Kunstdrucke mit Motiven von Roerich Nicholas und Roerich Svetoslav

 

 


Briefe von Helena Roerich, Band 1, 1929 - 1935 >> 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10


Briefe
von Helena Roerich

1929 - 1939

Band I

Briefe nach Amerika

1929

       Meine jungen Freunde!

       Aus dem fernen Indien, dem Land der Schönheit, der geistigen Errungenschaften und der großen Gedanken, sende ich Euch, die Ihr Euch im Namen der großen Arbeit und des Aufbaus der Zukunft versammelt habt, herzliche Grüße! Ich rufe Euch zur Selbstvervollkommnung und unbegrenzten Errungenschaft auf.

       Das Buch über neue Erfindungen und das Licht der Kühnheit liegt aufgeschlagen vor der Menschheit, und Ihr habt bereits vom Herannahen der Neuen Zeit gehört. Jede Epoche hat ihren Ruf, und die Grundlage für den Ruf der Neuen Ära wird die Macht des Gedankens sein. Deshalb rufen wir Euch auf, die große Bedeutung des schöpferischen Gedankens zu verstehen, und der erste Schritt in diese Richtung ist die Öffnung des Bewußtseins, die Befreiung von allen Vorurteilen, von jeglicher Voreingenommenheit und allen aufgezwungenen Begriffen.

       Richten wir unseren Blick auf die unendliche Weite des nächtlichen Himmels. Fliegen wir in unseren Gedanken über die unzähligen Welten und versteckten Tiefen des unendlichen Raumes. Der Gedanke ist seinem Wesen nach unbegrenzt, nur unser Bewußtsein versucht, ihn zu begrenzen. Laßt uns deshalb ohne Verzögerung den nächsten Schritt machen – die Erweiterung des Bewußtseins.

       Eine sehr alte Weisheit aus Indien lautet: ”Der Gedanke ist der Urquell der Schöpfung der Welten.” Der Große Buddha wies auf die Bedeutung des Gedankens, der unser Wesen ausmacht, hin. Er lehrte seine Schüler, ihr Bewußtsein zu erweitern. Laotse, Konfuzius, Christus – alle geistigen Lehrer und großen Denker lehrten dasselbe.

       Der große Plato sagte: ”Gedanken regieren die Welt.” Und zeitgenössische Gelehrte wie z. B. Prof. Compton sprachen von der Wahrscheinlichkeit, daß hinter jeder Naturerscheinung eine aktive, intelligente Kraft steht und der Gedanke auf die Materie einwirkt. Prof. Compton schließt seine Ausführungen mit den folgenden Worten: ”Wahrscheinlich sind die Gedanken des Menschen die wichtigsten Faktoren in der Welt.”

       Laßt uns mit solch einem breiten Verständnis die Geschichte der Entwicklung des Gedankens kennenlernen. Wir wollen alle Vorurteile von Ort, Zeit und Nationalität ablegen und wie die Bienen den kostbaren Honig des menschlichen, schöpferischen Gedankens sammeln!

       Sobald wir die mächtigen Errungenschaften jener großen Schöpfer, die unser Bewußtsein formen, in das Fundament eingebettet haben, können wir mit der dritten Stufe beginnen – der Entwicklung unseres eigenen Gedankens, unserer eigenen Kreativität; und aus den neuen Verbindungen werden wir Funken des Gedankenfeuers schlagen, diese Krone des Weltenalls. Wir wollen daran denken, daß ein denkendes Wesen niemals einsam ist, weil der Gedanke sein größter Magnet ist und gleichartige Antworten aus dem Raum anzieht. Wenn wir daher eine schöne Antwort erhalten wollen, sollten wir mit reinem Feuer des Herzens erfüllte, strebende Gedanken in den pulsierenden Weltraum senden. Nur der Gedanke, der durch Streben vergeistigt und vom Herzen genährt wurde, kann schöpferisch tätig sein und wie ein mächtiger Magnet anziehen. Ein Gedanke ohne Streben und flammende Eigenschaften ist unfruchtbar. Wir ersehnen Wissen und weite Gedanken; und seien wir kühn in unserem Streben, denn nur ein kühner Gedanke gestaltet neue Wege.

       Ihr, meine jungen Freunde, die Ihr Euch der Kunst und der schöpferischen Tätigkeit genähert habt, seid fähig, Eure Talente als Verstärkung Eurer Kräfte einzusetzen; denn Ton und Farbe, Gedanke und Rhythmus sind die Grundlagen des Universums und unseres Seins. Ton und Farbe, Wissen und schöpferische Tätigkeit sind der Kelch ”Amrita”, der Kelch der Unsterblichkeit!

       Ewige, ununterbrochene Schöpfung des universellen Lebens umgibt uns; und wir, die wir ein Teil dieser großen Schöpfung sind, sollten jeden Moment unseres Lebens schöpferisch tätig sein – durch Gedanken, Worte und Taten.

       Meine jungen Freunde, füllt die Schatzkammer Eures Geistes. Nehmt alle Töne, alle Farben und alle Rhythmen aus der unerschöpflichen Quelle des Raumes in Euch auf. Diese feinsten Vibrationen werden, wenn Ihr sie bewußt aufnehmt, Eure Aufnahmefähigkeit und Euer Denken verfeinern.

       Diese Verfeinerung der Aufnahmefähigkeit wird Euch die Möglichkeit geben, in die Geheimnisse des Raumes einzudringen, und den freudvollen Weg der Errungenschaft und des ununterbrochenen, endlosen Aufstiegs erschließen.

       Meine Freunde, arbeitet unter völliger Anspannung Eurer Kräfte, denn nur, indem Ihr die Grenzen Eurer Anspannung erreicht, ergeben sich neue Möglichkeiten. Die Gesetze sind in allem die gleichen, und wir wissen, daß aus äußerster Anstrengung neue Energien entstehen. Nur vermehrte Tätigkeit und verstärkte Anstrengung werden Euch Schönheit brinen.

       Und ich bitte Euch, habt keine Angst vor Schwierigkeiten; zeigt die Bereitschaft, alle Hindernisse zu überwinden, denn jedes Hindernis stärkt Euch und bringt Euch dem künftigen Sieg näher. Versucht, die Schwierigkeiten liebzugewinnen, und sagt: ”Seid gesegnet, Hindernisse, denn an Euch wachsen wir!” Mutig, durch Streben begeistert, im Bewußtsein, wie großartig die unendliche Vervollkommnung des schöpferischen Lebens ist, sollt Ihr der Euch rufenden Unbegrenztheit zustreben – der Unbegrenztheit des Lebens, der Unbegrenztheit der Errungenschaften, der Unbegrenztheit der Erkenntnis, der Unbegrenztheit des Aufbaus und der Schönheit!

       Meine jungen Freunde, vernehmt den Ruf der schöpferischen Unbegrenztheit!

* * *

19. Oktober 1929

       Die kommende, große Epoche ist eng verbunden mit dem Einfluß der Frau. Die zukünftige Epoche wird, wie in den besten Zeiten der Menschheit, der Frau wieder ihren rechtmäßigen Platz an der Seite ihres ewigen Weggefährten und Mitarbeiters, des Mannes, einräumen. Ihr müßt wissen, daß die ganze Herrlichkeit des Kosmos durch den dualen Ursprung entsteht. Ist es daher möglich, eines dieser beiden Elemente abzuwerten?

       Das ganze derzeitige und bevorstehende Elend sowie die kosmischen Kataklysmen sind zum Großteil die Folgen der Unterjochung und Erniedrigung der Frau. Der furchtbare Verfall der Sittlichkeit, viele Krankheiten und die Degeneration einiger Völker haben ebenfalls ihre Ursachen in der sklavischen Abhängigkeit der Frau. Die Frau ist des größten menschlichen Vorrechts beraubt – am schöpferischen Denken und an kreativer Arbeit in vollem Maße teilzunehmen. Man hat ihr nicht nur die gleichen Rechte genommen, sondern in vielen Ländern auch die gleiche Ausbildung, wie sie einem Mann zusteht. Es ist ihr nicht erlaubt, ihre Fähigkeiten beim Aufbau des sozialen und staatlichen Lebens, dessen vollwertiges Mitglied sie laut kosmischem Gesetz und Recht ist, einzusetzen. Doch eine Frau, die Sklavin ist, kann der Welt nur Sklaven schenken. Das Sprichwort: ”Eine große Mutter gebiert einen großen Sohn!” hat eine kosmische, wissenschaftliche Grundlage. Da Söhne meistens ihren Müttern gleichen und Töchter ihren Vätern, kann man erkennen, wie großartig die kosmische Gerechtigkeit ist.

       Dadurch, daß die Männer Frauen erniedrigen, erniedrigen sie sich selbst! Das erklärt, warum heute so wenige Genies (oder große Geister) unter den Männern zu finden sind. Wären die heutigen Schrecken und Verbrechen möglich, wenn sich beide Ursprünge im Gleichgewicht befänden? Das Heil der Menschheit und unseres Planeten liegt in den Händen der Frau. Die Frau muß ihre Bedeutung erkennen, die große Aufgabe der Mutter der Welt; sie sollte darauf vorbereitet sein, Verantwortung für das Schicksal der Menschheit zu übernehmen.

       Die Mutter hat als Lebensspenderin das Recht, das Schicksal ihrer Kinder zu lenken. Die Stimme der Frau und Mutter sollte unter den Führern der Menschheit gehört werden. Die Mutter gibt ihrem Kind den ersten bewußten Gedanken ein. Sie weist ihm die Richtung und bestimmt den Wert all seiner Bestrebungen und Fähigkeiten. Doch die Mutter, die keine Gedankenkultur besitzt, kann dem Kind nur die niederen Eindrücke der menschlichen Natur vermitteln.

       Die Frau, die nach Wissen und Schönheit strebt, die ihre hohe Verantwortung erkennt, wird das ganze Niveau des Lebens heben; sie wird abstoßenden Lastern, die zur Degeneration und Vernichtung von ganzen Ländern führen, keinen Platz einräumen.

       Doch in ihrem Streben nach Bildung muß die Frau daran denken, daß alle Erziehungssysteme nur Hilfsmittel für die Entwicklung eines höheren Wissens und einer höheren Kultur sind. Die wahre Kultur des Denkens wird durch die Pflege des Geistes und des Herzens entwickelt. Nur so eine Verbindung kann jene große Synthese schaffen, die allein es möglich macht, die wirkliche Größe, die Mannigfaltigkeit und die Komplexität des menschlichen Lebens in seiner kosmischen Evolution zu erkennen. Deshalb möge die Frau beim Streben nach Wissen an die Quelle des Lichts und die Führer des Geistes denken – an jene großen Geister, die das Bewußtsein der Menschheit erschaffen haben. Indem sich die Menschheit dieser Quelle, diesem primären Prinzip der Synthese, nähert, wird sie den Weg zur wahren Evolution finden.

       Gerade die Frau sollte dieses Prinzip kennen und verkünden, weil sie von Anfang an dazu auserwählt worden ist, die beiden Welten zu verbinden, die sichtbare und die unsichtbare. Die Frau besitzt die Kraft der heiligen Lebensenergie. Die kommende Epoche bringt das Wissen über diese große allgegenwärtige Energie, die sich in allen unsterblichen Schöpfungen des menschlichen Genius offenbart.

       Die westliche Frau ist erwacht und erkennt ihre Macht. Ihre kulturellen Leistungen sind bereits offenkundig; doch die Mehrheit der westlichen Frauen beginnt – wie alle Anfänger – mit Nachahmung, während im ursprünglichen Ausdruck des Selbst wahre Schönheit und Harmonie zu finden sind. Würden wir gerne zusehen, wie der Mann die Schönheit der Männlichkeit verliert? Das gleiche gilt für den Mann, der Sinn für Schönheit hat. Er sieht bestimmt nicht gerne eine Frau, die seine Gewohnheiten nachahmt und mit seinen Lastern wetteifert. Nachahmung beginnt immer mit dem Einfachsten. Doch wir hoffen, daß diese erste Stufe bald vorübergeht und daß die Frau ihr Wissen über die Mutter Natur vertiefen und echte, ursprüngliche Mittel des Ausdrucks für ihr Selbst finden wird.

       Der Kosmos offenbart die Einheit des Gesetzes, aber es gibt keine Wiederholung in seiner Verschiedenheit. Warum strebt denn die Menschheit zur Gleichförmigkeit in allem, wobei sie aber gleichzeitig die fundamentale Einheit des Gesetzes verletzt? Gleichförmigkeit der Wahrnehmung, Gleichförmigkeit des Lebens und vor allem Gleichförmigkeit des Denkens schätzt der Mensch. Dabei vergißt man, daß Gleichförmigkeit des Ausdrucks zu Stagnation und Tod führt. Das Leben und seine Kraft bestehen im ewigen Wandel der Formen. Es ist notwendig, dieses Leben spendende Prinzip in allen Ausdrucksformen unseres Lebens zu berücksichtigen.

       Sammeln wir die schönsten, heroischsten Ideen aller Zeiten und Länder, und laßt uns mit schöpferischer Vorstellungskraft ihre Errungenschaften in unserem Leben anwenden, während wir dabei die Besonderheiten unserer Zeit beachten. Nur diese Form der Nachahmung wird eine richtige Grundlage für weiteren Fortschritt abgeben.

       Ich will meine Ansprache an die Frau mit einer Seite aus der Lehre des Lebens beenden: ”Wenn Völker Uneinigkeit aufkommen ließen, führte dies zur Selbstvernichtung. Und nur die Wiederherstellung des Gleichgewichts kann diese Selbstvernichtung aufhalten. Die Menschheit wendet die Prinzipien der Schaffenskraft nicht im richtigen Verhältnis an und verletzt so die Grundlagen des Seins. Wenn durch das Gesetz des Kosmischen Magneten die niederen Formen den höheren untergeordnet sind, so bezieht sich dies nur auf die Energien, die umgewandelt werden sollten. Doch wenn die Uranfänge dazu bestimmt sind zu erschaffen und Leben zu spenden, ist es unmöglich, einen der Ursprünge ohne Selbstvernichtung zu beseitigen. Deshalb wird die wahre Evolution der Menschheit erst dann einsetzen, wenn beide Uranfänge im Leben anerkannt werden. Alle Prinzipien, die das Wissen vom dualen Ursprung nicht beinhalten, werden den Mangel an Gleichgewicht nur noch vergrößern. Die Menschheit muß das Gesetz des Kosmischen Magneten verstehen. Indem man sich der Herrlichkeit des dualen Ursprungs, der die Grundlage des Lebens ist, bewußt wird, kann man viel zur Evolution beitragen.” (Unbegrenztheit I, § 22)

       Nicht einmal diese einfache Wahrheit findet im Bewußtsein der Menschen ihren Platz! Unsere Wissenschaftler – Biologen, Chemiker, Physiker – sollten die Wahrheit über das duale Element oder die Bipolarität kennen, doch sie schweigen. Und diese Wahrheit, in ihrer heiligsten und lebendigsten Anwendung, wird verachtet, und es herrscht das Recht des Stärkeren. Das Problem besteht darin, daß sich die Vernunft des Menschen von seiner Quelle – der Kosmischen Vernunft – entfernt hat. Obwohl der Mensch ein Teil des Kosmos ist, sieht er seine Dazugehörigkeit, seine Einheit mit dem Kosmos nicht. Und seine Beobachtungen der Naturerscheinungen legen ihm keine Analogie nahe. Doch nur durch Beobachtungen und Vergleiche mit der menschlichen Natur ist es möglich, den Schlüssel zu allen Mysterien des Lebens zu finden, und damit die Lösung für viele Probleme des täglichen Lebens. Die Leute lieben es, wie Papageien die alte Formel zu wiederholen ”Makrokosmos ist Mikrokosmos”! Vieles wird ausgesprochen, vieles wiederholt, ohne daß man auf die eigentliche Bedeutung achtet! Aufgrund der aufgezwungenen Dogmen, der vom Menschen gemachten Gesetze und des materiellen Wohlstands haben die Menschen den Prozeß des Denkens vernachlässigt, und der menschliche Verstand wurde mit wenigen Ausnahmen zu einem Automaten. Jeder predigt verschiedene Freiheiten, doch die konträrsten Denkschulen stimmen in einem überein – sie alle fürchten die Freiheit des Gedankens!

       Deshalb muß die Frau nicht nur ihre eigenen Rechte verteidigen, sondern auch das Recht des freien Denkens für die ganze Menschheit! Durch die Entwicklung des Denkens werden sich unsere Fähigkeiten ausdehnen. Denken wir die weitreichendsten, reinsten Gedanken. Es heißt: ”Das Königreich wird weder durch Kronen noch durch Volksmassen errichtet, sondern durch kosmische Ideen geschaffen.” Laßt uns unsere eigenen Städte, unsere Länder, unsere Planeten schaffen! Doch laßt das Herz diese Gedanken hervorbringen, denn nur der im Herzen geborene Gedanke ist lebendig. Das Herz ist der größte Kosmische Magnet. Alle kosmischen Energien werden vom Herzen angezogen, und das Herz nimmt sie auf. Das Herz offenbart im Leben alle Bestrebungen. Das räumliche Feuer wird vom Herzen angezogen, und der ganze kosmische Vorgang beruht auf diesem Prinzip. Deshalb besteht der Kosmos durch die Anziehung des Herzens. Nur die Energien, denen die Anziehung durch das Herz zugrunde liegt, sind lebendig. So wird die Kette des Lebens immerzu vom Herzen geschmiedet.

       Habt Ihr auf Euer Herz gehört? Schlägt es im Rhythmus mit dem Vollkommenen Herzen, das Euch alle umfaßt?

       So will ich mit den Worten über das Herz schließen. Möge die Frau dieses große Symbol, welches das ganze Leben verwandeln kann, bestätigen. Möge sie bestrebt sein, das geistige Leben der Menschheit zu verwandeln.

       Die Mutter, die Leben spendet, die Hüterin des Lebens – möge sie zur MUTTER, zur Führerin, zur Allesschenkenden, Allesempfangenden werden.

       Heute schreibe ich und bediene mich der Worte des Großen Lehrers über das Sakrament der Hierarchie. Diese stellt ein Sakrament dar, weil sie auf dem unveränderlichen und strikten Gesetz des Kosmischen Magneten beruht, das alle Wesen zur Vervollkommnung führt. Es ist notwendig, die Hierarchie klar und eindeutig als den einzigen Weg zur Weiterentwicklung zu erkennen. Wir müssen die ganze Kette der Hierarchie erkennen und uns fest an unser nächstes Glied halten. Wehe dem, der dieses Glied überspringen will und so seine Verbindung verliert! Er wird es nicht wieder einholen, da der Rhythmus der Bewegung der ganzen Kette das rettende Glied davontragen wird. Dieser Irrtum ist wirklich schwerwiegend! Wieviel Zeit wird verlorengehen, um wieder ein auf den Ruf erklingendes Glied zu finden. Doch das neue Glied wird in der Reihenfolge einen anderen Platz einnehmen und einer anderen Spannung unterliegen, weil das frühere im rhythmischen Streben der ganzen hierarchischen Kette davongetragen wurde.

       ”Die Unterordnung des Niederen unter das Höhere stellt die Grundlage des ganzen Kosmos dar. Diese Unterordnung wird klärend und reinigend wirken. Doch die Menschheit ordnet dem Niederen das unter, was an der Spitze stehen sollte. Wenn das Höhere die Führung innehat, wird das Niedere transmutiert. Diese Umwandlung setzt sich endlos fort. Mit Umwandlung meinen Wir die Unterordnung des Niederen unter das Höhere, und Wir wollen das Bewußtsein der Menschheit im Prozeß der unbegrenzten Entwicklung stärken.” (Unbegrenztheit I, § 115)

       Deshalb wollen wir die Umwandlung unseres Bewußtseins nicht hinauszögern. Denken wir an die führende Hierarchie und ehren wir den nächsten, den irdischen Guru. ”Der irdische Guru existiert zur Verehrung, für den Fortschritt, für die Einheit und den Aufbau.” Durch Mißachtung und Geringschätzung des Guru wird der Große Lehrer, der hinter dem Guru steht, mißachtet und erniedrigt, weil der Guru der Vertreter des Großen Lehrers ist. Denken wir daran, wie heilig das Sakrament der Hierarchie für die Herren des Lichts ist. Der Hierarch trägt ”die Synthese des Kelches”, und deshalb wohnt Ihm beides inne, Gehorsam und Befehlen. Wer die Kunst des Gehorsams nicht versteht, wird die Kunst des Befehlens nicht erlernen. Schön sind diese beiden Begriffe.

       Bewußte Unterordnung geht dem Befehl entgegen. Nach der starken Erkenntnis der Hierarchie werden wir mit unserem ganzen Herzen die Lehre des Lebens besser verstehen. Das Herz schmerzt, wenn es fühlt, wie wenig die großen Schätze, die der Lehrer so freigebig schenkt, verstanden werden. Auf diesen Schätzen wird die neue Rasse gegründet werden. Denkt über die Großartigkeit des Dargebotenen nach! Ich erschrecke, wenn ich an die Verantwortung denke, die wir durch die Annahme dieser Schätze auf uns nehmen, da ich weiß, daß sich unter uns einige befinden, die deren vollen Wert für die Menschheit noch gar nicht erkennen können und das, was als grundlegende Nahrung für hungernde Seelen zur Verteilung gegeben wurde und die Basis der neuen Evolution sein sollte, unbeachtet liegen lassen. Fühlt den Ruf meines Geistes! Lest so oft wie möglich Eure Schätze; sammelt all die Einzelheiten und vermengt Euer ganzes Wesen mit ihnen! Sie werden Euch ein breites und klares Verstehen der komplizierten Probleme des Lebens ermöglichen. Der einzige Weg liegt darin, das alles aufzunehmen, und die ernste Freude des unbegrenzten Fortschritts wird Euer Herz erfüllen. Mein Herz sehnt sich danach, in Euch die Freude der Erhabenheit und Schönheit, die Euch die Lehre des Lebens erschließt, zu erwecken.

       Neue Seelen kommen und werden sich vervielfachen. Wir müssen sie festhalten. Es ist notwendig, an jeden entsprechend seiner Gesinnung heranzutreten. Nichts zieht die Menschen so sehr an wie das ersehnte Wort, das ihren Geist befreit und ihnen neue Möglichkeiten bietet. Alle Wesen streben dem Licht zu. Dies ist das erste Gesetz des Kosmos. Die Lehre und die Fähigkeit, sie entsprechend zu vermitteln, sind der Magnet, der Menschen und Möglichkeiten anzieht. Das ist die Rüstung, die allen Angriffen standhält, die Quelle, die grenzenlose Freude bringt. Doch sie sollte mit dem Herzen aufgenommen werden, nicht nur mit dem Verstand.

       Liebt einander, achtet einander, doch laßt das innere Leben eines jeden von Euch sein eigenes Heiligtum sein. Ihr seid durch den Lehrer verbunden, durch die Lehre und durch Taten; doch Ihr seid nicht Richter über andere. Der Richter kann in den Augen des Lehrers leicht zum Gerichteten werden. Ihre Maßstäbe entsprechen nicht unseren irdischen Maßstäben, daran müssen wir immer denken. Und ein Stein, der auf den Bruder geworfen wird, wird Euch hinunterziehen wie eine schwere Last. Nachdem Ihr die Hierarchie angenommen habt, nehmt die Lehre in Euch auf; denn die einzige unzerstörbare Freude ist die Freude der Bewußtseinserweiterung, die uns in das höhere Mysterium des Seins vordringen läßt, wo all unsere heiligsten, verborgensten Bestrebungen ihre Verkörperung finden, denn die Höhere Realität übertrifft die menschliche Vorstellungskraft.

* * *

13. Oktober 1929

       In der letzten Zeit dachte ich sehr viel über die Mitglieder Eurer Gruppe nach. Wieder einmal bin ich davon überzeugt, daß niemand ersetzt werden kann und jeder gebraucht wird. Und wie einfach ist es, unter solchen Umständen die volle Harmonie, die in jeder Hinsicht den Sieg gewährleistet, zu erreichen. Doch mein Herz fühlt, daß es hier etwas gibt, was die Einheit verhindert. Wie ist hier Abhilfe zu schaffen? Die einzige Lösung ist, den Lehrer und die Lehre nicht nur mit dem Verstand, sondern mit dem Herzen zu begreifen. Deshalb müssen wir der Entwicklung des Herzens soviel Aufmerksamkeit schenken, jenem erstaunlichen Organ, das in seinen zahlreichen Zentren die ganze Kreativität und das ganze Seelenleben enthält. Ohne die Entwicklung der Zentren des Herzens sind wir steril; es entsteht kein Seelenleben; es gibt kein Leben in den höheren Sphären, und die Krone des Archaten ist unerreichbar. Nur mit unserem Herzen können wir uns dem Bewußtsein des Archaten, des Lehrers, nähern, denn sein Bewußtsein ruht im Herzen. Der Menschheit ist der Begriff Archat kaum bekannt, doch ohne dieses Verständnis kann man keine Fortschritte machen.

       Im Buch ”Hierarchie” heißt es: ”Es ist üblich, sich einen Archaten als Bewohner der Wolken vorzustellen. Diese abartigen Gedanken sind furchtbar und grotesk. Wir Brüder der Menschheit erkennen Uns nicht in den Vorstellungen der Menschen. Die Vorstellungen von Uns sind so phantastisch! Wenn die Menschen ihre Phantasie umgekehrt einsetzen würden, entsprächen diese Vorstellungen eher der Realität. Alles nimmt einen neuen Maßstab. Alles wird unwahrscheinlich. Nichts mehr stimmt mit der Realität überein. Auf dem Weg zur höheren Welt wollen Wir sagen, daß ein Archat in all seinen Erscheinungen unbegrenzt ist. Ein Archat schreitet voran, die Kraft des Kosmischen Magneten in seinem Herzen tragend!”

       Doch wir wollen sehen, wie dieses Bild durch das Höhere Bewußtsein ausgedrückt wird. ”Das Herz eines Archaten gleicht dem Herzen des Kosmos. Das Herz eines Archaten gleicht dem Feuer der Sonne. Ewigkeit und die Bewegung des Kosmos erfüllen das Herz des Archaten. Maitreya nähert sich, mit allen Feuern erstrahlend. Sein Herz entflammt vor Mitleid mit der notleidenden Menschheit! Sein Herz entbrennt mit der Bestätigung der neuen Bündnisse.”

       ”Unter den Menschen existiert die Vorstellung vom erstarrten Archaten, und armselige Yogis nähren diese Vorstellungen durch ihre eigenen Bilder. Doch wenn die Menschheit erkennt, daß der Archat die höchste Erscheinung der Materia Lucida ist, wird sie verstehen, daß es zwischen Materia Lucida, die Licht aussendet, und der Materie der Liebe, die alles in Licht hüllt, keinen Unterschied gibt. Die Menschheit hüllt den Archaten in eine rauhe Schale, doch Materia Lucida strahlt Liebe aus. Wann wird es möglich sein, die Menschen mit Unserem Bild zu erleuchten?” (Hierarchie, § 3)

       ”Der Verstand erkennt nur mit Mühe die Reinheit der höheren Sphären. Dem, der den Weg zu Uns kennt, werden Wir sagen: ‚Gehe den Weg der Liebe. Gehe den Weg der Arbeit. Gehe den Weg und verwende Dein Vertrauen als Schild!‘ Dem, der Unser Bild in seinem Herzen gefunden hat, werden Wir sagen: ‚Gehe den Weg des Herzens, und der Kelch wird den Weg bestätigen!‘ Dem, der glaubt, daß er den Weg durch Eigendünkel erreicht hat, werden Wir sagen: ‚Gehe und lerne vom Geist, der das Ziel kennt.‘ Eigendünkel hemmt jeden Fortschritt.” (Hierarchie, § 24)

       ”Die ganze Schöpfung ist im Ruf des Herzens enthalten. Die ganze Welt des Kosmos ist von einem Ruf durchdrungen, und das Herz des Kosmos und das Herz eines Archaten sind vom Ruf durchdrungen. Der Ruf und die Antwort enthalten eine Verbindung von kosmischen Feuern. Das Herz Unserer Bruderschaft sichert für die Menschheit den Weg zum Allgemeinwohl.” (Hierarchie, § 11)

       Den Schlüssel zur Lehre muß jeder in seinem Herzen finden. Mit dem Verstehen der Lehre des Lichts sollte die Kreativität des Geistes einsetzen. Das Bild des Lehrers kann einen erleuchteten Weg in den kosmischen Raum weisen. Wenn wir in unserem Herzen das gewählte Bild aufnehmen, werden dann nicht unsere Herzen aus Liebe zu allen Wesen entflammen? Die schöpferische Materia Lucida dient als Verkörperung des hohen Geistes, doch diese Energie wird durch Liebe angezogen. Der ganze Kosmos wird durch Liebe aufrechterhalten. Liebe ist der stärkste Magnet.

       Meine Liebe zu Euch allen und der brennende Wunsch nach Eurem Fortschritt halten mich dazu an, die Notwendigkeit der Verbesserung aufzuzeigen.

       Nun eine generelle Anregung. Wenn Ihr diese Anregung befolgen wollt, müßt Ihr an das Gebot des Lehrers denken: ”Strenge Euch selbst gegenüber und ein offenes Herz für Euren Bruder. Nur das wohlwollende Auge kann schöpferisch tätig sein.” Der Lehrer rät immer, die Lehre vor allem auf Euch selbst anzuwenden, andernfalls werdet Ihr auf derselben Stufe bleiben: ”Es ist traurig, wenn der Geist nach Beendigung seines irdischen Lebenskreislaufs zum gleichen Ausgangspunkt zurückkehrt. Es ist traurig, wenn der Geist sich selbst immer die gleichen Grenzen setzt und das, was er hervorgebracht hat, als treuer Weggenosse an den Toren wartet.” (Unbegrenztheit I, § 63)

       Entwickelt vor allem Gerechtigkeitssinn und Unterscheidungsvermögen. Beide Eigenschaften werden vom Herzen ermessen. Deshalb fangt an, über das Herz nachzudenken, um es zu beachten und seinem Ruf zu lauschen. Der Magnet des Herzens wird durch Aufrichtigkeit und Bestrebung gestärkt. Daran ist nichts Abstraktes, weil all die feinen kosmischen Energien das Herz durchlaufen – die feinsten, die mächtigsten und schöpferischsten Energien. Doch um diese schöpferischen Energien anzuziehen, muß man sein eigenes Feuer entfachen. Entfacht Eure Feuer! Doch verwechselt nicht Sentimentalität, diese weinerliche Freundlichkeit, mit der ernsten, weisen Offenbarung des Herzens! Denkt daran, was die Lehre über Mitgefühl und Mitleid sagt. Liebt einander, paßt aufeinander auf und erfreut Euch gegenseitig!

* * *

11. Februar 1929

       Jeder von Euch schreibt über das Streben nach Einheit. Was hält Euch davon ab, wenn Ihr diese Notwendigkeit klar erkennt? Ich will Euch antworten: der Mangel an geistiger Disziplin, die mangelnde Fähigkeit, die Lehre vor allem auf Euch selbst anzuwenden. Wenn es darum geht, Toleranz zu üben, erwacht mit voller Kraft die alte Gewohnheit des zügellosen Antagonismus bzw. nicht ausgelebten Atavismus, und dann sind die besten Vorsätze sofort vergessen. Natürlich ist es schwer, all die schlechten Gewohnheiten auf einmal abzulegen; deshalb wollen wir das Vordringlichste zuerst ausrotten – die Intoleranz. Wir wollen dieses Vermächtnis der Lehre mit feurigen Buchstaben in unser Bewußtsein schreiben und zu Beginn sowie am Ende jedes Tages daran denken, bei der Arbeit und in den Mußestunden.

       Wir wollen daran denken, was Buddha Seine Schüler lehrte, wie er von Ihnen verlangte, vor allem ihre Launen im Griff zu haben. Erst nachdem der Geist alle Gefühle des Schülers bezähmt hatte, lüftete der Gesegnete den Schleier ein wenig von der heiligen Lehre. Der Weg der Lehre ist heute der gleiche wie damals. Um sich zu nähern und höchstes Vertrauen zu erlangen, sind die gleichen Voraussetzungen nötig: Ehrfurcht vor der Hierarchie und Disziplin des Geistes.

       Indem wir die von der großzügigen Hand des Lehrers gereichten Hinweise und Möglichkeiten anwenden, können wir sehr viel aufbauen, was uns in den Augen der Welt und in diesem Leben erhebt, und durch Befolgung der Anweisungen ein gutes Karma vollenden. Doch was wird wirklich in unsere Schatzkammer gelangen, wenn wir unsere inneren Motive und Gefühle nicht in höchstes Streben verwandeln? Trotz unserer Arbeit in der vom großen Lehrer aufgezeigten Richtung wird der Turm unzugänglich bleiben. All das klingt so kompliziert und schwierig, und dabei ist alles so leicht und einfach. Wenn das Herz in Liebe und Begeisterung für den Lehrer sowie für die Schönheit und den Atem der Lehre des Lebens entflammt ist, könnten diese Funken so leicht zu einer Flamme unersättlichen Strebens angefacht werden, die uns über alles emporträgt. Das müßt Ihr anstreben, meine Freunde!

       Ist es so schwer, wenn Ihr das Bild der Schönheit vor Euch habt? Ist es nicht die höchste Freude, Euch ganz dem Dienst am Allgemeinwohl hinzugeben? Was man dadurch erreichen kann, ist wunderbar, und es gibt keine Grenzen! Doch alle Möglichkeiten, die ganze Freude daran, liegen in uns selbst. Niemand kann mehr aufnehmen, als er fassen kann – sonst kommt es zur Vernichtung. Die Gesetze des Kosmos sind unumstößlich und unveränderlich. Die höchste Freude für den einen vermag in einem anderen heftige Qualen auszulösen, wenn keine Angleichung stattfindet. Das müßt Ihr verstehen. Die Strahlen, die uns der Lehrer in der höchsten Freude Seines Geistes sendet, werden in uns Qualen hervorrufen und können sogar unseren Organismus zerstören, wenn wir nicht auf ihren Empfang vorbereitet sind. Darüber müßt Ihr Euch klar werden, meine Lieben, und gewährt den Strahlen des großen Lehrers Einlaß. Jeder Strahl im Kosmos kann entweder schöpferisch oder zerstörend wirken. Alles hängt von der Wechselwirkung und der Assimilation ab, ”denn der Mensch als Teil des Kosmos unterliegt all seinen Gesetzen”.

       Ich möchte aus dem Buch ”Unbegrenztheit” zitieren: ”Die kosmische Schöpfung nutzt alle Lebensimpulse und setzt an den Hebeln des Lebens an. Von allen Impulsen ist Einheit, die alle Erscheinungen des Lebens enthält und durch die die Verbindungen des Lebens geschaffen werden, der stärkste. Warum wendet man diesen Grundsatz nicht im Leben an? Wenn Einheit mit Differenzierung kämpft, kommt es zu einer heftigen Explosion, die Bruchstücke der Explosion werden oft weit davongetragen, und diese Teilchen verlieren ihre wechselseitige Anziehungskraft. So verursacht der Mensch durch Abweisung der Kräfte, mit denen er karmisch verbunden ist, eine mächtige Explosion. Das Gesetz kann nur durch Vereinigung etwas hervorbringen. Das Element der Anziehung ist ein Kennzeichen des Wegs für alle Antriebsenergien. Die Brüder der Menschheit bestimmen den Weg für alles, was sich durch Evolution behauptet. So erweist sich die Anziehungskraft als das Gesetz des Seins. Diese kosmische Kraft der Vereinigung untermauert die Macht der Kosmischen Vernunft.” (Unbegrenztheit II, § 7 und 8)

* * *

       Laßt mich mehr zitieren: ”Betrachten wir die Auflehnung eines Schülers. Wenn der Schüler seine Auflehnung gegen die Schenkende Hand des Lehrers verbirgt, so ist dies, als ob er eine Handvoll Steine verbergen würde. Wir sollten einen solchen Schüler daran erinnern, daß der Zorn auf ihn zurückkommen wird. Wenn der Schüler, der seine Opfer zählt, sich der Schenkenden Hand zuwendet – wie groß wird sein Mangel sein! Der Schüler, der sich für wichtiger hält als den Guru, bricht die Verbindung mit dem Lehrer ab. Durch das Aufzählen seiner Opfer hat der Schüler bereits einen Lohn erhalten. Es ist unwürdig, die eigene Wichtigkeit zu betonen. Aufgrund seiner leichtfertigen Bemerkungen kann man annnehmen, daß seine Auflistung unvollständig ist. Wenn diese Schulden nicht ausgelebt werden, wird die Reise lange dauern. Eigendünkel ist eine Pest! Man kann seine eigene Unzulänglichkeit bedauern, doch die Auflehnung gegen die Schenkende Hand gleicht einem Pfeil, der gegen den Schild geschleudert wird. Die Säulen der Lehre stützen die Taten! Daran wollen wir denken!”

       Über die Hierarchie wird richtigerweise gesagt: ”Gewiß, die Lebensspirale baut nur auf diesem Prinzip auf. Die Schaffenskraft des Lehrers zeigt sich auch in ewiger Bewegung. Deshalb muß die Sättigung eines Schülers durch die Schaffenskraft des Lehrers überwunden werden. Der Schüler, der seine Errungenschaften aufzählt, überschreitet die Grenzen der Wahrheit. Deshalb sage Ich, daß die Hierarchie der einzige Schild ist. Deshalb muß der Schüler, der seinen weichen Sessel mehr schätzt als den Thron seines Lehrers, an die Schenkende Hand denken. Es kränkt Mich, wenn sich der anmaßende Schüler hochmütig verhält. Wir betrachten Hochmut gegenüber dem Lehrer als das Höchstmaß an Eigendünkel. Daran möge der Schüler bei all seinen Schritten denken.” (Unbegrenztheit II, § 27)

       Jemand wundert sich und meint, ob nicht vor allem die Ergebnisse zählen? Meine Antwort lautet: ”Kann er diese bereits aufzählen?” Das Aufzählen könnte den Erwartungen nicht entsprechen.

       Verwahrt die Euch durch den erleuchteten Geist anvertrauten Schätze gut und sät die Saat der geistigen Schaffenskraft, indem Ihr aufwärtsstrebt und die Bedeutung der großen Gabe erkennt. Das Ergebnis hängt vom Streben ab, das geistige Schaffenskraft verleiht.

       Jemand könnte durch die Schärfe dieser Ausführungen verärgert sein. Doch darf ich fragen, ob es möglich ist, daß dieser auf der ersten Stufe des Rufs stehenbleibt, wenn so viele angenehme Dinge geboten werden? Befinden wir uns noch im Stadium der Kindheit, wo die rettende, doch bittere Medizin in mit Schokolade überzogenen Pillen verabreicht wird? Mut und Geduld müssen aufgebracht werden, um die alte Hülle abzuwerfen und als freudvoller, leuchtender Geist wiedergeboren zu werden. Wir alle haben die Stürze des Geistes erlebt. Diese sind fast unvermeidlich, doch man sollte sie aufmerksam verfolgen, denn es ist gefährlich, wenn der letzte Sturz tiefer ist als der vorhergehende. Es wird schwer sein, sich wieder zu erheben, und vieles wird verlorengehen.

       Lauschen wir der Stimme unseres Herzens. Möge uns das Herz sagen, was für große, liebende Herzen in der Festung des Lichts leben und wie sich Unerreichbarkeit für das strebende Herz in den stärksten Magneten verwandelt. Nichts kann dieser Anziehungskraft entgegenstehen, wenn der Geist seine inneren Feuer umgewandelt hat.

       Ihr seid mir alle so teuer, und ich würde so gerne Euch alle um mich haben, um Euch ein freundliches und aufmunterndes Wort zuzuflüstern und mit Euch allen in der Freude an der unbegrenzten Lehre zu wachsen.

       Oft erreichen mich Eure Rufe. Ich fühle, daß es nicht leicht für Euch ist, doch um so größer wird der Sieg sein. Mein Herz spricht und ruft oft, weil die große Arbeit vor uns liegt. Erleichtern wir sie uns, indem wir die Gebote der Lehre befolgen. Ich kenne Eure Entschlossenheit und Eure Ergebenheit, doch alles kann verfeinert werden, und darin liegt die Freude unserer Existenz.

       Für einen starken Geist offenbart sich die schwere Zeit als der kürzeste Weg. Heißen wir alle Schwierigkeiten willkommen. Uns ist Freude beschieden, doch es ist notwendig, den Angriffen der finsteren Kräfte zu widerstehen. Denken wir daran, daß ”Wille und Energie die Beherrscher des Karma” sind. Richten wir unsere Willenskraft auf die Umwandlung unserer Feuer. Ziehen wir das reine Feuer des Raumes an! Mit dem reinen Feuer kommt die ganze Freude. Denken wir daran, daß der Geist des starken, reinen Feuers die Eigenschaft der Vereinigung besitzt. Wo keine Vereinigung in Erscheinung tritt, fehlt das reine Feuer; doch nur reines Feuer führt zum Turm.

       Meine Liebe und meine Unterstützung sind in dieser schweren Zeit des geistigen Ringens bei Euch. Ihr seid in ständiger Obhut, zweifelt nicht daran. Jeder Schüler ist dem Lehrer wichtig. Jede Regung Eures Herzens findet Widerhall im Großen Herzen. Nicht immer können die ausgesandten Strahlen Euer physisches Bewußtsein erreichen, doch in jeder Minute vertreiben und vernichten sie so viele fremde Funken um Euch. Unterstützt diese unschätzbaren Botschaften durch Euer Streben, durch Eure bewußte, bemühte Haltung ihnen gegenüber. Sie werden vom Vollkommenen Herzen und von der Vollkommenen Vernunft gesandt.

       Habt Ihr Euch von der völligen geistigen Armseligkeit und der Zweifelhaftigkeit der Offenbarungen des ”geistigen Auftrags” in den meisten Medien überzeugt? Jeder hat nur in seinen Bereich Einblick, nicht mehr und nicht weniger. Sucht Ihr bei einem Menschen Wissen, nur weil er das Alphabet kennt? Sucht die Aufspeicherung des Kelches oder die große Synthese! Ihr besitzt das Höchste. Überlastet Eure Aura nicht durch den Kontakt mit unvollkommenen Bereichen.

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17. Dezember 1929

       Ich zitiere für Euch eine Seite aus dem Buch ”Unbegrenztheit”. Diese Zeilen, die die enge Verwandtschaft zwischen den sieben kosmischen und menschlichen Erscheinungen beschreiben, werden Euch helfen, über die Bedeutung der Ereignisse nachzudenken.

       ”Nur in Anspannung, nur wenn alle Saiten schwingen, kann die kosmische Aufgabe erfüllt werden. Nur wenn die Aufgabe in gespannter Form verrichtet wird, kann das Vorherbestimmte stattfinden. Wenn die Fundamente des Kosmos das Firmament durch ihre Anziehung stützen, kann das Firmament standhalten. Doch wenn die Fundamente die gegenseitige Anziehung verhindern, bebt die Kuppel aufgrund des Ungleichgewichts; so können die Fundamente das Werk entweder untermauern oder zerstören. Die Grundlagen können immer die verschiedensten Energien vereinen. Der Kosmos lenkt seine Energien entsprechend der Polarität. Negative und positive manifestieren die Verbindungen.” (Unbegrenztheit I, § 322)

       Denkt über den tieferen Sinn dieser Ausführungen nach und verhindert nicht die wechselseitigen Anziehungen, beschwört nicht die Erschütterung der Fundamente. Wie könnt Ihr die Folgen des Bebens abschätzen? Bei einer Teilexplosion kann man ein neues Fundament sorgfältig aufbauen, doch oft trifft eine einfache Explosion durch ihre Detonationskraft die nächsten Explosionsherde. Überall herrscht das große Gesetz der Entsprechung und Gleichartigkeit.

       Auch solltet Ihr daran denken ”zu verhindern, daß sich nützliche Kräfte in das Rasseln von Skorpionen verwandeln”. (Gemeinschaft, § 261)

       Die Möglichkeit wurde vor langer Zeit vorhergesehen, und es wurde eine Warnung geschickt. Wir müssen lernen, die Hinweise zu deuten. Wir wollen von der Bedeutung der gegenwärtigen Zeit durchdrungen werden. Jeder Leichtsinn grenzt an ein Verbrechen.

       Wenn wir den begrenzenden Begriff ”Ich” durch das mächtige, schöpferische und freudvolle ”Wir” ersetzen, werden alle Möglichkeiten und der Reichtum des Geistes in ungeheurem Maße aufblühen; unsere Kraft wird sich außerordentlich verstärken. Die Menschen fürchten den Begriff ”Wir”. ”Ich” kann immer überprüft werden, während das ”Wir” unbekannt und deshalb bedrohlich ist.

       Die große Zeit, die vor langer Zeit vorausgesagt worden war, ist gekommen. Fühlt Ihr sie nicht in der starken Spannung kosmischer und menschlicher Explosionen? Die ganze Erdkruste erbebt, und ein großer Wandel kommt auf uns zu. Diesmal ist es nicht der verhältnismäßig harmlose Schweif des Kometen, sondern es sind unsere eigenen Ausstrahlungen, die durch ihre Dissonanz mit den sich nähernden, höheren, feurigen Energien eine unerwartete Veränderung hervorrufen können oder vielmehr hervorrufen werden. Es ist gut, während solcher Perturbationen auf dem festen Felsen zu sein, auf den bereits hingewiesen wurde, unter dem Schirm von Dukkar. Unsere Aufgaben werden unter diesem Schutz alle Platz finden!

       Ein weiterer Hinweis: ”Wenn ihr eine neue Stufe schafft, wenn Uranus die sechste Rasse sammelt, dann ist es notwendig, von der bestätigten großen Zeit erfüllt zu sein, und alle störenden Sorgen sollten abgelegt werden.”

       Wir müssen alle Lieben, die im Geiste verbunden sind, willkommen heißen; doch alle Zerstörenden, die Trennung bringen, müssen entweder vertrieben oder auf ihren Platz verwiesen werden. Wir arbeiten und schaffen nicht zur Selbstverherrlichung, auch nicht für individuelle Persönlichkeiten, sondern für das umfassende Allgemeinwohl.

       Und so denkt an die nie dagewesene, schöne und bedrohliche Zeit. Keine Minute sollte verlorengehen! Stärkt die Einheit mit all Euren geistigen Kräften und verbannt den kleinlichen Begriff ”Ich” aus Euren Gedanken.

       Alle Saiten meines Herzens schwingen für Euch; möge jeder die für ihn klingende finden.

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11. September 1929

       Die Leute werden mit Fragen und Andeutungen über verschiedene psychische und mediumistische Phänomene an Euch herantreten, die sie als Erscheinungen des AGNI YOGA ansehen. Deshalb will ich versuchen, durch Zitate aus den Gesprächen und Büchern der Lehre den Unterschied zu erklären:

       ”Der Geist des Agni Yoga verbindet uns mit den höheren Sphären und den Strömen des Kosmischen Magneten. Die Eigenschaft des Feuers wird durch die Spannung des Magneten verstärkt. Der Magnet des Geistes bestimmt die Stufe, die sich offenbaren kann. Das gleiche Prinzip lenkt die Entflammung der Zentren.”

       ”Der Geist, dessen Bewußtsein sich auf den niederen Ebenen befindet, kann die Feuer der höheren Zentren nicht entzünden. Nur das Höchste zieht das Höchste an; deshalb werden dort, wo es nur physisches Streben gibt, auch eine entsprechende Empfänglichkeit und ein entsprechendes Ergebnis vorhanden sein. In der herannahenden Epoche des Agni Yogi ist es erforderlich, das Prinzip gewaltsam gesandter Botschaften zu kennen. Auch in der Natur herrscht eine unmittelbare Übereinstimmung, die ihre Grenzen hat. Nur das Feinste kann das Feinste in sich aufnehmen, das ist das Prinzip des Magneten. Genauso wie das Prinzip der feinen Energien für den höchsten Agni Yogi charakteristisch ist, entsprechen der physischen Aufnahmefähigkeit entsprechende Manifestationen. Alles, was erzwungen wird, alles, was besonders grob ist, alles, was sich physisch offenbart, steht hinter dem feinen Prinzip zurück.” (Unbegrenztheit I, § 217)

       ”Ein Agni Yogi besitzt das höchste Gleichgewicht; die sich selbst außer acht lassende Schaffenskraft seines Geistes bewirkt das Gleichgewicht der universellen Entsprechung, und infolgedessen enden Unausgeglichenheit und Disharmonie der Zentren im Gleichgewicht. Die Lehre nimmt auf diese feinen Unterschiede oft Bezug. Um die nächste Stufe zu erreichen, muß man daher die Unausgeglichenheit der niederen Erscheinungen und die Schönheit höchster Harmonie verstehen. Das Wesen eines Agni Yogi ist so hochstehend, daß der Vergleich mit einer mediumistischen Manifestation einem schmutzigen Wassertropfen in einem feurigen Kelch gleicht. Hervorzuheben ist, daß das Verstehen der höheren Feuer uns zu den reinen, feurigen Höhen führt.” (Unbegrenztheit I, § 221)

       ”Der Agni Yogi sammelt eine neue Rasse. Er arbeitet in den höheren Sphären und zieht die Geistträger einer neuen Rasse an. Die feurigen Erscheinungen eines Agni Yogi erfüllen ihren Zweck auf dieser Erde genauso wie in den höheren Sphären. Daher stellt der Agni Yogi das verbindende Glied zwischen den Welten dar.” (Unbegrenztheit I, § 206)

       ”Das Bewußtsein der Menschen muß die feinen Unterschiede in den Werkzeugen, mit denen der Mensch für verschiedene Zwecke ausgestattet wurde und die durch die Triebkraft der Evolution verstärkt wurden, begreifen. Wenn wir von der Transmutation der Feuer sprechen, sollte dies als Bestätigung der stärksten Feuer des Kosmischen Magneten verstanden werden. Nur wenn die Menschheit die ganze schöpferische Geisteskraft eines Agni Yogi versteht, kann man sagen, daß all seine Zentren vibrieren, da sie auf das kosmische Geschehen reagieren. Das menschliche Aufnahmeorgan für visuelle Eindrücke kann mit der Manifestation, die jeden Atemzug des Kosmos wiedergibt, nicht verglichen werden. Deshalb mögen alle, die Agni Yoga anstreben, die geöffneten Zentren klar verstehen.” (Unbegrenztheit I, § 212)

       ”Das Medium hat keine geöffneten Zentren, und sein psychisches Auge hat keinen Zugang zu den höheren Welten. Die Menschheit hat von der Macht eines Mediums eine falsche Vorstellung, und Wir sind oft betrübt, wenn Wir sehen, wie die Menschen sich von durch Psychiker hervorgerufene Erscheinungen irreführen lassen. Physische Materialisationen wirken so anziehend wie ein Magnet.” (Unbegrenztheit I, § 106)

       So sind es durchwegs, wenn man so sagen kann, die niedersten Zentren des Mediums, die durch ihre Spannung wirken. Oft wird dieses Phänomen erzwungen, weshalb es nicht zur Öffnung der Zentren führt, sondern nur zu einer vorübergehenden Reizung. Doch die Feuer des Agni Yogi sind auf die Entflammung der höchsten Zentren, die wirklich geöffnet sind, zurückzuführen.

       Genaugenommen gibt es keine niederen Zentren, und der hochstehende Agni Yogi hat seine ”niederen” Zentren durch die feinsten Feuer transmutiert. Doch diese Transmutation findet nach der Entflammung der höchsten Zentren statt, und dann sind alle ”niederen” Zentren dem Sonnengeflecht untergeordnet. Wir müssen auch daran denken, daß die Qualität dieser Feuer immerzu der Vervollkommnung zustrebt, genauso wie alles andere im Kosmos. Doch ein Prinzip beeinflußt den Agni Yogi wie kein anderes – das Prinzip der Synthese. Die Feuer ohne die Synthese des Kelches zu entflammen ist unmöglich. Mithilfe dieses Prinzips kann man die Qualität der Feuer bereits bestimmen.

       Das ist das Hauptmerkmal, mit dem Ihr die Offenbarungen der Entflammung der Zentren von den niederen psychischen Manifestationen unterscheiden könnt. ”Ein Agni Yogi trägt die Synthese des Kelches – darauf soll Euer Urteil beruhen.” Füllt Euren Kelch mit dem Bewußtsein der Schönheit, mit dem wahren Wissen der Weisheit der Lehre des Lebens und verwahrt diese Schätze in Eurem Herzen; denkt daran, daß das Herz ein starker Magnet ist, der alles Wissen, alle Möglichkeiten und Errungenschaften anzieht. Ihr solltet auch daran denken, daß bei den Manifestationen eines Agni Yogi nichts erzwungen wird, denn der Agni Yogi erarbeitet sich alles selbst. Er selbst transformiert seine Feuer durch die Kraft des Geistes. Der Lehrer gibt die Anweisungen der Lehre für die Erweiterung des Bewußtseins, doch der Schüler muß sie anwenden. Der Lehrer wacht über den Vorgang der Entflammung und schützt die Zentren mit Schichten aus Soma, wenn die Entflammung in einen Großbrand auszuarten droht. Doch wenn der Geist des Schülers nicht mitwirkt, ist keine Transformation möglich.

       Natürlich solltet Ihr mit Euren Antworten sehr vorsichtig sein, besonders bei den Erklärungen, weil man immer an den vom Lehrer erläuterten Grundsatz denken sollte: ”Die Antwort muß wie der Strahl eines Arztes sein, nicht wie ein Sargnagel.” (Agni Yoga, § 37)

       Man darf sich nicht einmischen und muß die jeweilige Bewußtseinsebene des Menschen in Betracht ziehen. Durch sorgfältige Erweiterung des Bewußtseins des Betroffenen kann man wirkliches Verständnis erreichen; doch das ist oft ein sehr langwieriger Prozeß, und man muß die gleiche Geduld aufbringen, die der Große Lehrer uns gegenüber zeigt. Am Anfang bedarf jeder der Ermutigung und der Erkenntnis seiner eigenen Fähigkeiten. Es ist so einfach, jemanden abzuschrecken, aber viel schwieriger ist es, jemanden zu halten, und der große Lehrer verlangt von uns, die Neuankömmlinge festzuhalten. Darüber hinaus mag ein Geist mit großen Aufspeicherungen oft für bestimmte Zwecke einen mediumistischen Aufbau des Organismus erhalten haben, doch durch die Entwicklung eines starken Willens kann er mit der Hilfe des Großen Lehrers die unbewußten Manifestationen überwinden und sie seinem Willen unterordnen; das ist jedoch nicht leicht.

       Wir erleben eine schwierige Zeit, doch wir werden uns mit Freude an sie erinnern, denn nur Handlungen, die mit Schwierigkeiten verbunden sind, lassen Stärke entstehen. Auch die Technik eines Musikers kann nur durch ständiges Üben entwickelt werden, nach dem alle Finger schmerzen.

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1930

15. Januar 1930

       Manchmal möchte ich so gerne physisch bei Euch sein, damit ich die Freude Eurer schöpferischen Anspannung teilen kann. Ihr wißt bereits, daß Möglichkeiten angezogen werden, wenn alle Kräfte angespannt sind. Dieses Gesetz herrscht im ganzen Kosmos. Und wir haben auch bereits gelernt, die Hindernisse liebzugewinnen, und wir wissen, daß ”die Hindernisse, die den Geist schwächen, Versagen zur Folge haben, während die Hindernisse, die das ganze Feuer des Geistes für den Kampf aktivieren, als schöpferische Kraft wirken”. Eine alte Weisheit besagt: ”Heißt den Tag des Kampfes willkommen; geht den Hindernissen nicht aus dem Weg.” Wer ausweicht, weicht zurück und findet keine Rettung. Wer sich nicht fürchtet, an der ewigen und unendlichen Bewegung teilzunehmen, kann die Rolle eines Kämpfers übernehmen. Die Bereitschaft, der unbeugsame Rhythmus werden ihn in den strahlenden Kosmos vordringen lassen. Merkt Euch: ”Furcht und Zögern sind Hemmschwellen für den Geist.” (Unbegrenztheit I, § 40)

       Wir müssen uns an den ständigen Kampf gewöhnen und versuchen, ihn liebzugewinnen. Jedes Atom im Kosmos kämpft! Wenn ein Sieg errungen wurde, müssen wir für den nächsten, noch größeren bereit sein; denn im Verhältnis zur Erweiterung unseres Bewußtseins wachsen auch unsere Taten, und der Kampf weitet sich aus und beinhaltet mehr Verantwortung. Im ganzen Kosmos findet der endlose Kampf statt, und wir alle sind daran merklich oder unmerklich beteiligt. Es wird Zeit für diese Erkenntnis, denn durch sie und die Stärkung unseres Geistes werden wir wirkliche Sieger werden. Geführt durch die Hohe Weisheit, die uns die Richtung weist, werden wir alle Abgründe überqueren! Und ohne durch die Vision geblendet zu sein können wir freudvoll und leuchtend in die Zukunft blicken. Wer ist noch so glücklich, das von sich sagen zu können! Werdet Euch des Vorteils bewußt, mit dem Euch dieses Wissen ausstattet! Welche Sicherheit wohnt all unseren Taten und Entscheidungen inne! Ist es nicht wunderbar, dem aufgezeigten Ziel entgegenzuschreiten, die Ereignisse klar erkennen zu können und zu wissen, daß unser Ziel in maximaler Bewußtseinserweiterung besteht, um dem Allgemeinwohl optimal dienen zu können?

       Die bedrohliche Zeit ist ganz nahe. Leuchten nicht schon heiße Blitze auf und brechen nicht schon die unheilvollen Boten des sich entzündenden, unterirdischen Feuers durch? Und wir, die davon wissen, müssen unsere inneren Feuer möglichst schnell transmutieren, um uns dem nahenden Feuersturm anzupassen, denn nur so können wir uns im Kampf behaupten; dies wird uns der Hierarchie des Lichts näherbringen und helfen, den Kelch zu füllen. Wir wollen all unsere Energien transmutieren. Wir sollten mit den widerspenstigsten beginnen: Egoismus (dieser ungestüme Drache der Selbstsucht mit seinem langen Schweif), Eigendünkel, Machtgier, Eigenliebe, Empfindlichkeit, Gereiztheit, Furcht, Zweifel und ähnliche Eigenschaften. Wir sollten diese durch die Flügel verstärkter Einheit ersetzen, durch völlige Solidarität mit allen Mitarbeitern, Anerkennung der Hierarchie, freudvolle Anstrengung bei der Bewältigung der erteilten Aufgaben, Toleranz und Dankbarkeit für die richtigen Hinweise. Wir sollten vertrauensvoll bis ans Ende gehen. Diese ganze Transmutation wird wesentlich erleichtert, wenn das Herz aus Hingabe und Liebe zu dem Einen entbrennt, der zum Aufbau ruft und den Weg zum Turm weist.

       Möge jeder sich selbst kreuzigen; möge er sich streng beurteilen und zu allen Mitarbeitern rücksichtsvoll sein. Es ist wichtig, nur sich selbst zu kreuzigen! Wir werden uns sehr schnell weiterentwickeln, wenn wir uns selbst gegenüber so streng sind. Wenn jemand etwas, was ihm anvertraut wurde, nicht vollendet, stellt ihn nicht bloß, sondern vollendet es nach Möglichkeit selbst. Und ich bitte Euch, kritisiert einander nicht. Durch das ständige Wiederholen von Verurteilungen werden sich Verhärtungen am Gehirn bilden, und wie kann sich dann das Bewußtsein erweitern? Jede freie Minute muß für sinnvolle Taten genutzt werden, für die Erweiterung des Schatzes, für die Beschäftigung mit der Lehre, die noch immer so wenig verstanden und angewendet wird. Jede Zeile beinhaltet so viele Fragen und Vergleiche und sollte sofort im Alltag umgesetzt werden. Und was wird befolgt? Der Lehrer will uns vereint sehen, will uns als ein Herz sehen, als einen Geist, einen Organismus. Wenn ein Teil des Organismus krank ist, erfüllt der gesunde Teil dessen Werk und gibt damit den kranken Organen Gelegenheit zu genesen. Ihr müßt genauso handeln.

       Es heißt: ”Wir stellen die beste Rüstung zur Verfügung; wenn man die alten Gewohnheiten nicht durch eine leuchtende Rüstung ersetzen will, bleibt der Weg zum Turm versperrt! Es ist notwendig, die bedrohliche Zeit zu erkennen und nicht in den alten Gewohnheiten zu verharren.” Es tut mir weh, dies zu schreiben, doch ich fühle, daß es notwendig ist, sonst könnte etwas geschehen, was nicht wieder gutgemacht werden kann. Oberflächlich gesehen mag alles erscheinen, wie es war, doch was nicht gesehen und nicht ersetzt werden kann, wird verschwinden. Die Sorge des Lehrers ist so offensichtlich, und mein Geist kennt und sieht die Struktur des Geistes der Mitarbeiter. Wer wird als Erster aus diesem schmerzvollen Kampf hervorgehen?

       Denkt daran, es gibt keinen anderen Weg. Wenn der Geist zu langsam erwacht – wird es dann nicht schrecklich sein, vor verschlossenen Türen aufzuwachen? In der geistigen und auch in der feinstofflichen Welt sind die Gesetze noch strenger und unveränderlich; die Grenzen der Beziehung sind ganz beträchtlich feiner als auf der physischen Ebene, weil dort die große Auswahl stattfindet. Schöpft Kraft aus diesen Ausführungen; tötet mutig Eure Begierden ab, im Bewußtsein der kurzen Zeitspanne, die verbleibt.

       Ich will dazu aus dem Buch ”Unbegrenztheit” zitieren:

       ”In der kosmischen Schöpfung werden die Energien in größter Anspannung verbunden. Die Verbindungen der vereinten Energien vervielfachen sich mit der Intensität der Spannung. Die Synthese der Spannung wird durch die Kraft der höheren Feuer verstärkt. In der gesamten kosmischen Schöpfung kann das Gesetz der Spannung neue Kombinationen schaffen. Steigt die Spannung, werden neue und andersartige Energien angezogen. Wenn die Energien, die in der Verbindung des Magneten vereint sind, wesensgleiche Ströme anziehen, kann eine Harmonisierung der Energien erreicht werden. Doch wenn sich die Energien in verschiedene Richtungen bewegen, wird die Energie des Magneten verschwendet. Ähnlich verhält es sich mit den Taten der Menschen.” (Unbegrenztheit I, § 374)

       ”Warum wird der Geist der Menschheit von disharmonischen Strömen angezogen? Die Ströme, die zum räumlichen Feuer hingelenkt werden, können natürlich eine bessere Formel ergeben, doch diese Formel muß selbständig geschaffen werden. Initiative ist die Grundlage für aufbauende Tätigkeit. Wenn der Geist seine Saat findet und die ihn umgebenden Hüllen erkennt, kann man die Schönheit des Kosmos begreifen. Die Schale, die sich um den menschlichen Geist legt, versperrt den Weg zur Bejahung. Deshalb müssen Unsere Mitarbeiter wissen, daß diese Schalen für Uns nicht notwendig sind. Man muß einsehen, daß es unpassend ist, das geistige Gewand wie ein Schale zu zeigen, wo wir so sehr den Glanz des Gewandes der Mutter der Welt ehren. Denkt daran und strebt dem Lehrer zu! Nur so werdet Ihr Erfolg haben. Die eigenständige Aktivität der Zentren ähnelt einer aufsteigenden Spirale.” (Unbegrenztheit I, § 375)

       Legen wir alle Hüllen ab. Zeigen wir Initiative, streben wir nach verfeinertem Denken, und wir werden Erfolg haben! Auf Qualität in allem zu achten ist die vordringlichste Pflicht. Das Hohe und das Niedere unterscheiden sich nur in der Qualität und sind sich sonst sehr ähnlich.

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24. Februar 1930

       Nur ein unentwickeltes Bewußtsein kann durch die Autorität des Guru beunruhigt werden. Denn was bedeutet die Autorität des Guru anderes als die Autorität des Hierarchen? Die Autorität des Hierarchen bedeutet nicht Herrschaft über die Bestrebungen alles Niederen. Die Autorität des Hierarchen oder des Guru ist keine Tyrannei; diese Autorität ist höchstes Wissen. Es heißt: ”Der Hierarch setzt seine Macht für den kosmischen Fortschritt ein. Wir Brüder der Menschheit besitzen diese Macht des Wirkens im Einklang mit dem Kosmischen Magneten.” (Hierarchie, § 23)

       Der Hierarch und der Guru sind jene erfahrenen Steuermänner, die während eines heftigen Sturms das ihnen anvertraute Boot durch alle gefährlichen Stromschnellen führen; an allen Felsen zieht das Boot vorbei, in dem wir als ”kostbare” Ladung alle unseren Platz haben. Vergessen wir das nicht; weisen wir die Hand nicht zurück, die sich uns in rettender Führerschaft entgegenstreckt! Macht und Herrschaft sind zwei verschiedene Dinge. Herrschaft ist die niederste Form des Bewußtseins, weil sie ängstlichem, alles ausschließendem Egoismus entspringt, während die durch das höchste Wissen gesegnete und durch das Herz gestärkte Macht das höchste Opfer darstellt. Erinnern wir uns an das Buch über das ”Opfer”. Das Herz wurde immer als das Symbol des Führers angesehen.

       Versucht, die Macht der Freude in Ergebenheit und Liebe zur Führenden Hand in Eurem Herzen zu fühlen. Das Wissen des Geistes und des Herzens bestätigt mir, daß Ihr keinen größeren Freund und Führer habt.

       Wir sollten erkennen, wie gering all unsere Opfer – wenn es solche gibt – sind, im Vergleich zur rettenden Kraft und zu dem Wert dieser Gaben. Ein entwickeltes Bewußtsein wird das verstehen. Niemand wird herabgesetzt, alle werden geehrt, der Weg zu den höchsten Errungenschaften steht allen offen, wenn wir nicht selbst diese Möglichkeit wegwerfen. Es gibt Augenblicke bei schwierigen Bergbesteigungen, wo die einzige Möglichkeit im Weitergehen besteht; jedes Zögern würde eine Katastrophe heraufbeschwören. Ein sich lösender Stein kann einen, der zögert, nicht lange halten. Jetzt müssen wir aufsteigen, und der einzige freie Weg ist der Pfad vor uns, ohne Zweifel, ohne Bedauern und ohne die geringe Zahl unserer Opfer aufzuzählen. Jeder Gedanke dieser Art bedeutet eine zusätzliche Last für unsere Beine und erschwert den gefährlichen Aufstieg. Wir brauchen die Flügel der Liebe und des Vertrauens in die Führende Hand, die Flügel der Freude am Großen Dienen. Jede Anwendung der Lehre im Leben wird unsere Last enorm erleichtern.

       Ich bitte Euch von ganzem Herzen, jeglichen Eigendünkel abzulegen, jeden Gedanken, daß Euer Opfer etwas Einzigartiges sein könnte, jeden Gedanken des Zweifels und des Verdachts, denn die Zeit ist so unheilvoll und mit großer Verantwortung verbunden. Dauert der Kampf denn gar so lange? Die Hälfte ist bereits vorbei – und eigentlich hat niemand dabei etwas verloren. Die Zukunft ist so schön und großartig. Mögen Eure Namen unter den großen Mitarbeitern der Evolution zu finden sein. Was kann besser und schöner sein als die Arbeit für das Allgemeinwohl und die Kultur der Völker!

       Nun einige Absätze (§ 48 - 51) aus dem Buch ”Unbegrenztheit II”: ”Die große Einheit herrscht im Kosmos wie ein mächtiges Gesetz. Nur jene, die diesem Gesetz gehorchen, können an der kosmischen Zusammenarbeit mitwirken. Die Wesenseinheit in allem führt die Menschheit zur Schöpfung. Wenn das Bewußtsein aus der Schatzkammer des Raumes schöpft, dann wird der Kosmische Magnet wirksam. Diese Schatzkammer enthält die Bestätigung der mit Einheit gesättigten Energie. Daher muß jedes Geisteskorn diese Einheit fühlen. Jedes Geisteskorn gehört zur kosmischen Einheit, in der die ganze kosmische Schöpfung enthalten ist. Jeder Mensch, der die Isolation wählt, stellt sich dieser Wahrheit entgegen. Das Gesetz der Einheit ist unveränderlich in all seiner Vielseitigkeit. Nur dieses Gesetz ermöglicht den Aufbau, denn wenn die Anziehung etwas hervorbringt, liegt in der Kraft der Tat Einheit. Alles Vorhandene basiert auf Einheit. Dieses Gesetz ist so mächtig, daß der kosmische Aufbau durch dieses Prinzip aufrechterhalten wird. In all seinen Manifestationen sammelt dieses Gesetz seine Teilchen und vereint alles, was zusammengehört. Dieses großartige Gesetz ist die Krone des Kosmos!”

       ”In der ewigen Schöpfung des Lebens wirkt das Gesetz der Einheit. Die kosmische Schöpfung bewegt sich vorwärts wie ein feuriges Edikt – eine Verordnung, die Einigung bestimmt; ein Erlaß, der ein Berufung beinhaltet; ein Erlaß, der bestimmt, daß das eine durch das andere ersetzt wird; eine Verordnung, die eine Krönung bestimmt; eine Verordnung, die Unsterblichkeit verspricht; eine Verordnung, die jedem Atom Leben einhaucht; eine Verordnung, die das Herannahen neuer Energien vorsieht; eine Verordnung, die die Neue Ära bestimmt. Die Schöpferkraft des Kosmos offenbart sich auf diese Art durch den Magnet des Lebens. Wie ist es möglich, die kosmische Schöpfung zu spalten? Wie kann man zusammengehörende Teile trennen? Wie kann das eine, das aus dem anderen hervorgeht, von seinem Ursprung getrennt werden? Der Kosmos drängt in seiner Sättigung zur feurigen Einigung. Nur der Kosmische Wille kann der Menschheit das Bild der Einheit vermitteln. Dieser Wille übergibt der Menschheit das höchste Bild des feurigsten Herzens! Dieser Wille vereint auf heilige Weise. Deshalb wird dieses Gesetz im Kosmos durch Leben geschaffen. Wo ist das Ende, wenn all die kosmischen Erscheinungen aus dem dualen Ursprung hervorgehen? Wenn der Geist mit den höchsten Sphären in Berührung kommt, wird die kosmische Schöpfung im Gesetz der unbegrenzten Vereinigung enthüllt.”

       ”Der Geist schaudert bei dem Gedanken an den Tod. Doch wenn das Bewußtsein in das Wesen des Seins eindringt, bestätigt sich der Begriff der Einheit. Wenn der Geist erkennt, wie unaufhörlich alle Erscheinungen des Lebens dahinfließen, kann man die Kontinuität all dieser Ketten aufzeigen: die Gedankenkette, die Kette der Taten, die Kette der Wirkungen, die Kette der Bestrebungen, die Kette der Leben. Eine Kette bestimmt von vornherein die andere. Die schöpferische Kraft des Lebensmagneten besteht aus diesen Ketten. Und der Geist sollte nicht beim Gedanken an Tod und Auflösung erschaudern, sondern nur beim Gedanken, diese Kette zu unterbrechen. Wenn man die Menge dieser zerrissenen Ketten im Raum erforschen könnte, würde der Geist entsetzt sein! Wenn sich die große Veränderung vollzieht, können nur jene Erfolg haben, die die Einheit der Evolution akzeptieren.”

       Wir dürfen die Kette, die uns mit der Führenden Hand verbindet, nicht zerreißen. Wie könnten wir sonst an unser Ziel kommen?

       Ein weiterer Auszug aus demselben Buch: ”Die kosmischen Fristen lassen sich durch die unterirdischen und überirdischen Feuer erklären. Dies steht wiederum in Wechselbeziehung mit dem Bereich der menschlichen Taten. Wenn die Frist naht und wirksam wird, kann man immer beobachten, wie im Zusammenhang mit den kosmischen Perturbationen das menschliche Bewußtsein verändert wird. Natürlich verbindet die Unveränderlichkeit des Gesetzes alle Bereiche, und die enge Verbindung aller kosmischen Kräfte wird zur Bestimmung der vernünftigen Tat. So wird die Frist durch alle Ereignisse erfüllt, und sie beschränkt sich nicht nur auf eine Sphäre.” (Unbegrenztheit I, § 397)

       ”Jetzt sind die Feuer aller Sphären sehr angespannt, und die kosmische Entscheidung bringt eine Wendung der Ereignisse. Die magnetischen Ströme üben eine starke Anziehung auf das unterirdische Feuer aus.” (Unbegrenztheit I, § 398)

       ”Wie die Leitung der Elektrizität von verschiedenen Bedingungen abhängt, so macht sich die menschliche Aura bereit, die kosmischen Sendungen aufzunehmen. Wenn die menschlichen Sphären bestimmte Erschütterungen benötigen, dann gibt es entsprechende kosmische Sendungen. Nur jene Elemente, die in die gefestigten Auren eindringen können, vereinen sich mit diesen Sphären. Wenn die Sphäre nach starken Erschütterungen verlangt, kann sie die strömenden Sendungen des Kosmos nicht aufnehmen. Deshalb wird die Finsternis, die den Planeten umgibt, diese Erscheinung nicht ohne das Auftreten von Explosionen zulassen. Diese reinigenden Kräfte werden die Menschheit erleuchten. Die kosmischen Feuer ziehen die bestätigten Fristen an.” (Unbegrenztheit II, § 3)

       ”Die reinigenden Feuer des Universums durchdringen alle Bereiche des Planeten. Die Funken des Feuers verbreiten sich über alle Kanäle des karmischen Wirkens. Wie Vulkane flammen die verstärkten Feuer auf. Die Gewalt des Karma verschiebt und bewegt die Kraft von Hand zu Hand. Der kosmische Strom eilt den reinigenden Feuern zu; und daher der Komet, der durch die Unbegrenztheit rast. Die Spannung der Ströme ist sehr ausgeprägt, und die Wirkung entspricht den Feuern des Planeten. Die Zentren des Agni Yogi nehmen alle kosmischen Ströme auf.” (Unbegrenztheit II, § 4)

       Wie viele Warnungen und Zeichen werden hinsichtlich der sich nähernden, bedrohlichen Zeit gesandt! Doch die Unwissenheit ist groß. Ich erinnere mich, in einer wissenschaftlichen Zeitschrift gelesen zu haben, daß ein nordischer Wissenschaftler die Aktivität der Vulkane erforscht und festgestellt hat, daß der vorhandene vulkanische Gürtel derzeit eine ungewöhnliche Spannung aufweist und alle sogenannten erloschenen Vulkane wieder zu feurigem Leben erwachen. Unerwartete Eruptionen werden an neuen Stellen beobachtet. Die gefährlichsten Strömungen befinden sich auf dem Meeresgrund. Der Wissenschaftler schließt seine Ausführungen mit dem Hinweis, daß in naher Zukunft eine gigantische, planetare Katastrophe nicht auszuschließen ist.

       Die folgenden Paragraphen aus dem Buch ”Unbegrenztheit” erklären dies zum Teil: ”Würde die Menschheit die Bedeutung der Existenz wirklich verstehen, so würde sie sich den kosmischen, schöpferischen Kräften anschließen. Wie ist es möglich vorwärtszukommen, ohne die ewigen kosmischen Verlagerungen zu erkennen? Nur wenn wir über die Begrenzungen unseres Lebens hinausstreben, wird es möglich sein, die schöpferischen Kräfte des Kosmos wahrzunehmen. Die Mauer der Dummheit hat den Weg versperrt, genauso wie der Nebel der Zufriedenheit. Wer fähig ist, in die Sphären wahrer kosmischer Schöpferkraft einzutreten, wird das kosmische Bewußtsein erlangen.” (Unbegrenztheit II, § 54)

       ”Jene haben recht, die von der Unwissenheit der Menschen sprechen. Wenn die bedrohliche Zeit näherkommt, ist es notwendig, die ganze Kraft für einen großen Schritt aufzuwenden. Die Epoche des Maitreya wurde bereits vorausgesagt, und die Zeichen werden schon verstreut wie feurige Samenkörner. Deshalb wird die bedrohliche Zeit für jene, die dem Kosmischen Magneten folgen, voll Licht sein. Und auch für jene, die sich für die Wichtigkeit der Neuen Epoche einsetzen, wird sich herausstellen, daß die bedrohliche Zeit das Licht der Zukunft in sich trägt.” (Unbegrenztheit II, § 55)

       Doch die Menschen wollen noch immer nicht verstehen, wie unruhig das Leben auf unserem Planeten jetzt ist und wo man die Ursache für die drohenden Gefahren findet.

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24. Juni 1930

       In Ihren letzten Briefen betonen Sie, wie glücklich Sie sind, Verantwortung zu haben, die jedem Mitarbeiter bei der Führung der ihm anvertrauten Abteilung übertragen wird. Die Erkenntnis persönlicher Verantwortung ist ganz richtig, doch würde ich von Ihnen auch gerne etwas über Zusammenarbeit hören. Ich befürchte, daß meine Auffassung von Verantwortung sich von der Ihren etwas unterscheidet. Persönliche Verantwortung hängt nicht nur mit umfassender Zusammenarbeit zusammen, sondern diese Zusammenarbeit oder Mitarbeit ist die Grundlage persönlicher Verantwortung. Der Kosmos ist auf Zusammenarbeit aufgebaut; und der Mensch, als ein Teil und eine Reflexion des Kosmos, kann sich von diesem Gesetz nicht ausschließen, wenn er sich nicht zugrunderichten will. Jede Institution, mit einem Ihrer Mitarbeiter an der Spitze, muß so intensiv wie möglich mit allen anderen Abteilungen oder Institutionen kooperieren. Alle Abteilungen arbeiten nach demselben Plan, und wir müssen darauf achten, daß sie zusammenarbeiten wie die Finger einer Hand, nicht behindernd, sondern helfend und einander ergänzend. Zieht sich eine dieser Abteilungen von dieser Zusammenarbeit zurück, resultiert dies in einer eiternden Wunde, die zur Auflösung führt, wenn nicht rechtzeitig eine rettende Operation durchgeführt wird.

       Wenn Sie meinen, daß Verantwortung Sichzurückziehen und unabhängige Tätigkeit bedeutet, enthüllen Sie ein gut verborgenes Gefühl von Ehrgeiz und Besitzgier. Doch wir wissen, wie all diese Gefühle von sämtlichen Lehren mißbilligt werden. Wenn wir in unserem Inneren das Gefühl des Eigentums in all seinen Formen nicht ausrotten, können wir die nächste Stufe nur schwer erreichen. Es könnte sein, daß sich unser besitzergreifendes Denken nicht nur auf die eigene Abteilung, sondern auch auf unsere Schüler und Bekannten erstreckt und wir uns verletzt fühlen, wenn einer unserer Mitarbeiter auch Interesse an ihnen zeigt.

       Diese Einstellung eines Sklavenhalters entspringt dem Gefühl des Eigentums, und Sie wissen, wie schwer es ist, solche Gefühle auszulöschen. Sind aber solche Atavismen in der Epoche der Mutter der Welt – der Epoche der größtmöglichen Zusammenarbeit – zulässig?

       Die Gesellschaften und Institutionen sind nicht zu unserem persönlichen Aufstieg da. Wir müssen daher, entsprechend dem allgemeinen Plan, für die Entwicklung aller dieser Einrichtungen arbeiten. Indem wir ihre Bedeutung in den Vordergrund stellen, erhöhen wir uns selbst, doch wenn wir hauptsächlich an die Wichtigkeit unserer eigenen Persönlichkeit denken, werden wir die Gesellschaften und Institutionen schwächen und uns selbst vernichten.

       Ich befürchte, daß meine Ausführungen von einigen nicht gerne gehört werden, und ich habe meine Gründe, dies zu glauben. Aber es heißt: ”Die Lehre ist kein Honiglecken und auch kein silbernes Mikadospiel. Sie verlangt eine strenge Kreuzigung des eigenen Selbst und eine angespannte Umwandlung der niederen Eigenschaften durch feinste Feuer. Wie Honiglecken mag sie vielleicht auf den ersten Stufen erscheinen, doch die Lehre erfordert die herben und schönen Blumen der Selbstverleugnung. Jene, die das Honiglecken vorziehen, lassen besser die Finger von der feurigen Speise, die für jene, die Selbstverleugnung gewählt haben, vorbereitet wurde.”

       All die finsteren Winkel müssen erleuchtet und der Staub von gestern hinausgefegt werden. Ansonsten ist es unmöglich, die nächste Stufe aufzubauen.

       Bitte verzeihen Sie meine strengen Bemerkungen. Ich schreibe mit meinem ganzen Herzen. Ich möchte Ihnen helfen und Ihnen ein neues Verständnis vermitteln. Süße Reden schläfern unser Bewußtsein ein und vertiefen unsere Unwissenheit, doch Unwissenheit bedeutet Stagnation und Rückschritt. Bereiten Sie dem Lehrer Freude, geben Sie Ihm Ihren Wunsch zu erkennen, den freudvollen Aufstieg zu begreifen! Betreten Sie diesen neuen Weg mit strenger Selbstbeherrschung. Die Grundlage für die höhere Freude ist Leid. ”Leiden geht der Freude voraus” – denken wir daran.

       Die durch das gleiche Streben vereinten Seelen bilden eine geschlossene Kette. Verbunden durch dieselbe Lehre ist diese Kette unzerreißbar.

* * *

17. August 1930

       Aus ganzem Herzen stimme ich der Anordnung des Lehrers zu, daß es so wichtig ist, eine neue Stufe in Angriff zu nehmen. Was bedeutet diese neue Stufe? – Nicht nur Ausrufe und Begeisterung über die Weisheit und Schönheit der Lehre, nicht nur Beteuerungen der Ergebenheit und ein neues Verständnis, sondern Aktivität, wie sie dem neuen Begreifen der Lehre entspricht. Deshalb wollen wir die Lehre im Leben anwenden, wollen die Hierarchie ehren und mit einer freundlichen und feinfühligen Zusammenarbeit beginnen.

       Wir wollen die uns übertragenen Aufgaben aufmerksam und sorgfältig ausführen; wir wollen uns bemühen, die ganze Großartigkeit des Plans für das Allgemeinwohl sowie unsere eigene Verantwortung zu begreifen. Als Fundament sollen uns alle in den letzten zehn Jahren erhaltenen Bestätigungen dienen. Versammelt Euch und lest sie mit Eurem ganzen Herzen! Jedem ist sein Platz klar aufgezeigt, denn nur auf diese Weise können die größten und besten Ergebnisse erzielt werden. Auch haben einige Mitarbeiter bereits in den ersten Tagen bestimmte Charaktereigenschaften gezeigt, die augenblicklich hätten abgelegt werden müssen. Doch was ist in bezug auf die Erfüllung dieser sinnvollen und und nützlichen Hinweise geschehen? Ist man diesem brennenden Problem nicht mit unverzeihlicher Leichtfertigkeit begegnet? Die Zeit drängt, und nur die ehrliche Anstrengung, unsere Fehler auszumerzen, kann uns auf dem Weg des Dienens voranbringen. Möge jeder in die Tiefen seines Bewußtseins blicken; möge er sein Herz erwecken; möge er sich ernsthaft über alle Motive, die sein Handeln leiten, Rechenschaft ablegen; und möge er augenblicklich damit beginnen, negative Anhäufungen zu beseitigen, denn die Zeit drängt!

       Die Lehre weist auf schlechte Eigenschaften wie Ehrgeiz, Eigendünkel, Selbstsucht, Argwohn und Leichtsinn hin, die unter Mitarbeitern nicht aufkommen sollten, wenn sie das Fundament einer neuen Stufe errichten wollen. Werden wir uns in unserem Herzen bewußt, daß der Lehrer die Tendenz zur Herrschsucht mißbilligt. Wie ich bereits einmal geschrieben habe – Tyrannei und wahre Führerschaft sind Gegensätze. Während ersteres aus der Finsternis entsteht, entspringt letztere dem Licht des Wissens im ewigen Streben nach Vervollkommnung. Herrschsucht ist vor allem gewöhnlich; deshalb verfällt man so leicht dieser Verhaltensweise. ”Herrschsucht ist das Haupthindernis auf dem Weg der Jüngerschaft.” Eigendünkel und Herrschsucht sind untrennbar miteinander verbunden und führen zu geistiger Verarmung und Zerstörung.

       Der Lehrer wendet niemals Gewalt an. Er agiert entsprechend der Intelligenz der Mitarbeiter. Oft sieht der Führer einen kurzen und einfachen Weg zum Erfolg, dessen Einfachheit das Bewußtsein der Mitarbeiter überfordert. Dann wird der weise Führer nicht auf diesem Weg bestehen, sondern, nachdem er die Fähigkeiten seiner Mitarbeiter abgewogen hat, eine Verhaltensweise wählen, die für die Mehrheit nachvollziehbar ist.

       Nicht Gewaltherrschaft, sondern wahre Zusammenarbeit ist erforderlich. Umfassende Zusammenarbeit steht auf dem Banner der Neuen Ära. Die wichtigste Fähigkeit eines Führers besteht darin, Mitarbeiter mit unterschiedlichster Veranlagung um sich zu sammeln und sie im gleichen Streben zu vereinen. Wird nicht unsere Einigkeit durch unsere Treue zum Lehrer erreicht? Wir wollen daran denken, daß der Lehrer unseren Fortschritt durch großherzige Zusammenarbeit erzielt, nicht durch Gewalt. Mögen weise Zugeständnisse gegenüber dem unentwickelten Bewußtsein in bestimmten Details auch keine völlig befriedigenden Ergebnisse hervorbringen, so werden sie doch zumindest eine vernichtende Atmosphäre aus Gereiztheit und Unstimmigkeit verhindern.

       Für eine gute Zusammenarbeit beim Aufbau einer neuen Stufe ist es unbedingt notwendig, die Bedeutung der Gedanken zu erkennen. Durch Reinigung unseres Denkens im täglichen Leben müssen wir eine bessere Atmosphäre schaffen. Nur auf diese Weise werden wir bessere Möglichkeiten anziehen. In allen Büchern der Lehre sind dieser Frage so viele Abhandlungen gewidmet, doch bis jetzt konnten wir weder die Grundlage unseres Wohlergehens noch die unserer nackten Existenz verwirklichen. Der Kosmos baut auf Gedanken auf. Sowohl Glückseligkeit als auch Zerstörung beruhen auf dem Gedanken. Der Gedanke bringt Leben, doch kann er auch Tod bringen. Wann werden die Menschen das verstehen? Es gibt keinen stärkeren Hebel im Kosmos als den mit psychischer Energie gesättigten Gedanken!

       Der Gedanke ist ein Magnet, und jeder dunkle Gedanke schafft eine Schicht schwerer Fluide, die von ähnlichen Bewußtseinen angezogen und gesammelt werden. ”Freude kann durch einen magnetischen Strom Freude aus dem Raum anziehen.” Denkt daran, daß sich der Gedanke wie ein Bumerang verhält. So wird ein Gedanke, der bewußt an eine Person ausgesendet wird, deren Schwingung mit der des Senders nicht übereinstimmt, verstärkt durch gleiche im Raum schwebende und nach Vereinigung suchende Schwingungen zum Sender zurückkehren. Man kann sich leicht vorstellen, welch zerstörende Wirkung ein Gedanke auf denjenigen hat, der ihn in Bosheit ausgesendet hat. Auch bei einer vorübergehenden Schwäche des schützenden Aura-Netzes durch Krankheit werden die negativen Sendungen das Ringen des Organismus erschweren und auf diese Weise nicht wieder gutzumachenden Schaden anrichten. Wären wir nicht dumm, solch finstere Gedanken zu züchten? Weist jeden unreinen Gedanken von Euch; ersetzt ihn durch einen wohlwollenden Gedanken. Beeilt Euch, den Geist durch ausgedehnte schöpferische Gedanken an die wundervolle Zukunft zu reinigen.

       Auch ist es notwendig, ständig an die vernichtende Wirkung der Gereiztheit zu denken. ”Reizbarkeit macht unser Gefäß brüchig.” (Blätter des Gartens Morya II, § 54)

       Auf das Gift der Reizbarkeit mit all seinen Folgen wird im AGNI YOGA hingewiesen. Dieses Gift verzehrt die kostbaren Ablagerungen der psychischen Energie. Was aber kann ohne die Aufspeicherungen von psychischer Energie erreicht werden? Stumpfheit und Zerstörung werden die Folgen sein. Natürlich steht es jedem frei, sich selbst zu zerstören, doch es ist ein Verbrechen, diese schreckliche Infektion zu verbreiten. Indem wir die Bedeutung des Gedankens und der Gereiztheit beachten, werden wir beginnen, eine wohltuende Atmosphäre zu schaffen.

       Beim Aufbauen der gegenseitigen Beziehungen zwischen den Mitarbeitern dürfen Sie die kleinen Arbeiter nicht vergessen. Der wahre Führer wird stets darauf achten, auch seinen geringsten Arbeiter niemals durch ein Wort oder eine Tat zu verletzen. Nur Verrat muß streng verurteilt werden. Unsere Atmosphäre und alle Möglichkeiten werden beträchtlich verbessert, wenn wir von Freunden umgeben sind. Es wurde schon so oft erwähnt, daß man jedes ergebene Herz schätzen soll und wie wichtig die kleinen Helfer sind, die mit unserem täglichen Leben verbunden sind. Auch die liebevolle Behandlung von Tieren verbessert die Atmosphäre um uns.

       Die Lehre gibt lebensnotwendige und nützliche Ratschläge. Wir müssen uns anstrengen, den uns anvertrauten Schatz der Lehre in uns aufzunehmen. Denken wir an den in der Lehre erwähnten Esel, der mit Korn beladen ist – wir wollen nicht wie dieser sein.

       So viele Enttäuschungen und so viele Fehler hätten vermieden werden können, wenn wir die Lehre und alle Weisungen im täglichen Leben genau befolgt hätten. Indem die Lehre uns das Leben und die Grundlagen des Seins verstehen läßt, führt sie uns, wenn alles Vermittelte ganz bewußt angewendet wird, zur feurigen Läuterung oder Umwandlung unserer Zentren in die höheren Feuer und verleiht uns so den Kelch von Amrita.

       Nur diese feurige Läuterung öffnet den Zugang zum Turm. Doch kann sich diese Umwandlung nur vollziehen, wenn der Geist die Selbstsucht überwunden hat. Es heißt: ”Selbstsucht bringt all die grauen Anhäufungen hervor; deshalb kann mit Sicherheit angenommen werden, daß das transmutierende Feuer uns nicht erreichen kann, wenn Selbstsucht den Geist verfinstert. Wenn unser Geist die manifestierte Kraft seines Kerns mit belastenden Anhäufungen umgibt, weicht er vom Streben ab. Die Lasten sind so schwer, daß der Geist seinen Weg zum Turm verfehlt. Deshalb bewegen sich jene, die diese Tatsache kennen, durch die Umwandlung ihres Egos vorwärts. Wenn der Geist nicht bestrebt ist, seine Lasten auszuleben, zieht er diese Hindernisse an. So entsteht eine Balance zwischen dem Streben und den Folgen. Die Schwingen des Geistes befähigen uns, zu den höheren Sphären aufzusteigen, doch die Last der Selbstsucht zieht uns in die niederen Sphären hinab.” (Unbegrenztheit II, § 125)

       ”Nur jene, die von der Mauer der Selbstsucht umgeben sind, lassen Eigendünkel erkennen. Nur die Beseitigung dieser uns den Weg versperrenden, finsteren Mauer wird uns den ersten Schritt der Transmutation ermöglichen. Wenn das Zentrum des Egos isoliert besteht, wird es der Einsamkeit verfallen. Nur die Zusammenarbeit von Herz und Geist beinhaltet den Schlüssel zur Lehre.”

       Eigendünkel wird durch Unwissenheit genährt; Eigendünkel verschließt alle Wege zum Wissen. Eigendünkel beraubt den Menschen des wundervollen Strebens. Welch bemerkenswerte Erklärungen des Strebens, das den Schlüssel zu allen Toren darstellt, sind in den Büchern der Lehre zu finden.

       Es ist für jeden notwendig, sich Rechenschaft darüber abzulegen, wie und auf welchem Wege er die Prüfungen der letzten Jahre bestanden hat. Denken wir an alle Prüfungen, die jenen auferlegt wurden, die in den ersten Tagen des Rufes der Großen Lehrer mit der Lehre in Berührung kamen. Jeder hatte Gelegenheit, sein Wesen ganz zu offenbaren. Lesen Sie aufmerksam die Briefe über ”Prüfung und Jüngerschaft” in dem Buch ”The Mahatma Letters” an A. P. Sinnett (”Die Briefe der Mahatmas”). Sie sind sehr lehrreich. Ich habe sie bereits erwähnt, doch es ist immer sinnvoll, das Gedächtnis anzuregen. Der Lehrer verfolgt ein System der laufenden Prüfungen. Wie könnten sonst die tief verborgenen Anhäufungen enthüllt werden? Wie können sie durch das Feuer der Ergebenheit und des Strebens verbrannt werden? Der Lehrer wendet viele psychologische Methoden zur Prüfung und Führung des Schülers an. Der eifrige Schüler, der jeden Hinweis des Lehrers schätzt, der streng gegen sich selbst, doch wohlwollend gegenüber anderen ist, wird alle Prüfungen erfolgreich bestehen. Doch wehe dem, der sich in seiner eigenen Wichtigkeit bestätigt und sich als einen Pfeiler der Lehre betrachtet; fürchterlich wird sein Sturz sein!

       Ich möchte Sie auch deutlich vor niederem und gemeinem Mißtrauen warnen. Wer andere verdächtigt, zeigt, daß er selbst ähnlich veranlagt ist. Indem wir mißtrauisch sind, zeigen wir, daß wir die Veranlagung haben, jene Dinge zu tun, derer wir andere verdächtigen. Wir sollten uns schämen, unser Wesen so offen zu enthüllen! Wir wollen dagegen ankämpfen, auch nur die geringste Andeutung einer Gemeinheit aufkommen zu lassen. Wer der Sklave seines Mißtrauens ist, wird jeden verdächtigen. Der König des Geistes sieht in allem das Schöne und ruft so das Beste, was es gibt, ins Leben. Überall wirkt das Gesetz des Magneten.

       Alle Aussagen und Hinweise, die vom Guru kommen, haben eine tiefe Bedeutung. Ohne Ursache gibt es keine Wirkung. Jede Anweisung des Guru bringt, wenn man sie genau erfüllt, gute Ergebnisse, nicht nur in bezug auf die Arbeit, sondern auch für jenen, der die Arbeit ausführt. Durch Ablehnung oder nachlässige Erfüllung berauben wir uns oft unersetzlicher Möglichkeiten. Und später, wenn unser Intellekt gewachsen ist, werden wir erkennen, daß das Versäumte nicht mehr nachzuholen ist, und wir werden voll Schmerz aufstöhnen: ”Die Glückseligkeit war so nah, so leicht erreichbar!” Unerforschlich sind die Wege des Karma, und wir wissen nie, welches Glied, welches Band uns die erhoffte Glückseligkeit bringen kann. Deshalb wollen wir kein einziges Band verlieren, das die weise Hand des Lehrers gewoben hat.

       Laßt uns die dunklen Schatten vertreiben! Sie stehen hinter unserem Rücken und flüstern – und wieviel Glück kann uns dadurch verlorengehen!

       Die meisten menschlichen Fehler und Laster wurzeln im Leichtsinn; daher werden wir, wenn wir dieses große Übel überwunden haben, mit riesigen Schritten der Vollkommenheit näherkommen.

       Eine weitere Bitte: Schreiben Sie Ihre Briefe an mich mit einem Durchschlag, und bevor Sie Ihren nächsten Brief schreiben, lesen Sie den vorhergehenden durch. Auf diese Weise werden Sie das Muster Ihres eigenen Geistes besser verstehen. Dadurch werden in Ihren Briefen weniger Widersprüche und Launen aufscheinen. Und wenn Sie etwas Neues miteinbeziehen, zeigen Sie auf, welche Aktivitäten dieses neue Verständnis bestätigt und verstärkt haben. Ich würde es auch gerne sehen, wenn Sie mehr Fragen stellen würden, wie man Ereignisse richtig verstehen soll, und nicht nur günstige Umstände auswählen würden. Zeigen Sie mehr Aufrichtigkeit und Konzentration, zeigen Sie ein breites Bewußtsein! Beseelt von dem gewiß nicht schlechten, aber falschen Wunsch, mir durch gute Nachrichten Freude zu bereiten, geben Ihre Briefe nicht immer die Wirklichkeit wieder.

       ”Es bleibt zuwenig Zeit, um das Öl in Euren Lampen zu verbrennen.” Bitte erkennen Sie, wie ernst dieser Hinweis ist. Für jene, die sich der Hierarchie des Lichts nicht in diesem Leben nähern, kann diese Verbindung für immer verlorengehen. Sie wissen, wie unangenehm es mir ist, jemandem Angst zu machen, wie sehr mein ganzes Wesen bestrebt ist, nur Freude zu bereiten, doch Sie wissen auch, wie beschränkt unsere Zeit ist.

       Sie dürfen den wundervollen Faden der Verbindung nicht zerreißen – der Sturz würde Sie weit davontragen. Seien Sie guten Mutes und guter Laune, und finden Sie Freude in den rettenden Hinweisen der Hierarchie des Lichts. Denken wir vor allem daran, daß der Magnet des Herzens die mächtigste Kraft ist, um die verschiedenen Energien umzuwandeln. ”Alle Ströme werden durch diesen Magneten transmutiert. Der Mensch wird von diesem Magneten angezogen; und deshalb befindet sich die transmutierende Kraft im Herzen.” (Unbegrenztheit I, § 349)

       Versuchen wir, diese Kraft in uns selbst zu entwicklen. Diese wird uns die höchste Freude am Dasein vermitteln.

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7. Oktober 1930

       Der Gedanke, eine Vereinigung der Frauen aus der ganzen Welt zu gründen, ist mehr als zeitgemäß. In den schweren Tagen des Umbruchs, der menschlichen Uneinigkeit, der Außerachtlassung aller höheren Prinzipien des Seins, welche die einzigen wahren Lebensspender sind und zur Evolution der Welt führen, muß sich eine Stimme erheben, die nach dem Wiedererwachen des Geistes und der Miteinbeziehung des Feuers der Heldentat in alle Lebensbereiche ruft. Diese Stimme muß natürlich die Stimme der Frau sein, die über Jahrtausende den Kelch des Leidens und der Erniedrigung getrunken und ihren Geist in größter Geduld geschmiedet hat.

       Lassen wir nun die Frau – die Mutter der Welt – sprechen: ”Es werde Licht!”, und lassen wir sie ihre feurigen Heldentaten bestätigen. Wie wird dieses Licht sein, und welche ihrer Errungenschaften werden die großen und feurigen sein? Das Banner des Geistes wird erhoben werden, und darauf wird geschrieben stehen: ”Liebe, Wissen und Schönheit”. Nur das Herz der Frau, der Mutter, kann unter diesem Banner die Kinder der ganzen Welt versammeln, ohne Unterschied des Geschlechts, der Rasse, der Nationalität und Religion.

       Die Frau – Mutter und Gattin, Zeugin der Entwicklung des männlichen Genius – kann ermessen, wie wichtig es ist, Gedanken und Wissen zu pflegen.

       Die Frau, die zur Schönheit anregt, kennt die ganze Kraft und die verbindende Macht der Schönheit.

       Die Frau – Trägerin der heiligen Kraft und des Geisteswissens – kann ”die Führende” werden.

       Wir wollen daher, ohne zu zögern, das erhabene Banner der Neuen Ära erheben, der Ära der Mutter der Welt. Möge jede Frau die Grenzen ihres häuslichen Herdes erweitern, um alle Herde der Welt miteinzuschließen. Diese zahllosen Feuer werden ihren eigenen Herd stärken und verschönern.

       Im Wissen, daß Begrenzung zu Zerstörung führt und daß Ausweitung etwas erschafft, wollen wir mit all unseren Kräften die Erweiterung unseres Bewußtseins anstreben, die Verfeinerung des Denkens und Fühlens, um mit dem daraus entstehenden schöpferischen Feuer unseren eigenen Herd anzufachen.

       Laßt uns in das Fundament der Einheit der Frauen das Streben nach wahrem Wissen integrieren, das keine menschlichen Begrenzungen und Einschränkungen kennt. Doch man könnte uns fragen, wie wahres Wissen erlangt werden kann. Unsere Antwort sollte sein: ”Unser Wissen ist in eurem Geist vorhanden, in eurem Herzen. Ihr aber müßt fähig sein, es zu erwecken!”

       Das Streben nach Schönheit dient als Schlüssel dazu. Dieses Wissen liegt in jedem Streben nach Allgemeinwohl; alle großen Lehren der Welt haben darauf hingewiesen. Es offenbart sich in jeder Naturerscheinung.

       Aber weil die Menschheit es verlernt hat, die kosmischen Erscheinungen zu beachten, hat sie den Schlüssel zu vielen Geheimnissen des Daseins verloren, und gerade diese Geheimnisse könnten helfen, die Ursachen für die gegenwärtigen Umwälzungen und das Elend zu verstehen. Während wir die Krieger des Geistes um uns sammeln, wollen wir sie dazu hinführen, dieses verborgene Wissen zu wecken.

       Die Menschheit sollte das majestätische kosmische Gesetz der Entsprechung, das Gesetz des dualen Ursprungs, als Grundlage der Existenz erkennen. Die Vorherrschaft des einen Ursprungs über den anderen hat Unausgeglichenheit und Zerstörung hervorgerufen, was überall im Leben wahrgenommen werden kann. Doch möge die Frau, die dieses Gesetz erkannt hat und das Gleichgewicht anstrebt, die Schönheit ihrer Weiblichkeit bewahren; sie darf die Zartheit des Herzens, die Feinheit der Gefühle, die Fähigkeit zur Selbstaufopferung und den Mut zur Ausdauer nicht verlieren.

       Die Frau, die Trägerin des heiligen Wissens, kann zu einer bewegenden Kraft werden, die mit feurigen Worten die bereiten Seelen entflammt. Es ist notwendig, jeder Frau das zu geben, was ihrem Bewußtsein entspricht, ohne ihr natürliches und individuelles Wachstum zu beeinträchtigen. Es ist notwendig, den Geist durch sorgfältige Kontakte auf der Grundlage der Lehre des Lebens zu erweitern. Jede Seele muß sich auf natürliche Art und Weise entwickeln, indem sie das Beste hervorbringt, was ihr aufgrund ihrer Bewußtseinsstufe möglich ist. Die Schönheit liegt in der Vielfalt, doch alles sollte eine gemeinsame Grundlage haben – das Streben nach Allgemeinwohl. Auf dem Banner der Mutter der Welt steht umfassende Zusammenarbeit. Laßt uns deshalb größtmögliche Toleranz üben!

       Schwestern des Goldenen Bergs – eine gefährliche, aber schöne Zeit liegt vor uns, eine Zeit großer Heldentaten. Ich sende Euch den Ruf meines Herzens. Rüsten wir uns mit flammendem Streben und mit Mut; tragen wir das Banner der Mutter der Welt – das Banner der Liebe, der Selbstaufopferung und Schönheit – über alle Hindernisse hinweg, um es in der Stunde des Sieges auf den Gipfeln der Welt einzupflanzen.

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13. Oktober 1930

       Ich habe eine Reihe von Briefen erhalten, welche mir einen Eindruck von Ihrer Arbeit sowie Ihrem Versuch, einige der Gesetze des Lebens anzuwenden, vermittelt haben. Ich war glücklich zu sehen, wie tief Sie in die Lehre eindringen. Die aus dem Buch ”Agni Yoga” zitierten Worte sind sehr aktuell. Es ist wirklich notwendig, die Nützlichkeit der schöpferischen Tätigkeit zu bestätigen, die mit mutigem Streben und festem Glauben an den endgültigen Erfolg gepaart ist. Wir müssen dem Feind geistesgegenwärtig entgegentreten. Der Feind ist oft nicht mehr als ein widerlicher, aber harmloser Käfer auf einer von der Sonne beschienenen Wand, und nur neurotische Individuen werden durch ihn erschreckt. Manche Feinde nehmen die Gestalt eines Yaks an, doch wir benutzen Yaks zum Überqueren gefährlicher Berggipfel. Auch ein Wolf wird manchmal im Schafspelz erscheinen, doch vor übermäßigem Vertrauen sind wir bereits gewarnt worden; und wir wissen, daß wir unsere Waffen in jedem einzelnen Fall anpassen müssen. So kann man zum Beispiel einen Tiger nicht mit einem für einen Sperling bestimmten Pfeil bekämpfen.

       Furchtlosigkeit und Strebsamkeit sind zwei Grundlagen der Lehre. Es ist fast unmöglich, etwas, was sich in strebender Bewegung befindet, aufzuhalten. Auf ähnliche Art und Weise überwindet der strebende Gedanke alle Hindernisse. Sie werden das neue Buch der Lehre bereits erhalten haben, und Sie werden darin viele wunderbare Aussagen finden. Machen Sie sich diese zu eigen und wenden Sie sie im Leben an. Beachten Sie alles, was über die Eigenschaften der Tat gesagt wurde. Nur die genaue Kenntnis der Lehre wird Ihnen die Geistesgegenwart für Ihre Antworten geben, denn die Lehre sieht jede Lebenslage vor.

       Es ist auch sinnvoll, sich in Erinnerung zu rufen, was über Wagemut gesagt wurde und wie sehr alle standardisierten Konzepte mißbilligt wurden, denn sie verhindern den Aufstieg, sowohl in Kleinigkeiten als auch in großen Dingen. Sie können über die Notwendigkeit neuer Wege sprechen, doch tun Sie dies taktvoll und vorsichtig, denn Unbeweglichkeit und Stumpfheit wollen nicht gestört werden. ”Es ist besser, sich gleich auf den Friedhof zu begeben, als durch tote Gesetze beschränkt zu werden.” (Agni Yoga, § 337)

       Alle Gesetze liegen in den Tiefen unseres Bewußtseins. So können wir, indem wir unser Bewußtsein vertiefen, diese Gesetze erfassen; dadurch erlangt man große Beweglichkeit. Doch was sehen wir in Wirklichkeit? Eine furchtbare Stagnation des Geistes! Länder, die tote Gesetze aufrechterhalten, zerfallen, weil sie sich den Gesetzen der Evolution widersetzen. Betrachten Sie alles mit den ”Augen eines Falken”. Studieren Sie die gegenwärtige Lage und die kommenden Ereignisse auf unserem Planeten! Man kann sagen, daß die kommenden Ereignisse bereits ihre Schatten auf die Erde werfen. Man kann die unter den Massen erwachende Kraft des neuen Bewußtseins und Verstehens nicht einsperren. Alle Verzögerungen verursachen nur eine noch größere Zerstörung. Wir aber sind keine Zerstörer – wir sind Schöpfer. Laßt uns daher eifrig Bastionen der Kultur, des Wissens über die LEBENDIGE ETHIK und der Schönheit errichten. Wissen und Schönheit sind die Grundlage und die Krone der kosmischen Evolution.

       Wie sehr wünsche ich mir, Ihre mutige Geduld, Ihre Furchtlosigkeit und Ihren Einfallsreichtum zu stärken! Nur der Gedanke und ein erweitertes Bewußtsein werden alles überwinden. Setzen Sie all Ihre Mittel ein, um Ihr Bewußtsein zu erweitern, indem Sie jede Zeile der Lehre in Ihrem Innersten aufnehmen. Ein tiefgehendes und vielseitiges Bewußtsein und die Anwendung der Gebote der Lehre im Leben werden Ihnen den Schlüssel zu jeder Situation in die Hand geben, weil Sie die Synthese beherrschen.

       Wenn wir die Hinweise mit den momentanen Ereignissen vergleichen, sehen wir, wie weise und angebracht jeder Hinweis war. Wie überlegt, wie sorgfältig wurde unser Bewußtsein für die nächste Stufe vorbereitet. Gesegnet sei die Hand, welche die Last erleichterte!

       Vor uns liegen Jahre eines hartnäckigen, aber schönen Ringens; doch das Ergebnis dieser Schlacht steht bereits fest. Deshalb sollten wir unsere Rüstung überprüfen und die Klingen unserer Schwerter schärfen. Es ist notwendig, die uns gegebenen Schilder immer bereit zu halten, denn wir müssen in jeder Situation den richtigen Schild erheben. Schreiben Sie sich jedes Gefecht auf und denken Sie so oft wie möglich daran sowie an Ihre Verteidigung und den Ihnen durch den jeweiligen Schild verliehenen Schutz. Die Zahl der Schutzschilde geht über die Anzahl der möglichen Anlässe hinaus. Ihre ganze Tätigkeit wird von ihnen gedeckt und beschützt. Übt gemeinsam! Jeder Mitarbeiter kann seine Findigkeit zeigen und die Kraft des Schildes unter einem neuen, unerwarteten Aspekt entfalten. Es ist besonders nützlich, Diskussionen mit solchen Übungen zu beenden. Sie können sich auch die Fragen des Feindes vorstellen und Ihre Antworten vorbereiten und üben.

       Wenn wir die Arbeit unserer Gesellschaft und Gemeinschaften verteidigen, wollen wir unsere wissenschaftlichen Expeditionen und die große Idee des Friedensbanners nicht vergessen, unsere internationalen Verbindungen und schließlich unseren Kampf gegen die grobe und unwissende Haltung gegenüber der kulturellen Schaffenskraft! Oft ist es schwer für uns, die ganze Bedeutung unserer aufbauenden Arbeit zu erfassen, und die bedeutendsten Daten und Fakten sind uns in wichtigen Augenblicken oft nicht klar; unser Gedächtnis kann nicht immer die notwendigen Gedanken aufbieten. Daher ist es so wichtig, das gedankliche Durchdringen unserer Aufgaben zu üben und unsere Schutzschilde und allgemeine Ansammlungen zu überprüfen. Für den Anfang müssen wir erkennen, daß wir ein großes Werk von weltweiter Wichtigkeit aufbauen und daß wir hinter unseren Schilden unverwundbar sind.

       Vielleicht ist das Konzept einer Stadt des Wissens dem Bewußtsein der Mitarbeiter weniger klar als die anderen Ideen. Deshalb will ich Ihnen einige Ideen für unsere äußere Verteidigung unterbreiten bzw. wiederholen. Was die innere anbelangt, steht Ihnen diese bereits zur Verfügung. Das Zentrum sollte sich zu einer Stadt des Wissens entwickeln. Diese Stadt sollte eine Synthese der wissenschaftlichen Errungenschaften bilden. Deshalb müssen alle Bereiche der Wissenschaft hier vertreten sein. Und da die Quelle des Wissens im Kosmos liegt, sollten die Mitarbeiter dieses wissenschaftlichen Zentrums aus allen Teilen der Welt stammen, das heißt, sie sollten alle Nationalitäten miteinschließen. Da außerdem der Kosmos in all seinen Funktionen unteilbar ist, sollten auch die Wissenschaftler der Welt in ihren Errungenschaften unteilbar sein, in dem Sinne, daß sie eng zusammenarbeiten. Die Lage dieses Zentrums im Himalaya ist bewußt und zweckmäßig ausgewählt, da sich hier unzählige Möglichkeiten bieten und die Aufmerksamkeit der wissenschaftlichen Welt auf diese Höhen gerichtet ist. Die Entdeckung bisher unbekannter kosmischer Strahlen, die der Menschheit neue kostbare Energie vermitteln, ist nur auf den Berggipfeln möglich, denn diese feinsten und wertvollsten Energien kann man nur in den reinen Schichten der Gebirgsatmosphäre finden.

       Bilden Berge nicht die größten magnetischen Stationen? Wäre es nicht zweckmäßig, ihren Magnetismus und ihre Elektrizität zu erforschen? Würde das Studium magnetischer Ströme nicht die Sicherheit der Aerostatik erhöhen? Auf dem Gebiet magnetischer Ströme steckt die Wissenschaft noch in den Kinderschuhen, und die sogenannten modernen Instrumente sind nichts anderes als Spielzeug, wohingegen ”gründliches Studium und Erforschen große Entdeckungen bringen könnten”. Der Grund, warum wir diese Forschungen in unserem Zentrum aufnehmen möchten, sind die besonders günstigen Bedingungen dieses Ortes. Wäre es nicht angebracht, allen meteorischen Niederschlägen, die auf die verschneiten Gipfel fallen und durch die Kraft der Bergströme in die Täler gebracht werden, Aufmerksamkeit zu schenken? Für astronomische Beobachtungen sind die Bedingungen hier ausnehmend gut, und im naheliegenden Kleintibet könnte man eine Abteilung der Hauptstation errichten.

       Auch in geologischer Hinsicht ist der Himalaya sehr interessant, und seine Höhlen bergen viele Geheimnisse für Archäologen, Zoologen und Anthropologen. Hier gibt es viele heiße Quellen sowie andere unerforschte Quellen und Salzseen, die nach Aussage der dort ansässigen Menschen viele nützliche Eigenschaften besitzen. Was Botanik, Zoologie und Ornithologie anbelangt, haben Sie bereits durch Briefe unseres Botanikers und Zoologen erfahren, wie zufrieden er mit den Ergebnissen seiner Arbeit ist. Auf diesen Bergen konzentrieren sich die seltensten Heilkräuter und Gräser, und die Vielfalt der botanischen Gattungen ist unübertroffen.

       In archäologischer Hinsicht ist unser Tal natürlich eines der ältesten und reichsten. Hier gibt es Spuren von alten buddhistischen Kulturen. Ganz bemerkenswert ist die Anzahl der lokalen Mundarten unter den Gebirgsstämmen; zwei Nachbardörfer verstehen einander oft schon nicht mehr. Auch feurige atmosphärische Erscheinungen können hier beobachtet werden, und das sogenannte ”Himalaya-Leuchten” wird hier häufig gesehen. Wir wollen hier unbedingt eine meteorologische Station errichten, um mit den Studien und Beobachtungen der magnetischen Ströme zu beginnen und haben eventuell vor, diese Station zu vergrößern, da die örtlichen Bedingungen so günstig sind. Im Zusammenhang damit möchte ich einige Hinweise anführen: ”Die weitere Bewegung magnetischer Ströme über der Erdoberfläche weist auf die Form der atmosphärischen Veränderungen hin. Beobachtungsstationen sollten an verschiedenen Stellen errichtet werden, und die Zusammenarbeit zwischen ihnen sollte so eng und genau wie möglich sein. Es ist wahr, daß das Problem in einem Mangel an Synthese liegt und daher viel Energie und wertvolle Studien umsonst sind. Deshalb benötigt man auf der Erde eine Organisation von wirklichen Mitarbeitern.” (Unbegrenztheit II, § 434)

       Denken wir an die vielen Möglichkeiten. ”Weite des Denkens und des Bewußtseins werden euer Prüfstein sein.” Haben Sie bemerkt, daß alle Pessimisten normalerweise ein enges Bewußtsein und eine dürftige Vorstellungskraft besitzen?

       Die Errichtung einer Stadt des zusammengeführten Wissens ist eine Aufgabe von weltweiter Bedeutung, und deshalb sollten wir keine Hilfe erbitten, sondern sie fordern. Wir arbeiten nicht für uns selbst, sondern für die Menschheit. Jeder von uns ist bereit, seine ganze Kraft für das Allgemeinwohl einzusetzen. Mögen auch andere Menschen dieses reine Streben verstehen und vom Wunsch, die Menschheit der Synthese des Wissens näherzubringen, entflammt werden.

       Bestehen Sie darauf, daß Ihre Mitarbeiter Ihre Schilde prüfen und reinigen. Sucht nach diesen Schutzschilden in jedem Hinweis, in jedem Gedanken aus den Büchern der LEBENDIGEN ETHIK. Wir müssen die schönen aufbauenden Formeln zur Hand haben. Mit unserer ganzen Vorstellungskraft können wir nicht die Bedeutung der gegenwärtigen Ereignisse betreffend die kulturellen Aktivitäten erfassen. Laßt uns daher die Idee in uns aufnehmen, daß eine große Aufgabe von weltweiter Bedeutung erfüllt wird, und laßt uns in immerwährendem Streben die Steine für den Tempel des Wissens herbeitragen.

       Ich bitte nochmals alle Beteiligten, darüber nachzudenken, was Zusammenarbeit bedeutet. Dazu zitiere ich ein vom Lehrer angeführtes Beispiel:

       ”Kräfte, die gegeneinander wirken, zerstören einander. Kräfte, die entlang parallelen Linien in der gleichen Richtung wirken, offenbaren die Summe dieser Energien; und Kräfte, die für sich alleine wirken, werden geschwächt, entsprechend dem Winkel ihrer Abweichung. Die Menschen können nicht erkennen, daß dieses Grundgesetz der Physik auch ein grundlegendes Gesetz der Zusammenarbeit darstellt.” (Unbegrenztheit II, § 433)

       Deshalb sollten Sie Ihre Divergenzen bereinigen, damit sich Ihre Kräfte in dieselbe Richtung bewegen. Denkt an die Folgen der Abweichungen! Bei wahrer Zusammenarbeit wird keiner zurückgesetzt, und je mehr einer weiß und sieht, umso mehr kann er helfen. Je unwissender eine Person oder ein Volk ist, umso geringer ist die Zusammenarbeit. Doch wer würde sich schon gerne selbst als dumm und unwissend bezeichnen? Der Ausspruch ”Ich weiß nichts davon, ich mische mich nicht ein” ist sehr charakteristisch. Doch wer nichts weiß, wird vielleicht nie etwas wissen.

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3. Dezember 1930

       Wir freuen uns sehr über die Entwicklung Ihrer kulturellen Aktivitäten. Jeder im Leben angewandte kulturelle Gedanke ist ein kostbarer Schatz. Und wir haben einen unermeßlichen Vorrat an solchen Gedanken, die auf ihre praktische Umsetzung warten. Wer sich diesem Hort nähert, kann aus ihm schöpfen und ihn entsprechend seinem Streben nützen. Deshalb ist es unsere wichtigste Aufgabe, Streben in den Neuankommenden zu entfachen. Jeder, der entflammt wird, wird sein eigenes Potential entdecken und sich auf seine Weise entwickeln und so die allgemeine Schatzkammer bereichern. Doch um uns gegenseitig zu inspirieren, müssen wir dieses unauslöschbare Feuer in uns selbst tragen, es völlig rein halten und die kleinlichen, aus Selbstsucht geborenen Gedanken bekämpfen. Seien Sie versichert, daß ein aus Selbstsucht geborener Gedanke dem großen Plan der kosmischen Evolution widerspricht. Suchen Sie daher in allen Mißerfolgen nach diesem Wurm, der alle Fundamente zernagt. Suchen Sie nur ihn. Selbstsucht ist Begrenzung, doch Begrenzung führt zu Stagnation und Tod, während der Kosmos durch das Prinzip der Unbegrenztheit besteht.

       Wie kann dieser Wurm vernichtet werden? Nur durch Toleranz, Großmütigkeit und Verstehen des großen Gesetzes der Entsprechung, also durch die Erweiterung unseres Bewußtseins. All diese Schritte, die zum Ziel führen, sind in den Büchern der Lehre aufgezeigt. Laßt uns unser Leben mit diesen Schätzen bereichern und daran denken, daß das Streben des Geistes und des Willens unser Leben verwandeln kann.

       Der Geist, der seine Energie durch Streben zu entflammen versucht, bringt die Materie zum Schmelzen. Nach dem Schmelzen der Materie wird er sie verfeinern, und dann kann man die feinsten Erscheinungen wahrnehmen. Das ist die einzige Möglichkeit, um wahres Leben und Unsterblichkeit zu erlangen! Der Geist des Strebens muß die Grundlage des Lebens sein.

       Streben Sie dem Höchsten zu, denn jene, die einen kleinen Kreis ziehen, sind verloren und ihre Möglichkeiten entsprechend dem Radius ihres Kreises begrenzt. Ein begrenztes Bewußtsein zieht unvollkommene Energien oder geringe Möglichkeiten an. Und wenn auch auf Grund von Karma die Bahn des Geistes weite Möglichkeiten erfaßt, wird ein kleines Bewußtsein versuchen, aus ihnen einen Hühnerkorb zu bauen! Nur ein Bewußtsein, das die Welt mit ihren größten Taten begreift, kann mit dem Kosmos und mit den Großen Brüdern der Menschheit zusammenarbeiten.

       Erkenntnis und konkretes Verstehen des Magneten, der unseren Geist mit den höheren Energien verbindet, die uns die Erweiterung des Bewußtseins verleihen, können uns dem Bewußtsein des Kosmischen Magneten näherbringen und uns tatsächlich in den Strom der Kosmischen Evolution ziehen. Dies wird uns zu dem großen Mysterium führen – der Vollendung des Seins, was auch als Krone des Weltenalls bezeichnet wird.

       Entfachen Sie schnell die führenden Feuer Ihres geistigen Magneten durch das Erwecken des Herzens! Nur in der Vereinigung der Feuer des Herzens mit den Feuern des Geistes können wir Schöpferkraft erlangen und große Ergebnisse erzielen.

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       All Ihre Motive sollten durch Ihr Herz geprüft werden. Ihr Herz ist der einzige Richter, der die erworbenen kostbaren Energien ansammelt und behütet. Die Struktur dieser erworbenen und angehäuften Energien ist unsere Individualität und unsere Bestimmung. Das Gesetz der Entsprechung ist ein grundlegendes kosmisches Gesetz. Deshalb wird jede erworbene Energie eine identische Energie aus dem Raum anziehen und auch eine entsprechende Reaktion bei Menschen, mit denen man Kontakt, hat hervorrufen. Das ist eine Erklärung für Sympathien und Antipathien und auch der Grund, warum eine Person mit vielen Menschen in Kontakt kommen kann, während eine andere trotz aller Anstrengungen nur Widerstand hervorruft. Da aber alle Möglichkeiten vom Menschen ausgehen, ist die Bedeutung der Qualität der Energien, die wir ansammeln, ganz eindeutig.

       Die Ansammlung von Energieablagerungen kann sich nicht in einem einzigen Leben vollziehen. Tausende von Jahren sind nötig, um den Kelch zu füllen. Deshalb sind die ununterbrochenen, wohlwollenden Bestrebungen, welche die unschätzbaren Werte unserer Schatzkammer übergeben, so wichtig. Menschen, die über große Aufspeicherungen im Kelch verfügen, sind der Schatz eines Volkes. Manchmal fehlt nur noch wenig, damit der Kelch vollständig gefüllt ist, und dieses Wenige könnte in einem selbstlosen Leben erreicht werden. Doch durch Nachlässigkeit schieben die Menschen die Errungenschaften hinaus und werfen sich dadurch selbst zurück. Niemand und nichts kann die ewige Bewegung und die Umwandlung der Energien aufhalten. Es gibt nur zwei Möglichkeiten: entweder vorwärtszustreben oder zurückzufallen. Doch wer möchte sich schon dem Rückschritt weihen und sich dadurch mit dem kosmischen Abfall vereinen? Streben ist die große bewegende Kraft in allen Lebewesen!

       Nun einige Worte über Agni Yoga: Wie wollen wir Agni Yoga ohne Erweiterung des Bewußtseins verstehen? Alle Worte darüber und über die Errungenschaften werden ohne Überzeugungskraft sein, wenn wir das Feuer nicht in unserem eigenen Herzen entzünden. Jemand schreibt über die Notwendigkeit der Toleranz gegenüber jeder Auslegung. Dieser Gedanke ist richtig. Es ist jedoch notwendig zu lernen, jede individuelle Auslegung verständlich zu machen. Ansonsten entsteht ein solches Wirrwarr, daß selbst ein Lehrer sich darin verliert! Oft ist eine falsche Auslegung schädlicher als überhaupt keine. Jeder Unterrichtende muß seine volle Verantwortung für die richtige Auslegung der ersten Grundsätze erkennen. Er sollte höchste Vorsicht walten lassen, keine leichtfertigen Erklärungen der Lehre zu geben, die ihm selbst nicht klar sind und die er nur gibt, um seine Autorität nicht zu verlieren. In Zweifelsfällen ist es besser, ehrlich zuzugeben: ”Ich will eine Auslegung unterlassen, da ich mich mit dem Problem intensiver auseinandersetzen möchte.” Was mich anbelangt, bin ich immer gerne bereit, mit Hilfe des Großen Lehrers zu klären, was Ihnen unklar erscheint.

       Sie schreiben so schön über Ihr Streben nach Harmonie. Wenden Sie es im Leben an, denn alles ist nur im Leben und für das Leben von Wert. Zeigen Sie ein ausgeprägtes Unterscheidungsvermögen; vermeiden Sie Heuchelei. Flicken sind besser als Löcher, doch jeder würde lieber ein festes Gewebe haben; deshalb wollen wir versuchen, keine Löcher zu machen! Laßt uns strenge Disziplin in der Sprache üben. Laßt uns jedes Wort überlegen und daran denken, daß ”die Folgen eines Wortes nicht einmal durch einen Archaten aufgehoben werden können”. Laßt uns immerzu die Weisung befolgen, daß ”jedes Wort ein Lichtstrahl und kein Sargnagel sein soll”. Euer Geist muß erkennen, wann es zweckdienlich ist, die Wahrheit zu sagen, auch wenn sie bitter ist, und wann es besser ist zu schweigen. Doch sowohl Schmeicheleien und Übertreibungen als auch Verharmlosungen sind unzulässig.

       Jeder von Ihnen hat besondere Fähigkeiten; niemand wurde benachteiligt. Deshalb dürfen Sie einander nicht beneiden. Doch es hängt natürlich von jedem einzelnen selbst ab, seine Fähigkeiten zu entwickeln. Und der einzige erlaubte Wettstreit unter den Mitgliedern einer Gruppe möge ein Wettstreit in dem Sinne sein, daß jeder versucht, in die beste Richtung zu streben und den Gedanken des Allgemeinwohls am besten umzusetzen. Jeder sollte verstehen, daß diese Fähigkeit in jedem individuellen Bewußtsein der einzige Gradmesser des Fortschritts ist und daß der Geist eine dementsprechende Stufe einnimmt – nicht höher und nicht tiefer. Ich möchte die Worte des Lehrers zitieren:

       ”Wenn über Selbstsucht gesprochen wird, kann diese nicht individuell ausgelegt werden. Alles im Leben, alles für das Leben. Der Lehrer sieht. Der Lehrer weiß. Der Lehrer wird nichts ohne Bezug auf das Leben behaupten. Wer seine eigenen Formeln wiederholt, kennt die Formeln des Lehrers nicht. Die alten Formeln werden nicht zu neuen Wegen führen. Man muß sagen: ‚Der Kanal der Selbstsucht errichtet seine Dämme überall‘.”

       Man muß auch darauf hinweisen, daß der Kanal der Selbstsucht die Verbindungsleitung durchschneidet. Denken wir daran, daß die Qualität eines Motivs uns entweder dem Lehrer näherbringt oder uns weit von ihm entfernt. Es gibt keinen Platz, wo sich jemand vor dem allessehenden Auge, das in die verborgensten Schlupfwinkel unseres Herzens dringt, verbergen kann. Es ist notwendig, die Macht des Geistes zu manifestieren und unermüdlich bestrebt zu sein, die hartnäckigen, schweren Anhäufungen auszurotten, da sonst keine Verfeinerung möglich ist. Nur die Verfeinerung aller Gefühle bringt die besten Möglichkeiten mit sich.

       Mein Herz sehnt sich danach, das Verständnis für die Lehre wachsen zu sehen; das Wachsen ernsten Strebens, das keine Belohnung erwartet; das Wachsen der Selbstlosigkeit; das Hingeben von nahezu allem für das Allgemeinwohl; das Wachsen einer richtigen Bewältigung der anvertrauten Aufgabe; und darüber hinaus das Wachsen des Verständnisses für die Entsprechung. Man muß verstehen, daß man sich in Aktivität und Spannung verausgaben kann; doch ohne Angemessenheit werden Aktion und Anspannung ähnliche Resultate bringen wie das Verhalten eines Eichhörnchens, das dauernd im Kreis herumläuft. Eine Handlung, die nicht angemessen ist, eine Handlung ohne das schöpferische Feuer des Herzens wird nie eine wertvolle Maßnahme darstellen.

       Ich begrüße die Methode, die angewandt wird, um bei Kindern Aufmerksamkeit zu entwickeln. Zu diesem Zweck ist es sehr nützlich, Bilder aus Kunstgalerien zu verwenden. So viel kann in diesen Kunstschätzen gesehen werden. Aufmerksamkeit ist eine Grundlage, um sich Wissen anzueignen. Aufmerksamkeit ist ein erster Schritt zur Verfeinerung der Wahrnehmung, und wir wissen, daß nur Verfeinerung eine Erweiterung des Bewußtseins bringt und daß schöpferische Kräfte durch die Zentren der feinen Wahrnehmung bestätigt werden. Je feiner, desto hochwertiger; je hochwertiger, desto mächtiger! Nichts verzögert die Evolution so sehr wie eine grobe Aufnahmefähigkeit!

       Wenn wir dem Hohen Bewußtsein näherkommen wollen, müssen wir vor allem unsere eigene Wahrnehmungsfähigkeit verfeinern. Nur wo Gleichgewicht vorhanden ist, wie man es bei einer Waage vorfindet, gibt es wahre Zusammenarbeit. Das ist der Grund dafür, daß die auf den Prinzipien der Harmonie basierende Struktur so sehr geschätzt wird. Die feine Wahrnehmung von Gedanken ist die Grundlage für eine wachsame Tat. Das Schaffen des Schönen baut auf diesem Prinzip auf. Der Grund, daß es so wenig Schönheit in den Werken der Menschen gibt, liegt darin, daß auch die besten Ideen nur teilweise ausgeführt werden und daher die Schönheit der ursprünglichen Absicht verzerrt wird.

       Denken Sie daran, daß Sie von Möglichkeiten umgeben sind, doch diese werden sich nur materialisieren, wenn Ihr Bewußtsein sie verwirklicht. Jeder Gedanke wird durch den Kontakt mit den Aufspeicherungen des Raumes geboren. Stellen Sie sich genau vor, wie viele ungenutzte Gedanken in den höheren Schichten des Raumes fliegen! Versuchen Sie, diese durch Verfeinerung Ihrer Wahrnehmungsfähigkeit einzufangen. Das bezeichnen wir als kosmische Zusammenarbeit, doch vorerst müssen Sie Ihre inneren Feuer entfachen.

       Es gibt keine größere Freude als die eines wachsenden Bewußtseins! In den Wellen des Bewußtseins liegt die ganze Freude des Seins!

       Ich ersuche Sie noch einmal: Bitte haben Sie ein offenes Herz für alle Fähigkeiten Ihrer Mitarbeiter. Lernen Sie es, tolerant zu sein, ohne zuviel Nachsicht zu zeigen. Inspirieren Sie durch das Feuer Ihres Herzens Ihre Mitarbeiter dazu, im Leben ihre besten Fähigkeiten zu entfalten. Versuchen Sie, Ihre Mitarbeiter in den höchsten Gefühlen von Hingabe und Dankbarkeit gegenüber dem Lehrer, der ihnen so viel gegeben hat, zu vereinen.

       Beeilen Sie sich zu lernen, wie man einander liebt und schätzt. Doch nichts erfordert so eine feinfühlige und aufmerksame Pflege wie die Liebe!

       Wenn Sie wenigstens einen kleinen Teil jener Toleranz und Fürsorge aufbringen könnten, wie sie das Große Herz offenbart hat, das uns aufgerufen hat, mit vereinten Kräften den Tempel zu bauen!

       Lauschen Sie dem Ruf des Herzens!

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17. Dezember 1930

       In den Tagen des Sieges möchte ich Sie grüßen und Sie auf neue und noch anstrengendere Kämpfe vorbereiten! In den Tagen des Sieges möchte ich Sie an die Worte des Großen Lehrers erinnern: ”Seid vertraut mit dem Beben der Schlacht.” In den Tagen des Sieges wollen wir unsere Waffen gründlich überprüfen und unsere Schilde vorbereiten, denn unser Feind ist bereit und beobachtet mit wachsamem Auge unsere schwachen Stellen, um uns dort zu treffen. Er weiß, wie Sieg den Verstand einschläfert und Streben und Wachsamkeit vermindert. Deshalb müssen wir nach jedem Sieg mit verstärkter Kraft der nächsten, noch größeren Schlacht und dem Sieg zustreben. Ein Erschlaffen des Strebens endet in einer Niederlage. Nur ein erweitertes Bewußtsein erkennt die Gefahr der verminderten Wachsamkeit, die sich aus dem ersten Sieg ergibt.

       Laßt uns die Freude ständiger Wachsamkeit und permanenten Strebens kennenlernen. Diese Eigenschaften gehören zu den Grundlagen der Lehre und des Lebens. Nur Streben bringt uns zu den nächsten Stufen. Nur durch Wachsamkeit können wir erfolgreich alle Hindernisse überwinden. Der Lehrer ruft uns zur dringenden Arbeit um des Sieges willen. Der ganze Sieg hängt von der Stärke unseres Strebens ab. Wenn daher das Streben wegen der Kurzsichtigkeit eines beschränkten Bewußtseins oder wegen innerer Zwietracht und Uneinigkeit betreffend die Taten der Krieger abnimmt, ist die Niederlage unvermeidlich. Deshalb bitte ich Sie, sich nicht durch innere Zwietracht zu schwächen, wenn sich eine gefährliche Situation nähert. Es ist auch verhängnisvoll, einander zu bedrängen, weil derjenige, der bedrängt, sehr leicht das Schicksal des Bedrängten teilen kann.

       Auch ist es notwendig, ein genaues Urteilsvermögen zu zeigen, wenn Sie verantwortliche Positionen an neue Krieger vergeben. Lassen Sie sie Prüfungen bestehen und erheben Sie sie nicht zu früh in die ersten Reihen. Stellen Sie sich vor, welche Schwierigkeiten entstehen, wenn ein Mitarbeiter dieser Aufgabe nicht gewachsen ist!

       Lassen Sie es nicht zu, daß Außenstehende einen Ihrer Mitarbeiter in Ihrer Gegenwart kritisieren oder abfällig beurteilen. Versuchen Sie immer, die richtigen Worte zu finden, um Verleugnungen und Verurteilungen zu unterbinden – dafür werden Sie Respekt ernten. Solange Sie einig sind, werden Sie alle Hindernisse überwinden, doch die geringste Uneinigkeit in Ihrem Handeln kann einen Riß im Fundament hervorrufen, und was kann schon auf einem gespaltenen Fundament errichtet werden? Der erste Sturm würde so ein Gebäude zerstören. Schließen Sie sich enger zusammen und seien Sie bestrebt, auch die kleinsten Anweisungen des Lehrers zu erfüllen. Dies ist der einzige Weg zum Sieg.

       Sie müssen daran denken, daß der Guru keinen einzigen persönlichen Gedanken hegt; absolut alles ist auf den Dienst für das Allgemeinwohl gerichtet und diesem ergeben. Wer die Anweisungen ändert oder zu zweifeln wagt, ist selbst schuld. Alles, was nur halb ausgeführt wird, bringt auch nur halbe Ergebnisse. Wir wissen, daß eine volle Dosis einer heilsamen Medizin Leben erhält, während einer eine halbe nur vorübergehende Erleichterung bringt, die mit dem Tode enden kann. Laßt uns daher die wertvollen Weisungen ganz annehmen, um keine lebensspendende Energie zu verlieren. Wenn man die Anweisungen genau befolgt und sie präzise ausführt, resultieren daraus Gesundheit und der große Sieg, das große Licht. Früher war Gehorsam eine Stufe zur nächsten Einweihung. Wer die Disziplin des Gehorsams nicht in jeder Beziehung verwirklichen konnte, erreichte nie die höheren Stufen. Nur wer zu gehorchen und die Weisungen auszuführen verstand, konnte Verantwortung übernehmen und die ganze Unveränderlichkeit des Befehls verstehen.

       Dabei muß man verstehen, daß die erteilten Befehle den Geist eines Schülers niemals versklaven können, weil immer die Freiheit des persönlichen Ausdrucks bestehen bleibt, und wir wissen, wie unendlich wir die Fähigkeit der Erfüllung jeder Aufgabe verfeinern können. Nur ein Sklave des Gestrigen könnte einen Befehl verweigern. Nur ein schwaches Bewußtsein fürchtet, durch Erfüllung der Pläne des Guru seine Individualität zu verlieren. Sich nur auf die eigenen Aufspeicherungen zu verlassen und alles, was wir vom hohen Bewußtsein des Lehrers annehmen könnten, zurückzuweisen, bedeutet, jede neue Aufspeicherung abzulehnen. Individualität entsteht aus diesen neuen Aufspeicherungen, die sich mit den vorhergehenden verbinden.

       Besonders glücklich ist, wer aus dem Schatz des Großen Bewußtseins schöpfen kann. Ich möchte aus dem Buch ”Unbegrenztheit” zitieren: ”Der Gedanke des Gehorsams gegenüber dem Lehrer scheint den Menschen fremd zu sein. Doch wie kann der Geist verlieren, wenn der Lehrer das Führende Licht ist? Wie kann der Schüler sein Feuer verlieren, wenn der Lehrer alle Feuer entzündet? Wie kann der Schild des Lehrers den Schüler zurückhalten, wenn er von seinem Lehrer schon inspiriert wurde? Wie wenig will die Menschheit der wechselseitig Segen bringenden Arbeit zustreben! Doch die Menschheit muß lernen, selbständig zu handeln und alle vom Lehrer bestätigten Gedanken zu verwirklichen! So erfüllt die Kosmische Vernunft die Evolution. So muß die Menschheit lernen, durch höhere Maßnahmen aufzubauen. Indem ihr dem Lehrer folgt, nehmt ihr Seine Ideen in euch auf.” (Hierarchie, § 30)

       ”Wie könnten wir den Magneten jemals verstehen, wenn wir die Anweisungen des Herrn bezweifeln? Wie können wir den Feind besiegen, wenn wir die uns übertragene Macht bezweifeln? Wie können wir erwarten, etwas Starkes zu errichten, wenn wir die unumstößlichen Anweisungen der Hierarchie nicht anerkennen? Es mag scheinen, daß Ich Mich wiederhole, doch weil ihr so zögernd zur Tat schreitet, ist ein aufmerksames Studium der Anweisungen notwendig. Denkt daran, wie die Lehre den Fortschritt des Werkes fördert.” (Hierarchie, § 32)

       Ich rate Ihnen auch, Ihre Ansprachen in einem bestimmten Ton zu halten, denn nur Bestimmtheit führt die Menschen. Und nur ungewöhnliches Herangehen an eine Aktion zieht Aufmerksamkeit auf sich. Viele Leute mögen in einer ungewöhnlichen Verhaltensweise nur ”mangelnden Takt” sehen, doch darin würde sich nur ihre Beschränktheit zeigen. Nur Außergewöhnliches zieht an und hält starke und mutige Menschen. Alle großen Ereignisse sind nicht von den Massen vollbracht worden, sondern von den einzelnen starken Persönlichkeiten, und die Zeit wird sie hervorheben. Viele sind aufgerufen, doch wenige sind auserwählt. Erarbeiten Sie sich eine ungewöhnliche Sprache, eine Sprache der Kraft und Bestätigung, eine Sprache des Aufbaus, denn nur so eine Sprache eignet sich für die anvertraute Aufgabe. Alle Schwärmereien oder süßen Worte entspringen inkompetenter Sentimentalität und zerstörender Mittelmäßigkeit. Erinnern Sie sich, wie alle von Ihnen die Vorträge einer bestimmten Person bewundert haben? Doch zugleich haben Sie richtig bemerkt, daß sie nur kritisiert und angegriffen hat. Doch wir müssen kreativ sein, und wir wollen die richtige Richtung aufzeigen und bestätigen. Sie müssen daran denken, daß alle Lehren Lauheit verurteilen. Laßt uns deshalb feurig sein. Wir wollen uns entflammen, aber sehr sorgfältig unterscheiden, um keine Feuersbrunst zu entfachen, wenn es ausreicht, etwas zum Glühen zu bringen. Eine Erweiterung des Bewußtseins wird uns auf den richtigen Weg führen. Eine Erweiterung des Bewußtseins wird die Qualität des Denkens ändern. Eine Erweiterung des Bewußtseins wird die Macht des Sieges bringen.

       Vertreiben Sie kleinliche Gedanken. Vermeiden Sie Herabsetzung, denn die Herabsetzung der anvertrauten Arbeit gleicht der Herabsetzung Ihres Lehrers, was einem Verrat gleichkommen und die Grundlagen verletzen würde, auf denen Ihr eigenes Wohlergehen wie auch das Allgemeinwohl basieren. Vertreiben Sie alle Zweifel, denn wo es Zweifel gibt, wird die Bewußtseinsentwicklung gehemmt. Wer zweifelt und nicht vertraut, kann nicht auf das Vertrauen des Lehrers hoffen. Deshalb kann er unmöglich vorwärtskommen.

       Ich würde Sie so gerne lehren, jede Anweisung zu schätzen, jeden Hinweis des Lehrers und Guru, weil diese so kostbar sind! Finden Sie in sich den feurigen Impuls, der großen Aufgabe entgegenzustreben, das Licht der Kultur zu tragen. Stellen Sie sich vor, daß Sie in einem Glashaus wohnen und mit all Ihren Worten und Taten vorsichtig sein müssen. Erfüllen Sie Ihre ganze Arbeit mit der Schönheit des Dienens. Bleiben Sie freudvoll in der Schlacht, denn Sie wissen, daß Ihnen der Sieg bestimmt ist, vorausgesetzt, daß Sie von selbstaufopfernder Spannung erfüllt sind.

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