimisten des Mittelalters mußten, wie Sie wissen, ihr großes Wissen unter schwer durchschaubaren Allegorien und Symbolen verbergen, um nicht vorzeitig zu ihren Ahnen geschickt zu werden, sondern ihr Leben bewahren konnten für ihr selbstaufopferndes Schaffen zum Wohle der Menschheit. Allerdings lenken heute die so sehr verspotteten Alchimisten wieder die Aufmerksamkeit auf sich, und die Werke des großen Paracelsus können bereits auf den Bücherregalen der großen Wissenschaftler und Ärzte gefunden werden. So muß die Wahrheit immer unter einem bestimmten Deckmantel gegeben werden, und die großen Lehrer müssen oft einen ”grauen Mantel” benutzen, um die Menschen nicht durch ihr Licht zu blenden, damit diese schließlich Sie und einige für sie vorbereitete Fragmente der Wahrheit in dieser Runde annehmen.

       Auch Christian Rosenkreuz, der Gründer des Ordens der Rosenkreuzer, sah sich nach seiner Rückkehr aus Asien veranlaßt, die Lehre des Ostens in einer halbchristlichen Form einzuführen. Andernfalls wären seine Schüler von Fanatikern und Bigotten verfolgt worden. Heute ist das Niveau der Menschheit so beschaffen, daß jede große Offenbarung durch äußere Schilde geschützt werden muß. Die meisten Menschen bleiben ebenso intolerante und grobe Fanatiker wie in der Vergangenheit. Sowohl die Materialisten wie auch jene, die für das Geistige Element aufgeschlossen sind, blicken finster auf alle Andersdenkenden. Solange nicht die Einheit der verwandten Elemente erkannt wird, wird die Menschheit nicht aus dieser Sackgasse herausgelangen.

       Sie gehen recht in der Annahme, daß im Plan der Evolution manche Menschen undankbare Rollen zu spielen haben. Oft werden diese Rollen von Geistwesen gespielt, die nicht so schlecht sind, als man für gewöhnlich annimmt. Und diese Rollen werden durch die große Prüfungsinstanz – das unbestechliche Karmagesetz – zugeteilt. Höchstwahrscheinlich werden vom unvorbereiteten Bewußtsein, das nicht an das große unumgängliche Gesetz von Ursache und Wirkung denkt, diese Gegebenheiten nicht so leicht erfaßt. Suchen wir vorurteilslos nach der Ursache dieses oder jenes Unheils, so werden uns die erstaunlichsten ”Enthüllungen” beschert.

       Und gibt es denn genau genommen wirklich einen großen Unterschied zwischen Personen, die aus persönlichem Vorteil ganze Völker in unheilvolle Kriege verwickeln und jenen Individuen, die Sie erwähnen und verurteilen? Lernen Sie die wahre Geschichte vieler oder besser der meisten Kriege kennen! Welch anmaßende Habgier, welches Ausmaß an Ehrgeiz, Neid und Rachsucht skrupelloser Individuen trieb die Länder in diese hoffnungslosen, fürchterlichen Zerstörungen! Das Leben ist so verflochten, daß wir vor endgültigem Urteil die wahren Ursachen ergründen müssen, die dieses oder jenes Unheil auslösten. Allerdings, das größte Übel der Menschheit ist, daß meist die stärksten Charaktere, selbst wenn sie an eine gute Idee glauben, diese Idee einseitig und unduldsam auffassen. Daher die ganzen zerstörerischen Auswirkungen. Die Geschichte aller Völker ist voll von blutigen und empörenden Seiten. Wie viel Blut wurde für jeden neuen Aufbau, für jede neue Lehre oder Religion vergossen! Daher muß sich die Menschheit dringend die beiden großen Begriffe Duldsamkeit und Zusammenarbeit zu eigen machen. Auf diesen Grundlagen wird die Neue Epoche aufgebaut.

       Meine Worte ”Vielleicht wird keine Arche erforderlich sein” ließen Sie verzagen? Ich kann das sehr gut verstehen, da ich selbst durch den Gedanken, daß unsere Erde dies alles vielleicht nicht aushalten wird und zu wenig feurige feine Energien vorhanden sein könnten, um die endgültige Explosion zu verhindern, sehr niedergedrückt war. Doch jetzt habe ich diese Schwäche überwunden. Die Großen Geistwesen sind äußerst bemüht, der Menschheit zu helfen, und es ist möglich, daß die Bildung der neuen Strahlen uns geistig erneuert und sich jene wichtigen geistigen Kräfte offenbaren, die die gefährlichen Energien entladen; dann ließe sich diese drohende Katastrophe, wie schon früher, wenigstens teilweise vermeiden. Wahrlich, in stärkster Anspannung und ständig auf der Wacht zerstreuen die Großen Geistwesen die zerstörerischen Energien durch ihre Strahlen. Hier auf Erden gibt es für dieses selbstaufopfernde Wirken sehr, sehr wenige Helfer. Es ist eine Tatsache, daß das Unheil, wenn solche ”Zerstreuer” in erdbebengefährdete Gebiete vorstoßen, beträchtlich gemildert und oft gänzlich verhindert werden kann; ähnlich werden auch alle Arten von Epidemien abgewehrt. Es heißt: ”Die Entlader der Sphären sind die mächtigsten Diener des Kosmos. Aber dieses Werk kann sich auch nur in feuriger Vereinigung vollziehen. Feuriges Gleichgewicht kann den Planeten retten. Allein feurige Macht kann im letzten Moment neues Leben verleihen.” (Feurige Welt, III. Band)

       Daher müssen diese Diener feurig-aktive Zentren besitzen. Zu Ihrem Trost möchte ich Ihnen sagen, daß sich alle, die sich dem reinen Wissen und dem Gemeinwohl widmen, in höhere Sphären begeben werden. Traurig wird das Los jener sein, die auf den Trümmern des lecken Schiffes zurückbleiben oder auf den Saturn abgeschoben werden. Dieses Geschick wird natürlich nur diejenigen treffen, die jede Spur menschlichen Wertes eingebüßt haben. Seien Sie daher nicht traurig, sondern streben Sie mit Ihrem ganzen Herzen zur Hierarchie des Lichts. Die Herrscher des Lichts sind wahrlich die Hüter von Himmel und Erde. Natürlich sollte man um die kommenden Teilkatastrophen wissen, die um so schrecklicher sein werden, je mehr die Menschheit den Raum mit Haß, Habgier, Intoleranz, Uneinigkeit und Verneinung sättigt. Die entscheidende Stunde ist gar nicht so fern, doch viele Kinder werden inzwischen noch heranwachsen. Sprechen Sie bitte jene, die Ihnen nahen, ihrem Bewußtsein entsprechend an. Überlasten Sie die Unvorbereiteten nicht, dadurch kann großer Schaden verursacht werden!

       Bei Annäherung an die Menschen nehmen die Großen Lehrer ein geringeres Erscheinungsbild an, damit die verhärteten Herzen sie vernehmen können. Größe ist schwer anzunehmen – oder besser gesagt: zu verzeihen!

       Also seien Sie nicht traurig. Inzwischen wollen wir alle unsere Energien und Kräfte verstärken, um keine neue Arche bauen zu müssen, sondern ein besonderes Flugzeug, das zeitgerechter und für die astrale Welt nützlicher ist, denn hier gibt es viele, die gerettet werden müssen.

31. Mai 1935

       1.) Es wäre richtiger zu sagen, daß die Runde der Kali Yuga auf unserem Planeten dem Ende zugeht und wir uns jetzt im Übergangsstadium befinden. Satya Yuga wird einsetzen, sobald sich die sechste Rasse bewährt, von der bereits einzelne Gruppen auf der Erde in Erscheinung treten. Doch die wahre Ära von Satya Yuga kann auf unserem Planeten erst beginnen, wenn er von allem ungeeigneten Material gereinigt ist und neue Kontinente gebildet werden. Wie gewöhnlich, erscheinen die Vorzeichen der Epoche viel früher, aber die Kontinente, die dazu bestimmt sind, die Mehrheit der sechsten Rasse aufzunehmen, können viele Zeichen der kommenden Neuen Epoche offenbaren.

       2.) Ich würde nicht bestätigen, daß ”die Frau auf dem Scheiterhaufen der Inquisition wegen der Verbrechen verbrannt wurde, die sie infolge ihrer schwachen und versklavten Stellung verübte.” Solch eine Behauptung wäre einseitig und ungerecht. Die wirklichen Verbrechen wurden selten durch die Feuer der Inquisition geahndet. Die Opfer der Inquisition waren die persönlichen Feinde der Inquisitoren und meist harmlose Individuen mit mediumistischen und psychistischen Neigungen, die bei Frauen oft stärker in Erscheinung treten.

       Es ist unfair, die Frau wegen der demütigenden Stellung, die sie in der Gesellschaftsordnung einnimmt, auch unter den sogenannten zivilisierten Völkern, zu beschuldigen. Menschen von niederer intellektueller und geistiger Entwicklung neigen dazu, das Erhabene herabzusetzen. Ganz eindeutig beweist uns die Geschichte, daß in alten Zeiten jene Völker gediehen, die das Weibliche Element achteten. Doch es heißt, daß ”nicht alle, die auf diesen Rechten bestehen, sie notwendigerweise besitzen”. Wahrlich, die Inanspruchnahme von Rechten durch rohe Gewalt widerspricht dem Kosmischen Recht. Andernfalls wären wir nahe daran zu erklären, die Maschine übertreffe den feinen menschlichen Apparat. Solches Denken ist sehr weit verbreitet und nicht nur für die gesellschaftliche Ordnung, sondern auch für die gesamte Weltordnung vernichtend. In den höheren Welten wird das Weibliche Prinzip sehr geachtet, denn die Frau verkörpert die Selbstaufopferung und ist die ewig Schenkende auf dem Pfad mühsamer menschlicher Evolution. Es heißt: ”Die Frau ist für den Weg der Heldentat bestimmt”. Vergessen wir nicht, wie sehr die Hierarchie des Lichts die MUTTER DER WELT verehrt!

       3.) Falsch sind die in Büchern gefundenen Behauptungen, daß alle Religionen und Lehren die Frau auf eine niedere Stufe stellten. Solche Behauptungen sind Entstellungen und Hinzufügungen, die in späteren Zeiten von jenen verübt wurden, die aus Unwissenheit und Eigennutz ihre Macht behaupten wollten. Keinesfalls dürfen die Großen Religionsstifter und Lehrer durch diese himmelschreiende Unwissenheit herabgesetzt werden. Bedenken wir, durch wie viele unehrliche und eigennützige Hände diese Lehren in Tausenden von Jahren gegangen sind!

       Buddha hielt die Frau hoch in Ehren und stellte fest, daß sie, genauso wie der Mann, die höchsten Grade eines Archaten erreichen kann. Wahrlich, in der Frau brennt das gleiche geistige Feuer, die gleiche Monade wie im Mann; der psychische Apparat der Frau ist viel feiner als der des Mannes. Aus diesem Grunde übermittelte im alten Ägypten die Hohepriesterin der Isis den Hierophanten die Gebote der Göttin – nicht umgekehrt. Wenn unsere Christliche Kirche die Frau dermaßen erniedrigte, daß bei der Eheschließung der Priester erklärt: ”Die Frau sei dem Manne untertan”, so war es im alten Ägypten völlig anders, denn hier war die Frau das Haupt des Hauses. Viele seltsame Dinge werden sich noch offenbaren. Wir leben wahrhaft in der Maja unserer Unwissenheit. Diese entstand nicht nur aus Mangel greifbarer Beweise und Fakten, sondern auch aus der angeborenen Neigung zu Vorurteil und Verneinung. Seit frühester Kindheit frißt sich diese Krankheit wie Krebs in unser Denken ein.

       Wahre Geschichte, und vor allem wahres Wissen wird viele erstaunliche Seiten und Fakten enthüllen. Erinnern wir uns der großen Worte: ”Es kann gesagt werden, daß uns kein einziges Vermächtnis ohne Entstellung erreichte. Endlos sind die Änderungen und Entstellungen, die in den Übersetzungen der großen Schriftsteller zu finden sind.” Wie schrecklich entstellt sind die Werke der ersten Kirchenväter der Christenheit! Nehmen wir zum Beispiel den großen Origenes. Gibt es nicht schon ein Beispiel für solche Entstellung im Vorwort seiner Werke, das von einem Schüler geschrieben wurde? Wahrlich, je mehr wir die Quellen der Lehren ergründen, um so klarer offenbart sich ihre Einheitlichkeit und Größe. Greifen wir daher in unserer Unwissenheit nicht die großen Begründer der Lehren an, die das große Gesetz des Gleichgewichts der Elemente kannten. Im Altertum bestand die letzte und höchste Einweihung in dieser Erleuchtung und in diesem Wissen. Das ganze Geheimnis, die ganze Schönheit des Seins wurde der vom höchsten Licht erleuchteten Seele enthüllt. Selbst im entstellten Hinduismus gibt es einige Hinweise auf die Bedeutung des Weiblichen Elements. Und bis heute kann ein Brahmane die heiligsten Rituale nur gemeinsam mit seiner Frau vollziehen.

       Auch Christus bestand auf Gleichheit der Elemente; doch finster waren die Anhänger seiner Schüler, und diese Finsternis vermehrte sich sozusagen nicht in arithmetischer, sondern in geometrischer Progression.

       Auch Zoroaster schätzte das Weibliche Element sehr, und in seinen Vermächtnissen kann man bemerkenswerte Hinweise auf die Größe der Kosmischen Liebe finden.

       4.) In der Lehre heißt es ”Lingam ist das Gefäß der Weisheit”, was besagt, daß seine Lebenssubstanz wichtige Eigenschaften besitzt. Genaugesagt, durch sparsamen Gebrauch dieser Substanz werden Lebenskräfte gespeichert, und so bewahren wir die schöpferische Kraft in uns. Daher wird von jedem, der praktischen Okkultismus betreibt, völlige Enthaltsamkeit verlangt. Erst später nahm dieses Wissen die häßliche Form des Phalluskultes an. Dies erklärt, warum der Archat ein Leben völliger Enthaltsamkeit führt.

       5.) Bei den ersten zwei Rassen kann man nicht von Vervollkommnung sprechen, denn diese bestand nur potentiell. War in der zweiten Hälfte der dritten Rasse die Zivilisation hoch, so nur deshalb, weil zu dieser Zeit die Großen Elohim zur Erde kamen, und laut esoterischen Berichten befanden sich unter ihnen Geistwesen beiderlei Geschlechts. Sie inkarnierten als Göttliche Führer und Regenten, und ihre Nachkommen empfingen den Funken, der ihre geistigen Fähigkeiten weckte. Bei diesen Abkömmlingen setzte die Zentrentätigkeit ein, wogegen bei den meisten Menschen die Zentren untätig blieben. Diese Elohim, die von den höheren Welten auf unsere Erde kamen, inkarnierten in den später bestehenden menschlichen Formen, sie wurden die Entfacher des Bewußtseins und der geistigen Fähigkeiten der Menschheit. Wenn daher auch Geistigkeit in den früheren Rassen vorherrschte, konnten sie insofern nicht als vollkommen angesehen werden, als es ihnen an Fähigkeit des Denkens mangelte. Der Gedanke ist die Krone der Weltenschöpfung, da nur bewußtes Denken schaffen kann. Daher wird der vom Licht der Geistigkeit erleuchtete denkende Mensch ”die Krone der Schöpfung” und ”Schöpfer” genannt. Nur der Geist, der endlose Formen und Existenzen durchschritt, kann jene Erfahrungen aufspeichern, ohne die es weder ein Unterscheidungsvermögen noch einen Gedanken, noch Schöpfung gibt. Daher ist das von Geistigkeit erleuchtete Gemüt wahrlich ein Geschenk Gottes. So erklären alle östlichen Lehren: ”Es gibt keinen Gott, der nicht einmal ein Mensch war”, und auch: ”Alle Götter müssen die menschliche Evolution durchlaufen”.

       6.) Waren Zwillingsseelen über Jahrhunderte hindurch getrennt, so erkennen sie einander nicht, wenn sie sich begegnen. Genaugesagt, nur Seelen, die Jahrtausende hindurch auf dem irdischen Plan durch starkes geistiges und herzliches Gefühl verbunden waren, können in den höheren Welten die kosmische Vereinigung erlangen. Die Vereinigung der Bewußtseine und Herzen findet weder in einem Leben noch im Verlauf von mehreren Leben statt. In der Tat, Tausende von Jahren sind erforderlich, um die Energien zu speichern, die befähigen, dieses untrennbare Band zu knüpfen. Die höchste Schönheit kann nicht leicht zugänglich sein!

       7.) Wahrlich, alle Geistwesen, in denen der Funke des Strebens nach dem Höchsten und nach Schönheit nicht erlosch, sind auferstanden und werden auferstehen in Formen, die ihrer Geisteshöhe oder der Aufspeicherung in ihrem Kelch entsprechen.

* * *

       Vulgäre Vorstellung entspricht völlig dem niedrigen moralischen Niveau des Menschen. Daher ist es unsere besondere Pflicht, die Höchsten Bildnisse vor jeglicher Herabwürdigung, Verhöhnung und gotteslästerlichen Auslegungen zu schützen.

       Es ist wichtig zu wissen, daß die Kosmische Krönung nur in den höheren Welten möglich ist, wo die Aufgaben kosmischer feuriger Schaffenskraft nicht an den irdischen zu messen sind. Diese Krönung ist der irdischen Auslegung unvergleichbar. Man muß bedenken, daß hier, im irdischen Bollwerk der Bruderschaft, die Archate in Einsamkeit verbleiben, wie es der Dienst an der Menschheit erfordert. Jeder von Ihnen übernimmt seinen ganz speziellen Auftrag und führt schwierigste Aufgaben durch. Die Ihnen nahestehenden Seelen, die karmisch mit Ihnen verbunden sind, inkarnieren auf Erden zur Zeit der Erfüllung eines neuen Planes der Evolution; sie bewahren das Band mit den Archaten und erfüllen Ihren Willen, indem sie das menschliche Bewußtsein nach neuen evolutionären Richtlinien voranbringen. Die Vielfältigkeit der Aufgaben erfordert verschiedene Zustände. Manche Archate behalten ihren verdichteten Astralkörper bei, und nur eine kleine Gruppe von Ihnen verkörpert sich physisch, weil ihre Aufträge es erfordern. Die Last Ihrer Arbeit für das Gemeinwohl übertrifft jegliche Vorstellung! Der Grundsatz der Selbstaufopferung in ihrer ganzen Größe und Schönheit wird von diesen Dienern der Menschheit und des Gemeinwohls voll gewürdigt. In äußerster Anspannung auf ewiger Wacht, in großer Geduld und unter gewaltiger Anstrengung steuern Sie das Schiff der Menschheit. Sie opfern Ihr Leben für Ihre Menschengefährten; Sie verhindern das Kentern des Schiffes und steuern es den rechten Kanal entlang.

       Hier ein Hinweis aus der Lehre des Lebens:

       ”Womit kann Unsere Gemeinschaft eher verglichen werden – mit einem Chor von Psalmensängern oder mit einem bewaffneten Lager? Eher mit letzterem. Man kann sich vorstellen, daß sie den Regeln einer militärischen Organisation und Führerschaft entsprechen muß. Kann man die Pfade des Fortschritts der Gemeinschaft ohne Rückschlag und Angriff errichten? Kann man eine Festung durch Angriff einnehmen, ohne ihre Lage zu kennen? Die Bedingungen der Verteidigung und des Angriffs müssen erwogen werden. Erfahrenes Wissen und strenge Wachsamkeit sind nötig. Wer die Gemeinschaft als ein Bethaus betrachtet, irrt. Wer die Gemeinschaft eine Werkstätte nennt, irrt. Wer die Gemeinschaft als ein abgeschlossenes Laboratorium betrachtet, irrt. Die Gemeinschaft ist eine hundertäugige Wache. Die Gemeinschaft ist der Orkan des Boten. Die Gemeinschaft ist das Banner des Eroberers …” (Gemeinschaft, § 183)

       Ich möchte hinzufügen, daß die Gemeinschaft der Leuchtturm ist und der einzige Rettungsanker der Menschheit. So sind die besten Menschen verpflichtet, Ihre ungeheure Last zu erleichtern. Wie überaus dankbar sollten wir diesen Hohen Geistwesen sein, die für Jahrhunderte Ihre wohlverdiente Glückseligkeit opferten und weiterhin opfern, um das Schicksal der Menschen zu erleichtern und den Planeten vor Zerstörung zu retten!

* * *

       Können wir zwischen Monotheismus und Polytheismus eine klare Linie ziehen? Können wir auch nur eine Religion nennen, die einen strengen Monotheismus verkündet? Wahrlich, der ganze Sinn des Lebens besteht aus Einheit in der Vielfalt. In der christlichen Religion gibt es einen offensichtlichen Polytheismus. Der Gottesbegriff – Gott Vater mit seinem inkarnierten Sohn Jesus Christus – kann nicht als monotheistisch betrachtet werden. Liegt nicht der christlichen Religion die heidnische Dreieinigkeit zugrunde? Und wie steht es mit den Erzengeln und der Jakobsleiter? Wiederum kann man sagen: ”Wer den Splitter in seines Bruders Auge sucht, sieht den Balken im eigenen nicht.” Und mit Recht kann man behaupten, daß die christliche Kirche aus dem Erbe der verachteten Heiden den Nutzen zog, aber viele große Begriffe entstellte und herabwürdigte.

* * *

       Wer kann sagen, wo die Rechte der Frau – die ihr von der Natur verliehenen Rechte – beginnen und wo sie enden? Dieselbe Frage könnte man in bezug auf die Rechte des Mannes stellen. Nur Evolution gibt die Antwort und weist die Richtung. Es gibt in der Natur kein Anzeichen dafür, daß die Frau auf ihren Herd beschränkt sein sollte! Schließlich ist sie die Mutter und Hüterin der Welt. Daher gibt es keinen einzigen Lebensbereich, wo der Mann allein regieren könnte. Gerade diese ausschließliche Herrschaft des einen Elements hat die finstere Epoche heraufbeschworen. Schöpferkraft ist beiden Elementen in gleichem Maß verliehen. Im Mann tritt sie zur Zeit nur deshalb stärker hervor, weil der Frau die gleiche Bildung versagt wurde und sie nicht die gleichen Möglichkeiten hatte, ihre schöpferischen Kräfte in weitem Maße auszuüben. Man berief sich auf das geringere Gewicht des weiblichen Gehirns, das man als Ursache für die vermeintlich geringere Intelligenz der Frau ansah. Dieser Trugschluß war jedoch nicht haltbar. Ich entsinne mich, wie erstaunt die Wissenschaftler waren, als nach dem Tod des äußerst talentierten Schriftstellers Anatole France sein Gehirn gewogen und als erstaunlich leicht befunden wurde; es war kaum schwerer als das Gehirn eines Kindes! Gleicherweise hörte ich einmal, je entwickelter ein Tier, um so größer sein Gehirn. Auch erinnere ich mich an den Hinweis unseres Lehrers, daß manche Insekten klüger seien als große Tiere. Nehmen Sie z. B. die Bienen und Ameisen. Ein schweres Gehirn bedeutet große physische Ausdauer, doch keine Verfeinerung. Gänzlich verschieden sind die Zeichen großer Intelligenz. Die Gehirnwindungen sind sehr bedeutungsvoll; jedoch auch hier kann man nur teilweise zu einem Schluß gelangen, da über die Geheimnisse des inneren Menschen sehr wenig bekannt ist. Die seltsame Theorie der Anthropologen lautet: je größer der Schädel, um so intelligenter der Mensch. Hier beweist die Natur wiederum das Gegenteil. Es wurde herausgefunden, daß der Schädel der isländischen Wilden größer ist als der eines geistreichen Durchschnittsfranzosen. Heute sind viele zu dem Schluß gelangt, daß es keinen Grund gibt, die geistigen Fähigkeiten der Frau unter die des Mannes zu stellen.

       Die finstere Epoche bewertete die Frau als Konkubine und Kindermädchen, doch ehrt man die Frau als Mutter, dann ist sie nicht nur die Mutter in der engsten Familie, sondern auch der Große Lehrer des Bewußtseins der Völker.

       So heißt es in der Lehre der LEBENDIGEN ETHIK: ”Die Frau, die dem Volke das Leben schenkt, hat das Recht, sein Schicksal zu bestimmen. WIR wollen die Frau in der Regierung vertreten sehen, im Ministerrat, in allen aufbauenden Tätigkeiten.” Doch gleichzeitig heißt es: ”Der Kampf zwischen den beiden Elementen wird hart sein, und die Frau wird ihre Rechte, die sie freiwillig aufgab, selbst zurückerobern müssen.”

       Das gestörte Gleichgewicht wirkt sich im Leben des ganzen Planeten so schrecklich aus, daß ihm nun die Gefahr droht, zerstört zu werden! Und kosmische Notwendigkeit und Sinngebung erweisen sich hier abermals als Retter, indem sie die talentierte Frau immer mehr in den Vordergrund stellen. In den jüngeren, für die Evolution bestimmten Ländern kann man beobachten, daß die Frau sich immer mehr durchsetzt. So gibt es in Amerika bereits Frauen als Minister, Diplomaten, Abgesandte, Staatsregenten, Direktoren der größten Firmen, Pilotinnen und Rechtsanwälte, die die schwierigsten Prozesse gewinnen. Auch den Posten des persönlichen Sekretärs des Präsidenten nimmt eine Frau ein. In der Tat, in Amerika sind die Frauen die Hauptförderer der Bildung und Kultur. Auch sind die sogenannten ”Wunschkinder” meist kleine Mädchen. All dies sind gute Zeichen für die kommende Epoche.

       Und jetzt denken Sie tiefer über folgendes nach: Im Prozeß der natürlichen Evolution werden die Unvollkommenheiten der physischen Empfängnis und der Geburt sowie eine hilflose Kindheit beseitigt werden, all dies wird dereinst in das Reich der Legende eingehen. Für den Aufbau des Körpers des inkarnierten Geistes werden während des Vorgangs der Verdichtung und Ernährung im allgemeinen die Kräfte beider – der Mutter und des Vaters – erforderlich sein. Man wird eines rauchenden Herdes nicht mehr bedürfen. Wie könnte man daher den Wirkungsbereich der Frau noch mehr einschränken und ihr nur die Rolle der ”Lust” des Mannes zuteilen? Nein, die Zeit ist gekommen, in der die besten Menschen darüber nachdenken und sich der Armseligkeit dieser Vorstellung schämen, die so weit führte.

6. Juni 1935

       Sie sprechen die Hoffnung aus, daß ich ”ohne solch lange Pausen” schreiben werde. Doch ich befürchte aufrichtig, daß meine Briefe manches Mal den Frieden des einzelnen stören könnten, da ich oberflächliche Beweise unbeachtet lasse und der Wirklichkeit folge, die mir durch den Lehrer gezeigt wurde. Daher ist es sehr leicht möglich, daß meine Erklärungen und unerwarteten Schlüsse von jenen nicht angenommen werden, die bei jeder Straßenkreuzung eine Vogelscheuche sehen. Doch ich bin sicher, daß Sie meine Briefe solchen Individuen nicht vorlesen werden. Sprechen Sie immer so, wie es das Bewußtsein der Zuhörer zuläßt.

       Ich kann Ihrer Feststellung, ”die Geistlichkeit übe völlige Toleranz und keine offene Auflehnung”, nicht zustimmen. Ich bin genau gegenteilig informiert. Bedrohte nicht beispielsweise ein bestimmter Priester die Mitglieder der Gemeinschaft des Heiligen Sergius mit Kirchenbann, nur weil sie um seinen Segen baten? So wird berichtet und bezeugt. Bekannte sich dieser Priester nicht dazu, daß er selbst der Zeitung die Information lieferte, die unter den Bürgern Verwirrung stiftete? Und als man ihn fragte, warum er dies tat, antwortete er da nicht: ”Eben weil ich diese Nachricht weitergeben wollte!”? Nein, die Ausübung solcher ”Toleranz” unterscheidet sich von der in unserem Lexikon! Ich könnte einige andere Tatsachen erwähnen, doch wahrscheinlich kennen Sie diese besser als ich. Lassen wir daher alle diese Streitgespräche über die Geistlichen fallen – abgesehen davon, daß ich unter ”Geistlichkeit” nicht nur die Priester verstehe, sondern ganz allgemein alle Fanatiker und Scheinheiligen, die ihre finsteren Handlungen unter Ritualien, wie Verneigungen, Niederknien und Kreuzküssen verbergen – wie z. B. Herr X. und sein Anhang.

       Vielleicht erinnern Sie sich, daß ich immer versuchte, mich von der Kirche und ihren Vertretern fernzuhalten, weil ich meinen Söhnen die Achtung vor ihrer Religion so lange bewahren wollte, bis ihr Bewußtsein gefestigt genug war, um ganz natürlich alles Schöne in ihrer Kirche zu erfassen, aber auch das Negative in ihr zu erkennen; genaugesagt, um ihr Verhalten zur Religion als solcher nicht zu beeinflussen. Und ich glaube, daß ich damit Erfolg hatte, denn meine beiden Söhne sind tief religiös und haben im Geiste ihre eigene Kirche.

       Keiner unserer Mitarbeiter würde je einen Tempel verdammen, sondern eher in jedem eine Kerze entzünden. Doch es ist ganz sicher, daß Fanatiker und Scheinheilige nicht dieselbe Straße wandeln wie jene mit erleuchtetem Bewußtsein.

       Die ernste, äußerst bedrohliche Zeit ist angebrochen; es findet eine strenge Auslese statt. Eine Verschiebung im Bewußtsein der Menschen erweckt Streben zum Aufbau des Lebens auf einer neuen Grundlage und in weitem Ausmaß. Die Völker erkennen, daß ”Leben ohne einen Helden mühsam” ist. Jeder kann diese Sehnsucht nach mächtiger Führerschaft im kulturellen, sozialen und staatlichen Leben wahrnehmen. Kann es sein, daß jemand, beschäftigt mit Selbstzerstörung und dem Verrat geistiger Werte, den herrlichen Tagesanbruch versäumt? Ja, ich möchte sagen, daß ich unter einer lebendigen Kirche eine Kirche verstehe, die in ihrer großen Toleranz den wahren Vermächtnissen Christi folgt, eine Kirche, die Vereinigung im Auge hat und nicht Zersplitterung, deren Fundament die Liebe Christi zugrunde liegt. Doch wo es nur eine Spur von Unduldsamkeit und Fanatismus gibt, da gibt es keinen Christus. Ich las über den Patriarchen Tikhon. Vieles in seiner Persönlichkeit weist darauf hin, daß er verstand, daß ”der Neue Himmel und die Neue Erde erscheinen, um das Alte zu ersetzen”. Christus lebte wahrhaft in seinem Herzen.

       Fragten Sie sich je, warum die Geistlichkeit gegen so viele religiös-philosophische Gesellschaften eingenommen ist? Weil sie fürchtet, daß die Wahrheit enthüllt werden könnte, nämlich daß alle Symbole unserer christlichen Kirche Nachahmungen der alten heidnischen Sinnbilder darstellen! Die fortschrittlichen westlichen Priester wissen das sehr genau. Doch man kann die Wahrheit nicht für ewig verbergen, und nun beginnt sie, sich selbst laut zu verkünden. Kürzlich sah ich in einer Zeitung die Abbildung eines griechischen Patriarchen im vollen Ornat, mit einem Bischofsstab in der Hand. Dieser Bischofsstab ist eine genaue Nachbildung des Heroldstabes des Gottes Merkur; er stellt eine zweiköpfige Schlange dar. Man könnte fragen, wieso das Bildnis einer Schlange, die nach christlichem Dogma das Symbol der Verführung ist, auf dem Bischofsstab eines Patriarchen der griechischen Kirche zu sehen ist? Hätte ich die Wahrheit nicht gekannt, könnte ich gedacht haben, jemand hätte das Bild des heiligen Patriarchen in gotteslästerlicher Absicht entstellt.

       Daher würde ich in bezug auf den von Ihnen erwähnten Fall sagen: Verbannen wir Unwissenheit und wenden uns der wahren Interpretation der Tatsachen zu. Fragen wir uns, wer mehr zu tadeln ist: derjenige, der nach seinem Glauben die verehrte Person mit den besten Symbolen umgibt oder jener, der aus Unwissenheit und Bosheit nicht nur eine Person verleumdet, sondern auch über hohe Symbole lästert, deren Bedeutung ihm fremd ist? Sind nicht alle, die das Licht des Wissens übermitteln, das ethische und kulturelle Niveau heben, Brüder und Schwestern der großen Bruderschaft der Menschheit? Wahrlich, N. K. und ich nennen gemäß dem Vermächtnis Christi jeden, der Licht bringt, ”Bruder” oder ”Schwester”. In Indien besteht die Sitte, jeden Fremdling mit dem Wort ”Bruder” zu grüßen. Und das ist schön!

       In der Tat, in der von Ihnen erwähnten Zeitschrift werden Sie nie eine so schändliche Beschimpfung und ein so unwissendes und vulgäres Urteil finden wie in den Artikeln der mir zugesandten H. und T. Zeitungen. Ich war traurig, als ein ausländischer Mitarbeiter, nachdem er diese schamlosen Schmähungen gelesen hatte, mir mitteilte, sie könnten sich nicht vorstellen, daß bestimmte Gruppen von Emigranten noch so unwissend sind: ”Unwillkürlich könnte man dem Märchen Glauben schenken, daß die russischen Kosaken Talglichter essen und in den Straßen der Städte Bären spazierengehen …”

       Für die besten Geister ist es Zeit zu verstehen, daß das Bewußtsein der ganzen Welt sich erweitert und mit Riesenschritten an den neuen Aufbau herangeht. Man kann die Neue Welt nicht mit Gerümpel von gestern betreten. Die Zukunft ist herrlich, doch man muß sie aufnehmen können. Die Neue Epoche hat das Zeichen weltweiter Zusammenarbeit im gesamten Leben auf ihr Banner geschrieben, dem selbstverständlich wahres Wissen und Duldsamkeit zugrunde liegen; denn in Unwissenheit und Fanatismus kann man nicht zusammenarbeiten.

       Ich sandte und sende weiterhin die Artikel von N. K. allen jenen, die sich nach dem Wort des Lichts sehnen und mache dabei keinen Unterschied, ob es sich um Heiden, Christen, Sektierer oder Orthodoxe handelt; das Wort des Lichts kann überall und unter allen Umständen erklingen. Wenn Herr X. und seinesgleichen bei den Menschen im Gedächtnis bleiben, so nur durch ihre Vorgänger, die alle anders gesinnten Menschen verfolgten!

       Und nun würde ich gern erfahren, wie weit es mit dem Buch ”Heilige Wacht” steht? Ich meine, es könnte in anderen Ländern herausgebracht werden. Es ist interessant, daß dieses Buch von Harbins Zensur verboten wurde. Auch möchte ich gern wissen, welche Artikel die Zensoren so fürchten. Das ist sehr seltsam! Und dies im Zeitalter der Bildung. Nein, wir leben nicht im Zeitalter der Bildung, sondern im Zeitalter spitzfindiger Inquisition und unverantwortlicher Spionage, in dem die Sklaven des Geistes zu wahren Robotern werden, die bald jeder Affe beherrschen kann! Es ist Zeit zu erkennen, daß dort, wo der Geist des Mutes schwand, wo es nicht gelang, sich dem Übel des Kleinmuts und der Furcht zu widersetzen, es keinen Platz für Erneuerung und Fortschritt gibt. Das Sprichwort ”Gott ist mit den Tapferen” enthält tiefe Wahrheit.

       Es ist zu bedauern, doch für eine bestimmte Mentalität könnte man heute die Worte Christi in voller Tragweite anwenden. Es heißt: Doch Jesus sprach zu ihnen: ”Der Prophet gilt nichts im eigenen Land, unter seinesgleichen, und in seinem Hause”. (Markus 6,4).

       Im Zusammenhang mit dem Erkennen der Großen Geistwesen kommt mir folgende östliche Parabel in den Sinn: ”Einst fragten die Schüler einen großen Rishi oder Weisen, wie man die Avatare – die göttlichen Inkarnierten – erkennt? Und der Weise antwortet: Einem Gemüsehändler wurde ein schöner Diamant zum Kauf angeboten. Er betrachtete ihn und erklärte, daß er dafür zehn Pfund Eierfrüchte bieten könnte und nicht einen Deut mehr!”

       Charaktere wie J. L. und V. I. erwiesen sich weit schlimmer als dieser Gemüsehändler.

       Die abscheuliche Verleumdung von seiten H. und T. wurde auch in anderen Ländern verbreitet, und jemand druckte die ganze Gemeinheit in seiner Lokalzeitung ab, wobei er das Pseudonym ”Mahatma” verwendete. Allerdings stieß dieser Zeitungs-”Mahatma” auf den harten Widerstand unserer Freunde, und der Verleumder sah sich veranlaßt, im selben Blatt N. K. als einen großen Künstler hinzustellen und meinte, daß er nur sagen wollte, einem großen Künstler gezieme es nicht, die Religion unserer Vorväter richtigzustellen und daß er nun seine Polemiken einstellen werde. Wie immer, so siegte auch hier ”Tactica adversa”! Nachher erschienen in vielen Zeitungen und Zeitschriften Artikel über den Pakt und das kulturelle Wirken N. K.’s. Der Verleumder entfachte die Flamme der Heldentat, und Funken dieses verstärkten Feuers flogen in die entferntesten und unerwartetsten Winkel, entfachten neue Bestrebungen, neue Wohnstätten des Geistes.

       Und nun möchte ich die Angreifer N. K.’s hinsichtlich ”Berichtigung der Religion unserer Vorväter” fragen, welche Dogmen unserer Kirche wir so unbestritten hinnehmen sollten? Kennen wir nicht aus der Geschichte der Kirchenkonzile die vielen von den Kirchenvätern selbst in die Dogmen der Kirche eingeführten Abänderungen? Es wäre von Nutzen, sich die Argumente der Priester bei den Konzilen ins Gedächtnis zu rufen. Wäre es daher nicht logischer, diese ”aufgeklärtesten Priester” und ihre blinden Anhänger wegen ”Berichtigung der Religionsformen unserer Vorväter” zu tadeln? Jedoch man vertritt wahrscheinlich die Meinung ”Quod licet Jovi, non licet Bovi!” (Anm. des Herausgebers: Was Jupiter erlaubt ist, ist dem Ochsen nicht gestattet.)

       Und in bezug auf diesen Eigendünkel könnten viele Beispiele aus der Lehre des großen Antonius zitiert werden, doch möchte ich nicht, daß mein Brief zu umfangreich wird.

       Ich schreibe dies alles mit Herzschmerzen, denn ich liebe mein Land und leide wegen dieser Kurzsichtigkeit. Dem russischen Volk ist vieles gegeben worden, und es verdient den Namen ”Gottsucher”. Es schenkte uns solche Sterne wie den Heiligen Sergius von Radonesch, der nicht nur die Grundlagen des russischen Staates legte, sondern wirklich den Charakter des Volkes formte. Durch sein Wirken und den Magneten seines Geistes sowie die Tätigkeit seiner Mitarbeiter sind geistige Feuer entzündet worden, die für Jahrhunderte das Bewußtsein des Volkes nährten. Doch die Nachfolger wagten es, die ererbten Schätze zu verwüsten. Da sie sich von dem gottgegebenen Führer und seinem hierarchischen Prinzip abwandten, verarmte das Bewußtsein des Volkes und unberechenbares Unheil traf es. Die Priester haben kein Recht, die Kritik an der Kirche und ihrem Niedergang den weltlichen Intellektuellen in die Schuhe zu schieben! Sie sollten vor allem sich selbst tadeln, denn sie sollten die Hüter der ihnen vom Heiligen Sergius anvertrauten geistigen Schätze sein. Wo blieb jener Geist des Heldentums, der Enthaltsamkeit und der Reinheit, und wo blieben die durch die Liebe zu seinem Land erleuchteten wahren Errungenschaften des Lebens, die allen wahren Schülern des verehrten Sergius eigen waren?

       Darüber hinaus – was erreichte die westliche Kirche durch den Verkauf von Ablässen und Errichtung der Inquisition? Welch ungeheure Unwissenheit beherrschte sie bei der Verdammung des Galilei und anderer Märtyrer des Lichts und des Wissens? Gereichte ihr Giordano Brunos und Jeanne d’Arcs Verbrennen auf dem Scheiterhaufen etwa zur Zierde? Und nun wurde Jeanne d’Arc von derselben Kirche heiliggesprochen! Und wird die Bartholomäusnacht jetzt nicht mit Massenmord gleichgesetzt? Sollen wir weiter auf der Unfehlbarkeit der Kirche beharren?

       Groß sind die Verbrechen der Kirche gegen die Vermächtnisse Christi. Es ist Zeit, die blutigen Seiten der wahren Geschichte zu lesen und in Empörung des Geistes ausreichend Kraft zu schöpfen, um alle Last der Unwissenheit und Habgier zu verbannen und zum reinen Leben der früheren Kirchenväter der Christenheit zurückzukehren. Die Macht des Geistes solcher Helden wäre ungeheuer, und das Volk, das nach Licht und Führerschaft des Geistes sucht, würde geachtet. Aber kein vergoldeter Ersatz kann die seit langem leidende Seele des Volkes verlocken. Sie erhofft das wahre Licht Christi, wahre Taten im Namen Christi, in voller Aufrichtigkeit, Reinheit und Schlichtheit!

       Mögen daher unsere Landsmänner im Geist belebt werden, obwohl einige von ihnen sich ihrer moralischen Korruption schämen sollten. Mögen alle, deren Geist sich erneuerte, sich dem Banner des Heiligen Sergius anschließen, dem gottgegebenen Führer des russischen Landes. Nur hierin liegt die Rettung. Alle Prophezeiungen, die mir zuteil wurden, erfüllten und erfüllen sich sehr genau. Aus diesem Grunde sage ich, die bedrohliche Zeit ist angebrochen und es ist nötig, sich im Geiste zu vereinen, da es sonst anstelle eines Waldes nur noch Stecken und Splitter geben und der erste Wind die Funken ihrer Vernichtung bringen wird.

       Ich bitte Sie, über die Ereignisse tiefer nachzudenken und die Führende Hand wahrzunehmen. Wirken wir mit an der großen verheißenen Auferstehung des Geistes. Der Sieg des Lichts über die Finsternis ist sicher verbürgt. Das bedeutende Jahr des schrecklichen Harmagedons steht vor der Tür! Mögen die Krieger des Lichts sich unter dem ausgewiesenen Banner vereinen! Die Große Gewähr des Sieges liegt in unseren Händen.

       Ich sende Ihnen einige Kapitel aus der neuen wunderbaren Monographie über N. K. von dem Dichter Richard Rudzitis. Die Feinheit und Herzensreinheit dieses Autors, der das leuchtende Bild von N. K. so klar herausstellt, wird vielen zugute kommen. Aber die Herzen vieler sind gottlos geworden, und ihr Wortschatz sank auf ein sehr niedriges Niveau herab. Schätzen wir jeden talentierten Schaffenden! Es ist Zeit, dieser sinnlosen Vergeudung von Menschen Einhalt zu gebieten, welche die wahren Brennpunkte der höchsten Energie sind, die die volle Bedeutung der Evolution erfassen und das Leben der ganzen Nation und des Landes darstellen. Es ist Zeit, unser Denken zu ändern. Wir befinden uns wirklich am Rand des Abgrunds! Nur ein ”Wunderbares Banner kann uns hinübertragen an die Tore der Wundervollen Burg”. Wenden wir uns nicht ab von dem Vorausgesagten! Nehmen wir den uns gesandten Segen an!

       Vater Sergius, Du Göttlicher, mit Dir gehen wir, mit Dir siegen wir!

       Erneut bitte ich Sie, durch diesen Brief nicht verärgert zu sein. Wir lieben Sie und möchten mit Ihnen gerne in Harmonie und mit Erfolg zusammenarbeiten. Doch dies erfordert eine gewisse Einheit des Bewußtseins, und deshalb schenke ich Ihnen mein Vertrauen. Ich empfehle Ihnen, den Artikel von G. Grebentschikoff ”Ich protestiere” abermals zu lesen. ”Rußlands Roerich führt seine Mitarbeiter aller Nationen, Glaubensrichtungen und Stellungen, die bereit sind sich zu opfern, um seinen wundervollen Ruf zum Licht zu erfüllen. Könnte es sein, daß Roerich es nicht verdient, die Russen hinter sich zu haben – ganz gleich, woran sie glauben oder wo sie leben –, die sich von seinen Verleumdern abwenden und der Beschmutzung der Atmosphäre Einhalt gebieten! Roerich ist unser Nationalstolz, ein Stern der heutigen Kultur, einer der wenigen, die sowohl geistig als auch kulturell eine hohe Stellung einnehmen …”

       Und hier eine weitere Feststellung des Dichters Richard Rudzitis: ”Nicholas Roerich ist nicht nur als Künstler berühmt, sondern auch als Führer der Kultur, dessen Namen man sowohl in westlichen als auch in östlichen kulturellen Kreisen schätzt. Wahrlich, eine universale Größe charakterisiert die Intelligenz seines Geistes, erstaunlich weit und harmonisch ist der Bereich seines Wirkens und seiner Ideen. Besonders beeindruckt ist man von der Tatsache, daß er weder ein philosophischer Prediger noch ein Träumer ist, sondern alle seine Ideen verwirklicht werden können. Er selbst legte die ersten Fundamente zur Erfüllung seiner Ideen. Er schuf zahlreiche mächtige kulturelle Bewegungen, Institutionen und Gesellschaften, die in ihrem erhabenen Aufbau die großen Erbauer der Geschichte in Erinnerung bringen.”

       Das sind zwei Stimmen engster Zeugen über das Wirken von N. K.

11. Juni 1935

       Vor einigen Tagen erhielt ich die wundervollen Kapitel Ihres neuen Werkes und etwas später auch das vollständige Buch. Meinen herzlichen Dank für dieses herrliche Geschenk. Allein das Äußere des Buches ist eine Augenweide. Ich freute mich sehr beim Lesen; je mehr ich las, desto mehr entzückte es mich, und das ist ein untrügliches Zeichen. Mein Herz war gänzlich von Freude erfüllt über die feinfühligen Saiten der Seele eines Dichters. Die Erkenntnis des Sinns der Schönheit ist ein so hohes und seltenes Gefühl! Wie sehr müssen wir jene Menschen schätzen, die diese feinen Schwingungen in den Raum senden! Wahrlich, nur wer Kunst liebt, versteht es, die feinsten Nuancen der menschlichen Seele zu würdigen.

       Ich bin sehr dankbar, daß Sie die Universalität von N. K.’s Persönlichkeit so ausdrucksvoll und einleuchtend hervorgehoben haben sowie sein schöpferisches Wirken in Übereinstimmung mit dem Rhythmus kosmischer Schöpferkraft. Wie richtig, wie ausgezeichnet ist die Wertschätzung: ”Aus der Schönheit der Welt sammelt er den heiligen Tau des Geistes in seinem Herzen, bis es schließlich wie der Kelch des Grals übervoll ist”! N. K. ist wirklich ein Träger des Kelches der Heldentat im Namen der Wahrheit und Schönheit. Auch seine Fähigkeit, ”in jedem die positive schöpferische Bestrebung, jeden Lichtfunken zu stärken, zu bewahren und in eine hellere Flamme zu entfachen”, haben Sie sehr fein hervorgehoben.

       In der Tat, dieses ”gütige Auge” ist der Grundstein seiner Beziehungen zu Menschen sowie seiner Anstrengungen, ihnen die Hoffnung auf Erfolg und die Freude schöpferischen Schaffens zu vermitteln. Dieses ”Auge des Herzens” läßt ihn die ganze Schönheit des schöpferischen Lebens erfassen und sie einfach und klar festhalten, ohne Herkömmlichkeiten und Beschränkungen, damit sie in feinfühligen Herzen widerhallt. Durch seinen beständigen tiefen Sinn für Schönheit und nicht zuletzt durch seine Begeisterung ist seine Schaffenskraft unerschöpflich.

       Ich freue mich immer wahrzunehmen, wie Ihr schöpferisches Wirken von den Gedanken der Lehre genährt wird. Solch ein Aufnehmen der Lehre ist äußerst wertvoll, aber nur selten zu finden. Ich kenne Menschen, die die Bücher der Lehre seit Jahren studieren, ohne auch nur einen einzigen Gedanken in ihr Bewußtsein aufgenommen zu haben. Wenn man die Gedanken wiedergibt, ist die Assimilierung nach dem eigenen Prisma wesentlich und nicht das Nachsprechen. Doch hierzu muß man ein Dichter sein und selbständig denken können, aber wieviele sind es, die so beschaffen sind?

       Daher wünschte ich so sehr, daß Sie über die Themen der Lehre schreiben. Ihr Herz wird eine komplette schöne Symphonie schaffen. Die Saiten Ihrer Lyra können die Schönheit feinster Nuancen wiedergeben, die wegen der Tiefgründigkeit und Kürze der Formen so oft nicht getroffen und nicht verstanden wird.

       Schaffen Sie also! Bringen Sie die Freude der Schaffenskraft Ihres Wesens ganz zum Ausdruck. Das ist der einzige Sinn unseres Seins!

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