Briefe von Helena Roerich,
Band 1, 1929 - 1935 >>
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1.2.1935
Sie schreiben, daß Sie im Kelch des Orients (Anmerkung: Gemeint ist die russische Übersetzung von The Mahatma Letters an Prof. Sinnett) auf einen Passus völliger Nichtanerkennung eines persönlichen und auch eines unpersönlichen Gottes gestoßen sind. Dies kann nicht stimmen, denn nirgends, weder in der Lehre noch in den Briefen der Mahatmas, gibt es eine Ablehnung eines unpersönlichen Gottes. Vielleicht entstand dieses Mißverständnis durch ungenaue Terminologie. Was ist dieser unpersönliche Gott? Ist nicht Er das Göttliche, Immanente und Unbegrenzte Prinzip oder die Unerkennbare Ursache alles Seins, das nach den Aposteln Johannes und Paulus sowie den Arbeiten der ersten Großen Kirchenlehrer der Christenheit der Unsichtbare und Unerkennbare Gott ist? Lesen wir nicht in der Bibel (Johannes 1:18): Niemand hat Gott je geschaut? Und die gleichen Worte wiederholen sich in der Ersten Epistel des Johannes (4:12). Es gibt viele Hinweise in der Bibel auf Gott den Unerkennbaren und über die feurige Natur dieses Gottes. Im Deuteronomium (4:24) sagt Moses: Gott ist ein verzehrendes Feuer.
Ich empfehle Ihnen daher sehr, die Werke des großen Origenes zu lesen, jenes brillanten Auslegers der wahren Lehre Christi. Die westliche Kirche begann jetzt, seine Werke zu studieren; denn die fortschrittlicheren Priester begreifen nun, daß die Kirche mit ihren toten Dogmen in eine Sackgasse geriet und ihren Einfluß auf das neue Bewußtsein der Massen nicht mehr ausüben kann, da diese vor allem Logik und Beweglichkeit der Gesetze fordern. Origenes sagt in seiner Abhandlung über Die Uranfänge :
Daher können wir Gott nicht als eine besondere Verkörperung betrachten oder überhaupt als inkarniert. Er ist reinste Geistige Natur und schließt jegliche Komplexität aus. Er ist Vernunft und gleichzeitig die Quelle und der Ursprung der gesamten Vernunft in Natur und Schöpfung. Gott, der ja Ursprung von allem ist, sollte nicht als komplex angesehen werden, da es sonst scheinen könnte, als ob die Elemente, die alles hervorgebracht haben, was als komplex angesehen wird, vor ihrem eigentlichen Ursprung bestanden hätten.
Kann man den Begriff Gott klarer fassen denn als das reinste Erste Prinzip oder Element des Seins, wie es in den Worten des großen griechischen Philosophen und Kirchengelehrten zum Ausdruck kommt?
Ist nicht gleicherweise gesagt, daß Gott allgegenwärtig, allwissend und allmächtig ist und daß wir in ihm leben und wirken und unseren Bestand haben? Dies alles ist in der Bibel gesagt. Wenn wir daher die Schriften von den toten Buchstaben befreien so oft durch schlechte Übersetzungen entstellt und wenn wir uns selbst befreien von den vorgefaßten Meinungen, geschaffen durch ein sklavisches Denken von gestern, über Jahrhunderte in Fesseln gehalten durch christliche Dogmen, dann werden wir feststellen, daß alle Religionsformen und alle Lehren des Altertums die herrliche ewig-unfaßbare Ursache alles Seins zur Grundlage hatten, daß alle Religionsformen dieses eine göttliche Element unter verschiedenen Namen und Aspekten je nach den individuellen Eigenheiten verschiedener Völker und Länder verehrten.
* * *
Die christliche Welt wählte für den höchsten Begriff die Bezeichnung Gott. Warum dann nach einer neuen Benennung dieses majestätischen Begriffs suchen? Natürlich haben die Christen über Jahrhunderte mit dieser Bezeichnung alles verbunden, was ihnen nach ihrem Verständnis als das Höchste und Schönste erschien. Das ist der Grund, warum dieses Unfaßbare und Unbegrenzte Prinzip oder Element in den Büchern der Lehre oft mit dem Wort Gott bezeichnet wurde: Gott ist Geist und jene, die ihn verehren, müssen ihn im Geist verehren
Es wird auch von Meinem Vater und Deinem Vater gesprochen. In Wahrheit besteht dies Unerfaßliche und Unsichtbare Göttliche Element geistig in uns und um uns. Daher ist der Gott der Mahatmas ein Kosmischer Gott, vielmehr der Kosmos selbst in seiner gesamten Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit. Wahrlich, in Ihm leben wir, bewegen uns und haben unseren Bestand.
Gleichermaßen ist im Buch Agni Yoga, § 2 gesagt: Die Menschen erkennen die Bedeutung eines Gottes und eines Bodhisattvas nicht. Sie erkennen sie wirklich nicht! Doch wie der große Origenes sagt: Unser Verstand allein ist unfähig, Gott selbst zu begreifen, doch er kann Ihn aus der Schönheit Seiner Schöpfungen und der Herrlichkeit der Natur als den Vater alles Seins ahnen.
Man kann diesen Gedanken nicht besser zum Ausdruck bringen. Ja, in alten Zeiten war der Begriff der Gottheit der Unerfaßbaren Quelle alles Seins majestätisch. Dieses Kosmische Gesetz ist wahrlich ein gerechtes Gesetz. Es verleiht jedem von ihm ausgehenden Funken seine sämtlichen Eigenschaften und gewährt freie Wahl in der Anwendung dieser Eigenschaften entweder für den Aufbau oder zur Zerstörung.
Denken wir auch daran, daß alle alten Religionen, ohne Ausnahme, in esoterische und exoterische unterteilt waren. In der Tat, in unserer christlichen Religion ist vieles kompliziert geworden, weil die Priester den Schlüssel zum Verstehen der Lehre Christi verloren oder vielmehr zurückgewiesen haben. Diese Lehre ist reich an Esoterik, wie durch die Worte Christi Selbst überall bestätigt wird.
Wenn ich mich wieder der Begriffsbestimmung des unpersönlichen Gottes zuwende, so muß ich hinzufügen, daß, wenn wir an der Vorstellung von Gott festhalten, wie sie gewöhnlich von der Mehrheit der Menschen gemeint ist, diese Begriffsbestimmung Gottes als unpersönliches Wesen einfach eine ungeheure Absurdität ist vollkommen unsinnig. Wir können von Ihm nur dann als von einem unpersönlichen Wesen sprechen, wenn wir ihn als das Unfaßbare Element betrachten, als das Eine Gesetz alles Seienden. Wenn darüber hinaus gesagt ist, daß Gott unendlich ist, wie ist es dann möglich, sich von Ihm eine Form oder ein Bild zu machen? Wie kann Gott als der Unendliche endlich und begrenzt sein? So beantwortet nur die Vorstellung von Gott als das Göttliche, Unwandelbare, Allgegenwärtige, Unendliche und Unerfaßbare Prinzip wirklich alle Fragen und erklärt die vielen Verwirrungen.
Stellen Sie sich vor, wie sehr die Vorstellung von Gott in den verschiedenen Bewußtseinen differiert, ja nach der Stufe der menschlichen Evolution. Sie wächst und erweitert sich im Verhältnis zum Wachstum des Bewußtseins, doch vergessen die Menschen gewöhnlich, die Evolution dieses Begriffes zu erwägen. Denn die träge Mehrheit hinkt immer hinterher und folgt den festgesetzten Dogmen. Erinnern wir uns des wunderbaren Ausspruchs in der Bhagavad Gita: Ich bin der Faden, auf dem alle diese Vorstellungen aufgefädelt sind, und jede gleicht einer Perle. Wahrlich, es gibt wohl so viele Vorstellungen über Gott als es Bewußtseine gibt.
Lassen wir die Möglichkeit der Existenz eines Allmächtigen, Allgegenwärtigen, Allwissenden, Alliebenden, Allbarmherzigen Gottes als Person gelten, dann wäre es logisch zu fragen, warum solch ein Allmächtiger und Alliebender Herrscher des Universums so viele schreckliche Grausamkeiten und Ungerechtigkeiten zuläßt, warum die ganze Natur im gegenseitigen Verschlingen besteht?! Niemand kann leugnen, daß die Welt im gegenwärtigen Zustand schrecklich ist, in der Tat sie ist die Hölle selbst! Wir sollten uns nicht verhehlen, daß ein Mensch, der sich nur dem materiellen Vergnügen hingibt, unglücklich ist, aber der Mensch, der es wagt, sich aufzulehnen, der Gerechtigkeit und Höheres als nur tierische und materielle Vergnügungen sucht, leider noch unglücklicher ist.
Sieht der Allwissende Gott nicht, wie Milliarden seiner Kreaturen menschliche und andere dauernd zugrunde gehen? Können wir nur einen Atemzug oder Schritt tun, ohne Tausende von unendlich kleinen Leben zu vernichten? Jeder Augenblick unseres Lebens, jeder Atemzug bringt Millionen den Tod. Warum müssen sie sterben? Wozu ist ihr Tod erforderlich? Ohne Zweifel gibt es Menschen, die behaupten, daß von Gott alles für unser Wohl geschaffen wurde und daß Böses zum Guten führt! Doch solch kindische Vorstellungen können eine denkende Person auf keinen Fall zufriedenstellen, denn wir wissen, wie ansteckend Böses ist; und gäbe es nicht die erhabenen Seelen großer Individualitäten, dann würden die Wogen des Bösen die ganze Welt verschlingen. Kann es sein, daß abseits von diesen wenigen hohen Bewußtseinen, die in diesem unaufhörlichen grausamen Ringen als Sieger hervorgingen, Gott durch endlose Zeitalter das ständige Leiden dieser Billionen anderer Seelen wünscht?
Warum gibt es solche Ungerechtigkeit in den Bedingungen der Geburt, die ihre Spur für den Rest unserer Leben hinterläßt? Wo bleibt da Allbarmherzigkeit, Allwissenheit und Allmacht? Könnte ein Gott, der diese Attribute besitzt, nicht eine höhere und vollkommenere Natur schaffen? Warum bedarf er dieser endlosen Vernichtung und Auslese der Fähigeren? Nein, es ist ganz unmöglich, sich unter den bestehenden Bedingungen mit der Vorsehung eines allbarmherzigen, allwissenden und allmächtigen Gottes abzufinden, wie ihn uns die Kirche präsentiert. Die Vorstellungen über das Wesen Gottes sollten daher gründlich analysiert werden. Es ist Zeit, sich den Lehren des Ostens zuzuwenden sowie den Vernunftwesen, die diese Lehren gegeben haben. Es ist Zeit, diese Vernunftwesen als unsere Lehrer anzunehmen. In der Tat, der Osten ließ die Vorstellung eines einzigen Gottes als Herrscher des Universums fallen und gelangte zu einem höheren Begriff der Gottheit. Man fand in dem Unfaßbaren Absoluten die Einheit des gesamten Universums. Denn dieses Absolute umfaßt alles Endliche und Unendliche, alles Geoffenbarte und Verborgene, und über diesen all-einen Begriff hinaus kann der menschliche Verstand nicht reichen.
Dies erklärt, warum die größten Lehrer der Menschheit zu keiner Diskussion über die unbekannte Ursache anregen. Sie wurde als das Größte, immer Unerkennbare Geheimnis betrachtet. Denn wenn wir beginnen, das Absolute durch unsere eigene Vorstellung zu beschränken, hört es auf, absolut zu sein und wird begrenzt. Daher kann das Absolute nicht erfaßt werden, denn es umfaßt auch den Begriff der Unbegrenztheit. Doch wer will über den majestätischen und furchterregenden Begriff der Unbegrenztheit nachdenken? Wir können daher nur die verschiedenen Aspekte und Erscheinungen des Absoluten wahrnehmen. Doch da wir selbst Teilchen des Absoluten sind und jeder Teil des Einen Ganzen potentiell alle Eigenschaften dieses Ganzen besitzt, können wir in der Zeitspanne zahlloser Inkarnationen und in den Jahrmillionen bis zur Unendlichkeit dieses Potential allmählich in uns entfalten.
Die Veden sagen: Er ist das Wasser deiner Seele. Er ist die Wahrheit. Er ist Ich; Du bist Es. Könnten wir nicht sagen, wenn wir alle Vorstellungen von Gott prüfen, daß der Geoffenbarte Gott nur die Menschheit selbst sein könnte? Doch im gegenwärtigen Zustand ist die Menschheit näher dem Schatten Gottes dem Bildnis Satans.
Wahrscheinlich werden Sie auch darauf hinweisen, daß die Mahatmas im Kelch des Orients (Briefe der Mahatmas) behaupten, daß sie nur an die Materie glauben. Doch in allen alten esoterischen Lehren des Ostens werden Materie und Geist als das Eine Untrennbare angesehen. Das ist der Grund, warum die exoterischen Götter ihre Gefährten haben, die die Materie und deren Macht verkörpern. So ist Parabrahman unwahrnehmbar und hat ohne den feinsten Schleier von Mulaprakriti oder der Materie, die Es umhüllt keine Offenbarung. Aber die Materie, von der Wir sprechen, ist derart fein, daß sie unseren groben Sinnen unzugänglich ist. Wie Sie wissen, gibt es eine Begriffsbestimmung, die besagt, daß Materie kristallisierter Geist ist. Sicherlich, Geist ist Energie, doch wir wissen, daß sich Energie nicht ohne Materie manifestieren kann. Das für uns sichtbare Licht ist eine Art feiner bewegter Materie. Auf allen Ebenen, in allen Taten und allem Denken können wir uns nicht von der Materie lösen. Wir haben es entweder mit den höheren oder den dichteren Aspekten derselben Materie zu tun.
Im AGNI PURANA wird vom subjektiven Element (Gott) gesprochen. Es besteht im Schoße der Natur, so wie Feuer einem Stück trockenen Holzes verborgen ist und das Herz des Sesambaumes Öl birgt. Dieses subjektive Element ruht in der Natur, verborgen als psychischer Zeuge oder geistiges Element völlig neutral und untätig. Die Verschmelzung dieses subjektiven Elements mit der Kosmischen Natur wird von der als Fohat bezeichneten Kraft (kosmischen Elektrizität) bewirkt. Diese Energie birgt alle Embryos und grundlegenden Eigenschaften aller Wesen und der Materie, die aus der Einheit der Kosmischen Natur mit ihrem Gefährten Puman (Geist, Subjektives Element, Gott) konsequent hervorgehen müssen.
Die moderne Wissenschaft nähert sich rapide der großen Wahrheit, die in den Lehren und Religionen des Ostens niedergelegt ist; bald, sehr bald werden sie einander begegnen und sich die Hände reichen. Wollen wir hoffen, daß auch unsere Kirche durch das neue Bewußtsein bald erleuchtet wird und nicht nur Zeuge dieser neuen Einheit bleibt. So versteht die Wissenschaft bereits, daß es Materie an sich nicht gibt, sondern nur Energie und umgekehrt. Und so nähert sich die Wissenschaft dem geistigen Verstehen des Einen Elementes. Gleicherweise beginnen fortschrittliche Geister die Macht des Gedankens zu studieren, und sie versuchen auch, ihn zu fotografieren und zu messen. So vereint sich das Geistige mit dem Materiellen. Doch wie könnte es anders sein, da Materie nur eine Eigenschaft des Geistes ist!
Weiter schreiben Sie über Kosmische Vernunft. In der Tat, das ganze Summum bonum der Vernunft, in seinem zusammengerollten oder verwickelten Zustand im Nichtgeoffenbarten Universum, können wir Gott nennen. Aber es ist notwendig zu unterscheiden zwischen Kosmischer Grundlage oder dem in seiner Absolutheit unbegrenzten potentiellen Verstand und dem Geoffenbarten Kosmischen Verstand. So sind die im Kelch des Orients und in den Büchern der Lehre erwähnte Höchste Vernunft und das Große Herz also der Kollektive Verstand und das Herz der Großen Hierarchie des Lichts. Genaugesagt, der Verstand und das Herz dieser höchsten Geistwesen, die ihre menschliche Evolution für dieses Manvantara (entweder hier oder in anderen Welten oder Systemen) beendet haben, lenken die ihnen untergeordneten niederen Kräfte zugleich mit den Schicksalen verschiedener Menschheiten in verschiedene Welten. Ohne in das Karma der Menschheit einzugreifen, geben sie trotzdem die evolutionäre Richtung und legen das Fundament des Bewußtseins. Ohne diese Führung würde die menschliche Evolution um Millionen von Jahren zurückbleiben und wäre zu Zeiten völlig zusammengebrochen.
Ich mußte auch anderen Briefschreibern antworten, die gleich Ihnen über einige Behauptungen im Kelch des Orients ungehalten waren. Ich will einen Auszug aus einem meiner Briefe bringen, dazu einige Fragen aus einem noch nicht veröffentlichten Buch der Lehre:
Vergessen wir nicht, daß das Bewußtsein der Massen immer eine Individualität verehren will und sich das Höchste Bildnis ähnlich der eigenen Art schafft, wogegen ein hohes Bewußtsein in allen Erscheinungen immer nach dem Prinzip strebt
Die Menschheit mißt nur jenen Begriffen Bedeutung bei, die einem durchschnittlichen Bewußtsein eigen sind, und sie kleidet sie in jede ihrem Bewußtsein entsprechende Form. Warum wurden dann die Höchsten Begriffe nicht einbezogen? Warum gibt es so viele Entstellungen, warum so viele Herabwürdigungen? Weil in Wahrheit das menschliche Suchen und die menschlichen Bestrebungen sich abwärts wandten. Doch die Aufgabe der Neuen Welt ist es, das Bewußtsein zu wecken und der Welt das vorbestimmte Bild der Schönheit wiederzugeben. Schöpferkraft des Geistes muß beim Aufstieg verstärkt werden. Genaugesagt: das Höhere nicht herabsetzen, sondern ihm ermöglichen, sich zu erheben. Daher wird die erste Bedingung sein, das Bild Gottes der Göttlichkeit entsprechend zu gestalten. Sobald das menschliche Bewußtsein aufhört, die Gottheit auf irdische Weise darzustellen, werden die Errungenschaften des Geistes feurig sein.
In der Tat, das erhabene Bewußtsein strebt dem Feurigen Prinzip zu, während das niedere sich das Höchste Bildnis nach dem eigenen Bilde schafft. Das Fassungsvermögen des niederen Bewußtsein wird das geschaffene Bild bestimmen, daher gibt es soviele offensichtliche Entstellungen! Wie kann ein niederes Bewußtsein von einem Universellen Begriff erfüllt sein, wenn Unermeßlichkeit den Geist zum Wahnsinn treibt. Ich sage schmerzlich, bedrückend ist menschliches Denken! Ein räumlicher Horizont ist nur dem zugänglich, der die Universale Qualität des Prinzips kennt, denn der königliche Geist kann mit dem höheren Prinzip verschmelzen, genauso wie der Mikrokosmos mit dem Makrokosmos verschmilzt. Daher kann ein kleiner Geist nicht mit dem Feurigen Prinzip verschmelzen. Feurige Macht enthüllt den gesamten Schmelzofen, der demjenigen geoffenbart wird, der den Puls der Feurigen Welt fühlt. Dieses lebenspendende Prinzip baut Leben auf Fohat auf. Bedenken wir daher, daß nur ein kleines Bewußtsein verneint, aber der feurige Geist allumfassend ist. Denken wir auf dem Pfad zur Feurigen Welt an das große Prinzip. (Feurige Welt, III. Band)
So dienen die Menschen dem Gott ihrer eigenen Reflexion und verehren Ihn durch ihre Laster, wogegen die Mahatmas dem Unveränderlichen Göttlichen Prinzip dienen und es durch die Reinheit ihres Lebens und durch ihre Selbstaufopferung für das Wohl der ganzen Welt verehren. Beschuldigen wir daher in unserer Unwissenheit nicht Jene des Atheismus, Die so unermeßlich hoch sind, deren Wesen durch das reine Feuer sublimiert, wahrlich eine Offenbarung des Göttlichen ist.
Alle großen Geister hielten sich immer an einen hohen unpersönlichen Begriff, doch es ist kein Schaden, wenn das sich entwickelnde Bewußtsein auf einer bestimmten Stufe für den Begriff Gott eines persönlichen Wesens bedarf. Das wichtigste ist, daß diese persönliche Wesenheit nicht die Reflexion des eigenen Selbst ist, sondern ein wahres Ebenbild des Höchsten Hierarchen auf der Leiter des Lichts. Und Sie können mit Recht den Höchsten Hierarchen auf der Jakobsleiter als Ihren Gott annehmen. Wahrlich, der Eine, der der Kette der Hierarchie unserer Welt vorsteht, ist in seiner Macht für uns wirklich die Offenbarung Gottes.
Denken wir auch an die schönen Zeilen in der unsterblichen Bhagavad Gita: Auf welchem Pfad du zu Mir kommst, durch jenen Pfad will Ich dich segnen. Wieder sehen wir, daß die äußere Form unbedeutend ist, wesentlich ist nur das höchste Streben zum Ideal. Viele sprechen die zu einem Axiom gewordene Formel nach: Der Makrokosmos und der Mikrokosmos sind identisch, aber wie klein ist die Zahl derer, die ihre wahre Bedeutung verstehen!
Auch die von Ihnen angeführten Worte aus der Lehre Es gibt keinen Weg ohne Gott sind völlig richtig. Denn Gott ist die Ursächliche Ursache und die Geistige Grundlage der Gesamtheit des Lebens; und wenn wir die höchste Macht in uns verneinen, begehen wir wirklich Blasphemie gegen den Heiligen Geist. Verlieren wir den Pfad und die Einheit mit dem Höchsten, dem führenden Element, dann fallen wir in den Abgrund des Chaos und werden zu kosmischem Abfall bis zu dem Moment eines neuen universellen Wiederaufbaues.
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Und nun komme ich zurück auf Ihre Fragen. Es gibt hier weder Übersetzungsfehler, sondern vielmehr Unvollständigkeit. Erstens waren die Briefe für Personen unterschiedlicher Bewußtseinshöhe bestimmt und zweitens sind sie in den meisten Fällen Antworten auf bestimmte Fragen und nicht allgemeine Abhandlungen.
Das von Ihnen erwähnte Buch kann nicht als eine auferlegte Prüfung betrachtet werden; doch man könnte sagen, daß ein Buch die Bewußtseinshöhe des Lesers zu erproben vermag. Daher ist es von Nutzen, Bücher, die wir vor drei oder mehreren Jahren gelesen haben, wieder zur Hand zu nehmen und festzustellen, in welchem Maß sich unser Bewußtsein und Verstehen geändert hat.
Der von Ihnen gebrachte Vergleich zur Lösung der Gottesfrage ist nicht schlecht, aber ich möchte hinzufügen, daß die Gesamtheit, die den ganzen Organismus lenkt, die greifbare und geoffenbarte Hierarchie der Kräfte des Lichts ist. Hingegen ist das Unaussprechliche Element in seiner Gesamtheit jenes höchste Feurige Prinzip, das als Grundlage allen Erscheinungen Leben verleiht und den ganzen Komplex mit dem sichtbaren und dem unsichtbaren Kosmos vereint.
Trauern Sie der Preisgabe des anthropomorphen Gottes nicht nach. Anstelle eines unzulänglichen und unfaßbaren Bildnisses da niemand jemals Gott schaute wird sich die majestätische Kette der Hierarchie der Kräfte des Lichts vor Ihnen erheben, die über die ganze Menschheit unmittelbar wacht und sie zum Guten lenkt. Dann möchte ich Sie daran erinnern, daß auch unsere Kirche, nachdem sie Jesus zum Gott erhoben hatte, den Erzengel Michael den Führer der Himmlischen Heerscharen als den größten nach jenem Gott anerkennt. Darüber hinaus wird der Erzengel Michael in den ältesten jüdischen Schriften als die Göttliche Reflexion Gottes ja als Gott selbst bezeichnet, wohingegen Satan sein Widersacher oder sein Schatten ist. Daher das Bildnis des Erzengels Michael, der den Drachen besiegt. Warum haben wir, die wir die Religion der Juden übernommen und die Bibel angenommen haben, die Propheten und die Gesetzestafeln des Moses mit so vielen bemerkenswerten Zeilen und Einzelheiten in ihren ältesten Schriften vergessen? Christus selbst sagte: Denkt nicht, daß ich gekommen bin, das Gesetz oder die Propheten zu vernichten: Ich bin nicht gekommen zu zerstören, sondern zu erfüllen. Denn wahrlich, Ich sage euch, selbst wenn Himmel und Erde vergehen, so wird kein Yota oder Pünktchen aus dem Gesetz vergehen, bis alles erfüllt ist.
Christus sprach als ein wahrer Eingeweihter, der das Eine Gesetz kannte, das von den aus den Höheren Welten kommenden Größten Geistwesen in der Dämmerung unserer irdisch-physischen Menschheit gegeben wurde. Und so wählen Sie den Licht-bringenden Hierarchen, der Ihrem Geist am nächsten ist und übergeben Sie sich seiner Führung, denn wahrlich, jeder Große Hierarch des Lichts ist die Reflexion Gottes auf Erden. In der Freude des Dienstes am Allgemeinwohl und der Evolution der Menschheit laßt uns unsere Gedanken und unser Streben dem Herzen des erwählten Hierarchen weihen.
Es mag für Sie ein Trost sein, zu wissen, daß im Osten gesagt ist, daß es nur zwei Arten von Menschen gibt, die Gott nicht als eine Person verehren: der geistig noch nicht entwickelte Tier-Mensch, der keine Religion besitzt, und die befreite Seele, die sich über die menschlichen Schwächen erhoben und über die ihr Wesen behindernden Beschränkungen hinweggesetzt hat. Nur die letztere Seele kann Gott als Den verehren, der Er wirklich ist. Wie überall, so stoßen wir auch hier auf Extreme. Dies erklärt die große Verehrung, die die Inder einem geistigen Guru zollen. Sie sehen im Guru eine Erscheinung des Höchsten Elements, genaugesagt, eine Krone der Schöpfung einen Menschen, der die höhere Vervollkommnung durch die Enthüllung des in ihm eingelagerten Potentiellen Göttlichen Wissens erreichte. Folgen wir diesem edlen Beispiel der Verehrung und Hingabe; und haben wir unseren Guru gefunden, so weihen wir ihm die flammende Ehrfurcht und Hingabe des Herzens.
Ich will mit Worten aus der Lehre schließen: Die Größe des Kosmos wird so wenig erkannt! Bestenfalls sprechen die Menschen von der Wärme der Sonne. Doch gleicht nicht unser Sonnensystem im Kosmos einem Atom in der Sonne?
Wenn die Wissenschaft täglich Milliarden von Welten und Systemen entdeckt, die unser Sonnensystem und die Milchstraße weit übertreffen, wie ist es dann möglich, diese ungeheure Größe zu beschränken! Denken Sie über das Prinzip der Unbegrenztheit und Unermeßlichkeit nach!
Sie haben recht: Die Feinheit der östlichen metaphysischen Begriffe ist für den westlichen Menschen ziemlich schwer erfaßbar.
So kennt der Osten das Göttliche Prinzip, das unaussprechliche, ewig Unerkennbare was dem Unfaßbaren gleichkommt das Eine Element, sich ewig selbst offenbarend in einem sichtbaren und einem unsichtbaren Universum und er glaubt daran. Dieses Element ist auch als das Absolute bekannt, denn es birgt in sich alles. In Seiner geoffenbarten Form ist es Geist-Materie, da Materie wirklich nur Seine Abart oder Eigenschaft ist. Reiner Geist vermag sich nur durch die Hülle der Materie zu offenbaren und wahrgenommen zu werden. Das ist der Grund, warum gesagt ist, daß ohne Materie reiner Geist nichts ist.
Das Geheimnis der Differenzierung und Verschmelzung in eins ist das größte Geheimnis und die Schönheit des Seins.
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28. Februar 1935
Sie schreiben, es gäbe ungefähr fünfzig bis sechzig Leute, die bei den Studienabenden ernstlich interessiert sind. Das ist ausgezeichnet. Wenn davon eventuell sechs oder sieben über ein starkes Bewußtsein verfügen, der Lehre gewidmet und fähig sind, Artikel zu schreiben sowie nach den Grundlagen der LEBENDIGEN ETHIK Vorträge zu halten, würde ich das als eine große Errungenschaft ansehen.
Weiter bemerken Sie, daß einige der Mitglieder müde werden, weil der Beruf ihre Zeit zu sehr in Anspruch nimmt. Ich denke, der Hauptgrund ist, daß viele von ihnen die erste Stufe der Begeisterung überschritten haben und nach dem okkulten Gesetz jetzt ihr wahres Wesen zu zeigen beginnen. Denken Sie immer daran, daß auf den ersten Stufen und in den ersten Monaten der Annäherung an die Lehre jeder in Eifer entbrannt ist und eine augenblickliche Entwicklung der in ihm schlummernden Kräfte erhofft. Viele erkennen nicht oder vergessen, daß der innere Mensch nur in äußerster Anspannung aller Kräfte erwacht und nur so die weiteren Grade der Umwandlung erreicht. Solche Menschen können meistens nicht genug geistige Kraft in sich aufbringen, um den Tiefpunkten des Geistes standzuhalten, die jedem Aufschwung der Begeisterung unvermeidlich folgen. Überall gilt das gleiche Gesetz des rhythmischen Wechsels.
Aus Erfahrung weiß ich, daß die meisten Menschen bei der ersten Belastung des Geistes ihre Begeisterung verlieren und die Lehre völlig aufgeben. Diese Menschen sind Seelen mit geringen geistigen Aufspeicherungen. Wahrlich, sie sind einfältige Feuer, Irrlichter. Daher ist es so notwendig, über ein gründliches Wissen über das Herantreten an die Lehre zu verfügen sowie über ein beständiges Streben zur Selbstvervollkommnung zur Umwandlung des inneren Menschen, den wahren Träger der Unsterblichkeit. Diese Verwandlung enthüllt einen unerschöpflichen Vorrat an geistiger Kraft und führt zur vollkommenen Beherrschung des geistigen Willens, dieser Krone der Errungenschaft. Wer solch eine Beherrschung des geistigen Willens erlangt hat, wird ein wahrer Mitarbeiter der Kräfte des Guten. Viel Arbeit erfordert solch eine Umwandlung, aber der Moment muß kommen, damit zu beginnen.
Solch außergewöhnliche Menschen, die in sich das geistige Gleichgewicht und Selbstdisziplin entfalteten und ernsthaft einem einzigen erwählten Pfad folgen, können wirklich die Pfeiler der Welt genannt werden. Sobald wir erkannt haben, daß die Bewußtseinserweiterung das Wesentlichste ist, werden wir die Müdigkeit überwinden; wir werden keinen einzigen Augenblick versäumen, unsere geistige Schatzkammer mit den Juwelen des Wissens und der Erfahrung zu füllen. Wahrlich, viele sind gerufen, doch wenige sind auserwählt.
Ich kann gut verstehen, wie schwer es ist, Erwachsene unterschiedlicher Bewußtseinshöhe und Bildung zu lenken. Daher empfehle ich völlige Wahlfreiheit der Vortragsthemen und würde auch nicht auf regelmäßige Anwesenheit bestehen. Jeder sollte selbst die Grundlagen der elementaren Selbstdisziplin kennen. Kann es denn ohne Disziplin einen Fortschritt geben? Und wie recht haben Sie, daß es einer sorgsamen Annäherung bedarf und keiner Einmischung in das Karma des anderen. Wahrlich, Zwang ist unzulässig. Der Weg kann gewiesen und Warnungen können gegeben werden, doch das ist alles.
Es gibt keinen Zweifel darüber, daß viele geistig entwickelte Menschen, und vor allem die Schüler der Großen Lehrer, nachts auf der astralen und mentalen Ebene wirken, ihren Nahestehenden und Freunden helfen oder die ihnen von den Lehrern übertragenen Aufgaben erfüllen. Aber bedenken wir, daß mediumistische Naturen sich auf Grund ihrer besonderen psychischen Struktur besser an ihre nächtlichen Abenteuer erinnern. Der Grund, warum selbst geistig fortgeschrittene Menschen sich selten ihrer Tätigkeit auf anderen Ebenen zurückerinnern, liegt darin, daß zwischen diesen beiden Ebenen ein zu großer Schwingungsunterschied besteht. Das physische Gehirn kann auf diese feinen Schwingungen nicht leicht reagieren, und bei künstlichem Hervorrufen dieser Schwingungen würde der Organismus augenblicklich vernichtet werden. Jene, die eine bestimmte Stufe im AGNI YOGA erreicht haben, können sich ihrer nächtlichen Tätigkeit häufig erinnern. Doch dazu sind bestimmte kosmische und physische Bedingungen erforderlich. Reinheit und Harmonie in der umgebenden Atmosphäre sowie eine nicht geringe Seehöhe sind wesentlich. Nur ein vollkommener Adept bewahrt volles Bewußtsein in seinen drei Körpern und ist in seinem Tun nicht begrenzt. Doch dafür bedarf auch Er einer besonderen Umgebung.
Einige okkulte Bücher berichten über Visionen und Abenteuer in der Feinstofflichen Welt, und oft glauben jene, die so etwas gelesen haben, diese Erscheinungen zu sehen und halten sie für Realität. Unsere Hauptaufgabe ist es, die Menschen vor dem Schaden durch gewaltsam entwickelten Psychismus, der durch pseudo-okkulte Schriften entsteht, wie auch vor dem Spiritismus zu warnen. Es wäre weit nützlicher, die Symbole von Träumen zu studieren. In der Tat, jedes Bewußtsein hat seine eigenen Symbole, die für ein anderes Bewußtsein oft die umgekehrte Bedeutung haben. Träume werden so wenig beachtet, dabei würde richtiges Forschen auf diesem Gebiet wertvolle Erkenntnisse bringen. Doch wie in allem, bedarf es der Ehrlichkeit, dieser seltenen Eigenschaft. Und leider auf geistigem Gebiet oder richtiger gesagt, auf psychischem ist sie noch seltener!
Darüber hinaus erkennen nicht viele, daß Bewußtseinserweiterung eine Entwicklung des Herzens ist. Wahrlich, das Herz ist der Thron des Bewußtseins, aber nicht der Sentimentalität, dieses Ersatzes für Güte. Es ist bezeichnend, daß der östliche Mensch, wenn er vom höchsten und heiligsten Begriff spricht, immer die Hand auf das Herz legt, denn er betrachtet es als die Wohnstätte des Bewußtseins.
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Ja, das persönliche Horoskop fällt selten mit jenem des wahren Individuums zusammen. Oft hat der Geist im Horoskop seiner Persönlichkeit alle feurigen Zeichen, während sein grundlegendes Wesen dem entgegengesetzten Element angehört, und umgekehrt. Die feurige Substanz wird nämlich durch das Grundelement des Geisteskorns bestimmt.
Die Passion des Lehrens ist sehr charakteristisch für die Anfänger. Ich selbst selbst erinnere mich, daß ich am Anfang danach verlangte, die Freude, die in meinem Herzen lebte, mitzuteilen! Doch später lehrte mich die Erfahrung, wie behutsam man die Samenkörner der Lehre ausstreuen soll.
5. März 1935
Es ist herrlich, daß Sie all die praktisch unvermeidlichen Lasten des irdischen Lebens so munter aufnehmen. Was Ihre feurigen Wallungen betrifft, ist es für mich ziemlich schwierig, die wahre Ursache festzustellen, da ich den Zustand Ihres Organismus nicht kenne. Bei bestimmten okkulten Erscheinungen befinden sich besonders die Nerven in einem unharmonischen Zustand mit dem Blut. Es wird geraten: Bei solcher Unstimmigkeit zwischen den Nerven und dem Blutstrom wird besonders Ruhe empfohlen und den Magen nicht zu belasten, denn diese Wallungen können so schmerzlich sein, daß sie sogar zur Ohnmacht führen. In der Tat, wenn die Tätigkeit der höheren Zentren einsetzt, ergibt sich oft eine veränderte Polarität, die sich häufig in solch feurigen Erscheinungen äußert. Doch man sollte diese Wellen nicht abwärts zu den Zentren lenken. Bemühen Sie sich, Gelassenheit zu bewahren und vermeiden Sie vor allem jede Art von Gereiztheit. Baldrian ist ein ausgezeichnetes Mittel, und in manchen Fällen sollte man ihn zwei bis dreimal täglich zu sich nehmen, allerdings nicht zu stark.
In den alten östlichen Arzneibüchern wird Moschus als Mittel zur Wiederherstellung des Gleichgewichts betrachtet, doch offensichtlich kommt es hier zum Großteil vor allem auf die Dosis an. Die einzelnen Organismen sprechen ganz unterschiedlich darauf an. Viele Menschen vertragen Moschus nicht, da selbst ganz kleine Dosen den Blutandrang und den Puls erhöhen. In Ihrem Fall würde ich daher eher raten, fünf bis sechs Tropfen Strophantin-Tinktur hintereinander, einmal täglich, zu nehmen und dies vierzehntägig zu wiederholen.
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Das gleichseitige Dreieck mit der Spitze nach oben ist eines der Zeichen der Weißen Bruderschaft, und sehr wahrscheinlich haben Sie es als Bestätigung dafür gesehen, daß Ihr Gebet erhört wurde. Jedes aufrichtige Gebet wird angenommen, doch die Antwort wird nicht immer sofort gegeben; manchmal wird sie aus bestimmten kosmischen Gründen verzögert.
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Sie möchten gerne wissen, wie Sie ein gewisses Mädchen aus den medialen Zuständen befreien können. Das ist äußerst schwierig, da Medialität sich aus einer besonderen Struktur des Organismus ergibt, die es dem ätherischen Doppelgänger (dem niederen Astralkörper) ohne die geringste Willenskontrolle ermöglicht auszutreten. Die meisten Phänomene bei den spiritistischen Sitzungen werden durch diesen ätherischen Doppelgänger ermöglicht, der sozusagen das Verbindungsmittel zwischen der Seele und dem physischen Körper bildet. Dies kann mit den Ätherwellen verglichen werden, die zwischen drahtlosen Telegraphenstationen wirken. Natürlich hat an allen solchen mediumistischen Erscheinungen die hohe psychische Energie keinen Anteil. Es ist ganz unmöglich, die Struktur eines Organismus zu verändern; doch man kann seinen geistigen Willen entwickeln und dadurch die unwillkürlichen Übertragungen seines Doppelgängers allmählich bewältigen. Äußerst unerwünschte Bewohner der Feinstofflichen Welt bedienen sich solch ätherischer Ausstrahlungen und nutzen sie für ihre eigenen Zwecke. Zur Beherrschung dieser unwillkürlichen Übertragungen ist es darum vor allem notwendig, die Gedanken auf das Höchste zu richten und zu versuchen, sich mit einer reinen Atmosphäre zu umgeben, um das Eindringen finsterer Wesenheiten auszuschließen. So muß ein Medium in sich einen starken Widerstand gegen jeglichen finsteren Einfluß entwickeln, aber gerade das ist für das Medium sehr schwierig. In der Lehre des Agni Yoga ist gesagt: Ein Medium ist nur die Herberge entleibter Lügner. Daher können Sie dem Mädchen nur raten, ihr Bewußtsein zu reinigen sowie fest entschlossen und bewußt dem Höchsten zuzustreben es gibt keinen anderen Weg. Jedoch hängt viel von der Umgebung ab. Wenn die Familie ausreichend intelligent ist, könnte man diese möglicherweise beeinflussen und ihr den Zustand des Mädchens bewußt machen; das wäre sicherlich eine große Hilfe.
Und jetzt zu dem jungen Mann, der nach einigen mechanischen Übungen das Einsetzen der Zentrentätigkeit verspürte. Es gibt keinen Zweifel darüber, daß dies möglich ist, da mechanische Übungen besonders jene Nervengeflechte anregen, die leicht zugänglich sind. Allerdings kann solch eine Reizung die unerwartetsten Ergebnisse zeitigen; vor allem den Verlust des nervlichen Gleichgewichts, was bis zum Wahnsinn führen kann. Darüber hinaus kann, falls eine Veranlagung für eine besondere Krankheit gegeben ist, diese stärker in Erscheinung treten. So entsteht im Fall von Lungenschwäche oft Lungenschwindsucht, in Fällen ausgeprägter Sexualität sexuelle Entartung etc. Doch ich zitierte vor einiger Zeit Auszüge aus den Schriften von H. P. Blavatsky über die Auswirkungen solcher Übungen.
Bei geistiger Entfaltung vollzieht sich das Öffnen der Zentren ganz normal. Das Öffnen und die Tätigkeit dieser Zentren sollten sich zuerst in ihren psychischen oder geistigen Aspekten bekunden. Durch unentwegtes Streben zum Höchsten und durch Erweiterung des Bewußtseins kann das Öffnen der Zentren beschleunigt werden. Das geschieht entweder durch die Hilfe und Führung des Großen Lehrers des Lichts oder auch durch die Verbindung mit der gereinigten Feurigen Aura eines hohen Schülers. Alles muß sich vom Höheren zum Niederen vollziehen, vom Geistigen zum Physischen, aber nicht umgekehrt. Wahrlich, nur das Höhere kann das Niedere erheben, wodurch sich das Hierarchische Prinzip machtvoll bestätigt.
Ich muß auch darauf aufmerksam machen, daß eine Empfindung zwischen den Augenbrauen nicht unbedingt ein teilweises Öffnen des dritten Auges bedeutet; es kann einfach die Folge einer Muskelspannung sein. Es wird angenommen, daß das dem dritten Auge entsprechende Organ die Zirbeldrüse ist. Diese Drüse wird jetzt, zusammen mit der Schleimdrüse, für die richtige Funktion des Organismus für sehr wichtig gehalten. Im alten Indien waren diese auch als die Kanäle für geistig manasische Erscheinungen bekannt.
Bei echter Hellsichtigkeit kann man nicht sagen, daß man mit einem bestimmten Organ sieht, da die Visionen überall auftreten können, über oder hinter dem Kopf, hinter dem Rücken, an der Seite, von vorne, im Kreise des dritten Auges oder im Solarplexus usw. Man kann sie von überallher gleich gut wahrnehmen. Denken wir an das Bildnis der Göttin Dukkar ihr aurisches Ei besteht aus zahlreichen Augen. Bedenken wir, daß die Nervenzentren ihre feinstoffliche Entsprechung haben. Daher wirkt jede Unregelmäßigkeit und Unausgeglichenheit in der Entwicklung dieser physischen Leiter unvermeidlich im ganzen Körper. Seien wir daher darauf bedacht, keine Unausgeglichenheit hervorzurufen.
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Ich begrüße Ihren Artikel über den Pakt aufrichtig. Die Idee des Paktes schreitet voran. Die Öffentlichkeit reagiert stark auf dieses edle Vorhaben. Ich hoffe, Sie haben die Broschüre Ergebnisse der Washingtoner Konvention erhalten. Darin war natürlich kaum die Hälfte aller erhaltenen Grüße veröffentlicht worden, aber vielleicht haben wir Gelegenheit, einen zweiten Teil herauszubringen. Die vollständige Geschichte des Paktes wird ein sehr lehrreiches Buch ergeben, in dem beide Seiten, die des Lichts und jene der Finsternis, genau aufgezeigt werden und die Völker den Wert und die Notwendigkeit der Ratifizierung des Paktes sowie der Annahme des Banners erkennen können. Wahrlich, das Friedensbanner ist die große Forderung der Zukunft. Es stellt für die Bewußtseinsentwicklung der Menschheit einen bedeutenden Prüfstein dar.
Nun um zu Ihren Fragen zu kommen. Bezüglich des Paragraphen aus dem Buch Herz über eine neue Form des feinstofflichen Körpers möchte ich darauf hinweisen, daß dies mit den neuen Versuchen zusammenhängt, den feinstofflichen Körper fast bis zum Grad des physischen zu verdichten. Das wird in Zukunft einigen hohen Geistwesen die Möglichkeit bieten, in einer verhältnismäßig niederen Seehöhe und für längere Zeit unter den Erdenbewohnern zu erscheinen. Darüber hinaus werden solche Körper völlig sichtbar sein und es ermöglichen, ohne die Hilfe eines Mediators physisch mit den Menschen in Verbindung zu treten.
In der tibetanischen Sprache ist Rigden ein Teil des Titels des Herrschers von Schambhala.
Kalachakra (das Rad der Zeit, oder das Rad des Gesetzes) ist die verschiedenen Herrschern von Schambhala zugeschriebene Lehre. Spuren dieser Lehre können bereits in allen philosophischen Systemen und Lehren Indiens gefunden werden. Gegenwärtig ist sie vielleicht noch mehr in Tibet bekannt. Doch in Wirklichkeit ist diese Lehre die der Menschheit am Anfang ihrer bewußten Evolution in der dritten Rasse der vierten Erdrunde durch die Herren des Feuers, die Söhne der Vernunft, die die Herren von Schambhala waren und sind, übergebene Große Offenbarung.
Uruvela war ein heiliger Hain am Ufer eines Flusses, wo der Legende nach Buddha Seine Erleuchtung erfuhr.
Keely war ein amerikanischer Erfinder gegen Ende des 19. Jahrhunderts; er stammte aus Philadelphia. Er interessierte sich für die Probleme der molekularen Schwingungen und den Zerfall der Materie. Mit Hilfe gleichgestimmter Schwingungen versuchte er, die in den Molekülen und Atomen eingelagerte Energie freizusetzen. Er hatte Erfolg, doch war er der einzige, der es demonstrieren konnte. Nach den Ausführungen von H. P. Blavatsky gelang ihm das mittels seiner eigenen persönlichen Kraft. Viele betrügerische Spekulanten und Finanzmänner versuchten, mit den Keely-Erfindungen ihr Glück zu machen, und das brachte ihn in Verruf: Er wurde von wissenschaftlichen Autoritäten verurteilt und zum Scharlatan erklärt. Offiziell wurde das allerdings erst nach seinem Tod ausgesprochen. Tatsache ist, daß seine Schriften heute sehr schwer zu bekommen sind und, wie gewöhnlich, wahrscheinlich im geheimen gelesen werden. So wurde Keely ein Opfer menschlicher Unwissenheit und Niedertracht.
Ahamkara bedeutet hier den höchsten Bewußtseinszustand während des Öffnens und der Vereinigung der höheren Zentren, zum Unterschied des niederen Zustandes der Selbstsucht, der bisweilen ebenfalls Ahamkara genannt wird.
Preta Loka entspricht dem Fegefeuer der katholischen Religion.
Marakara ist eine sehr düstere Örtlichkeit in der niedersten Schicht der Feinstofflichen Welt, bewohnt von den Geistern der Finsternis. Mara ist der Prinz der Finsternis; er wird auch der Zerstörer und Tod (der Seele) genannt.
Golem ist eine Legende aus dem Mittelalter. Diese Legende hat vieles gemein mit dem bekannten Frankenstein-Roman. Hier ganz kurz die Geschichte des Golem: Ein gelehrter Rabbi, der in einer Zeit der Judenverfolgung in Deutschland als Alchimist lebte, beschloß in seiner Rachsucht, die Verfolgung seiner Leute zu bestrafen. So entschied er, einen künstlichen Riesen zu schaffen, der über enorme Kraft verfügen, unter seinem Willen stehen und seine Befehle ausführen würde. Aufgrund seines ungewöhnlichen Wissens gelang es ihm, einen solchen Riesen zu schaffen und ihm einen Funken tierischen Lebens einzupflanzen. Nach vielen magischen Beschwörungen war das Geheimnis der Lebensformel entdeckt. Sie nahm die sinnbildliche Form eines Stern an, den der Rabbi auf die Brust des Riesen heftete, ihn so ins Leben rief und ihn aussandte, seine zerstörerische Mission zu vollführen. Ungeachtet aller Hindernisse, einzig und allein dem Willen seines Schöpfers gehorsam, stolzierte der Golem davon und zerstörte alles, was ihm in den Weg kam. Viel Elend und Tod verursachte der Golem unter den Verfolgern der Juden. Als er schließlich ein ganzes Dorf zerstört hatte, ging er auf ein Feld, wo ein kleines Mädchen Blumen pflückte. Das tierische Leben verlieh dem Riesen tierische Instinkte, und er fühlte sich von dem Kind angezogen. Er hob die Kleine zu sich auf, zögerte jedoch, sie zu töten. In diesem Moment bemerkte das Kind den Stern auf seiner Brust, riß ihn herunter und augenblicklich verließ der Lebensfunke den Riesen. Der Legende nach konnte den Stern das Symbol der großen Lebensformel nur eine reine Hand entfernen.
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Ich glaube, nun habe ich alle Ihre Fragen beantwortet. Besonders freut es mich zu hören, daß Sie Tätigkeit über alles lieben. Tatkraft ist wirklich von hohem Wert, aber leider findet man sie unter den Menschen, die lieber viel reden und wenig handeln, sehr selten. Die Mehrheit träumt lieber und verläßt sich auf andere, und nur ganz wenige hegen den Wunsch, etwas zu schaffen oder aufzubauen. Daher heiße ich Sie auf dem Pfad der aktiven Mitarbeit am Allgemeinwohl besonders herzlich willkommen.
7. März 1935
Sie haben den Ruf angenommen, den das erste Buch der Lehre des Lebens zum Ausdruck bringt, und Sie wissen, daß der Ruf der Liebe die Antwort des Geliebten bringt. Diese Antwort weist auf die Notwendigkeit wahrer Heldentat im Leben hin, in den nächstfolgenden Büchern der Lehre werden alle Stufen aufgezeigt, die zum Geliebten führen und erstiegen werden müssen.
In einem Leben der Mitarbeit mit den Kräften des Lichts für das Allgemeinwohl gibt es soviel Schönheit und Freude. Und diese Freude besteht vor allem in der großartigen Befreiung aus der Bindung an die Nebensächlichkeiten des Lebens. Sie wird uns unweigerlich zuteil, wenn unser Bewußtsein unerschütterlich zum erwählten Ideal steht und das Herz mit Hingabe und Dankbarkeit gegenüber dem Rufenden entflammt ist. Die wahren Ergebenen werfen nicht nur die Lasten der Bindung von sich, sondern lernen es auch, alle Hindernisse und Leiden, die sie heimsuchen, liebzugewinnen. Wahrlich, diese Hindernisse werden unsere Lehrer; sie weihen uns in die höheren Mysterien der Entfaltung der Blume des Geistes ein. Jene, die behaupten, geistiges Wachstum könne ohne Leiden erreicht werden, sagen die Unwahrheit. Durch wahres Feuer der Liebe verwandeln sich diese Leiden in Freude, in einen neuen geistigen Aufstieg, vorausgesetzt, daß das Feuer der wahren Liebe vorhanden ist. Der Pfad des Herzens und der Hingabe ist leicht und schnell, er verwandelt alle Dornen in einen blühenden Garten; doch schwer, gewunden und schmerzlich weit sind alle anderen Wege. Daher ist der Ruf des Großen Lehrers der Ruf der Liebe.
Hat man diesen Pfad einmal gewählt, so sollte man ihn fortsetzen. Seid gewiß wendet man sich ab, tritt nichts als Zerstörung ein. Es gibt viele Menschen, die in ihrem Wunsch, das Äußerste zu erreichen, von einem Ideal zum anderen eilen, von einer Lehre zur anderen. Und diese Jagd nach Neuem wird leicht zu einer Krankheit, einer Art geistigem Verfall oder religiösem Rausch. Sie wollen immer etwas Neues hören, nur eine vorübergehende nervliche Reizung erleben; und sobald der Reiz schwindet, verfallen sie einer neuen Leidenschaft. Dies beweist eine gewisse geistige Unmäßigkeit, in der alle ihre Errungenschaften enden. Doch es gibt Seelen, die uns an die Perle in dem östlichen Märchen erinnern. Diese Austern leben am Grunde des Meeres. Sobald der Stern Svati aufgeht, erscheinen sie an der Oberfläche, um einen Regentropfen zu erhaschen. Mit ihrer weitgeöffneten Muschel schwimmen sie an der Oberfläche des Meeres, bis es ihnen gelingt, einen Regentropfen aufzufangen. Dann tauchen sie wieder unter, und hier in ihrem Meeresbett verweilen sie, bis sich aus diesem Regentropfen eine schöne Perle gebildet hat. Wahre Schüler sollten wie diese Austern sein; sie sollten zuerst das Eine Bildnis aufnehmen und dann aus dieser Lehre eine schöne Perle des Geistes schaffen.
Dieses Streben nach Einem Bildnis ist besonders auf den ersten Stufen wichtig. Erst wenn das feste Fundament gelegt ist, können wir versuchen, unserem Tempel in anderen Lehren gefundene Ornamente hinzuzufügen.
Darüber hinaus sollten wir uns nicht vorstellen, daß sich Heldentat des Geistes unbedingt in einer besonderen Umgebung kundtun müßte und nicht dort, wo das Schicksal uns hinstellte. Wahrlich, es ist eine große Tat, die Lehre im täglichen Leben zu befolgen, jenen Freude und Erleuchtung zu schenken, die sich uns nahen. In der Bhagavad Gita ist gesagt: Durch ständige Erfüllung seines Dharmas erreicht der Mensch Vervollkommnung. Stählen wir daher unseren Geist in der unermüdlichen Arbeit an der Selbstvervollkommnung, wirken wir wohltätig auf unsere Umgebung ein und setzen wir unsere Fähigkeiten freudvoll ein, wo immer es möglich ist.
8. März 1935
Sie behaupten, das Hierarchische Prinzip sei ebenso utopisch wie das Ideal der Demokratie. Ich kann Ihnen nicht beipflichten. Erstens halte ich keinen dieser Begriffe für utopisch, doch von beiden ist die Ideale Demokratie weit schwieriger zu erreichen. Und wenn das Prinzip der Hierarchie die ursächliche Grundlage der Schöpfung ist, so ist die Ideale Demokratie ihre natürliche Krönung. Wie kann denn die Wirkung vor der Ursache erscheinen? Sie werden sicherlich nicht leugnen, daß es leichter ist, einige Menschen zu finden, die bereit sind, sich von der Großen Hierarchie leiten zu lassen, als die ungeheure Mehrheit der Menschheit auf die für die Ideale Demokratie erforderliche Höhe zu heben.
Sie sagen: Ich weiß, daß die geistige Führung von grundlegender Bedeutung ist, doch ich weiß auch, daß die Pyramide vom Grund her errichtet werden muß
Das Fundament der Pyramide sollte auf den gesunden Prinzipien einer erneuerten Demokratie gebaut und die Menschen auf dieser Grundlage erzogen werden
Nur auf diese Weise werden die vorbereiteten Völker fähig sein, auf die geistige Führung zu reagieren. Nur wo ein Fundament ist, kann es einen Gipfel der Synthese zur Pyramide geben. Hier pflichte ich Ihnen wiederum nicht völlig bei. Wie es scheint, bestätigen Sie die Hierarchische Führung, meinen jedoch gleichzeitig, daß zuerst das Fundament des Verstehens dieser Führung gelegt werden muß, da nur dann der Hierarchische Aufbau oder die Führung angenommen werden kann. Aber wie können die Menschen das Fundament legen und den weiteren Aufbau errichten, wenn ihnen keine bestimmte Führung vorsteht? Jeder Bau wird nach dem Plan eines Architekten errichtet, und die einfachen Arbeiter legen die Steine des Fundaments, ohne den Plan des Architekten zu kennen. Wahrlich, viele Arbeiter nehmen an dieser Aufgabe teil, vom niedersten bis zum höchsten, doch sie alle erfüllen den Plan des Schöpfers. Ohne das Hierarchische Prinzip werden die Erdenbewohner, wie Sie sie nennen, wahrhaftig immer wieder und wieder bauen, doch keine Pyramide der Synthese, sondern eher einen Turmbau zu Babel. Verdeutlicht unsere zersetzende moderne Zivilisation nicht mit erstaunlicher Klarheit dieses ewig lebendige Symbol?
Sie stellen dann weiter fest: Um das zu schaffen, was Sie einen Brennpunkt nennen, durch den der Lichtstrahl gesandt werden kann, ist es ratsam, zuerst die Peripherie zu koordinieren
Aber der Brennpunkt oder Kern wird immer vor der Peripherie errichtet. Jeder Kreis setzt sein Zentrum voraus. Die Peripherie wächst im Verhältnis zum Wachstum des Brennpunktes und der Verstärkung des von ihm empfangenen Lichtstrahls, der sich entlang seinem Radius ergießt, aber nicht umgekehrt. Gleicherweise wollen wir daran denken, daß im Leben, im Kosmos, nichts abgesondert ist, sondern alles gleichzeitig aufgebaut wird. Die aufbauenden Elemente sind immer vorhanden und werden zum Fortschritt getrieben. Wo der Brennpunkt in Erscheinung tritt, dort gestaltet sich die Peripherie, obwohl sie nach irdischen Maßen nicht genau bestimmt werden kann.
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Sie sagen, daß auf der Erde keine Ideale erreicht werden. Hier kann ich Ihnen ebenfalls nicht beipflichten; sicherlich, die Ideale werden unterschiedlich verstanden, und man kann sogar sagen, daß es so viele Ideale wie Bewußtseinsstufen gibt. Doch wir haben die Ideale, die ja in den großen Lehren tatsächlich verkörpert sind. Wir hatten und haben diese Ideale noch, personifiziert in menschlichen Wesenheiten. Ist daher nicht das Vorhandensein der großen Weißen Bruderschaft auf unserer Erde die Erfüllung des höchsten Ideals, das der menschlichen Vorstellung zugänglich ist? Wir sind reicher als wir annehmen, und nur unsere Blindheit hindert uns daran, viele Herrlichkeiten des Lebens zu sehen.
Sie behaupten, Russen könnten die Synthese eher wahrnehmen als die westlichen Europäer, weil sie sich nicht auf ihre kleinen irdischen Persönlichkeiten beschränkten
Gewiß, die der russischen Seele innewohnende Geisteskraft ist groß, doch in der gegenwärtigen Zeit schlummert sie noch. Bisweilen sind wir der Unwissenheit und der schrecklichsten gegenseitigen Feindseligkeit begegnet, diesem ersten Zeichen niederen Bewußtseins, einem Mangel an Synthesefähigkeit. Kein Zweifel, der Iwan ist (in hunderten von tausend Fällen) sehr begabt, doch wenn er verabsäumt, diese Begabung rechtzeitig zu wecken, können wir genausogut sagen, daß es zur Rettung unserer Rasse keine Hoffnung gibt und die Arche des neuen Noah keine Verwendung findet. Sicherlich, die Zerstörung unseres Planeten wäre ein unaussprechliches, unvergleichliches Unheil, doch da die Menschen so grausam und begierig sind, einander auszurotten, verdienen sie da ein anderes Schicksal? Was kümmert es sie schon, wenn die Masse für Millionen von Zeitaltern zurückbleibt? Die Vorstellung der meisten Menschen reicht ohnehin kaum über den morgigen Tag hinaus!
Sie widersprechen meiner Feststellung über die Bedeutung der Persönlichkeit. Doch wie können wir die Persönlichkeit mißachten, wenn gerade sie die Individualität aufbaut? Ich versichere, daß es sehr nutzbringend ist, seine Persönlichkeit so weit wie möglich zu entwickeln, allerdings nicht in ihren negativen Aspekten. Sicherlich, die wahre Vorstellung von Persönlichkeit und Individualität ist nur einem reifen Bewußtsein möglich. In einem niederen Bewußtsein kann diese Vorstellung folgende selbstgefällige, scheinheilige, dünkelhafte Form annehmen: Meine Individualität ist so groß, daß sie durch meine von meinen physischen Vorfahren vererbte gegenwärtige Persönlichkeit kaum zum Ausdruck gebracht werden kann. Daher ziehe ich es vor, mich auf meine wirkliche Individualität zu konzentrieren, ohne Bezug auf meine gegenwärtige äußere Erscheinung. Wir begegneten derart tiefsinnigen Erklärungen. In solch unwissender zerstörerischer Meinung weidet sich der ehrgeizige Scheinheilige an seinen illusionären früheren Errungenschaften. Nein, wir alle müssen bestrebt sein, unsere gegenwärtige Persönlichkeit zu verschönern, mehr als die vorhergehende. Wir müssen an die Schönheit unseres gegenwärtigen Lebens denken und es als das Schleifen des feinsten Diamanten für das durch den Geist geschmiedete Halsband des Lebens betrachten. Möge daher jeder seine Persönlichkeit festigen, denn wie anders kann er seine Individualität ausdrücken?
Alle Grundsätze der LEBENDIGEN ETHIK müssen im Leben befolgt werden, da anders Leben nicht möglich ist. Die neuen Verbindungen der Planeten werden eine günstige Ausstrahlung geistiger Strahlen mit sich bringen, die die Menschen befähigen werden, ihre schlummernden Energien zu wecken. Wahrlich, die Menschheit muß das Gefühl der Ehrfurcht und höchsten Hingabe wieder empfinden, wenn sie in der Evolution voranschreiten will. Auch wird die größere Zusammenarbeit in allen Lebensbereichen zunehmen. Genauer gesagt, die Wissenschaft wird der Religion die helfende Hand reichen, und die Weisungen der Großen Lehrer werden die Ausstrahlung und Kraft der Strahlen aus den Laboratorien annehmen.
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In der Tat, menschliche Unstimmigkeit mit dem Kosmos, ebenso wie jede menschliche Aufspaltung, stürzt das Bewußtsein ins Chaos. Ja, Sie verstehen diese akuten Momente im Leben des Planeten völlig richtig. Im Hinblick auf die drohende Gefahr für die Menschheit sind die Lehre und viele Zeichen im Überfluß ausgegossen worden.
Ist es denn möglich, daß nicht in jeder Bewegung des Planeten eine Sturmglocke vernommen wird? Kommt nicht in jeder Bewegung aller Wesen ein qualvoller Schrei zum Ausdruck? Erklingt nicht aus jeder Bewegung der in knechtischer Unterwürfigkeit am Boden liegenden Geister Empörung?
Es ist besser, wenn eine Eiterbeule aufgeschnitten wird und es möglich ist, die Öffnung nachher zu schließen. Doch erst muß der Eiter herausgezogen werden; deshalb treffen Wir keine halben Maßnahmen. Wir erwarten weitreichende Taten, und wenn die Sturmglocke ruft, ist es unmöglich, an ein Stück Garn zu denken. (Gemeinschaft, § 57)
Sie haben auch die Zeilen aus dem Buch Unbegrenztheit richtig verstanden, wonach sich feurige Energien aus dem Raume nähern, aber da sie auf der Erde nicht genügend Leiter finden, zerstörerisch wirken.
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Sie behaupten, daß Selbstdisziplin oft die härteste Art ist. Doch ehrlich gesagt führt jede Disziplin schließlich zur Selbstdisziplin. Von anderen auferlegte Disziplin ist rein äußerlich und führt natürlich zu keinen geistigen Errungenschaften. Obwohl gewöhnlich angenommen wird, daß es leichter ist, den Pfad mit dem Lehrer zu wandeln (und wie Sie schreiben: Wir haben ein konkretes und herrliches Beispiel vorliegen), stehen wir im Rückblick auf die Geschichte der Tatsache gegenüber: je größer der Lehrer, desto geringer die Zahl seiner Schüler. Bestätigen die heutigen Fakten dieses Gesetz der Entsprechung nicht im genau umgekehrten Verhältnis? Beweist diese Tatsache nicht, wie schwierig es ist, dem Lehrer zu folgen? Wahrlich, der Pfad der Jüngerschaft ist nicht leicht! Allerdings kann ein irdischer Lehrer, der die feurige und gereinigte Aura besitzt, den Fortschritt eines Schülers allein durch seine Gegenwart beschleunigen. Doch dazu sind völlige Übereinstimmung der Bewußtseine sowie die innige Ergebenheit des Schülers seinem Lehrer gegenüber das Wichtigste. Dann sind wahrlich Wunder möglich. Doch wie ein großer Lehrer sagte: Die Finger einer Hand sind zuviel, um die Zahl der Schüler zu zählen.
Die Aura unserer Erde ist sehr trübe war sie früher gelb, so gleicht sie heute mehr der Schieferfarbe. Es war fürchterlich, diese Atmosphäre zu beobachten, vor allem das Ausbreiten einer absoluten Finsternis. Nach diesem Erlebnis war ich für einige Tage in einem Zustand nervlicher Erschütterung. Schmerzlich fühlte ich das Unheil, das unseren Planeten bedroht. Doch jetzt habe ich es überwunden, und ich nehme die Anzeichen, wie unter dem Angriff der finsteren Kräfte ein Rettungsanker des Schiffes der Menschheit nach dem anderen zerstört wird, fast gelassen hin.
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Sie sollten nicht meinen, daß die Frage der Zwillingsseele von Plato nicht gelöst wurde. Der große Plato war in die Geheimnisse des Seins eingeweiht; daher konnte er sein großes Wissen nicht vor unvorbereiteten Gemütern ausbreiten, und es wurden nur Hinweise auf die Wahrheit gegeben. Wie gesagt ist: Wer eine wertvolle Formel entdeckt, kann sie nicht zum Fenster hinausschreien, da der dadurch entstehende Schaden den besten Nutzen vernichten würde. (Gemeinschaft, § 48)
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Sie schreiben, daß das Karma der Frau wohlverdient sei. Es ist hart zu sagen, daß die Frau ihre Erniedrigungen selbst verdiente. Gewiß, alles vollzieht sich in Runden, und in Zeitaltern der rauhen Gewalt konnte die Frau sich nicht wahrnehmen. Erst als sich in der Menschheit wieder höhere psychische Energie offenbarte, forderte das weibliche Prinzip seine gesetzlichen Rechte. Der Weg der Frau war ein Weg der Selbstaufopferung und unaufhörlichen Schenkens. Denn es ist gesagt: Jene, die ihre Rechte behaupten, müssen sie nicht unbedingt besitzen. Das Gleichgewicht der Elemente ist eine Lebensgrundlage, und die Verletzung dieses Gesetzes führt zur Zerstörung. Und jetzt werden die großen Lehrer die Rechte der Frau bestätigen. Die kommende Epoche wird daher nicht nur eine Epoche der großen Zusammenarbeit sein, sie wird auch die Epoche der Frau sein. Die Frau wird sich mit Mut wappnen und vor allem ihr Herz vom unweisen Schenken zurückhalten müssen, denn in allem muß es das Goldene Gleichgewicht geben. Die Frau muß sich behaupten, und deshalb wird das Schwert des Geistes gerade in ihre Hand gegeben. Im Osten wird diese Zeit als die Epoche des Maitreya bezeichnet, als die Epoche des Großen Mitgefühls und als die Epoche der MUTTER DER WELT.
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Zum Abschluß möchte ich sagen, daß möglicherweise unser Mißverstehen, wie Sie schreiben, nur von der unterschiedlichen Terminologie herrühren mag
Tatsächlich führt nur ein völliges Verstehen zu einer Vereinigung der Bewußtseine. Wie gesagt ist: Es werden sich zwei Gesprächspartner trotz allem nicht verstehen, wenn in einem der Bewußtseine nur das geringste unbedeutende Bindeglied fehlt. Dieser kleine Unterschied kann eine andersartige Bewegung im Rädergetriebe des Denkens bewirken und daher zu ganz anderen Hebelbewegungen führen.
12. März 1935
In einer indischen Zeitschrift sah ich ein Inserat über ein Yoga-Zentrum in Europa. Auch hier in Indien gibt es nach europäischem Modell jetzt ähnliche Gruppen, in denen die Mitglieder in der Entwicklung des niederen Psychismus und angeborenen mediumistischen Fähigkeiten öffentlich geschult werden. In dieser Zeitschrift werden umfangreiche Inserate über Kurse für die Entwicklung der im Menschen schlummernden Kräfte gebracht, mit der Aussicht, geeignete Arbeitsstellen zu erhalten, Beförderungen oder sonstige Vorteile zu erlangen. Dies ist entsetzlich! Ich erhielt gerade in diesem Zusammenhang kürzlich einen Brief von einem Amerikaner (er wurde mir zugesandt), in dem er von diesen Experimenten sprach. Er besuchte eine dieser von einem Inder in Amerika errichteten Schulen und führte genau die geforderten Übungen aus, bis seine Gesundheit völlig ruiniert war. Er schrieb: Ich kannte keinen anderen Zugang zum Yoga und hatte keine anderen Verbindungen. Somit erkannte ich die Gefahren nicht, denen ich ausgesetzt war. Doch als nach zweijähriger Praxis meine Gesundheit total zerrüttet war, sah ich mich gezwungen, diese ganze Sache aufzugeben. Wiederholt versuchte ich, eine Arbeit aufzunehmen, doch infolge meiner ruinierten Gesundheit war ich nicht imstande durchzuhalten. Schließlich brachte mich eine Reihe von unerklärlichen Umständen in das Haus von Frau S. Sie erzählte mir über Agni Yoga, und augenblicklich erkannte ich, daß ich endlich das gefunden hatte, wonach ich so lange suchte
Weiter beschrieb er seinen geistigen Zustand und beendete seinen Brief mit folgenden Worten: Nachdem ich meine ganze Kraft dem Großen Dienst geweiht hatte, fand ich in den letzten Monaten wieder ganz zu mir selbst, sowohl physisch als auch geistig. Sie sehen, die Finsteren hatten zwar seine Gesundheit ruiniert, doch das Feuer des Geistes zu löschen, gelang ihnen nicht.
Ja, es gibt viele solche Schulen, verstreut über die ganze Welt, und sie sind, was ihre Finanzen betrifft, sehr erfolgreich. Ich kannte solch eine Schule in New York. Der Leiter war ebenfalls ein Inder, alles wurde sehr luxuriös eingerichtet, da es ihm gelang, sich langweilende Millionäre beiderlei Geschlechts einzufangen. Jedem Schüler stand eine Reihe von Räumen mit entsprechender Ausstattung für die Übungen zur Verfügung. Ich kannte persönlich eine Frau, die hier studierte; sie pflegte, mir ihre Errungenschaften vorzuführen. So konnte sie zum Beispiel auf dem Kopf stehen! Doch Zirkusakrobaten beherrschen weit schwerere Kunststücke und bleiben trotzdem nur Akrobaten. Der Zweck all dieser Übungen ist, den Blutstrom zu den Gehirnzentren zu leiten und sie so zu stimulieren. Doch uns sind Fälle bekannt, wo Menschen durch Kopfstände ihr Sehvermögen einbüßten. Führt man solche mechanischen Übungen durch, muß man den Blutstrom sorgfältig regulieren können. Durch irregulären Blutandrang kann viel Unheil angerichtet werden. Um einen übermäßigen Blutandrang zu vermeiden, wie er beim Öffnen einiger Zentren auftritt, verbringt ein wirklicher Yogi diese Zeit im Gebirge. Man kann sich daher leicht vorstellen, wie gefährlich es ist, all diese erzwungenen Übungen in der Großstadt durchzuführen, wo es am Wichtigsten mangelt an reinem Prana.
Es gibt nur einige wenige gebildete Menschen, die wissen, daß alle Yogaarten auf Feuer basieren. Agni Yoga ist die Synthese aller Yogaarten. In allen alten indischen Schriften wird das Nahen der Feurigen Epoche vorausgesagt. Es ist gesagt, daß Agni das Feuer, das in verschiedenen Abstufungen die Grundlage aller Yogasysteme ist die Atmosphäre unseres Planeten ungeheuer sättigen wird und alle Yogaarten in eine feurige Synthese verschmelzen werden. Wahrlich, Agni Yoga ist eine Feuertaufe. Doch, wer nur geringe Kenntnis hat, negiert gewöhnlich alles und ist in seinen Behauptungen äußerst dogmatisch. Daran sollte man immer denken. In den Veden ist Agni der Gott des Feuers, einer der ältesten und verehrtesten Götter Indiens. So wird ein Teil der ältesten indischen Schriften der Puranas Agni Purana genannt. Der Inder ist sich daher bewußt, was die Bezeichnung Agni bedeutet; sie erklingt in seinem Herzen.
Es gibt viele, die, nachdem sie Raja Yoga von Vivekananda gelesen haben, das Praktizieren von Raja YOGA für ganz einfach halten. Doch sie übersehen einen sehr wesentlichen Punkt, nämlich daß Vivekananda, wenn er zur Atembeherrschung mit dem Ziel der Entwicklung bestimmter Zentren rät, vor allem die komplette Reinigung des Denkens und des Herzens forderte, mit anderen Worten, die Umwandlung des inneren Menschen. Erst danach hielt er es für angebracht, mit mechanischen Übungen zu beginnen. Doch wie viele gibt es schon, die, wenn sie diese Übungen durchführen (bei denen es sich ausschließlich um Hatha Yoga-Übungen handelt), die von Vivekananda grundsätzlich geforderte Bedingung erfüllen? Ohne die innere Umwandlung ist die Praxis von Raja Yoga völlig unmöglich. Darüber hinaus hat die Wissenschaft der Atembeherrschung, wie sie von den wahren Raja Yogis geübt wird, mit dem gewöhnlichen Pranayama wenig gemein. Die Hatha Yogis befassen sich ausschließlich mit der Atembeherrschung der Lunge, wohingegen die alten Raja Yogis solches Atmen als geistiges Atmen verstanden. Nur die Beherrschung dieses geistigen Atmens führt wirklich zu den höheren Formen der Hellsichtigkeit und zur Wiederbelebung der Tätigkeit des dritten Auges wie auch zu anderen Errungenschaften von Raja Yoga.
Und jetzt über das Aussenden von Gedanken. Man sollte wirklich nur die reinsten Gedanken, die vom Herzen kommen, aussenden, denn sonst könnten die unerwartetsten Ergebnisse eintreten.
Es wäre ausgezeichnet, wenn Sie in Ihren Gruppen eigene Klassen zur Entwicklung des Denkens einrichten könnten. Dies sollte nicht auf abstrakter Psychologie fußen, sondern auf praktischen Grundsätzen, wie Schulung der Beobachtung, der Aufmerksamkeit, des Gedächtnisses, der Konzentration usw. In alten Schulen Indiens wurde vor allem die Beobachtungsfähigkeit gefordert. Als Schüler wurde nur aufgenommen, wer über diese Fähigkeit in hohem Maß verfügte. Es wäre äußerst ratsam, solche Experimente der Beobachtung und Aufmerksamkeit durchzuführen. Dies kann in gewöhnlicher Umgebung und an alltäglichen Gegenständen geübt werden. Jede Art von Dingen kann viel lehren und zur Entwicklung der Beobachtungsfähigkeit des Menschen beitragen. Natürlich gibt es zu diesem Thema in den theosophischen Schriften bestimmte Anleitungen. Für den Anfang könnten Sie vielleicht das kleine Büchlein von Ernest Wood benutzen, und später wird das Leben selbst die besten Beispiele liefern.
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Man sollte nach Möglichkeit mit der geschichtlichen Entwicklung menschlichen Denkens vertraut sein. Ich würde auch das Studium des Pamphlets Symbolismus von H. P. Blavatsky empfehlen; die Gegenüberstellung von Symbolen verschiedener Religionsformen ist sehr lehrreich.
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Ja, die Atmosphäre um H. ist aus verschiedenen Gründen stagnierend und schwer. Doch wie gesagt wurde: Es ist notwendig, das wahre Gesicht zu enthüllen. Das Enthüllen der Gesichter allein bewirkt schon eine Reinigung des Raumes. Es ist absolut notwendig, das Geschwür aufzuschneiden und den Eiter ausfließen zu lassen. Der Neuen Welt liegen neue Bedingungen zugrunde und sie fordert neue Taten. Man kann die Neue Welt nicht auf alten Wegen betreten. Daher betone ich so sehr die Umwandlung des Bewußtseins. Nur ein neues Bewußtsein kann die Welt retten. In der Tat, diese Umwandlung des Bewußtseins ist das Hauptziel der Lehre der LEBENDIGEN ETHIK. Doch soll man verstehen, daß dies nicht durch Konzentration auf die eigene Nasenspitze erlangt werden kann.
Ich möchte Sie bitten, immer das betreffende Buch und den Paragraphen anzuführen, in dem Sie unverständliche Deutungen finden. Oft kann ein Satz mehrere Bedeutungen haben, und der Schüler kann belehrt werden, wie dieser bestimmte Paragraph jeweils zu verstehen ist. So kann beispielsweise die Verdichtung des Astralen die Verdichtung der Schichten der Feinstofflichen Welt nahe unserer Erde, verursacht durch gewaltsam entkörperte Seelen, bedeuten, oder es kann die Verdichtung der Elemente des feinstofflichen Körpers gemeint sein.
22. März 1935
Die Antwort Jesu zu Salome war wirklich wunderbar. Sie fragte Ihn: Wann wird Dein Reich kommen? Und Jesus antwortete: Wenn zwei eins sein werden und Männliches Weibliches sein wird, und wenn es weder Männliches noch Weibliches geben wird. Die Lehre des Lebens lehrt dasselbe, nämlich die Notwendigkeit des Gleichgewichts der beiden Seinsgrundlagen, ihre gleichen Rechte und ihre richtige Verbindung. Dies wäre die Rettung der Menschheit und würde das Reich des Geistes bringen. Wahrlich, ohne das Verstehen der Grundlagen des Seins wird das Reich des Geistes nicht einkehren.
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Alle Großen Lehrer, die in verschiedenen Völkern und Ländern in verschiedenen Gestalten erschienen, sind die Tore zum Geist. Jeder von ihnen ist das Alpha und Omega, und so ist es auch mit jeder Person, die die Grundsätze Christi gefunden und in sich gefestigt hat. Sie erinnern sich an den bekannten Lehrsatz der Mikrokosmos ist wie der Makrokosmos. Wir alle wissen, daß die Bezeichnung Christus dem heidnischen Wortschatz entlehnt ist und ursprünglich Eingeweihter oder Hierophant bedeutete. Der Christus ist unser geläutertes und höchstes Ego. Ich zitiere einen Vers aus der Epistel 4:19 an die Galater: Meine Kinder, um die ich wieder Geburtsschmerzen leide, bis Christus in euch gestaltet wird.
Aus diesem Ausspruch geht klar hervor, daß der Terminus Christus in jenen Tagen einen besonders hohen Bewußtseinszustand bedeutete. Eine Erklärung des Begriffes Christus kann auch in den Büchern Dobrotolubye gefunden werden. Außerdem bestätigen die Worte um die ich wieder Geburtsschmerzen leide das Gesetz der Wiedergeburt.
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Die scheidende Rasse schadet den auserwählten Nachfolgern nicht nur durch die Verhinderung ihrer Geburt, sondern auch durch die Tätigkeit der finsteren Kräfte, welche die Kräfte des Lichts und alle ihre Vorhaben im täglichen Leben bekämpfen. Wirklich, nur ein unentwickelter Geist kann meinen, die großen Geistwesen hätten ein leichtes Dasein; doch ein verfeinertes Bewußtsein weiß, daß das Gegenteil der Fall ist. Wahrlich, je größer der Geist, desto schwerer sein Pfad. Es ist gesagt: Ein Heiliger wird von Dämonen bedroht, aber der Erzengel kämpft mit dem Satan selbst!
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Trotz aller Schwierigkeiten auf dem Pfad erhöht jeder Sieg von neuem die geistige Freude. Im Buddhismus ist es üblich, den Wert einer Person oder ihres Werkes an der Zahl ihrer Feinde und Hindernisse zu messen. Gleicherweise werden in dem wundervollen Buch Dobrotolubye Feinde gepriesen, denn nichts kann unsere verborgenen Eigenschaften und Fähigkeiten schneller ans Licht bringen als sie. Die Feinde nannte man früher auch Die Ätzer Christi, weil in alten Zeiten viele Krankheiten durch Ätzmittel geheilt wurden.
Man kann sicher sein, daß die herkömmliche religiöse Belehrung ohne Kenntnis der Einen Quelle und der vergleichenden Religionsgeschichte aller Völker nur eine falsche Vorstellung der geistigen Evolution der Menschheit ergeben kann und das Gefühl religiöser Unduldsamkeit entstehen läßt. Intoleranz ist eine schreckliche Geißel der Menschheit und widerspricht den Vermächtnissen der Gründer der bestehenden Religionsformen. Die östliche Philosophie könnte sich für Kinder als zu schwer erweisen, aber die Biographien der Großen Lehrer und Heiligen sowie ihre praktischen Ratschläge werden im Herzen des Kindes immer ein Echo finden und die notwendige Achtung vor geistigen Werten sowie vor den Errungenschaften anderer Völker erwecken.
Es ist notwendig, auf den Schaden durch die Manie für den Sport hinzuweisen. Zweifellos geht diese Entwicklung mit einer zunehmenden Geschmacklosigkeit einher. Zwar gebührt dem Sport sein Platz, aber in Grenzen und im Einklang mit der Schönheit. Doch jede Art von Faustkampf kann nur tiefen Widerwillen hervorrufen.
Sehr wichtig ist es, von früher Kindheit an die Denkfähigkeit zu entwickeln. Wie es heißt: Es ist notwendig, die Wissenschaft des Denkens in den Schulen einzuführen, nicht als abstrakte Psychologie, sondern als praktische Grundlage des Gedächtnisses, der Aufmerksamkeit, Konzentration und Beobachtung. Natürlich müssen abgesehen von diesen vier grundlegenden Arten der Wissenschaft des Denkens viele andere Fähigkeiten entwickelt werden, so zum Beispiel Genauigkeit, Findigkeit, Schnelligkeit, Synthese, Ursprünglichkeit und andere. Würde nur ein Teil der in den Schulen gemachten Anstrengungen dem Sport der Denkkunst gewidmet, die Ergebnisse wären erstaunlich. Doch in der Tat, in der gegenwärtigen Zeit ist diese göttliche Fähigkeit etwas, was der Durchschnitt fürchtet. Am meisten von allem fürchten die Leute das Denken. Kein Wunder, daß sich die schlauen Führer der mittelalterlichen Kirche beeilten, diese erwachende Fähigkeit als Geschenk des Teufels zu brandmarken. Sie wußten, daß ihre Paradiese verarmen würden und leer blieben, sobald sich die Intelligenz offenbarte. Und wer legte ihnen dann das Wohl der Erde zu Füßen, gewonnen durch den Schweiß des Volkes?
Gleicherweise ist es notwendig, eines der Hauptübel moderner religiöser Erziehung aufzuzeigen, und zwar das in das menschliche Bewußtsein eingeprägte Gefühl der Verantwortungslosigkeit. Seit Jahrhunderten nämlich infiltrierte die entartete Kirche dem Bewußtsein ihrer Herde ein tierisches Gefühl der Verantwortungslosigkeit. Von Kindheit an läßt man die Menschen glauben, daß sie die schrecklichsten Verbrechen begehen können, weil der Priester sie auf Grund der ihm verliehenen Macht durch Beichte und Lossprechung von der Sünde befreien kann. Was hindert also den Sünder, wieder in die gleichen Sünden zu verfallen und sich abermals lossprechen zu lassen, wahrscheinlich nur gegen höhere Bezahlung?
Bedenken Sie, daß gesagt ist: Einen reuigen Sünder gegen Bezahlung loszusprechen, ist wohl das abscheulichste Verbrechen. Ist dieses Bestechen der Göttlichkeit mit Gold nicht schlimmer als die ersten Formen des Fetischismus? Diese schreckliche Frage muß von allen Seiten beleuchtet werden
(Agni Yoga, § 52)
Wirklich abscheulich ist diese in allen Religionsformen über die ganze Welt verbreitete Seuche. Denken Sie an den päpstlichen Ablaß des Mittelalters. Doch auch jetzt lebt dieses alte Gebot wieder auf, und kein Katholik braucht noch eine Pilgerreise nach Rom zu unternehmen, um für seine Sünden Buße zu tun. Alles, was notwendig erscheint, ist, einen bestimmten Ablaßbetrag einzusenden, und die Lossprechung sowie der Einlaß in den Himmel sind gewährleistet.
Darüber habe ich bereits mit einem meiner Briefschreiber Meinungen ausgetauscht; und um dieses Übel voll zu unterstreichen, will ich aus meinem diesbezüglichen Brief folgendes zitieren:
Wirklich, gerade darin, daß von Kindheit an die Idee in das Bewußtsein eingeprägt wurde, die Kirche könne als mächtige Fürsprecherin dem Sünder für eine Träne der Reue und gegen Bezahlung Einlaß durch die Tore des Paradieses gewähren, besteht das größte Verbrechen der Kirche. Indem sie dem Menschen die Verantwortlichkeit raubt, schneidet die Kirche ihn vom Göttlichen Ursprung ab. Die Kirche hat den großen Begriff Göttlicher Gerechtigkeit entehrt. Ohne das Verständnis für Verantwortung und Gerechtigkeit wird der Mensch zwangsläufig seine Involution antreten; denn jene, die die kosmischen Gesetze mißachten, sind zum Verderb verurteilt.
Der ganze Kosmos ist auf dem Gesetz der Verantwortlichkeit oder, wie es öfter genannt wird, dem Gesetz von Ursache und Wirkung oder Karma aufgebaut. Man kann dieses Gesetz nicht mißachten, ohne auf Dauer der Selbstzerstörung zu verfallen. Alle alten Lehren, ohne Ausnahme, lehren das Gesetz der großen Verantwortlichkeit als das Pfand des Göttlichen in uns. Das ist in den Worten Moses Aug um Aug, Zahn um Zahn klar aufgezeigt allerdings wurde dieser Ausdruck falsch ausgelegt und als Beispiel der Rachsucht des jüdischen Volkes verstanden. Denken wir auch an die Worte Christi: Ihr habt gehört, daß den Alten gesagt wurde: Du sollst nicht töten, wer aber tötet, der soll dem Gericht verfallen. Ich aber sage euch: Jeder, der seinen Bruder zürnt, soll dem Gericht verfallen. Wer aber seinem Bruder sagt Dummkopf, der soll dem Hohen Rat verfallen; wer aber sagt Narr, der soll der Feuerhölle verfallen. (Matth. 5:21-22).
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Auch die Bedeutung der Arbeit sollte mehr hervorgehoben werden, da sie den wichtigsten Faktor den Eckpfeiler unseres Seins bildet. Es ist angebracht, auf diese weise Auslegung einer biblischen Legende hinzuweisen:
Wir wollen sehen, wie entstellt die Legende über den Auszug Adams aus dem Paradies ist. Gott verdammte ihn zur Arbeit im Schweiße seines Angesichts. Seltsamer Gott, der durch Arbeit bestraft! Ein vernünftiges Wesen kann Arbeit nicht als Übel ansehen, Arbeit ist der Pfad zum Licht. Was liegt nun dieser Legende zugrunde? Als der Mensch dank weiblicher Intuition die Beherrschung der Naturkraft erlangte, gab der Göttliche Lehrer ihm ein Geleitwort mit auf den Weg. Der Kernsatz dieses Geleitwortes betraf die Bedeutung anstrengender Arbeit. Und das ist eher ein Segen als ein Fluch. Der Begriff des Schweißes ist das Symbol der Anspannung
Es ist abwegig, zu denken, daß Schweiß nur eine physische Erscheinung wäre. Bei geistiger Arbeit entsteht eine für die Sättigung des Raumes besonders wertvolle Ausstrahlung. Während der Schweiß des Körpers die Erde düngen kann, stellt der Schweiß des Geistes das Prana wieder her, indem er sich chemisch in Sonnenstrahlen umwandelt. Arbeit ist die Krone des Lichts. Es ist notwendig, bereits die Schulkinder auf die Bedeutung der Arbeit als einen Faktor beim Weltenaufbau hinzuweisen. Eine Folge der Arbeit wird Festigung des Bewußtseins sein
(Gemeinschaft, § 117)
Jemand sagt, daß der Mensch nach dem Hinübergehen in die Feinstoffliche Welt nicht jene Hölle vorfindet, die er vor dem Verlassen der Erde so fürchtete
Vor das Wort Mensch müßte man den Zusatz Durchschnitts- stellen. Tatsächlich existiert die Hölle. In der Feinstofflichen Welt leiden nicht nur die Verbrecher schwer, sondern auch jene, die den geistigen Verfall in sich zuließen oder mit vielen Gelüsten behaftet sind. Das wird in den Schriften aller Völker gelehrt.
25. März 1935
Ihr Brief hat mich sehr gefreut. Vor allem schätze ich selbsttätige Menschen, die ihr Karma annehmen und sich durch ehrliches Suchen von allen aufgedrängten Dogmen und Vorurteilen befreien. So heiße ich Sie auf dem von Ihnen gewählten Pfad, Licht in das Bewußtsein der Menschen zu bringen, willkommen. Ihr Vorgehen ist ganz richtig, man sollte nie jemandem etwas aufzwingen, sondern nur geben, was aufgenommen werden kann. Alle Lehrer, vom geringsten bis zum größten, hatten und haben Schüler verschiedener Stufen. Um Erfolg zu erringen, sollte man vor allem das Bewußtsein der Zuhörer in Betracht ziehen.
So viele Seelen verlangen danach, die Lehre Christi in einem neuen Licht zu erfassen. Stehen die Werke des Origenes nicht zur Verfügung, dann würde ich empfehlen, die bemerkenswerten Bücher Dobrotolubye (Die Liebe zum Guten) zu studieren. Die lebendigen Ratschläge und Erklärungen des Evangeliums durch die großen geistig Schaffenden der ersten Jahrhunderte des Christentums zeigen klar auf, in welche Verwirrung der heutige Geist gelangte. Mit dem Terminus Christus meinten jene großen Weisen das höchste göttliche Prinzip in uns, eben das, was ursprünglich in den großen Mysterien des Altertums wirklich gemeint war. Die Bezeichnung Krestos oder Kristos wurde dem Wortschatz der heidnischen Mysterien entnommen. Krestos oder der Neophyt, der alle Leiden und Prüfungen bis zum letzten Ritual der Einweihung durchmachte, wurde nach der Salbung Christus, der Geläuterte. Seine vergängliche Persönlichkeit verschmolz mit seiner unvergänglichen Individualität und er wurde ein unsterbliches Ego. Derselbe Begriff des Wortes Christus findet sich in der Epistel (4:19) an die Galater und in der ersten Epistel an die Korinther (3:16) genauso wie in den Evangelien des Hl. Johannes (15:4) und des Hl. Lukas (17:21).
Die Bücher Dobrotolubye wurden mir von Athos gesandt, doch ich bin sicher, daß sie auch bei einigen unserer Altgläubigen zu finden sind. Manche Seiten ähneln im Geist sehr stark den östlichen Lehren und der Lehre der LEBENDIGEN ETHIK. Bemerkenswert sind die Aussagen des großen Antonius über den Königlichen Pfad oder den Pfad der Ausgeglichenheit. Der Mittelweg oder die Goldene Mitte ist von den großen Lehrern der Menschheit immer hervorgehoben worden. Wie schön ist die Aufgabe, die Lehre Christi im Geist der frühesten großen christlich Schaffenden zu säubern und ihr neues Verstehen auszulegen! Es wäre lehrreich, die Geschichte und alle Beschlüsse der früheren Kirchenkonzile zu studieren und zu erfahren, wie die meisten Kirchenvertreter sich im Lauf der Zeit von der Wahrheit entfernten. Sicherlich wäre es auch äußerst wertvoll, das Werk des Origenes Über die Prinzipien zu erhalten. Darin finden sich so viele Kommentare zu allen unklaren Stellen der Evangelien und des alten Testamentes. Die Lehre Christi zu säubern sie mit allen anderen großen Lehren des Ostens in ein richtiges Verhältnis zu bringen , wäre ein sehr wertvoller Beitrag zu unserer dürftigen und schwer zugänglichen Literatur. Beim Durchpflügen der modernen theologischen Werke kann das Feuer des Herzens erstickt werden. Dies trifft nicht nur für die christliche Theologie zu, sondern genauso für andere Religionen. Nur wer zu den ursprünglichen Quellen zurückkehrt, kann die Schönheit und Einheit der großen Offenbarungen entdecken.
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Ihre Frage bezüglich der Tiere ist etwas schwierig. Sicherlich, die unschuldigen Tiere nur für den Zweck menschlicher Ernährung zu töten, wo die ganze Natur uns einen Überfluß an unblutiger Nahrung bietet, kann im Prinzip nicht entschuldigt werden. Aber das Leben ist sehr vielschichtig! Man kann nicht augenblicklich alle Zustände der höheren Welt auf die Erde übertragen. Unsere Erde und ihre Bevölkerung sind noch nicht reif, um höhere Gesetze und Bedingungen anzunehmen. Daher ist man verpflichtet, die gegenwärtigen Sitten und Umstände zu tolerieren und gleichzeitig danach zu streben, sie soweit wie möglich zu verbessern und zu veredeln. Doch um uns nicht in diesem Irrgang der schwierigen und derzeit beinahe unlösbaren Probleme zu verlieren, müssen wir uns immer folgenden Leitspruch vor Augen halten: Von zwei Übeln wähle das geringere; von zwei Möglichkeiten des Guten die bessere.
So sollten wir uns zuerst um die Menschen kümmern und in zweiter Linie um die Tiere. Ich verstehe Ihr Gefühl sehr gut, doch bedenken Sie, daß viele Vorstellungen nur allmählich durch Bewußtseinserweiterung und Verfeinerung des menschlichen Organismus verwirklicht werden können. Als ich im Gespräch einmal einwandte, daß Pflanzen weniger Schmerz empfinden als Fische, entgegnete man mir: Nicht unbedingt, denn das Bewußtsein einiger Blumen steht dem vieler Fische und Insekten nicht nach. Nach dieser Erklärung können wir nicht behaupten, daß eine Pflanze keinen Schmerz empfindet, wenn sie gepflückt oder abgeschnitten wird. Dies wurde im Kalkutta-Institut von dem indischen Wissenschaftler Jagadis Bose durch moderne wissenschaftliche Experimente erprobt. Diese Experimente zeigten, daß die Feinfühligkeit des Nervensystems der Pflanzen erstaunlich ist.
Uns bleibt nichts übrig, als das große Gesetz, das dem Lebensprinzip des ganzen Kosmos zugrunde liegt das Gesetz des Großen Opfers , anzunehmen. In der Natur lebt alles auf Kosten des anderen. Doch mit dem Wachsen des Bewußtseins wird dieses Opfer feiner und erhabener, dennoch stets Opfer bleibend. Und nur in den höchsten Welten verwandelt sich dieses Geben und die Entsagung in eine Quelle reinster Freude. Opfern nicht die Größten Geistwesen ihre Kräfte, indem sie ihre geistigen Ausstrahlungen senden, die uns im wahrsten Sinn des Wortes erhalten? Opfern Sie nicht Ihre wohlverdiente Freude dauernden unveränderlichen Schaffens in Sphären, die Ihnen rechtmäßig zustehen und verbleiben stattdessen in den irdischen Sphären, um die Evolution der Menschheit zu lenken? In ihrem gegenwärtigen Zustand ist die Menschheit ein fürchterlicher Vampir, der nicht nur die Kräfte der Großen Geistwesen, die ewig wache halten, verzehrt und raubt, sondern auch die Energien jener, die in der geistigen Entwicklung etwas höher stehen als die meisten Menschen. Oft verursacht diese Tatsache völlige Erschöpfung und manchmal sogar vorzeitigen Tod. Doch ohne den Zustrom der von den Höchsten Geistwesen gesandten geistigen Kraft wäre die Menschheit längst verloren. Daher muß man zuerst an die menschlichen Wesen denken und ihnen helfen, einander nicht zu erschöpfen und zu töten. Durch Verbesserung der Menschen, verbessern wir auch das Schicksal der Tiere.
Daher laßt uns die Tiere lieben und Mitleid mit ihnen haben, doch sollten wir keine Idole aus ihnen machen und sie nicht über die Menschen stellen. Nehmen wir das Gesetzt des Ewigen Opfers an, dieses ständige Aufwühlen und Wirbeln wechselnder Energien, die in ihrem ewigen Streben nach Vervollkommnung im Schmelzofen des Kosmos alles wandeln.
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Sie können die wahren Sucher darauf hinweisen, daß das Bollwerk des Großen Wissens seit fernsten Zeiten existiert, unermüdlich die Evolution der Menschheit überwacht, den Strom der Weltereignisse beobachtet und in einen rettenden Kanal lenkt. Alle Großen Lehrer sind mit dieser Stätte verbunden, alle sind ihre Mitglieder. Vielfältig ist das Wirken dieses Bollwerks des Wissens und des Lichts. Die Geschichte aller Zeiten und Völker bezeugte diese Hilfe, die nie verbreitet, doch für jedes Land am Wendepunkt seiner Geschichte immer gewährt wurde. Der Annahme oder Verweigerung folgte gesetzhaft eine Blüte oder ein Niedergang des Landes.
Diese Hilfe offenbarte sich in Form von Warnungen, Ratschlägen oder auch vollständigen Lehren unter unerwarteten Umständen und in verschiedenen Aspekten. Solche Warnungen zogen sich wie ein roter Faden durch die Geschichte. Abgesehen von wenigen Ausnahmen sind alle Warnungen nicht befolgt worden. Denken wir an den schwedischen König Karl XII., der die dringende Warnung erhielt, keinen Krieg mit Rußland zu beginnen. Er begann ihn trotzdem, und dies stoppte für lange Zeit die Entwicklung seines Landes. Die Veröffentlichung des Tagebuches der Gräfin dAdemar, einer Hofdame der unglückseligen Marie Antoinette, brachte ans Licht, daß die Königin viele Warnungen erhielt. Die Warnungen wurden entweder durch Briefe oder durch persönliches Zusammentreffen mit der Gräfin vermittelt. Die Botschaften wiesen immer wieder auf die Gefahr hin, die dem Land, der königlichen Familie und vielen Freunden drohte. Alle diese Warnungen kamen vom Grafen Saint Germain, einem Abgesandten der Bruderschaft aus dem Himalaja. Aber alle auf Rettung bedachten Warnungen und Ratschläge wurden als Schmähung und Betrug angesehen. Saint Germain wurde verfolgt, und öfter als einmal drohte ihm die Bastille. Die tragischen Folgen dieser Zurückweisung sind wohlbekannt.
Denken wir auch an Napoleon, der in den ersten Jahren seines Ruhmes von seinem Leitstern sprach. Doch geblendet von soviel Erfolg, trübte sich sein Geist, und in diesem Hochmut nahm er den ihm erteilten Rat nicht an; durch das Eindringen in Rußland verletzte er eine der ersten Bedingungen. Der Zusammenbruch seiner Armee und sein trauriges Ende sind ebenfalls allgemein bekannt.
Wir wissen auch, daß Washington durch einen geheimnisvollen Professor beraten wurde und er diese Ratschläge mit sichtlichem Erfolg beherzigte. In der Zeit der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung, als man sich vorbereitete, sich von England zu trennen, trug sich ein bemerkenswertes Ereignis zu. Im Verlauf dieser historischen Konvention ergab sich ein Moment der Verzögerung und Unsicherheit. Plötzlich trat ein großer Fremder aus der Mitte der Versammelten und hielt eine feurige Rede, die mit den Worten schloß: Amerika soll frei sein! Die Begeisterung der Versammelten war entfacht, und die Unabhängigkeitserklärung wurde unterzeichnet. Doch als die Delegierten sich anschickten, jene Person, die ihnen geholfen hatte, zu begrüßen, machten sie die erstaunliche Entdeckung, daß der Fremde verschwunden war. So kann man in der ganzen Geschichte die helfende Hand der Großen Gemeinschaft des Lichts wahrnehmen. Im zwölften und dreizehnten Jahrhundert wußte die westliche christliche Kirche vom Vorhandensein einer geheimen Geistigen Wohnstätte im Herzens Asiens, welcher Prester John, wie dieser große Geist sich nannte, vorstand. Dieser Prester John sandte von Zeit zu Zeit an die Päpste und andere Vertreter der westlichen Kirche Mahn- und Warnbriefe. Aus der Geschichte ist bekannt, daß einer der Päpste eine Gesandtschaft zu Prester John in Zentralasien entsandte. Man kann sich gut vorstellen, zu welchem Zweck. Nach allerlei Mißgeschick und Zwischenfällen kehrte diese Gesandtschaft heim, ohne die Große Wohnstätte gefunden zu haben.
Ja, die Geschichte kennt eine Anzahl von hervorragenden Persönlichkeiten, deren Bestimmung es war, für das Vorankommen der menschlichen Evolution eine wichtige Rolle zu spielen, nachdem sie zuvor dieses Bollwerk des Hohen Wissens besucht hatten. So verbrachte Paracelsus eine bestimmte Zeit in einem der Ashrams des transhimalajischen Bollwerks und empfing dort großes Wissen. Später schrieb er viele Bücher, doch um der Verfolgung zu entkommen, die in jenen Zeiten jedem Lichtträger drohte, bediente er sich dabei oft einer verschlüsselten Sprache. Schrecklich sind die Verbrechen der Unwissenheit gegen das Wissen! Trüb sind die Seiten der wahren Geschichte! Vergessen wir auch Cagliostro nicht, der der Verfolgung nur dank der Fürsprache eines Geheimnisvollen Fremden entkam. Als dieser in Rom vor dem Papst erschien, wurde die Verfolgung eingestellt, und Cagliostro entkam später aus seinem Gefängnis. Denken wir nicht zuletzt an unsere Landsmännin H. P. Blavatsky, die so schlimm verleumdet wurde. Sie hielt sich drei Jahre in einem Ashram in Tibet auf und kehrte dann mit großem Wissen und dem strahlenden Beweis über die Mahatmas in die Welt zurück. Wäre sie nicht von soviel Bosheit und Neid umgeben gewesen, hätte sie zweifellos zwei weitere Bände der Geheimlehre geschrieben, um einen Teil davon dem Leben der Großen Lehrer zu widmen. Doch die Leute zogen es vor, sie zu töten und ihr Werk blieb unvollendet.
So wiederholt sich die Geschichte, und so wird das Karma der Menschheit aufgebaut. Und nun wirken auch Sie auf dem von Ihnen gewählten Pfad; der Segen der Hierarchie des Lichts wird mit Ihnen sein. Doch nehmen Sie bitte den Rat an, so weise, wie Sie begannen, fortzufahren!
12. April 1935
In Beantwortung Ihres Briefes kann ich nur meine Behauptung wiederholen, die nach wie vor in ursprünglicher Stärke und Wahrheit bestehen bleibt: Der Große Advent kann sich nicht auf gewöhnliche Art offenbaren und im physischen Körper vor sich gehen. Man sollte verstehen, daß die Großen Herrscher entsprechend den Erfordernissen der Welt diese oder jene Gestalt annehmen. Wieso ist es so schwer, sich vorzustellen, daß eine große Individualität keinen physischen Körper benötigt, um uns ganz nahe zu sein? Darüber hinaus beweisen die Tatsachen der Vergangenheit und die Beispiele der Gegenwart, wie seltsam die Erscheinung der Großen Geistwesen von unwissenden Menschen aufgenommen wird. Bestenfalls bedachte man sie mit dem Ausdruck Scharlatan oder Spion oder mit beiden Bezeichnungen. Die Menschen schreiben gewöhnlich ihre eigenen Laster anderen zu. Es wäre sehr lehrreich, die historischen Tatsachen über das Leben des Grafen Saint Germain zu studieren, des Sendboten der Weißen Bruderschaft. Und wenn Christus Selbst heute unter uns erschiene könnte Er dem Kerker oder gar der Hinrichtung entfliehen? Bitte lesen Sie nochmals Dostojewskis Der Großinquisitor. Man muß verstehen, daß die Großen Individualitäten jetzt inmitten chaotischen Denkens und der Ausstrahlungen entarteter Massen nicht erscheinen können. Die Großen Herrscher folgen in allem dem Gesetz der Zweckmäßigkeit. Erkennen Sie daher, daß im Hinblick auf das Niveau der gegenwärtigen Menschheit der Advent in einer physischen Form absolut unmöglich ist und für die gesamte Evolution nur ein Unglück wäre. Die Große Individualität unsichtbar sichtbar ausgestattet mit den Strahlen des mächtigen, aber unsichtbaren Laboratoriums, wird regieren.
Es war sehr seltsam, in Ihrem Brief zu lesen: Sollte der Herrscher Maitreya ein Buddha werden, würde Er höchstwahrscheinlich in einem physischen Körper erscheinen. Jene Individualität, die nach östlichen Vorstellungen die Gestalt Maitreya annahm, war lange vorher ein Buddha. Deshalb ist der von Ihnen vorgebrachte Grund für seine physische Inkarnation hinfällig. Alle im Buch Schambhala erwähnten Prophezeiungen kann ich nur bestätigen. Sicherlich war das Jahr 1936 als ein grundlegendes Jahr großartiger Anfänge und großer Veränderungen angezeigt. Doch die Herrschaft des Herrschers von Schambhala besagt nicht, daß er an der Endschlacht physisch teilnehmen wird; das ist ein Irrtum, den nur äußerst unwissende Buddhisten begehen. Der Herrscher von Schambhala wird, gemäß den ältesten Überlieferungen, den Fürsten der Finsternis selbst bekämpfen. Dieser Kampf findet vor allem in den feinstofflichen Sphären statt, wohingegen der Herrscher von Schambhala hier durch seine irdischen Krieger wirkt. Er Selbst kann nur im äußersten Ausnahmefall gesehen werden und würde nie in einer Menge oder unter Neugierigen erscheinen. Sein Erscheinen in Feuriger Gestalt wäre für alle und alles unheilvoll, da seine Aura mit Energien von ungeheurer Kraft geladen ist. Im Evangelium des Hl. Matthäus (24:27-39) werden der Advent und das Jüngste Gericht die Ereignisse, die unserem Planeten bevorstehen ganz genau beschrieben. Doch Sie werden genügend Zeit haben, vor diesen Ereignissen alt zu werden Teilkatastrophen dürften allerdings früher eintreten.
Ich würde Ihnen davon abraten, mit dem Band III anzufangen, wenn Sie die Geheimlehre zu lesen beginnen. Nichts als Verwirrungen wäre die Folge. Der dritte Band wurde nach dem Tod von H. P. Blavatsky zusammengestellt und enthält daher einige Unstimmigkeiten. Die Behauptung, daß der Lehrer Shankaracharya den Körper des toten Maharadscha benutzte, muß als exoterisch angesehen werden, d. h. sie basiert eher auf Volkserzählungen als auf Tatsachen. Daß H. P. Blavatsky einigen Lehrern gestattete, ihren Körper als Gefäß zu benutzen, ist in alten Tagebuch-Blättern von H. S. Olcott beschrieben. Doch ein wahrer Schüler weiß genau, wie solch ein Phänomen aufzufassen ist, wenn es sich auf die Großen Lehrer bezieht. Dann hat dieses Phänomen weder mit Besitzergreifung noch mit Besessenheit des Körpers etwas zu tun. Die Großen Lehrer mißbilligten solche Verletzungen oder ähnliche Phänomene sehr scharf. Ebenso gibt es viele Mißverständnisse um den Begriff des Avatars.
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Vorzeitige Kenntnis der eigenen Inkarnationen ist für den wachsenden Geist äußerst schädlich. Daher verbirgt die immer nach dem Gesetz der Zweckmäßigkeit wirkende Natur diese wohlweislich. Oft kann die vorzeitige Kenntnis früherer Inkarnationen den weiteren Aufstieg hindern, da der Geist (nach Entdeckung einiger Übel aus der Vergangenheit) entweder in den Abgrund der Verzweiflung fallen könnte oder in Eigendünkel, das schwerste Hindernis auf dem Pfad der Jüngerschaft. Daher sollte man diese weise Verhüllung der Vergangenheit wirklich segnen. Zur rechten Zeit und nach allmählichem Fortschritt wird der Geist selbst fähig sein, diesen Schleier zu lüften und seine früheren Inkarnationen und ihre Bedeutung erkennen und verstehen. Oft begegnet man unehrlichen und überheblichen Menschen, die sich selbst große Inkarnationen zuschreiben. Das erklärt, warum so viele Julius Cäsars, Timurs, Aspasias, Semiramisse, Cleopatras und andere zu gleicher Zeit unsere Erde bevölkern.
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Und nun etwas über die Chakras. Wie Sie wissen, gibt es insgesamt 49 Chakras oder Zentren. Im Agni Yoga werden 21 erwähnt. Das Öffnen und die Umwandlung dieser 21 Zentren bewirkt das Entflammen der übrigen, da viele Zentren paarweise gelagert sind. Für eine hohe geistige Entwicklung ist nicht nur das Öffnen der Zentren wichtig, sondern auch ihre Umwandlung; das Öffnen nur eines oder zweier Zentren führt zu nichts anderem als zu niederem Psychismus und bringt viele Gefahren mit sich. Im allgemeinen ist das richtige Öffnen der Zentren ohne Hilfe des Lehrers völlig unmöglich. Allerdings meine ich den Höchsten Lehrer, denn nur er kennt den wahren Zustand des Organismus in all seinen Hüllen. Nur er kann den Blutdruck regulieren, der beim Öffnen der Zentren so gefährlich sein kann, gar nicht zu sprechen von ihrer feurigen Umwandlung. Daher wird in den Büchern der Lehre vor allem auf ein langwieriges Vorbereitungsstadium hingewiesen, genau gesagt, eine physische und geistige Prophylaxis ist nötig. Absolut wichtig ist die Läuterung der Gedanken und des Herzens. Dann folgt die Erweiterung des Bewußtseins, Verfeinerung aller Gefühle sowie Herzensbildung, da das Herz das Organ der Synthese ist. Das Herz kann eine geistige Entwicklung ermöglichen, die nicht nur das Öffnen der Zentren bewirkt, sondern möglicherweise auch die Aufmerksamkeit des Großen Lehrers erweckt, der uns dann überwacht. Falls unser geistiger Entwicklungsstand diese gefährliche Prüfung zuläßt, kann er die nächste Stufe gewähren die feurige Umwandlung der Zentren.
Ohne geläuterte Geistigkeit können wir zwar alle bekannten Übungen zur Anpassung der Nervenzentren ausführen, doch bestenfalls einen erbärmlichen Psychismus oder Mediumismus entwickeln (falls er latent in uns vorhanden ist) und dann können wir leicht einem Besitzergreifer zum Opfer fallen. Sie möchten wissen, wo die Chakras sich befinden. Erwähnenswert sind die sieben Hauptchakras:
1. Muladhara-Kundalini, das sich am Ende des Rückgrats befindet;
2. Svadhistana-Chakra es befindet sich im Bauch zwischen dem Ende des Rückgrats und dem Nabel;
3. Manipura-Chakra oder Solar Plexus;
4. Anahata-Chakra oder der Kelch;
5. Vishuddha-Chakra oder das Kehlkopfzentrum;
6. Ajna-Chakra oder das Dritte Auge;
7. Brahmarandra-Chakra oder die Glocke, auf dem Scheitel.
Allerdings hat allein das Gehirn mehr Zentren als dieses. Die Zentren der Schultern, Wangen, Lungen, Handgelenke, Nieren usw. werden selten erwähnt. Selbst in indischen Schriften gibt es Unklarheiten darüber, wo der Sitz des Dritten Auges ist. Manche setzen es mit der Hypophyse gleich, andere mit dem Solar Plexus usw. Aus persönlicher Erfahrung kann ich sagen, sobald man den Zustand wirklichen Hellsehens erreicht, sieht man alles mittels des Glockenzentrums. Man kann auch mit Hilfe des Solar Plexus sehen, und es ist nicht zuviel gesagt, daß jedes Zentrum sehen kann. Wir können sogar unseren inneren Organismus sehen. Und das alles wird durch entsprechende Aufspeicherung von Geistigkeit ermöglicht, zusammen mit den erforderlichen Bedingungen von Prana und Seehöhe.
Auf den alten Bildern der MUTTER DER WELT (in der tibetanischen Sprache Dukkar, die Vieläugige) besteht ihre Aura aus Augen. Jeder Strahl endet in einem Auge. Die Alten wußten vieles, was uns verborgen blieb.
Gleicherweise wird die Erscheinung des Auges von Dangma von den Großen Lehrern besonders geschätzt. Dies ist kein Hellsehen im üblichen Sinn, sondern das in Tausenden von Leben und selbstaufopfernden Erfahrungen im Kelch gespeicherte Gefühlswissen. Das Ziel dieser Aufspeicherung ist, eine große Bestimmung zu erlangen und ein vollkommener Archat oder Gottmensch zu werden.
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Was ist Aryavarta? Es ist der nördliche Teil Indiens, die Täler des Himalaja, wo die Emigranten aus Zentralasien nach dem Unheil von Atlantis ihre Heimstätten errichteten. Übersetzt bedeutet es Das Land der Arier. So befindet sich unser Ashram in dem ältesten und heiligen Gebirgstal von Aryavarta.
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Es wäre sehr nützlich für Sie, aus den Büchern der Lehre die für die Jüngerschaft wichtigsten Eigenschaften herauszuschreiben. Sie werden sie brauchen.
Dann möchte ich hinzufügen: Wenn in der Lehre gesagt ist, daß die finsteren Kräfte aufgrund ihrer Eigenart unfähig sind, Einheit zu üben, so ist aber auch in der Lehre erwähnt, daß die Finsteren weit mehr auf ihre Hierarchie hören als die sogenannten Leuchtkäfer. Daher besteht kein Zweifel darüber, daß die Finsteren jetzt unter dem Antrieb der Furcht handeln. Sie wissen, daß Finsternis ihre einzige Rettung ist; und so wird Furcht obwohl sie dem Wesen nach von Einheit weit entfernt ist zu ihrem größten Einiger. Daß Panik die Menschen zwingt, in die gleiche Richtung zu eilen, ist eine bekannte Tatsache. Die Finsteren schlafen nicht. Sie unterhalten eine weit stärkere Verbindung mit ihrer Hierarchie als die sogenannten Krieger des Lichts. Die Finsteren wissen, daß ihre einzige Rettung in der Finsternis liegt, aber die Leuchtkäfer flattern viel herum, diskutieren viel und lieben ihre Hierarchie nur wenig. (Feurige Welt I, § 339)
Man muß die Lehre in ihrer alles umfassenden Eigenschaft kennen und verstehen. Es ist notwendig, die Gegensätze wahrzunehmen, da sonst kein Fortschritt möglich ist.
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Über den von Ihnen erwähnten Artikel habe ich bereits meine Meinung geäußert. Wir wollen unsere Vorstellungen niemandem aufzwingen, wir geben, wir lenken das ist alles. Jeder nimmt so viel auf, wie er will und kann.
Die Feurige Welt ist eine der höchsten Stufungen der Welten oder Sphären unserer Planetenkette.
Gewiß, die Monade entspricht der Vorstellung, die wir uns vom Geist machen. Doch wenn von ihr als Geistigkeit gesprochen wird, d. h. als Erscheinung, dann ist immer das höchste Ego gemeint. Die Monade besteht in Wirklichkeit aus dem sechsten Prinzip und dem universellen siebenten, sie ist keine bewußte Wesenheit auf den Erscheinungsebenen. Um auf allen Ebenen eine bewußte Offenbarung oder anders gesagt, die wahre Unsterblichkeit zu erlangen, (d. h. ein Archat, Buddha oder Dhyan Chohan zu werden), müssen sich die drei Prinzipien das vierte, fünfte und siebente hier auf Erden verbinden und im sechsten Prinzip verschmelzen. Das siebente Prinzip ist lediglich eine ewige Lebenskraft, die sich durch den ganzen Kosmos ausbreitet. Vergessen Sie auch nicht, daß jedes Prinzip seine eigenen höchsten und niedersten Eigenschaften und Ausdrucksformen hat. So entspricht der feinstoffliche Körper, in den sich der hohe Geist kleidet, den höchsten Gefühlen; und alle Leidenschaften und Wünsche werden vom reinen Feuer in die feinsten Gefühle und Wahrnehmungen verwandelt. Es gibt daher viele Abstufungen der feinstofflichen und der Mentalkörper.
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Ich freute mich zu hören, daß Sie nicht mehr allein sind, da Sie nun einen Mitarbeiter gefunden haben, der nebenbei der Kunst zugetan ist. Übermitteln Sie ihm meine Grüße. Sicherlich können Sie ihm gestatten, aus meinen Briefen Auszüge über alles zu entnehmen, was die Jüngerschaft betrifft.
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Und dann möchte ich nicht vergessen, Ihnen zu raten, nicht gegen die Theosophen eingestellt zu sein. In der Tat, sie stehen bewußtseinsmäßig wirklich weit über vielen, vielen Menschen. Viele Anhänger des Agni Yoga kommen gerade aus ihren Kreisen. Daher sollten wir keinesfalls Einspruch erheben, sondern lieber versuchen, überall das Gute zu sehen. Wir trafen nicht viele russische Theosophen, noch hörten wir viel von ihnen. Doch ich muß sagen, eine offene feindliche Einstellung gab es selten. Gleicherweise sollte man nicht alle von den Blavatsky-Anhängern geschriebenen Werke verdammen. Unter diesen Schriften gibt es gute und wertvolle Seiten. Das Leben ist sehr kompliziert; seien Sie daher vorsichtig in ihrer Kritik.
Ihren letzten Brief werde ich etwas später beantworten, denn es gibt darin einige Punkte, die eine besonders klare Antwort erfordern, was etwas mehr Zeit in Anspruch nimmt, die mir momentan nicht zur Verfügung steht; auch Ihrer Übersetzung kann ich zur Zeit keine Aufmerksamkeit schenken, ich muß sie zurückstellen. Es wird mich freuen, wenn Sie die Lehre im Alltagsleben befolgen können. Ich kann Ihnen nur raten, sich mehr mit der geistigen Vervollkommnung zu befassen, als über Kosmogonie nachzudenken. Ohne Läuterung des Herzens und Erweiterung des Bewußtseins nach den Weisungen der Lebendigen Ethik kann wahres Wissen nicht erlangt werden. So wird Ihnen die Überwindung einer unerwünschten Gewohnheit mehr Nutzen bringen, als wenn Sie alle bestehenden Systeme der Kosmogonie auswendig lernten. Wahrlich, wahres Verstehen erlangen wir nur durch Annäherung an den Hierarchen und Vereinigung unseres Bewußtseins mit dem seinen. Doch eine solche Vereinigung kann nur zustande kommen, wenn unser inneres Wesen in dem Grad geläutert ist, daß es die uns von dem Großen Lehrer gesandten Schwingungen wahrnehmen und auf sie ansprechen kann. Ich werde nie müde zu wiederholen, daß die Lehre im Leben befolgt werden muß und empfehle Ihnen von neuem, sich der Aufgabe der Selbstvervollkommnung zuzuwenden. Wie es im Agni Yoga heißt: bestimmen Sie ihre drei schlechtesten Eigenschaften und versuchen Sie, diese zu bekämpfen. Das wird für Sie ein ungeheurer Sieg sein.
Seien Sie darauf bedacht, nicht in Illusionen zu verfallen. Jeder Schüler sollte sich vor allem von jeglicher Illusion lossagen, besonders von jenen, die durch seinen eigenen Willen produziert werden. Illusion ist ein Zerstörer. Illusion oder Maja wird in den indischen Schriften oft als das Äquivalent von Mara hingestellt und Mara bedeutet Finsternis. Bekämpfen Sie daher eitle Illusionen mit Ihrer ganzen Kraft.
Seien Sie bestrebt, arbeiten Sie an sich und seien Sie freudig!
18.4.1935
Jetzt möchte ich ein äußerst heikles und schwieriges Thema berühren das Anhören von sogenannten gegenseitigen Verurteilungen und Kränkungen. Jede Art von Verleumdung ist grundsätzlich zu mißbilligen, doch ein Lehrer muß alle Besonderheiten des Denkens seiner Schüler kennen. Oft, wenn einem Schüler oder einem Mitglied einer Gruppe Gelegenheit gegeben wird, seiner angehäuften Verbitterung und seinen Gefühlen Ausdruck zu verleihen, hilft man ihm, schädliche Energien zu entladen.
Es gibt nichts Schädlicheres als verdrängte Kränkung oder Ärger. Es ist gesagt: Höret und verurteilt nicht. Oft macht gerade dieses Entladen des Giftes eine Person frei für einen neuen Pfad. Nicht durch Verneinung gewährt der Lehrer Hilfe, sondern durch Anziehung. So kann durch vorsichtiges Berühren Ordnung in das unausgeglichene Denken gebracht werden. Das wünschenswerte Verhalten ist, nicht zur Verurteilung anzuspornen, sondern unbegründete Angriffe, Argwohn und Verleumdungen zu klären. Die Aufgabe, oder wie ich es zu nennen pflege, die Kunst, richtige Beziehungen zwischen Menschen zu schaffen, ist eine der größten aller Künste. Es gibt keine edlere Tätigkeit, als Frieden zu stiften; aber es ist auch die mühsamste und schwierigste.
Mein Leben gestaltete sich so, daß ich seit meiner Kindheit von Menschen umgeben war, die mir ihre Sorgen anvertrauten, und fast immer gelang es mir, sowohl die tatsächlichen als auch die eingebildeten Beschuldigungen zu schlichten. Ich versuchte immer, das Gute oder wenigstens etwas Gutes von dem zu behalten, was der Ankläger über den Angeklagten vorbrachte. Und diese einfache Methode brachte immer die besten Lösungen. Die Menschen sprechen oft die schrecklichsten Dinge aus, ohne sich bewußt zu werden, was sie wirklich sagen, weil sie die eigenen Worte augenblicklich vergessen! Hört man dieses Grollen ruhig an, lassen sich viele Dinge klären, und man kann den Menschen helfen, ein neues Verständnis zu finden. Klatsch unter den Mitarbeitern um des Klatsches Willen ist eine widerliche Sache. Doch ein Lehrer sollte fähig sein, zwischen boshaftem, unkundigen, leeren Geschwätz und einem solchen zu unterscheiden, das ernsthafter Natur ist und seines freundlichen herzlichen Einwandes bedarf. Schließlich entstehen Bekenntnisse ja aus dem Bedürfnis der Seele, die für den Fortschritt hinderlichen, angehäuften Energien loszuwerden. Es ist besser, sich einem Lehrer anzuvertrauen als einem Fremden. Aus Erfahrung weiß ich, wie außerordentlich schwer es ist, Menschen zu führen und welche verschiedenen Methoden man anwenden muß, um sich dem Bewußtsein und dem Charakter jedes einzelnen anzupassen. Doch in vielen Fällen zeitigen Freundlichkeit und Herzenswärme die besten Ergebnisse. Fürchten Sie sich daher nicht vor dem Zuhören. Das ist kein Ansporn zu Klatsch und Verleumdung, sondern eher eine psychologische Hilfestellung für jene, die Ihnen vertrauen oder eine geistige Prophylaxis für sie. In vielen Fällen werden Sie die nötige Erklärung finden und ein warmes, ermutigendes Wort einlegen, und in anderen Fällen, sofern erforderlich, strenge Worte finden
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Askese, oder eher Enthaltsamkeit, welche die Lehren mitunter fordern, kam als Protest gegen den fürchterlichen Niedergang der Moral auf, der für die Menschheit bezeichnend wurde. Außerdem besteht kein Zweifel darüber, daß jene, die sich dem praktischen Okkultismus widmen, Enthaltsamkeit üben müssen; denn alle Energien müssen für die Entwicklung besonderer Fähigkeiten bewahrt werden. Doch man kann sich dem großen Dienst auch weihen, ohne ein Asket zu sein. Viele glauben, für geistiges Wachstum und die Annäherung an den Lehrer sei ein klösterliches Leben erforderlich. Jedoch dem ist nicht ganz so. Unter Reinheit des Lebens sind vor allem Läuterung der Gedanken, reine Motive, Furchtlosigkeit, Standhaftigkeit, selbständiges Wirken, Nächstenliebe und andere positive Eigenschaften zu verstehen. Die Bedürfnisse und Funktionen des Körpers sollten nicht als unrein betrachtet werden, da sie natürlich sind; nur Ausschreitungen sind schädlich, zerstörerisch und daher verwerflich.
Es ist ein großes Glück, ein seltenes Privileg, das Vertrauen des Lehrers zu genießen; und die Erfüllung der von Ihm kommenden Weisungen erfordert, daß der Schüler die giftigsten Lebenssphären durchschreitet. Nachdem der Schüler seine Forderung erfüllt hat, wird er sich auf der Höhe der Errungenschaft finden (vorausgesetzt, sein ganzes Wesen ist bestrebt, die gestellte Aufgabe bestens zu erfüllen). Wohingegen der fanatische Asket seinen Körper martern mag, doch wenn sein Herz schweigt, wird er in einer geistigen Wüste leben, aus der es keinen Zugang zum strahlenden Bollwerk des Ewigen Lebens gibt. Genaugesagt, wir sollten uns nicht vom Leben absondern, sondern alle unsere Emotionen in höchste Schönheit verwandeln. Wunderbar sind die Gefühle der Liebe und Freundschaft zur eigenen Familie und allen Nahestehenden; sie berühren uns wahrlich am schönsten und höchsten. Sie sind die notwendigen Stufen, die uns zur Kosmischen Liebe führen, und jeder, der seine Berufung erkennt, kann diese Liebe erreichen. Ich will einige Zeilen aus der Lehre anführen, die deutlich machen, wie entstellt viele heilige Begriffe wurden.
Die Welt ist nach schönen Prinzipien geformt. Die Meinung, der Welt entsagen zu müssen, ist unrichtig. Die ganze Welt ist dem Menschen gegeben worden. Es wäre daher weit richtiger, von der Erforschung der Bedeutung der Dinge zu sprechen. Wenn sich die Frage nach der Entsagung erhebt, trifft man auf die entstelltesten Begriffe, die schädlichsten Taten; doch es ist unzulässig, einen schönen Begriff die Welt zu mißbrauchen, um eine Verallgemeinerung dieser Greuel von seiten der Unwissenden zu beschreiben! Weltliche Angelegenheiten müssen nicht unwürdig und beschämend sein. Hohe Bewußtseine haben für die Welt große Schmerzen auf sich genommen. Es ziemt sich nicht, ihnen die Entstellungen der Unwissenden zuzuschreiben! Studiert man die Grundlagen der Feurigen Welt, dann ist es vor allem notwendig, im Verstehen vieler Begriffe Übereinstimmung zu erzielen. Kann man Schwelgerei, Verderbtheit, Diebstahl oder Verrat überhaupt als weltliche Fragen bezeichnen? Sie stehen sogar unter dem Handeln der Tiere. Tiere kennen das erforderliche Maß, doch wenn der Mensch das rechte Maß verlor, so nur deshalb, weil er die Welt aufgab und in die Finsternis versank. Wer unwürdig von der Welt spricht, kann Rechtes von Falschem nicht unterscheiden. Wie könnte er das Gesegnete Feuer begreifen? Er würde allein bei dem Gedanken an die Feurige Welt schaudern. Raten wir daher den Freunden, allmählich die Welt vom Chaos zu unterscheiden. Ich rate den Freunden, damit zu beginnen, über das feurige Element als Thema kommender Offenbarungen zu sprechen. (Feurige Welt, II. Band)