Briefe von Helena Roerich,
Band II, 1929 - 1935 >>
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16. April 1936
Ich habe Ihre Fragen durchgesehen und mir scheint, daß Sie meine Antworten nicht ganz befriedigen werden. Ich bitte Sie aber, nochmals zu erwägen, daß vieles nicht niedergeschrieben werden kann, denn die heilige Lehre hört in dem Augenblick auf eine solche zu sein, wenn sie in einem populären Stil der Sprache geschrieben wird.
1. Vielen ist nicht nur der Schlüssel zu den Geheimnissen des Tierkreises verlorengegangen, sondern, aufrichtig gesagt, fast zu allen Geheimnissen des Seins. In der Geheimlehre heißt es, daß in diesem Werk der Schlüssel gegeben wurde, aber zur völligen Kenntnis muß er siebenmal umgedreht werden. Doch nach den Fragen zu schließen, die von manchen Menschen gestellt werden, nachdem sie die Geheimlehre gelesen haben, ist es ihnen kaum gelungen, den Schlüssel einmal umzudrehen. Die Kenntnis aller sieben Schlüssel besitzt nur der Archat. Aber bereits die zweite Umdrehung des Schlüssels gehört zum esoterischen Wissen und muß vom Schüler selbst entdeckt werden. Alles sollte selbständig erreicht werden; und hilft einem Schüler die Intuition, die Wahrheit zu finden, so muß sie der Lehrer bestätigen. So ist die Regel.
2. Ob ich den Artikel Wie die Sonnenenergie anzuwenden ist gutheiße? Der Artikel ist an sich interessant und enthält viele richtige Mitteilungen. Es ist wahr, daß der moderne Mensch verlernt hat, richtig zu atmen. So werden bestimmte Übungen rhythmischen Atmens, vorausgesetzt in reiner Luft, nur nützen. Jedoch solche Übungen zu veröffentlichen, bedeutet insofern eine Gefahr, als unwissende Menschen sie übertreiben, und dies kann eine Blutzufuhr zu einem bestimmten Zentrum bewirken, das sich manchmal in einem kranken Organ befindet und dadurch seinen Zustand radikal verschlechtert. Bei allen mechanischen Übungen muß der Blutdruck sorgfältig reguliert werden, denn eine unausgeglichene Spannung bereitet viele Unannehmlichkeiten. Es ist eine Tatsache, daß sich die Yogis, um der Gefahr zu starken Blutdrucks auszuweichen, dem unweigerlich das Öffnen der Zentren folgt, aus übervölkerten Ortschaften in die Berge zurückziehen und in großer Höhe verweilen. So ist das Öffnen der Zentren von großen Gefahren begleitet und kann nicht ohne langwierige Vorbereitung des Organismus erfolgen. In der Tat, manchmal ist es sogar erforderlich, eine Blutabnahme vorzunehmen; dies ist allerdings nur möglich, wenn der Schüler unter besonderer Beobachtung des Lehrers steht, der den inneren Prozeßablauf des Schülers kennt.
Da ich alle diese Gefahren kenne, bin ich gegen alle verlockenden Anweisungen, die versprechen, daß man durch mechanische Übungen ein Übermensch werden kann! In der Tat, unwissende Menschen werden von diesen Methoden angezogen, und oftmals erwecken sie dadurch ihre schlummernden medialen Fähigkeiten oder den niederen Psychismus. Geistigkeit wird nie durch irgendwelche mechanische Methoden erreicht. So werden viele durch mechanische Übungen zum Opfer verschiedener Besitzergreifer unterschiedlichen Kalibers. Gegenwärtig ist nicht nur im Westen, sondern auch im Osten der Büchermarkt mit billigen Büchern, die propagieren, wie man seine verborgenen Kräfte entfalten kann, überflutet. Aber nicht eine dieser schädlichen Veröffentlichungen weist gleichzeitig auf die Gefahr hin, die durch diese angepriesenen Methoden heraufbeschworen werden. Es ist daher ein großer Schaden, wenn der Autor des mir zugesandten guten Artikels nicht auf die notwendige Vorsicht hinweist.
3. Wenn Synarchie von den besten Geistern, die über geistige Synthese verfügten, als Mitregentschaft verstanden wird, wer kann dagegen sein? Die Universelle synarchische Vereinigung wird in den höheren Welten verwirklicht.
4. Was ist Tactica adversa? Bevor die Hohen Geister einen bestimmten Plan ausführen, fassen sie alle Möglichkeiten, selbst die schlechtesten Umstände und Bedingungen, ins Auge, mit denen sie zu tun haben könnten. So wenn beide: der aktive böse Wille und der schwankende freie Wille der Leuchtkäfer oder der Lauen in Erwägung gezogen werden, kann es keinen Mißerfolg geben. Der Plan wird dann unter allen Umständen risikolos verwirklicht. Wenn die Bösen und die Finsteren glauben, ein Gefängnis zu schaffen, so bauen sie in Wirklichkeit einen Tempel. Wahrlich, die Dschins bauen Tempel. So können wir sagen - Lob den Feinden.
5. Sie erkennen natürlich, daß es besondere Gründe geben muß, warum in einigen Paragraphen der LEHRE nur die Anfangsbuchstaben bestimmter Namen angeführt sind. Doch um Sie nicht ganz zu enttäuschen, kann ich Ihnen sagen, daß S. G. die Initialen von Saint Germain sind, und L. von Ludwig XVI. Die anderen kann ich nicht preisgeben.
6. Die Internationale Regierung ist die Unsichtbare Regierung der Hierarchie des Lichts - die Jakobsleiter.
7. Die Schwingen Alaya: Alaya, die Weltseele, ist in ihrem mystischen Sinn mit Akasha und ihrem Wesen nach mit Mulaprakriti identisch, denn es ist die Wurzel aller Dinge. Jede individuelle Seele stimmt mit der Weltseele überein.
Damit dürfte ich Ihre Fragen soweit beantwortet haben, daß sie der Post anvertraut werden können. Wenn es Ihnen nicht zuviel Mühe macht, würde ich gerne einige Gedanken Ihrer Arbeit kennenlernen, denn dies wird mir den Schlüssel zum besseren Verstehen Ihres Bewußtseins geben, und ich kann in Zukunft die Antwort auf Ihre Fragen besser abstimmen.
Das Bewußtsein wächst, und die Fragen des Geistes und des Herzens mehren sich. Ungeachtet der Angriffe von seiten der alten und überholten Bewußtseine bahnt sich ein neues Begreifen seinen Weg. Alle Dämme können diesen Strom nur vorübergehend aufhalten, und um so mächtiger wird sein Durchbruch sein. Alles im Kosmos lebt und verändert sich. Die Grundlage und das Wesen des Bewußtseins sind ewige Bewegung. Diesem Prinzip der Bewegung folgend, strebt die Neue Welt im Einklang mit dem Kosmischen Magneten, der auf Grund der Gebote des Seins den Weg weist.
17. April 1936
Obwohl mich Ihre Wachsamkeit beeindruckt, muß ich dennoch sagen, daß die Verteidigung der LEHRE nicht durch Kritik oder Verurteilung der anderen zum Ausdruck kommen sollte, sondern vor allem durch Anwendung der Vermächtnisse im eigenen persönlichen Leben. Fast immer werden die beste Verteidigung und die stärkste Überzeugungskraft durch anschauliche Beispiele erbracht. Daher ist die Kritik am Artikel Der Sonnenpfad unbegründet. Sie sagen, daß der Sonnenpfad vom Autor als ein Pfad der Verneinung dargestellt wird, aber ich habe von diesem Artikel wirklich nicht diesen Eindruck gewonnen. Nach dem allgemeinen Sinn des Artikels wird der Verneinung ein positiver Aspekt gegeben. Alle Behauptungen sind nach der östlichen Vorstellung angeführt, die die wahre Realität nur in Brahman sieht und die ganze offenbarte Welt von einem negativen Aspekt als Maja betrachtet, als etwas Vergängliches, was wirkliches Sein darstellt. Gleicherweise gibt der Autor im zweiten Paragraphen auf Seite 10 nur östliches Denken wieder, nämlich, daß die ganze Welt nichts anderes ist als das Spiel der Göttlichen Mutter, oder - wie die Buddhisten sagen - der Große Strom. Sie sind empört über die Behauptung Der Sonnenpfad negiert Zeit, Raum usw.
Jedoch bei erweitertem Bewußtsein erlangen Zeit und Raum eine gänzlich andere Bedeutung und Dimension. Allgemeine irdische Dimensionen sind dort, wo die Einheit der Welten stattfand, nicht anwendbar. Außerdem entspricht das Gesagte völlig den Worten der LEHRE, daß zwischen vereinten Bewußtseinen und Herzen weder Zeit noch Raum bestehen. Wer von den wirklich geistigen Menschen hat wohl nicht diese transzendentale Wahrheit erfahren und ist so nicht damit vertraut!
Ebenso wird vom Autor die HIERARCHIE nicht verneint. Sagt er nicht auf Seite 9: Daher, wer ihm (dem Sonnenpfad) immer mit gleicher Liebe und Verehrung folgt, umfaßt alles, Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, bekannte und unbekannte kosmische Sonnenmitarbeiter und Schöpfer des Allgemeinwohls - immer wird er vor ihnen stehen, erkennend, daß auch er einmal in ihre Reihen treten wird
In Wahrheit ist es so: Wer sie liebt und verehrt und sie alle umfaßt, die Schöpfer des Allgemeinwohls, der anerkennt auch die HIERARCHIE DES LICHTS.
Es ist auch richtig, daß der, der in seinem Herzen Liebe und Verehrung hegt, keine Schule benötigt (wie sie jetzt besteht), denn fürwahr, die Großen Brüder offenbaren dem sich nahenden Bruder den Sinn der Lebenserscheinungen und lehren ihn, die Bücher der Großen Mutter Natur zu lesen. Die den Honig sammelnden Bienen sind von alters her das Symbol der Schülerschaft.
Und weiter: Der Sonnenpfad kennt keine Führung, die, außer der inneren Führung, seinen göttlichen Geist rettet. Aber alle östlichen Lehren, einschließlich der LEBENDIGEN ETHIK, lehren uns, mit allen Mitteln unser Gefühlswissen zu entfalten, weil es anders keinen Fortschritt gibt. In der Tat, die Höhere Führung besteht nicht in fortgesetzten Befehlen, sondern in Hinweisen, im besorgten Führen des Bewußtseins zu den gegebenen Meilensteinen, so daß die selbständige Errungenschaft, die allein Wert besitzt, nicht verletzt wird. Und falls der Schüler dafür zugänglich ist, entzündet die unsichtbare Berührung des Geistes die Feuer in ihm. Alles beruht auf gegenseitiger Hilfe und Zusammenarbeit. So fügt der Autor dieses Artikels hinzu: Das Prinzip gegenseitiger Hilfe bereichert jene, die es befolgen, und daher ist jedem die sichtbare und unsichtbare Hilfe aller gewiß
.
Kann das Prinzip der Höheren Führerschaft klarer zum Ausdruck kommen als hier? Der Sonnenpfad kennt keine Organisationen und Gesellschaften
, das heißt, daß der Pfad der Wahrheit, der höhere Pfad, über alle Organisationen und Gesellschaften hinweg besteht, da er alle Sucher des Allgemeinwohls einbezieht, alle jene, die das Höhere Dienen erwählt haben - so schließt er Beschränkungen und Fanatismus aus.
Und weiter: Der Sonnenpfad vereint alle jene, die ihm folgen, unsichtbar zu einer Bruderschaft. Unsichtbar im Geiste ist fürwahr eine sehr genaue Definition. Ebenso wahr ist, daß nur ein individuelles Bewußtsein es ermessen kann.
Wer somit diesen Artikel nicht versteht, der versteht auch die Grundlagen der östlichen Lehren nicht, aus denen der ganze westliche Okkultismus entsprungen ist. Freilich, eine Besonderheit dieser okkulten oder esoterischen Lehren ist, daß man, um sie zu verstehen, entweder reich an Erfahrung aus der Vergangenheit sein oder die Geschichte menschlichen Denkens ernsthaft studieren und sich zu eigen machen muß.
Und nun über den Artikel über Vivekananda. Sie kritisieren Vivekananda wegen seiner scheinbaren Anerkennung des Erwerbs von Wohlstand, vergessen aber, daß er auf derselben Seite von der Pflicht des Hausherrn als Baumeister des Lebens spricht, und nicht zum Einsiedler oder geistigen Lehrer. Jede Lebenslage hat ihre eigene Verpflichtung oder Pflicht und Verantwortung; und es ist kaum möglich, die Maße eines geistigen Lehrers für einen Baumeister des Lebens anzuwenden. Vergleichbarkeit und Zweckmäßigkeit sind kosmische Gesetze, und werden sie verletzt, entsteht Chaos. Darüber hinaus schlägt Vivekananda vor, zuerst auf den Erwerb von Wissen und erst hernach auf Wohlstand bedacht zu sein. Der ganze Sinn liegt in dem Wort hernach. Mit Wissen, wie es der Inder versteht, gereicht der Wohlstand zum Segen, denn er dient nicht allein dem persönlichen Zweck, sondern dem Allgemeinwohl. Lernen Sie, mit einem vom Herzen erleuchteten Bewußtsein zu lesen. Der tote Buchstabe tötet den Geist!
Ich möchte hier ein Gleichnis aus dem Leben Buddhas bringen:
Anathapindika war ein Mann von unschätzbarem Wohlstand, genannt Helfer der Waisen und Freund der Armen, der kam, um Buddha um Rat zu fragen.
Als Anathapindika vernahm, daß Buddha sich im Bamboo-Hain nahe Rajagriha aufhielt, begab er sich noch in derselben Nacht auf die Reise, um dem Gesegneten zu begegnen. Und der Gesegnete gewahrte sogleich das reine Herz des Anathapindika und begrüßte ihn mit erquickenden Worten.
Anathapindika sagte: Ich sehe, du bist Buddha, der Gesegnete, und ich möchte dir mein ganzes Gemüt öffnen. Sobald du meinen Worten gelauscht hast, rate mir, was ich tun soll. Mein Leben ist ausgefüllt mit Arbeit, aber nachdem ich großen Wohlstand erwarb, bin ich in Besorgnis. Doch meine Arbeit erfreut mich und ich bin mit größtem Fleiß dabei. Ich beschäftige viele Menschen, die vom Erfolg meiner Unternehmen abhängig sind.
Nun, ich vernahm, daß deine Schüler den Segen des Einsiedlers preisen und die Unrast der Welt verurteilen. Der Heilige, sagen sie, hat sein Königreich, sein Erbe aufgegeben und fand den Pfad der Rechtschaffenheit, er gibt der Welt ein Beispiel, wie Nirwana erreicht werden kann.
Mein Herz dürstet danach, Rechtes zu tun und ein Segen für meine Mitmenschen zu sein. Laß mich dich also fragen, ob ich meinen Wohlstand, mein Heim, meine Geschäftsunternehmen aufgeben muß wie du, um den Segen eines rechtschaffenen Lebens zu erlangen?
Buddha antwortete: Der Segen der Rechtschaffenheit ist für jeden, der den edlen achtfachen Pfad wandelt, erreichbar. Wer dem Wohlstand verhaftet ist, täte besser, ihn aufzugeben, als zuzulassen, daß sein Herz vergiftet wird; aber wer dem Wohlstand nicht verhaftet ist und seine Reichtümer rechtschaffen nutzt, wird für seine Mitmenschen ein Segen sein.
Ich sage dir, bleibe in deiner Lebenslage und wende deinen Fleiß für deine Unternehmen auf. Es ist nicht das Leben, der Wohlstand oder die Macht, was den Menschen versklavt, sondern das Haften am Leben, am Wohlstand, an der Macht.
Der Bikshu, der die Welt verläßt, um ein müßiges Leben zu führen, wird keinen Nutzen davon haben. Denn ein Leben in Trägheit ist zu verabscheuen und Energiemangel zu verachten. Das Dharma des Tathagata fordert von keinem Menschen, daß er sein Heim verläßt oder die Welt aufgibt, sofern er nicht den Ruf dazu vernimmt; aber das Dharma des Tathagata verlangt von jedem Menschen, sich von der Illusion des Selbst zu befreien, sein Herz zu läutern, den Durst nach Vergnügungen zu bezwingen und ein rechtschaffenes Leben zu führen.
Und was immer die Menschen tun, ob sie als Handwerker, Kaufleute oder Offiziere des Königs in der Welt verbleiben oder sich aus der Welt zurückziehen und sich einem Leben religiöser Sammlung hingeben - sie mögen ihr ganzes Herz in ihre Aufgabe legen, sie mögen fleißig und tatkräftig sein. Und wenn sie wie der Lotos sind, der im Wasser wächst, aber vom Wasser unberührt bleibt; wenn sie im Leben kämpfen, ohne Neid und Haß zu hegen; wenn sie in der Welt ein Leben für die Wahrheit führen und nicht für sich - wahrlich, dann wird Freude, Frieden und Segen in ihren Gemütern weilen.
In gleicher Weise ist der Artikel von Vivekananda vom Geist der Zweckmäßigkeit in allem durchdrungen.
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Man sollte sich nicht zu sehr über die Anfänger grämen. Sie werden straucheln, denn dieses Straucheln ist unvermeidlich, auch auf den nächstfolgenden Stufen. Eines sollte allerdings beachtet werden - vermeiden Sie in allem das Haften am toten Buchstaben und einseitiges Urteil. Seien Sie vorsichtig gegenüber bestimmten Schmerzen und denken Sie nicht, daß es unbedingt heilige Schmerzen sein müssen. Sie sind noch zu jung für die heiligen Schmerzen. Darüber hinaus ist für solche Schmerzen die Stadtatmosphäre sehr ungünstig. Daher bitte ich Sie, achten Sie auf Ihre Gesundheit. Zur Zeit müssen die Krieger des Lichts Tag und Nacht kämpfen, denn das Harmagedon ist fürchterlich. Seien Sie vorsichtig und hüten Sie sich vor Übertreibung, denn sie führt zu nichts als zum Ruin Ihrer Gesundheit. Geistigkeit kann nur durch Reinigung des Denkens erreicht werden sowie durch Arbeit. Streben Sie auf diesem höchsten und kürzesten Pfad.
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Die Ereignisse häufen sich und alles beschleunigt sich demgemäß. Judasse, Cassiusse und Brutusse in modernen Gestalten sind auf dem Pfad des Lichts unvermeidlich. Keine Lehre ist je ins Leben eingegangen, ohne von den finsteren Horden angegriffen zu werden, und das gleiche findet heute statt. Wahrlich, die Finsteren dienen damit nur jedem Werk des Lichts; erkennen wir daher den Wert der Hindernisse sowie der Verleumdung. Vor langem schrieb N. K. einen Artikel Lob den Feinden. Jeder Verrat gibt allen treuen Mitarbeitern und Freunden Gelegenheit, sich enger zusammenzuschließen. Es wird alle Arten von Tätigkeit geben, bis zu Verrat, jedoch auf der irdischen Ebene sind solche Erscheinungen notwendig. Der Sieg des Lichts über die Finsternis muß offenbar werden.
Ich denke an eine sehr treffende Bemerkung eines Zeitgenossen von H. P. Blawatsky. Trotz allem, was über H. P. B. geschrieben wurde, ließ sie sich nie durch Verleumdung beirren, denn sie kannte den Wert des Trommelfells. Mögen die Trommeln schlagen. In der Lehre gibt es genug Erklärungen über Verleumdung. Ängstigen wir uns nicht!
Doch ich muß Ihnen offen gestehen, daß mich die von Ihnen erwähnte feindliche Einstellung bestimmter Menschen überrascht. Gewiß ist, auf Bosheit kann nichts aufgebaut werden. Wo immer es Bosheit und Haß gibt, da gibt es tödliche Zersetzung. Man fühlt sich geneigt zu fragen: Warum sich durch blutigen Nebel von Bosheit blenden lassen? Dadurch können Sie viele nützliche Gelegenheiten übersehen. Doch Gott stehe Ihnen bei! Was uns betrifft, so wollen wir unser Werk strahlend und freudvoll fortsetzen, denn während die Verleumdung zunimmt, füllen sich die Reihen der Freunde durch neue, wertvolle Mitarbeiter. Nie zuvor erhielten wir so viele und so feurige Briefe von unseren Freunden, und oft von ganz unbekannten Menschen. Alles geschieht auf unerforschlichen Wegen. Das lange vorausgesagte Jahr begann mit Donner und Blitz. Aber nach einem Gewittersturm ist die Atmosphäre gereinigt.
Ich will diesen Brief mit dem Ausspruch des Buddhisten Anguttara Nikaya beenden: Krieger, Krieger nennen wir uns, denn wahrlich, wir kämpfen für erhabene Tugend, für hohes Streben, für die höchste Weisheit. Daher nennen wir uns Krieger.
2. April 1936
Die von Ihnen zum Ausdruck gebrachten Gedanken über das Symbol des Kelches Amrita - des Kelches der Schönheit und der Heldentat, des Kelches des Heiligen Grals - sind sehr schön und völlig richtig. Auch die Legende über den Kelch - den Gral - kommt vom Osten als eine der Versionen großer geistiger Heldentat und derselben mysteriösen Schambhala. Mehrfach sahen einige Forscher des Symbolismus im Zusammenhang mit dem Gral in diesem Kelch den Stein, der sich gegenwärtig in der Welt befindet und historische Ereignisse begleitet; hernach soll er, so ist es vorgesehen, dem Herzen Asiens zurückgegeben werden. Auch diese Auslegung kommt der Wahrheit nahe. Jedenfalls, der Kelch selbst existiert und ist vor Beginn der neuen Ära dorthin entsandt worden, wo die Lehre Kalachakra bestätigt werden soll. Über den Kelch gibt es viele Legenden. Eine davon besagt, daß er immer unerwartet und durch die Luft kommt. So ist er seinerzeit dem Herrscher Buddha überbracht worden. Der Kelch ist ägyptischen Ursprungs, und seine Vorzeit geht zurück bis 12.000 Jahre v. Chr. Nach dem Tod Buddhas befand er sich eine Zeitlang in einem Tempel in Kara Shar, wo er verschwand, und seither wurde er in Schambhala aufbewahrt. Allen Legenden zufolge wird dieser Kelch vor der Neuen Ära Maitreyas wieder erscheinen.
Die Schlange, die sich um den Kelch windet, stellt auch einen Gürtel dar. Wie Sie wissen, wurde im Altertum der Gürtel als Zeichen der Würde betrachtet, als Macht und größte Vertrauenswürdigkeit - sogar mehr als der Ring. So können wir diesem Symbol sowohl kosmische Bedeutung als auch praktische Anwendung beimessen: Das Bündnis der Zeiten, der Große Advent, die Epoche des Feuers und der Erneuerung des Geistes, der Weisheit und der Synthese, der Kelch der Heldentat und Unsterblichkeit, die Zeichen Höchsten Vertrauens, dazu der Ruf, der sich in Purpur, die Farbe des Mutes, kleidet.
Ihre Gedanken über die Weltsymphonie sind ebenfalls ausgezeichnet. Wahrlich, jeder Geist erklingt in seinem Ton, und der Schönheit dieser Töne kommt nichts gleich. Wer die Sphärenmusik vernahm, hat das Recht, mit den Worten der LEHRE zu sagen: Der frühere Gesang wird zum Lärm des Rades.
Natürlich, es ist richtig, daß der ursprüngliche Aspekt der Manifestation das Göttliche Beben im Schoße der Großen Mutter ist. Beben oder Schwingung ist zugleich Licht, denn Licht ist die Bewegung der Materie und es bildet Formen. Am Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott
in Ihm war Leben; und das Leben war das Licht der Menschen. Dieser Ausspruch enthält die ganze Tiefe des heiligen Wissens.
Sie fragen, ob der Hinweis auf die Erscheinung Christi in Wirklichkeit in geringeren Vorstellungen zu verstehen ist. Gewiß. Das Mittelalter machte aus Christus ein unzugängliches Idol und beraubte ihn jedweder Menschlichkeit, und daher auch der Göttlichkeit. So verkünden alle Lehren des Ostens, daß es keinen Gott gibt oder keine Götter, die nicht einmal Mensch waren. Solch eine gewaltsame Trennung Christi vom menschlichen Wesen war und ist immer noch die Gefahr, die menschliche Verbindung mit der Höheren Welt zu trennen. Man kann verfolgen, wie im Mittelalter hier und da große Heilige in Erscheinung traten, die diese fast verlorengegangene Verbindung wieder aufzurichten suchten, und sie alle bestanden gerade auf dem menschlichen Wesen Christi. Besonders überzeugende Bestätigungen finden sich in den Ausführungen der Biographie der Heiligen Therese, der spanischen Heiligen des 16. Jahrhunderts, und noch früher in den Visionen und Schriften der Heiligen Katharina von Siena sowie der der Heiligen Gertrud. So entsprechen Form und Eigenschaft der Visionen sowie die Bindung durch solche Vereinigung immer der Bewußtseinshöhe jener, die sie sehen und empfangen wie auch den Nöten der Zeit. Wie es heißt: Gerade durch Erkennen des Wesens der Visionen kann die beste Geistesgeschichte geschrieben werden.
Ich empfehle sehr, daß alle die Autobiographie der Heiligen Therese lesen. Ungeachtet dessen, daß dieses Werk durch die geistige Zensur der Kirche ging, sind einige bemerkenswerte Seiten erhalten geblieben. Durch Verkündigung des Dogmas von Jesus Christus als alleinigen Sohnes Gottes widerspricht die Kirche sehr dem uns von Jesus Christus gegebenen Gebet: Vater unser, der Du bist im Himmel
und auch den Worten der Heiligen Schrift: So schuf Gott den Menschen nach seinem Ebenbild
(Genesis 1:27).
So hat die Kirche durch Verkünden der alleinigen Sohnschaft und des göttlichen Ursprungs Christi ihn durch diese Verkündigung für immer von der Menschheit getrennt. Daher rührt eine ganze Reihe ernster Ereignisse: die Ausschließung Jesu Christi vom Leben der Menschheit, das Verwischen dieses menschlichen Opfers und die schreckliche Vorstellung, daß der Kreuzestod Christi die Menschheit von der Erbsünde und allen nachfolgenden Sünden befreie. So, wie es Merezhovski in einem Buch Jesus der Unbekannte ausdrückt: Er wandelt wie ein Trugbild auf der Erde, während sein Körper in der Kirche an herkömmlichen Figuren gefangen ist. Wir müssen seinen Körper in der Welt finden, und der in den Kirchen Gefangene muß freigesetzt werden.
Sie fragen, ob die Tränen der inneren Erhebung beim Lesen der Lehre ein Zeichen von Psychismus sind. Gewiß, aber die vom Herzen kommende Begeisterung über die LEHRE kann nicht als eine Erscheinung niederen Psychismus betrachtet werden.
Doch man muß sich selbst beobachten, denn man kann sich solchen süßen Gefühlen derart hingeben, daß man unmerklich die Beherrschung seiner Sinne verliert und dadurch der Arbeitsunfähigkeit erliegt. Es gab solche Fälle, und daher weisen alle Lehrer auf das unerläßliche Gleichgewicht sowie auf die völlige Beherrschung der Gefühle hin. Es gab eine Zeit, wo auch ich in den Erhebungen des Geistes verweilte und die Mysterien der Kosmogonie erkennen wollte. Und dann wurde ich an die derzeitige ernste Zeit erinnert: Wieder habt ihr die Schlacht vergessen; wenn der Feind angreift, sitzt niemand in der Schule
(Blätter des Gartens MORYA I, § 112). So wurde ich von meinen Erhebungen zur Erde und zu den irdischen Tätigkeiten zurückgerufen. Es wurde mir gelehrt, selbst an der mühsamsten Routinearbeit Freude zu finden und jede Aufgabe am Altar des Dienens der Liebe darzubringen. Alle Krieger des Lichts fühlen sich vor allem vom Buch des Opfers angesprochen. Die Erhebungen des Geistes sind sehr schön, doch wir müssen auf der Hut sein, daß sie unsere Energie nicht schwächen, sondern stärken. Die Zeit wird kommen, wo es möglich sein wird, sich der Erhebung des Geistes hinzugeben, aber jetzt ist die Zeit bedrohlich; und alle, die im Großen Dienst stehen, werden aufgerufen, ihre Rüstung anzulegen, denn es ist eine nie dagewesene Schlacht im Gange!
Die Zeit der Tat hat eben begonnen. Begreife Hingabe. Treue und Mut, Ich werde Dich mit einem Helm der Treue schützen, einem Panzer der Hingabe und einem Schild des Sieges. Und auf dem Banner wird geschrieben stehen: Liebe der Siegerin.
Derzeit werden alle jene Yogis, die Samadhi zu erreichen suchen, von den Großen Lehrern als Deserteure bezeichnet.
* * *
Sie fragen, wie die Worte aus dem Buch Blätter des Gartens MORYA (§ 301): Doch die Tochter der Welt und die MUTTER DER WELT werden die Teile des Gewandes wieder zusammenfügen zu verstehen sind. Wirklich, sie können auch so verstanden werden, wie Sie sie auslegen, denn es ist wahr, daß in der kommenden sechsten Rasse das Gewebe des physischen Körpers mehr verfeinert, verdünnt sein und sich dem verdichteten Astralkörper, d. h. figürlich, anpassen wird. Es ist interessant festzustellen, daß auf diesen Prozeß der Verfeinerung oder Dematerialisation des physischen Körpers bereits in der ältesten chinesischen Medizin hingewiesen wurde. Dabei spielte die sogenannte Asketik eine große Rolle, doch wie alles Erzwungene brachte sie nicht die gewünschten Ergebnisse.
24. April 1936
Zuerst möchte ich Ihren letzten Brief beantworten, denn Sie haben eine bestimmte Frage berührt, die geklärt werden sollte, damit sie nicht zu einem Hindernis auf Ihrem Pfade wird.
Wenn meine Erklärungen nicht ausreichen, schreiben Sie mir, und ich will versuchen, sie zu vertiefen. Doch jetzt appelliere ich an Ihr Herz und frage Sie, könnten Sie es ertragen, feine junge Seelen und sogar Ihre Lieben in eine große Gefahr zu bringen? Sie wissen, daß die Aufgabe der Bücher der LEBENDIGEN ETHIK darin besteht, das Bewußtsein auf jede Weise zu erweitern, und daher ist bereits im ersten Buch Der Ruf die Grundlage für diese Aufgabe niedergelegt. In kurzen Formeln ist in diesem Buch alles gesagt und dargelegt. Ich schlage vor, daß Sie es erneut aufmerksam lesen, vor allem die §§ 224 bis 230.
Die Neue Welt naht, und sie kann nur von einem neuen Bewußtsein aufgenommen werden. Zerstörung und ruchlose Verneinung großer Begriffe sind abscheulich, denn sie entspringen dem Chaos und der Unwissenheit. Aber da es keine Wirkungen ohne Ursache gibt, so laßt uns zurückschauen und uns ernsthaft und ohne Vorurteil die geschichtlichen Berichte ins Gedächtnis rufen und sie erforschen. Selbst wenn sie von irdischen Geistern verfaßt wurden, kann es sein, daß ein erleuchtetes Bewußtsein sie zu erklären vermag.
Zu Recht sind Sie über die Formel der Jesuiten Der Zweck heiligt die Mittel empört. Diese Formel ist vor allem fürchterlich, weil jene, die sie gelten lassen zur Erlangung von rein persönlichen und habsüchtigen Zielen, die abstoßendsten Mittel gebrauchen. Aber jede Lehre, auch die christliche, rechtfertigte eine heilige Geheimhaltung, wenn sie zum Schutze heiliger Dinge, zur Rettung des Nächsten oder für das Allgemeinwohl erforderlich war. Woher kam der Esoterizismus aller Lehren? Immer ist jede neue Enthüllung der Wahrheit, jede neue Entdeckung der Wissenschaft von unwissenden Geistern geheimgehalten worden. Denken wir an den Schrecken der Inquisition, an alle Kriege, die durch neue Offenbarungen ausgelöst wurden! Woher stammten jene äußerst komplexe Symbole in den Werken der Propheten und der großen wissenschaftlich Schaffenden, über die Unwissende noch höhnisch lächeln, die aber nichtsdestoweniger höchstes Erstaunen und tiefe Bewunderung in jenen erwecken, die, wenngleich nur zum Teil, ihren tiefen Sinn erkannten? Zum Leidwesen der Menschheit ist der Schlüssel für vieles verlorengegangen, und nur seltenste Geister finden ihn und können ihn wenigstens ein oder zweimal umdrehen. Ich glaube, daß es zur Zeit niemanden auf der Erde gibt, der fähig wäre, diesen Schlüssel siebenmal umzudrehen. Dieses Geheimnis ist im Bollwerk des Wissens verborgen.
Wenn im Mittelalter die Akasha der Alchemisten durch das Bildnis der Himmlischen Jungfrau personifiziert wurde und Jehova und andere Heilige die Geheimnisse des Aufbaus des menschlichen Gehirns und des Organismus hüteten, so erfordern moderne Zeiten andere Bildnisse und Verschleierungen. Das Leben ist kompliziert, und nur wer seine ganze Komplexität begreift, kann das Wissen aufnehmen.
So stieß und stößt immer wieder jeder neue evolutionäre Gedanke, der die Richtung einer kommenden Epoche aufzeigt, auf fürchterlichen Widerstand von Menschen, deren Bewußtsein verdunkelt und unbeweglich ist, und daher kommt der ganze Schrecken widerlicher Ausschreitungen.
Wird daher etwas gegeben, was auf das Allgemeinwohl ausgerichtet ist, so muß die ganze Weite des erleuchteten Bewußtseins wirksam werden. Die Denker sind immer verfolgt worden, doch jeder dieser Denker ist ein Brennpunkt, in dem sich die den Raum erfüllenden Gedanken sammeln und in einem zeitgenössischen Gewande wiedergegeben werden. Denker sind die Seher der Zukunft. Aus den Büchern der LEBENDIGEN ETHIK wissen wir, wie fürchterlich ein statisches Bewußtsein ist; wahrlich, es führt zum Verfall, und wie es heißt, können die schrecklichen Kataklysmen und Erdbeben mit der Katastrophe eines verfallenden Bewußtseins nicht verglichen werden.
So denken Sie an alle Ursachen, welche die Wirkungen auslösten, die die ganze Welt in Schrecken versetzten. Versuchen Sie, jede Erscheinung von allen Gesichtspunkten her zu erforschen und hüten Sie sich vor einseitiger und voreingenommener Beurteilung, sei es von Personen oder anderen Ereignissen des Lebens.
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Der silberne Lotos ist im Herzen zu finden, und manchmal kann man ihn in seinem Inneren sehen. Bedenken Sie, daß in uns alle Feuer und Ringe der Zentren gesehen werden können, und zwar an der Stelle, wo dieses oder jenes Zentrum eben entflammt ist. Manchmal können feurige Ringe, Reifen oder Sonnenräder gesehen werden - und manchmal eine Flamme, aber dies alles ist meistens in uns.
Der silberne Lotos kann sogar größer sein als eine Blume, und es ist, als ob die Feuerzungen Blumenblätter bildeten.
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Lassen Sie das Herz sprechen; es möge aber nicht wagen, gegen das reine und unzugängliche Hohe zu lästern! Der wahre Schüler vertraut der Führenden Hand, und selbst die beeindruckendste Augenscheinlichkeit kann ihn nicht verwirren, denn er weiß!
29. Mai 1936
Ich sende Ihnen mein ganzes Vertrauen, damit Sie das geistige Erbe von F. D. annehmen und ein Symbol - den Führer des Herzens - verkörpern. Mögen alle, die Licht suchen und mit Kummer beladen sind, in Ihrem Herzen Antwort finden; und mögen alle, die sich unter Ihrer Führung versammelt haben, jene herzliche Sympathie spüren, die wärmt, trotz ernster Kritik. In der Tat, die schwerste Kunst ist, die rechte Beziehung zwischen den Menschen zu schaffen. Keine andere Kunst erfordert so viel Ausdauer, Toleranz und Feinfühligkeit. Man muß es lernen, sich in die Bewußtseine, die Herzen und Stimmungen aller jener zu versetzen, die uns umgeben und zu uns kommen; es muß der fundamentale Grundton gefunden werden, der uns mit ihnen und sie mit anderen vereint.
Ruht jedoch der große Magnet der Liebe im Herzen, dann kann alles leichter geschaffen werden, da die Aufrichtigkeit dieses Gefühls die härtesten Herzen besiegen kann. Dem Herzen, das die Schönheit berührte, muß diese Herzenssprache vertraut sein; daher habe ich zu Ihnen - als Führer des Herzens - Vertrauen.
Sprechen Sie bitte den engsten Mitarbeitern, die sich bereit erklären, mitzuarbeiten und Ihnen in allen Aufgaben der Gesellschaft beizustehen, meinen herzlichsten Dank aus. Möge jedes Mitglied der Gesellschaft fühlen, daß sein wahres Zuhause und seine geistige Zufluchtsstätte der Gemeinschaftsgeist der Gesellschaft ist. Jeder sei nicht nur ein willkommener Mitarbeiter, sondern Mitglied einer geistigen Familie, und jeder persönlich möge es lernen, für das Wohl aller das Beste zu geben. So möge Liebe - der Vereiniger, das Motto für die neue Runde der Gesellschaft sein.
14. Mai 1936
Sie haben völlig recht, wenn Sie sagen, daß persönliche Lasten leichter zu tragen sind, wenn wir einer großen Aufgabe vorstehen und für andere verantwortlich sind; nichtsdestoweniger bin ich tief gerührt durch Ihren Mut.
Wir freuen uns sehr über die sich entwickelnde Tätigkeit in der Gesellschaft. Bei dieser fürchterlichen Verwirrung, die sich jetzt über die ganze Welt ausbreitet, ist jede einigende aufbauende Leistung, die der Verbreitung der LEBENDIGEN ETHIK dient, wahrlich ein Licht in der Wüste. Es ist schrecklich, alle Finten der Finsternis zu gewahren, die darauf gerichtet sind, das Bewußtsein zu verdunkeln und zu zersetzen.
Ich billige Ihren ausgezeichneten Entschluß, eine philosophische Abteilung zu errichten. Freilich, für den Kampf mit den dunklen Kräften muß man voll gerüstet sein, und erweitertes Wissen ist in der Tat ein wundervoller Schild und die beste Waffe. In diesem Zusammenhang möchte ich auch Ihre Frage beantworten, ob die Vielseitigkeit des Leonardo da Vinci ein nachahmenswertes würdiges Beispiel sei. Fürwahr, ja, vorausgesetzt, daß wirkliches Studium vorliegt und keine oberflächliche Zersplitterung. Es ist eine Tatsache, daß ein fortgeschrittener Schüler bestimmte Fähigkeiten besitzt. Auch in den buddhistischen Schriften wird darauf hingewiesen, daß jeder Bodhisattva drei Künste oder drei Wissensgebiete beherrschen, aber in einem vollendet sein sollte. Je mehr wir wissen, desto besser können wir die ganze Tiefe und die Dimensionen des großen Evolutionsplanes sowie die Komplexität des Lebensaufbaues erfassen. Darüber hinaus erlangen wir durch systematisches Studium jene Disziplin des Geistes, die für selbständiges Denken so wichtig ist. Nur wer fähig ist, selbständig zu denken, kann ein aktiver Diener und Mitarbeiter der Kräfte des Lichts werden. Aus diesem Grund ist eine vielseitige Ausbildung so wichtig.
Man kann natürlich nicht Spezialist auf allen Gebieten des Wissens und der Kunst werden, aber es ist wichtig, wenigstens eine Vorstellung von allem zu haben. In dem Wunsch, soviel als möglich zu erfassen, müssen wir es lernen, unsere Kräfte zu koordinieren, und vor allem müssen wir fähig sein, Begonnenes fortzusetzen, denn nur auf diese Weise können die wichtigsten Eigenschaften auf dem Pfad der Schülerschaft, nämlich Ausdauer und Geduld, entwickelt werden.
Sie legen die Frage eines Gesellschaftsmitgliedes vor, ob die derzeit in der Welt vor sich gehenden Ereignisse zum Allgemeinwohl beitragen. Ich muß sagen, daß ich fest glaube, daß alles, was immer geschieht, letzten Endes zum Guten führt. Lektionen müssen gelernt werden, damit die Bewußtseine vorankommen. Alles wird von den Menschen selbst geschaffen und oft sind grausame Geschicke der Völker das Ergebnis der vor vielen Jahrtausenden gelegten Ursachen. In der ganzen Welt ist eine große Umwälzung im Gange, denn ein neues Gleichgewicht wird hergestellt. So können wir sagen, daß sich alles zum besten vollzieht. Sie fragen, wie nachfolgende Darlegung aus dem Buch Blätter des Gartens MORYA II, § 21, zu verstehen ist: Das Karma holt einen ein, doch kann seine Wirkung durch freiwillige Opfer für unbekannte Menschen gemildert werden. Stellen Sie sich vor, jemand fügte seinem Nächsten Leid zu und bereute sein Verhalten, nachdem dieser Teure bereits in die andere Welt hinüberging. Da es ihm nicht mehr möglich war, seine Schuld dem Geschädigten gegenüber zu tilgen, kann er nichtsdestoweniger sein Karma durch ein freiwilliges Opfer für andere Menschen verbessern, und wie es heißt, für unbekannte Menschen. Freilich, Karma wird ihn zuweilen einholen und ihn seinem Opfer gegenüberstellen, aber die Tilgung wird von einer höheren Qualität sein, weil durch das freiwillige Opfer sein ganzes Wesen veredelt wurde.
Und jetzt über Pfefferminze. Alle Arten von Minze können sowohl äußerlich als auch innerlich verwendet werden. In Indien, wo es so viele Darmerkrankungen gibt, wird die Essenz von Minze in weitem Maße angewendet. In Verbindung mit Magnesium ist sie eines der besten Heilmittel. Sie hilft auch bei Zentrenentflammung. Ich selbst kann ohne Menthol nicht sein, vor allem während der Sommermonate reibe ich mir mein ganzes Gesicht und den Nacken stark ein, denn ich vertrage keine Hitze, sogar in den Bergen nicht. Pfefferminztee ist bestimmt ein gutes Desinfektionsmittel, und bei manchen Arten von Asthma ist es sehr nützlich, den Absud des Stengels der Minze zu inhalieren. Die Wesenheiten der niederen Sphären der Feinstofflichen Welt mögen den Geruch von Minze nicht; daher ist es nützlich, sie als Pflanze im Haus zu halten.
Der kommende Maitreya wird Der Herrscher des Mitleids genannt, doch diese Benennung könnte ebenso für alle großen Söhne des Lichts angewendet werden. Jedem steht es frei, das Bildnis zu wählen, das ihm am nächsten steht und diesem dann zu folgen. Der Begriff der Einheit alles Bestehenden ist die Kenntnis eines Archaten. Aber Menschen, die durch Selbstsucht und Absonderung geblendet sind, können die ganze Schönheit dieser Wahrheit nicht erfassen, und so widerspiegeln sich alle Höheren Begriffe in ihrem Bewußtsein als unruhiges, trübes Wasser, und es geht ihnen die ganze Klarheit, Durchsichtigkeit und Schönheit verloren.
Gupta Vidya bedeutet das Geheime Wissen: Gupta - geheim, vidya = Wissen. Die Alberiche sind die Diener der Finsternis. Im Ring des Nibelungen ist die finstere Kraft durch Alberich verkörpert, den Widersacher der strahlenden Götter der Walhalla. Er bemächtigte sich des Rheingoldes und war ein Komplice bei der Tötung Siegfrieds.
Sie fragen weiter, wie folgende Sätze zu verstehen sind: Ich werde die Macht Meiner Lehren an jenen beschränkten Geistern geltend machen. Beschränkt bezieht sich auf die Verneiner und Unwissenden, denn Beschränkung ist das Ergebnis von Unwissenheit. Die Macht des Lichts wird die Finsternis besiegen, und die Macht der Lehre wird die Unwissenheit durchdringen.
Intuition, Gefühlswissen und die Aufspeicherung im Kelch sind natürlich ein und derselbe Begriff. Es gibt jedoch Fälle, wo Hieroinspiration für Intuition gehalten wird. Aber auch das ist kein Fehler, denn ohne die Aufspeicherungen im Kelch ist es unmöglich, den Strahl der Hieroinspiration zu empfangen.
Sie fragen, woher so viele Verräter kommen? Das ist ein Zeichen der bedeutenden Zeit, die unser Planet durchschreitet. Doch wir wissen, daß das Licht siegen wird.
Sieg wird nach einer bestimmten Zeit offensichtlich, aber es müssen sämtliche Kampfphasen durchgestanden werden. Vergessen wir nicht, daß sich die besten Kräfte auf Unserer Seite sammeln. So wird man sich der nächsten Stufe nähern. Selbst die Diener der Finsternis werden zum Erfolg verhelfen. Man muß verstehen, wie nahe die Fristen sind, um keine neuen Möglichkeiten zu versäumen. Den Kräften des Lichts kann man sich nicht widersetzen. Wenn die Kräfte der Finsternis die schmutzige Arbeit übernehmen, laßt sie gewähren. Die größten Namen und Begriffe sind bereits einbezogen. Alles kann nur durch Ausdehnung vorankommen
Sicherlich, der Kampf ist schrecklich
Sicherlich, mit jedem Tag werden die Neuen Kräfte, die Unsichtbaren, geweckt. Durch diese Annäherung an die irdischen Sphären können die unerwartetsten Spannungen entstehen. Laßt uns mit vereinter Kraft aller Unserer Beteiligten den Kampf aufnehmen. Einigkeit wird das unbesiegbare Banner sein. Satan wird geschlagen und seine Krieger werden, wie gewöhnlich, das Schlachtfeld verlassen. Wer begreift die Anspannung der Kräfte des Lichts? Wer kann das Ausmaß des Schlachtfeldes ermessen? Die vereinten Aschrams, die Festungen des Geistes sind jetzt nötiger denn je zuvor
Nie geht eine Lehre ohne Kampf in die Welt ein. So möge sie denn eingehen auf diese Weise; andernfalls würden die Menschen sie vergessen. Stellt euch doch das Ausmaß der Schlacht vor, in die alle Planeten einbezogen sind!
Darum laßt uns mit der ganzen Kraft des Geistes und in erhebender Feierlichkeit teilhaben an der Schlacht des Lichts gegen die Finsternis.
Für den Aufstieg zu einer neuen Stufe ist es notwendig, den Kampf aufzunehmen und alle Hindernisse zu überwinden. Auf den letzten Stufen ist es unvermeidlich, den Giftbecher zu leeren, und Verrat muß auf dem irdischen Pfad wie ein Schatten das Licht begleiten. So laßt uns auch diese Einweihung entgegennehmen. Doch laßt uns verstehen, daß die Verräter nicht nur gegen uns handeln, sondern gegen den Großen Plan des Lichts. Sammeln wir alle unsere Kräfte und ersteigen wir in Einigkeit die neue Stufe.
24. Mai 1936
Sie sagen, Sie haben nur den einen Wunsch - Zum Lehrer zu gelangen, und wenn dies nicht möglich ist, dann sein Schüler zu werden. Dazu muß ich sagen, ich bin noch niemandem begegnet, der, nachdem er von der Weißen Bruderschaft erfahren hatte, nicht versucht hätte, zu ihr zu gelangen. Aber selten, fast nie, stellt sich jemand die Frage, ob er geistig und physisch vorbereitet ist, diese Spannung auszuhalten. Kann denn seine physische Hülle die übermäßige Spannung der Atmosphäre aushalten, die dieses Bollwerk umgibt? Nur der kann sich ihr nähern, der hier auf Erden im Ringen mit Schwierigkeiten und durch ihre Bewältigung alle Gewohnheiten und Verhaftungen ausgelebt und in selbstaufopfernder Heldentat seine Energien feurig umgewandelt hat. Ohne das irdische Fegefeuer zu durchschreiten, kann man nicht ins Paradies gelangen. Die Feuer der Höheren Energien würden die belastete Aura versengen. Daher gelangen nur einer oder, im äußersten Fall, zwei Menschen in einem Jahrhundert in dieses Bollwerk. Sie wissen auch, daß die Großen Lehrer sich nie in das Schicksal eines Menschen einmengen, und daher machen sie keine Ausnahme. Karma kann einen Menschen in Ihre Gemeinschaft führen, und wenn solch ein Karma vorliegt, kann nichts und niemand, außer der Mensch selbst, dies verhindern. Befolgen Sie im Leben nach bestem Können alle Gebote der LEHRE, und überlassen Sie das übrige dem Karma und dem großen Wissen der Herrscher.
Wir können im Leben nur inmitten der Bedrängnisse des Alltags lernen. Die Gemeinschaft der Bruderschaft ist von unseren Bedingungen zu weit entfernt, und sie kann daher für den Geist nicht der notwendige Prüfstein sein. Die LEHRE ist uns gegeben; jeder ihrer Aspekte ist von allen Gesichtswinkeln her analysiert, und wir können daher nicht sagen, wir hätten keine LEHRE! Außerdem gibt es die älteren Schüler, die immer bereit sind, das zu erläutern, was unklar ist. Die Anwendung der Gebote im Leben wird sich wirklich als die Tat erweisen, von der Sie träumen und die Ihren Pfad zur Gemeinschaft des Lichts beschleunigen wird.
Glauben Sie denn wirklich, daß Sie, wenn Sie in den Aschram der Weißen Bruderschaft gelangten, jene Macht erlangen könnten, um die Menschen zu überzeugen? Alle Beispiele der Geschichte beweisen das Gegenteil. Nur einem Geist, der sich in vielen Jahrhunderten vorbereitet hat, ist es möglich, die Lehre in ihrem vollen Umfang aufzunehmen. Dies erklärt, warum die großen Lehrer der Menschheit so wenige Schüler haben. Aus demselben Grund empfiehlt die LEBENDIGE ETHIK, nie jemanden anzulocken und nie jemanden etwas aufzuzwingen. Das Meer der Weisheit ist der Menschheit gegeben, und die LEHRE sendet ihre Strahlen wie die Sonne überallhin - zu den Weisen und zu den Irren, zu den Guten und zu den Bösen. Jeder kann das für ihn Zugängliche, bedingt durch sein Bewußtsein, aufnehmen und verstehen; allerdings ruft der Unterschied zwischen Bewußtseinszustand und Verstehen jene Widersprüche hervor, die unreife Geister in allen Lehren für sich in Anspruch nehmen. Aber das ist unvermeidlich.
Nun zu Ihren Fragen: Gewiß, alle Errungenschaften sind potentiell in uns eingelagert. In allen Lehren wurde und wird hinreichend darauf hingewiesen, daß der Mensch der Mikrokosmos des Makrokosmos ist und daß Liebe zum Göttlichen Prinzip und zur HIERARCHIE DES LICHTS zweifellos der mächtigste Führer auf dem Weg zur Errungenschaft ist.
Was Pranayama betrifft, so überschätzen Sie seine Bedeutung. Richtiges Atmen ist immer von Nutzen, aber jene Übungen, die von verantwortungslosen selbsternannten Yogis angepriesen werden, sind äußerst gefährlich. Ich meine, ich habe darüber schon ausführlich geschrieben, aber wahrscheinlich ist es notwendig, sich dieser Frage erneut zuzuwenden. Daher möchte ich Sie noch einmal daran erinnern, daß nur der, der sein Herz und seinen Mentalkörper von jedweden Schlacken gereinigt hat, fähig ist, das Allerheiligste des Yoga zu betreten. Ohne diese Läuterung wird einem kein Pranayama helfen, zu den Pforten wahren Wissens zu gelangen. Pranayama kann zu Mediumismus führen, der die Tore verschließt. Ausgedehnte Pranayama-Übungen oder solche, wie sie Hatha Yoga lehrt, verwirken das Studium des Raja Yoga. Alle psychischen Fähigkeiten, die durch künstliche Anregung des physischen Körpers und des Astralkörpers mittels Pranayama entwickelt werden, beschränken sich auf eine sehr niedere psychische Ebene; dies beweist die Qualität der Visionen von Psychikern und Medien. Es ist wichtig zu erkennen, daß Psychismus keine Geistigkeit ist. Wie es in der LEHRE heißt, ist Psychismus die Antithese von Geistigkeit und verhindert nur die Möglichkeit der Annäherung an die großen Lehrer. Aus diesem Grunde beginnt und endet die LEHRE mit dem Reich des Geistes und verbannt kategorisch alle Übungen, die zur Entwicklung von niederem Psychismus führen.
Zweifellos ist der Pfad des Geistes, der königliche Pfad, weit schwieriger und langwieriger, aber er ist der einzige, der alle Errungenschaften im KELCH aufspeichert. Jene, die diesen Pfad betreten, haben ihre psychischen Kräfte auf natürliche Weise geweckt und sich auf allen sieben Ebenen entwickelt, von der höchsten bis zur niedersten; und durch Verschmelzung aller entwickelten Kräfte wird die große Synthese erreicht. Kein echter Lehrer wird einem Schüler helfen, durch mechanische Übungen die Astralebene zu betreten. Man sollte sich hier keinen Illusionen hingeben, denn es könnte leicht passieren, mit einer Wesenheit aus diesen Sphären, die sich als Personifikator eines Lehrers ausgibt, in Kontakt zu kommen. So viele Warnungen wurden von H. P. Blawatsky gegeben, wodurch sie sich gerade in den Kreisen von Medien und Psychikern viele Feinde zuzog, aber sie erfüllte die ihr aufgetragene Mission und verwies auf den Schaden des Spiritismus, weil man in allen Gesellschaften versuchte, unwissend an diesen heranzutreten. Aus meiner Erfahrung weiß ich, mit welcher Feindseligkeit solche Hinweise und Warnungen aufgenommen werden.
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Die Fähigkeit, sich zu konzentrieren und schöpferisch zu denken - vorausgesetzt, daß das Denken rein ist - ist nicht nur sehr nützlich, sondern sogar notwendig. Ohne diese Fähigkeit des Denkens ist es unmöglich, im Wissen voranzuschreiten. Gleicherweise ist die Entwicklung der. Willenskraft, beginnend bei kleinen alltäglichen Angelegenheiten und mit hoher selbstaufopfernder Tat endend, die Grundlage jeder Disziplin und Errungenschaft.
Reisen Denken mit auf das Gute ausgerichtetem Willen sowie Selbstreinigung werden ausgezeichnete Ausstrahlungen ergeben.
Verfügen Sie über Liebe und Willen, so besitzen Sie Streben und sind damit fähig, ein Gebet zu zelebrieren.
Sie haben recht, daß Übungen in Pranayama in den Städten gefährlich sein können. Da aber Pranayama als solches keine Geistigkeit verleiht, sollten wir uns damit gar nicht befassen. Das Wichtigste ist, sich in der Reinheit der Motive, des Denkens und des Handelns zu üben; und wenn wir dies inmitten der Menschen und Hindernisse tun, so hat auch die Stadt mitunter ihren Nutzen.
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Sie scheinen darüber, daß die BÜCHER DER LEBENDIGEN ETHIK nicht überall gut aufgenommen werden, verärgert zu sein, aber auch das ist unvermeidlich. Keine einzige Lehre ging ins Leben ein, ohne von Gegnern angegriffen zu werden. Ähnlich muß die Neue Lehre eingehen, begleitet vom Geschrei und den Angriffen abgestorbener Bewußtseine. So ist das irdische Gesetz. Die Menschheit schenkt nur solchen Erscheinungen Aufmerksamkeit, die Achtung und Martyrium durchgemacht haben. Schon oft habe ich darauf hingewiesen, daß sich die Menschheit nur deshalb an Buddha und Christus erinnert, weil beide in der glücklichen Lage waren, mächtige Feinde zu haben. So möge die Neue Lehre in die Welt eingehen und auch auf dem üblichen Weg, dem der Verfolgung, bestätigt werden. Immer wieder muß daran gedacht werden, daß die Lehre sich auf unerforschlichen Wegen verbreitet. So habe ich Ihnen immer geraten, nicht zu missionieren. Ich habe Ihnen auch vorgeschlagen, kulturell-erzieherische Versammlungen zu organisieren und nur, nachdem sie die Menschen kennengelernt haben, jeweils ihrem Bewußtsein gemäß einige Saatkörner auszustreuen. Es ist immer ratsam, unsere eigene Schatzkammer mit Wissen anzureichern. Ein gut erzogener, aufgeklärter Geist wird die Lehre leicht aufnehmen, sogar in ihrem ganzen Ausmaß. Freilich, Mangel an Wissen ist ein Hindernis auf dem Evolutionspfad. Unwissenheit ist die Hölle, sagte einer der großen Geister der Frühzeit des Christentums.
Wahrlich, das menschliche Bewußtsein kann keine größere Lästerung begehen, als die unbeschreibliche Erhabenheit des Göttlichen Prinzips, das sich über das ganze Universum ergießt, zu begrenzen. Unzweifelhaft gehen von dieser ungeheuren unwissenden Herabwürdigung alle unwürdigen Gottesbegriffe aus. Der Mensch versucht in seinem Eigendünkel, alles auf sein Niveau herunterzuziehen. Darüber ist in den BÜCHERN DER LEHRE genug gesagt worden. In der Tat, die BÜCHER DER LEHRE sind ungemein reich an Begriffen über das Göttliche Prinzip, über Gott, Geist und Geistigkeit. Der von Ihnen angeführte Ausspruch: Christi Geist weht durch des Lebens Wüste (Blätter des Gartens MORYA I, § 67), bringt denselben Pantheismus zum Ausdruck, zu dem das menschliche Denken sich nicht erheben kann.
Der Gott in uns ist die einzige Realität; alles andere ist, wie es so schön und poetisch vom Osten ausgedrückt wird, nur das Spiel der Großen MUTTER DER WELT.
Ja, Sie haben ganz recht, wenn sie sagen, daß nicht in einem einzigen BUCH DER LEBENDIGEN ETHIK der großen Grundlage des Seins Abbruch getan wird; gleicherweise gibt es hier keine Schmälerung des Begriffes Christus (Chrestos) sowie des Meisters Jesu, der ausgesandt wurde und dafür gelitten hat, was der Welt seit langem bekannt war, aber von den Menschen immer wieder vergessen wurde. So war es und so ist es; doch laßt uns hoffen, daß es nicht immer so bleiben wird.
Und nun zu den von Unwissenden aufgeklebten Zetteln an alles das, was über ihr Verstehen hinausreicht. Wer unter den ernstdenkenden Menschen schenkt ihnen Aufmerksamkeit? Das gleiche kann über die Angriffe gegen uns gesagt werden; wir sind an sie gewöhnt und kennen ihren Wert. Und wahrlich, alle diese Angriffe erwiesen sich schließlich als nützlich. In der LEHRE heißt es: Ohne Verleumdung würde die dankbare Menschheit die lebendigsten Erscheinungen begraben haben (Agni Yoga, § 21). Darüber hinaus kann ich Sie nur immer wieder bitten, sich nicht über die Abtrünnigen zu grämen - das sind unreife Seelen Mögen sie ihren Weg gehen Man kann nicht zwei Meistern dienen. Mögen sie ernstlich wählen und Verrat meiden, denn das Schicksal selbst eines kleinen Verräters ist schrecklich!
Es ist ausgezeichnet, daß Sie an der Selbstvervollkommnung arbeiten, wie sonst könnte man Apostel der LEBENDIGEN ETHIK werden, wenn nicht durch persönliches Beispiel, den Nutzen und die Wohltätigkeit der Lehre beweisend? Wer könnte von der Lehre angezogen werden, wenn die Anhänger sie nicht im Leben anwenden?
Seien Sie über Verleumdung nicht beunruhigt. Verleumdung ist nur schmerzlich, wenn sie von Menschen kommt, die wir achten. Lob von unwürdigen Menschen kann nur erniedrigen.
Sie haben eine Menge Fragen, ich will sie beantworten, will mich jedoch nicht wiederholen, da ich annehme, daß sie die Kopie aufgehoben haben.
1. Die Feinstoffliche Welt entspricht der Astralwelt von der niedersten bis zur höchsten Sphäre.
2. Die Feurige Welt ist die Welt des Geistes. Die höchste Stufe der Feurigen Welt wird oft die Höchste Welt genannt.
3. Alle psychischen Zentren entsprechen den physischen Zentren. Jedes Organ hat ein eigenes Nervenzentrum; einige Doppelorgane, wie die Nieren, die Lunge, haben Doppelzweige.
4. Es ist theoretisch richtig, aber das Leben offenbart viele Verschiedenheiten. Viele Frauen sind fast Männer und Männer fast Frauen, sowohl geistig als auch physisch. Oft haben Frauen männlichen Magnetismus und umgekehrt.
5. Das Mysterium des Buches des Lebens der Höchsten Geistwesen wird geheimgehalten.
In der Tat, in der wahren Kosmogonie gibt es weder Engel noch Erzengel, die nicht einst Menschen waren. Das ist vom ganzen Osten voll bestätigt. Es gibt weder einen Gott oder Götter, die nicht einst Menschen waren. Wenn Sie die Geheimlehre gelesen haben, werden Sie sich erinnern, daß die Hohen Geistwesen, die im Osten verschiedentlich als Söhne des Lichts, Söhne der Vernunft, Söhne des Feuers, Kumaras usw. bekannt sind, den christlichen Erzengeln entsprechen. Natürlich sind diese Engel nicht mit Flügeln ausgestattet, die ihnen bestimmte Hellseher infolge unvollkommener Vision oder poetischer Vorstellung zuteil werden ließen, um sich dieses Symbol eines Boten einzuprägen. Dieses Symbol ist nicht schlecht, denn die von den Schulterzentren ausgehenden Strahlen können wirklich den Eindruck von leuchtenden Flügeln erwecken. Aber wenn wir Erdbewohner uns in feinstofflichen Körpern frei im Raum bewegen können, ohne diese vogelähnlichen Attribute, brauchen sie dann die Höchsten Geistwesen? Also eine weitere Enttäuschung - die Engel haben keine Flügel! Fürwahr, die Strahlen sind weit schöner als diese vogelgemäßen Merkmale!
Und so waren die Schutzengel oder die Große Bruderschaft, diese Herrscher auf unserem Planeten, Hohe Geistwesen auf anderen Planeten und Menschengötter auf unserer Erde. Der höheren Evolution angehörend, kamen sie zu unserer Erde, um die Evolution ihrer Menschheit zu beschleunigen. Sie sind im wahrsten Sinn des Wortes, die Schirmherren und die Erretter unseres Planeten.
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Ich freue mich von ganzem Herzen über Ihre Hingabe an die LEHRE DER LEBENDIGEN ETHIK, denn nur durch sie können wir das öffnen der Tore vollbringen. Ebenfalls freut es mich zu hören, was Sie über andere Mitarbeiter sagen. Mögen sie ihren Geist durch die Errungenschaften im Alltagsleben stählen. Jede Arbeit, selbst die monotonste und mühsamste, möge in ihrer Qualität verbessert werden. Der Pfad der Jüngerschaft ist dornenvoll und mühselig, vor allem infolge unserer alten Gewohnheiten und Verhaftungen. Daher werden nur die Gefestigten und Furchtlosen, die ihre Selbstsucht im Feuer der Selbstverleugnung verbrannt haben, bestimmte Tore erreichen.
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Das seit langem vorausgesagte sehr schwierige Jahr des Beginns der Schlacht zwischen Erzengel Michael und dem Drachen geht vorbei. Das drohende Harmagedon findet auf beiden Ebenen statt - sichtbar und unsichtbar. Die Kräfte der Finsternis greifen alle lichten Unternehmen heftig an, aber wir nehmen diese Schlacht standhaft auf uns, wissen wir doch, für wen und wofür wir kämpfen. Und viele Krankheiten stehen mit der unerhörten Spannung auf beiden Ebenen in Zusammenhang.
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Was Sie über die Menschen schreiben, ist eine alte Wahrheit. In der Not gedenkt man unser, im Erfolg vergißt man uns. Auch was Sie über Besessenheit schreiben, ist für unsere Zeit charakteristisch, aber seien Sie bitte vorsichtig, denn es gibt Besessenheitsgrade, die sehr ansteckend sind. Alle Fälle von Besessenheit können durch die Kraft der psychischen Energie in Verbindung mit der Höheren Kraft geheilt werden. Sicherlich, Hilfsmittel - wie erhabene Musik, wunderbare Wohlgerüche, reine Atmosphäre und die Farbe des Raums - alles, was auf den Geschmack des Kranken abgestimmt ist, kann sehr dienlich sein. Es ist gut, für die Nacht am Bett eine Schale heißes Wasser mit Eukalyptusöl aufzustellen; dies ist auch am Tage sehr nützlich. Dennoch kann ein ernster Fall von Besessenheit nicht durch Hilfsmittel geheilt werden, sondern nur durch die Wirkung der reinen und machtvollen psychischen Energie.
Sie haben recht mit dem, was Sie über das Buch Der Ruf sagen. Es enthält in konzentrierter Form die Ideen, die mehr im Detail und von verschiedenen Gesichtspunkten her in den späteren BÜCHERN DER LEHRE analysiert sind. Aber es ist zwecklos und unrichtig, die Briefe der Mahatmas zu kritisieren und abzulehnen. A. P. Sinnett schrieb seinen Esoterischen Buddhismus auf Grund dieser Briefe. Ihr Inhalt, nur weit ausführlicher behandelt, liegt auch der Geheimlehre zugrunde. Dieser Band der Briefe ist eines der großartigsten Bücher, und es wird auch im Westen sehr geschätzt. Es abzulehnen bedeutet, die ganze durch H. P. Blawatsky übergebene Lehre und alle BÜCHER DER LEBENDIGEN ETHIK abzulehnen. Bedauerlicherweise sind in dem von Ihnen genannten Band nur wenige Briefe und unvollständige Auszüge daraus verwendet worden. Doch leider, sogar in dieser Form sind sie, wie Sie sehen, von bestimmten Bewußtseinen schwer zu erfassen.
Sie haben recht, wenn Sie sagen, daß Christus Jesus eine außergewöhnliche Erscheinung in der Geschichte war, aber es kann mit gleichem Recht gesagt werden, daß auch alle anderen Kumaras oder Gottmenschen nicht weniger außergewöhnlich waren. Und nur ein eitler Unwissender wird die verschiedenen Gestalten dieser Höchsten Geistwesen zu messen suchen. Ein sehr treffender Ausspruch findet sich in der LEHRE: Man wird fragen, wer steht höher Christus oder Buddha? Antwortet, daß man die entfernten Welten nicht messen kann. Wir können nur durch ihre Strahlung entzückt werden. Der Christus-Strahl nährt die Erde genauso wie der Regenbogen des Buddha die Bestätigung der Gesetze des Lebens bringt (Blätter des Gartens MORYA II, § 310).
Sie schreiben, daß jedwede Streitigkeit und Polemik über erhabene Begriffe sehr bedauerlich ist. Dies ist völlig richtig, aber besonders bedauerlich ist die unwissende Polemik, die nur zur Gereiztheit führt. Man kann anderen nicht erklären, was für einen selbst unklar ist; dadurch entsteht nichts als schädliche Verwirrung. Der Gedankenaustausch zwischen hochgebildeten Menschen ist sehr schöpferisch, denn durch Gedankenaustausch verschiedener Meinungen werden Funken der Wahrheit geschlagen. Gerade der Gedankenaustausch ist notwendig, nicht auf Unwissenheit beruhende Ausführungen.
Wahr ist auch, daß unvollständige Behauptungen in Büchern für den oberflächlichen Leser oft den Eindruck des Widerspruchs erwecken. Selbst die Größten Lehrer sind solcher Widersprüche bezichtigt worden. Aber die Ankläger übersehen den wichtigsten Faktor, nämlich ihre eigene Unwissenheit. Wer in allem den Ruf nach Gottlosigkeit und Satanismus sieht, ist wahrhaftig fern jeder Aufklärung, und kein Argument wird ihn überzeugen können. Jene, die über das Buch Die Grundlagen einer Neuen Weltanschauung verwirrt waren, sind zu bedauern und müssen allein gelassen werden. Und was die Kirchenväter betrifft, so haben diese vergessen, daß 1906 in der Regierung Nikolaus II. Freiheit und religiöser Glaube sowie Meinungsfreiheit gestattet waren. Viele Kirchenväter würden wahrscheinlich gern in die Zeit religiöser Intoleranz zurückkehren und auch zu Domostroy (ein Buch des 16. Jahrhunderts über die Organisation des Familienlebens und des Haushalts). Es gibt Andeutungen darüber an einigen Stellen. So ist der Autor des Pamphlets Die orthodoxe Welt und das Freimaurertum von der Synode durch einen Orden belohnt worden, weil er offensichtlich die besten Söhne seines Landes schmähte. Nichtsdestoweniger besiegt das Licht die Finsternis.
Das neue Buch AUM wird jetzt herausgebracht. Zweifellos werden jene im Gegenlager wieder ein Gezeter und Geschrei erheben: Wozu diese heidnischen Begriffe? Wie kann man es wagen, Göttlichen Segen mit dem heidnischen AUM gleichzusetzen usw. Wir können ihnen antworten: Behaltet eure Unwissenheit für euch und die Ausführungen der Lehre zitieren: Spricht man zu den Gelehrten von magnetisiertem Wasser, so wird dieser Ausdruck angenommen, spricht man aber von verzaubertem Wasser, wird man zu den Unwissenden gezählt. Dabei liegt der Unterschied lediglich in der Benennung, denn in Wirklichkeit wird dieselbe Energie angewendet. Es ist Zeit für die Wissenschaft, ihren Gesichtskreis zu erweitern - frei von jeglichen gelegentlichen Benennungen. (Alle Dramen des Lebens entstehen aus Benennungen, Anmerkung des Verfassers.) Man sollte sich von Kindheit an angewöhnen, das Wesentliche der Dinge aufzuspüren.
Beim Studium der Glaubensgeschichte kann man beobachten, daß die Menschheit feinstoffliche Begriffe wiederholt erfaßte, aber sie wieder vergaß und später das verwarf, was bereits erkannt wurde. Man kann bemerken, wie in alten Zeiten das Gesetz der Wiedergeburt begriffen und in einem Krampf des Zorns wieder abgelehnt wurde. Der Grund für diese kirchliche Ablehnung ist verständlich - eine Kaste verteidigte ihre Vorrechte, denn das Gesetz des Seins drohte, die Rechte der Menschen gleichzumachen. So geschah es in verschiedenen Zeitaltern, denn die Wellen der Erkenntnis und der Unwissenheit sind überall die gleichen. Sie bringen die für den Fortschritt des Bewußtseins so nötigen Gewässer in Bewegung. Daher erlangt jeder, der nach Wissen strebt, Gelassenheit des Geistes inmitten des Sturms und der Anstrengung. Laßt uns nicht in Unwissenheit verharren, wenn Wissen an alle Tore pocht!
Ich möchte Ihnen einen Auszug aus einem Artikel über die Erbsünde aus einer englischen Zeitschrift bringen. An einen Religionslehrer wurde von einem Schüler folgende Frage gestellt: Warum wird verkündet, daß die Sünde und das Böse mit Adam und Eva im Paradies in die Welt kam, wo es einen Baum der Früchte des Guten und des Bösen gab? Wie kamen die Früchte des Bösen ins Paradies? Wie konnte im Paradies der Teufel sein? Wirklich, manche Schulkinder von heute sind klüger und denken schärfer als jene der vergangenen Generation. Man kann das Bewußtsein nicht zurückdrängen. Die Erbsünde wird von jenen begangen, die die Aufklärung und Entwicklung des Denkens in den Menschen gewaltsam aufhalten. Jedwede Gewalt steht in Widerspruch zu den Gesetzen des Universums und löst unvermeidlich Explosionen und Zerstörung aus. Blicken wir zurück, so können wir die Hauptgründe, die den Niedergang der alten Welt verursachten, erkennen. In der Tat, Erstickung des Denkens und des Geistes züchtete jeden darauf folgenden Wahnsinn, bis der lange überwachte Damm brach und alles vom Sturzbach hinweggeschwemmt wurde. So kann niemand dem Denken Einhalt gebieten, dieser feurigen Energie und Krone des Universums. Große Veränderungen gingen im Bewußtsein der Massen aller Länder vor sich, aber noch immer weigern sich manche Menschen, diese Tatsache zuzugeben. Der Grund für das ganze Übel, das sich jetzt ausbreitet, ist Unwissenheit und die ungeheure Verantwortungslosigkeit, die regierte und noch regiert, wie man unter den sogenannten mit Macht Ausgestatteten beobachten kann. Die Menschen bedürfen der Fürsorge, und diese Fürsorge sollte sich vor allem in der Aufklärung und ihrer richtigen Erziehung offenbaren. Der Mensch lebt nicht vom Brot allein.
Und so suchen Sie nicht nach Anhängern, arbeiten Sie jedoch an Ihrer eigenen Vervollkommnung.
23. Mai 1936
Sie haben ganz recht, wenn Sie sagen, daß wir aus Mangel an Begriffsbestimmungen in unserer westlichen Sprache auf unüberwindliche Schwierigkeiten stoßen bei dem Versuch, nicht nur die Höheren Begriffe, sondern auch eine ungewohnte Annäherung an eine bereits bekannte Vorstellung auszudrücken oder zu erklären. Westliches Denken ist vergleichsweise grob und schwer, und infolgedessen hat es all die feinen Nuancen in den Begriffsbestimmungen, an denen der Osten so reich ist, noch nicht entwickelt. Der Hauptgrund für den Mangel an Verstehen ist, daß die Menschen des Westens an die Verfeinerung des Denkens nicht gewöhnt oder besser, nicht darin geübt sind. Gibt es viele, die imstande sind, mit echter Aufnahme zu lesen? Die meisten Menschen lesen mit den Augen und nicht mit dem Geist und dem Herzen, daher bleibt ihnen die tiefere Bedeutung verloren.
Gewiß, in dem Wort Religion ist ein Begriff von größter Bedeutung enthalten, aber der jetzigen Menschheit ist dieser Sinn verlorengegangen. Richtig bedeutet Religion die Beziehung des Menschen zur Höheren Welt oder zum Höheren Prinzip. Doch jeder versucht, sich dieser großen alleinigen Beziehung als eines ausschließlichen Besitzes zu bemächtigen. Daher hat jedes Volk ihn für sich abgesondert, beschränkt und mit dem Stigma des Fanatismus gestempelt, indem es jeden ungewohnten Ausdruck dieses Begriffes von seiten jener, die ihm nahestehen, verbannt. So haben wir aus einer einzigen Religion viele Pseudoreligionen gemacht, die einander ausschließen. Doch wenn man zu sagen wagt, daß die Hauptursache allen Übels nicht die wahre Religion, sondern die Pseudoreligion ist, wird jeder auf seinen Nächsten zeigen, und seine Eitelkeit wird es nicht zulassen, daß diese bittere Wahrheit auch für ihn gilt. Es wird zu neuer Unklarheit und neuer Versuchung führen. Die Bedeutung der Wörter kann in allen Sprachen nur durch das Herz beziehungsweise durch Gefühlswissen richtig verstanden und angenommen werden.
Ängstigen Sie sich nicht über Angriffe und Verleumdungen. All dies ist nur abgestandener Schlamm von Morasten. Ich habe bereits geschrieben, daß keine einzige Lehre des Lebens ohne harten Widerstand angenommen wurde. Das gleiche wird den BÜCHERN der LEBENDIGEN ETHIK widerfahren - wie Jesus sagte (Lukas 6:26): Wehe über euch, wenn alle Menschen gut von euch reden! Gerade so haben ihre Väter an den Lügenpropheten gehandelt. Man kann es nicht klarer ausdrücken. Und wer von den für die Wahrheit Schaffenden wollte mit dem Merkmal eines Lügenpropheten behaftet sein? Jenen, die den Kelch des Ostens (Auszüge aus den Mahatma Letters von A. P. Sinnett) nicht annehmen wollen, sollte man sagen, daß die Welt weit und das Licht groß ist und daß der Kelch des Ostens in vielen Heimen eine neue Kerze entzündete und neue geistige Freude auslöste. Die Lehre verbreitet sich auf unerforschlichen Wegen. Niemand und nichts kann den Kosmischen Magneten in seiner evolutionären Bewegung aufhalten. Ganze Kontinente und Rassen, die untergegangen sind, zeugen davon. Die Menschheit unserer Rasse beschleunigt in ihrer irrigen Uneinigkeit ihren eigenen Verschiebungszyklus. Unser Schiff eilt dem Untergang zu, und die finsteren Anstifter freuen sich in ihrer Bosheit, denn sie hoffen, auf den Wracks zu entkommen.
Ich würde die Widersacher des Kelches des Ostens nicht vernünftig intelligent nennen, denn gerade in solchen Widersachern ist schwer eine Spur von Intelligenz zu finden. Ihre Intelligenz gleicht der Widerspiegelung eines Zerrspiegels. Solche Spitzfindigkeit verursacht die Entartung der höheren Zentren und macht Erkenntnis unmöglich. Jemand sagte, wenn man die Behauptung über das Böse der Religionen wörtlich und rundweg annähme, müßte man in logischer Folgerung der fatalen Formel, daß Religion Opium für das Volk sei, zustimmen. Buchstäblichkeit und Geschmacklosigkeit sind Attribute der Beschränktheit, und nur unzweifelhafte Beschränktheit könnte zu einer solchen Formel gelangen. Doch niemand wendet sich der Beschränkung zu, um das neue Verstehen zu erfassen! Nur ein voreingenommener Geist wird nicht gelten lassen, daß jede abgesonderte, beschränkte und dekadente Religion tatsächlich Opium ist, das schlimmste Gift von Uneinigkeit und Zersetzung. Das gleiche kann von der Unwissenheit der Wissenschaft gesagt werden, und im allgemeinen über jede Unwissenheit. Das neue Bewußtsein ringt danach, die Verbindung mit der Höheren Welt und der einen Quelle aller Lehren, Philosophien und allen Wissens überhaupt herzustellen.
Ebenso müßten diese Besserwisser gewußt haben, daß jede Epoche einem bestimmten Wissensgrad entspricht, und was für ein Jahrhundert wichtig und zweckmäßig war, kann nicht genauso für das folgende bestimmend sein. Wäre dem so, wo bliebe da die Evolution? Der Menschheit wird in jeder Phase ihrer Entwicklung nur jener Teil der Wahrheit gegeben, der von der Minderheit angenommen werden kann. In jeder Epoche, in jeder Religion und in jedem Volk erschienen neben den Großen Lehrern, die ein neues Verstehen der vergessenen alten Offenbarung überbrachten, nach einer gewissen Zeit Hohe Geistwesen, um das neuempfangene Vermächtnis zu klären. Diese Geistwesen ragen aus dem Hintergrund der unwissenden Vertreter der Religionsformen als strahlende Leuchttürme hervor. Diese Fackelträger erleiden zu oft das Schicksal der Märtyrer, und ihre Werke werden, wie sie selbst, von den Händen verschiedener Glaubenseiferer zunichte gemacht. Niemand würde daran denken, Sie mit einer anderen Religion in Verbindung zu bringen, und Sie stehen isoliert da, abseits jedes kirchlichen Dogmas, was nicht überrascht; denn Sie waren schon immer Verneiner unwürdiger Kirchendiener.
Gleicherweise war der Heilige Sergius mit dem Geiste des äußeren kirchlichen Dogmatismus nicht behaftet, und wer es anders versteht, ist blind und taub. Man kann Menschen begegnen, die behaupten, der Heilige Sergius wäre ein orthodoxer Kirchenvertreter gewesen, weil er Kirchen baute, Klöster errichtete und strenge Regeln, Rituale u. dgl. einführte. Aber der Sinn des ganzen Schaffens des Heiligen Sergius war kein äußerlicher Dogmatismus, sondern lag in seinem hochmoralischen und ethischen Einfluß auf seine Zeitgenossen. Mit dem Aufstellen von strengen Regeln, der Einführung von Disziplin inmitten der wilden Sitten jener Zeiten, trug er dazu bei, den Charakter der Menschen zu formen, die Macht des Volkes aufzubauen. Aus der Geschichte ist bekannt, in welch chaotischer Lage sich der Geist des Volkes in der ernsten Zeit des mongolischen Jochs befand sowie wegen der zügellosen Sitten der herrschenden, sich gegenseitig befehdenden Fürsten. Strenge Schulung und Zügel waren vonnöten, die auf Begriffen beruhen mußten, die den Menschen nahestanden und verständlich waren. Für das Bewußtsein, das gerade aus einem kindlichen Zustand erwacht war, waren Symbole und Zeremonien wichtig. Und wie wir bemerken, können sich auch jetzt noch manche von diesen Symbolen nicht lösen; mit schwachen Bewußtseinen muß man nachsichtig sein. Christus jedoch sagte: Aber die Stunde kommt, und jetzt ist sie, da die wahren Anbeter den Vater im Geist und in der Wahrheit anbeten; denn der Vater sucht solche Anbeter. Gott ist Geist, und die ihn anbeten, müssen ihn im Geist und in der Wahrheit anbeten
(Joh. 4:23, 24).
Das Troitsky-Sergievsky-Kloster mag verschwinden, denn selbst zu seinen Lebzeiten war es schon fast zerstört; doch das Andenken an Sergius selbst wird nie sterben, denn groß war der Magnet des Geistes, den er in die Seele des russischen Menschen einlagerte. Die Geschichte der geistigen Entwicklung der russischen Seele und der Beginn des Sammelns und des Aufbaus Rußlands ist mit dem Namen dieses Großen geistig Schaffenden unlösbar verbunden. Gerade das erklärt, warum alle finsteren Kräfte gegen diesen großen Namen die Waffen erhoben. Welche Relikte sind von den Großen Lichtträgern geblieben, von Buddha und Christus (von ersterem eine Handvoll Asche, vom zweiten ein herkömmliches Grab); aber ihr Andenken lebt und wird stärker nach Jahrhunderten, wenn es von den Anhäufungen und von Unwissenheit gesäubert worden ist.
Wenn jemand die tiefere Bedeutung von irgendeinem algebraischen Zeichen oder einer Bezeichnung ersetzen will, mag er eben dabei bleiben.
Das gleiche bezieht sich auf den Kelch des Ostens. Wer kann darin eine Beschränkung auf Gottlosigkeit und völlige Unwissenheit sehen? Jemand bedauert, daß der Ältere Mahatma vor 50 Jahren nicht jene Apotheose gegeben hat, wie jetzt in der Feurigen Welt. Doch wer will wissen, was vom Älteren Mahatma wirklich gegeben wurde oder nicht? Für einen mit östlichen Lehren und östlichem Denken vertrauten Geist ist diese Apotheose das Grundprinzip.
Ebenso sprechen alle von Ihnen aus dem Buch Der Ruf angeführten Zitate von demselben erhabenen Pantheismus, von dem die Bände der Geheimlehre und die Mahatma Letters durchdrungen sind. Darüber hinaus ist die Schaffenskraft der Mahatmas so groß und vielfältig, daß sie kaum in jedem Fall und zu allen Zeiten, zu verschiedenen Nationalitäten und Bewußtseinen immer mit derselben Formel sprechen werden. Selbst ein Durchschnittskünstler oder Dichter ändert seinen Stil und sein Idiom entsprechend, wenn er verschiedene Epochen und Stellen interpretiert. Erstarrte Gedanken, erstarrte Formeln stehen im Widerspruch zum Kosmos. Leben ist ewige Bewegung, ewiger Wechsel der Formen. Verschiedenartigkeit ist Leben, Monotonie ist Tod.
Ich möchte in den äußeren Hüllen der spitzfindigen dialektischen Besserwisser nicht zuviel herumwühlen, das wäre eine unverantwortliche Zeitvergeudung.
So sende ich Ihnen Mut und Furchtlosigkeit. Beunruhigen Sie vor allem Ihr Bewußtsein nicht mit den Einflüsterungen jener Klugen, die nach unserer Meinung völlig unwissend sind.
26. Mai 1936
Nehmen Sie die Angriffe auf die BÜCHER der LEBENDIGEN ETHIK gelassen hin. In der Tat, immer wird alles Neue, das das Bewußtsein von gewohnter Stagnation wegführt, von bösartigen Ausrufen und von Widerstand begleitet. Davon gibt es in der Geschichte der Religion und auch im Bereich der Wissenschaft zahlreiche Beispiele. Für jene, die sich als Christen bezeichnen, sollte das Beispiel Christi selbst das lebendigste sein, aber sie neigen dazu, gerade ihn zu vergessen. Wer verfolgte und kreuzigte Christus, wenn nicht die Dogmatiker und Schriftgelehrten, und sagten die Pharisäer nicht von ihm: Mit Hilfe des Obersten der Geister treibt er die Geister aus (Matth. 9:34). Und weiter heißt es bei Lukas 11: 15, 18:
einige von ihnen aber sagten: Durch Beelzebub, den Obersten der Geister, treibt er die Geister aus. Um ihn zu versuchen, forderten andere von ihm ein Zeichen vom Himmel. Er aber durchschaute ihre Gedanken und sagte zu ihnen: Jedes Reich, das in sich selbst zerrissen ist, wird zerstört, und ein Haus fällt über das andere. Wenn nun auch der Satan in sich selbst zerrissen ist, wie kann sein Reich bestehen?
Es ist seltsam, daß jene, die am lautesten heulen und die BÜCHER der LEBENDIGEN ETHIK angreifen, die sie gar nicht kennen, auch ihre eigenen Schriften nicht kennen. Liest aber jemand gelegentlich doch etwas aus den Büchern, so kleidet und erklärt er es auf eine für ihn vorteilhafte Weise. Immer wieder betonen wir und raten, keine unreifen Bewußtseine anzusprechen und zu zwingen - es hat keinen Zweck und ist sogar gefährlich. Alles muß ganz natürlich vor sich gehen. Ein bereiter Geist weiß genau, wo die Wahrheit liegt, und nichts kann ihn verwirren oder abschrecken. Allerdings sind diese in der Minderheit. Aber in dieser Ära sind sie zahlreicher als zuvor, denn keine Unterdrückungen können der Evolution Einhalt gebieten Denken Sie daran, wie wenige Anhänger und Schüler Christus hatte; und selbst unter diesen wenigen gab es einen Nikodemus und einen Judas! Sorgen Sie sich nicht um die Aufklärungsarbeit, sie geschieht auf eigenen Wegen. Über die ganze Erdweite nimmt die Zahl der Suchenden zu.
Die erste AUFGABE der LEBENDIGEN ETHIK ist, das Bewußtsein zu erweitern. Wollen wir uns daher in Gedanken nicht an zufällige kleine Orte und an eine Menschengruppe heften. Das Universum ist weit und das Licht ist nicht schwach. Während sich an einer Stelle Verleumdung ausbreitet, wird an einer anderen das neue Denken tausendfach empfangen. Irgendwo gibt es Verrat, anderswo Beispiele eines beachtenswerten Feuers des Geistes und der Selbstaufopferung. Man muß es lernen, das geistige Gleichgewicht zu finden und den unvermeidlichen Irrationen der Finsternis gelassen entgegenzutreten. Sie wissen bereits, daß wir in einer seit langem in allen Schriften vorausgesagten ernsten Zeit leben, in der Zeit des Kampfes der lichten Kräfte mit denen der Finsternis. Wundern wir uns nicht über die Schliche der Angriffe des Bösen. Wahrlich, nach der Schlacht, die einige Jahre dauern wird, und nach dem Sieg des Lichts über die Finsternis wird die Macht des Fürsten der Finsternis nicht mehr ansteigen können und seine Kraft wird abnehmen. Aber da man nicht zwei Herren dienen kann, möge sich schließlich jeder in seinem Herzen entscheiden, wem er dienen will, um nicht ein Verräter zu werden, oder wie es in der Offenbarung des Johannes heißt, 3:16: Weil du weder warm noch kalt bist, so will ich dich aus meinem Munde speien
Wenn daher jemand nicht stark genug ist, die Furcht und den Zweifel zu überwinden, dann ist es besser, sich nicht zu nähern. Folgt jemand dem dogmatischen Christentum, so möge er daraus die beste Lehre ziehen. Gerade die Neue Epoche beleuchtet die Lehre Christi mit neuer Erkenntnis. Aufgeklärte Geistliche - und solche gibt es bereits - werden sich den wahren Bündnissen Christi zuwenden, den Bündnissen der ersten Kirchenväter und den Werken des großen Leuchtturmes der Christenheit Origenes, der für die ganze Philosophie des Christentums die Grundlage legte.
Zum Schluß wiederhole ich erneut, daß uns keine Angriffe schrecken können, denn wir dienen dem Großen Licht. Darüber hinaus - worin besteht die wahre Heldentat? In der allgemeinen Anerkennung? Die begeisterten Schreie der Masse folgen niemals den Erweckern des neuen Bewußtseins und den Überbringern neuer Entdeckungen. Wie es im Evangelium des Heiligen Lukas heißt: Wehe über euch, wenn alle Menschen gut über euch reden, genauso haben ihre Väter an den Lügenpropheten gehandelt. Es wäre nützlich, in den Schulen Bücher wie Die Märtyrer der Wissenschaft zu lesen. Dies alles scheint alt zu sein, aber nichtsdestoweniger ist es ewig neu. Daher sagen wir: Fürchten wir uns nicht!
Leben Sie mit dem Herzen, entwickeln Sie Toleranz und Edelmut, und das neue Bewußtsein wird sich in Ihrem Innern festigen.
8. Juni 1936
Möge die neue Runde neues Wissen bringen. Fürchten wir keine Angriffe und Kämpfe, denn die HIERARCHIE DES LICHTS braucht den Sieg; doch ist Sieg ohne Kampf möglich? Ist es nicht ein Sieg, in diesem schweren Jahr so viele wichtige Bücher veröffentlicht zu haben? In der Tat, solch ein Werk ist eine sehr ernste Niederlage für den Feind.
Und nun zu Ihren Fragen. Ich habe viel über Karma geschrieben. Gewiß, um diesen Begriff haben sich viele ungeheure Entstellungen gehäuft, und eine der schlimmsten ist die Weigerung, seinem Nächsten aus Furcht, sein eigenes Karma zu erschweren, nicht zu helfen.
Wäre dies nicht die größte Selbstsucht? Wenn wir unserem Nächsten wohltätige Hilfe zuteil werden lassen, nehmen wir einen Teil seines Karma auf uns, doch wie könnte das unsere geistige Entwicklung, die allein unser Karma bestimmt, belasten?
Im Gegenteil, Verweigerung der Hilfe kann Karma maßlos belasten, denn wer kann sagen, an wem und wann wir alte Schulden abtragen? Nur der Archat weiß, wo keine Hilfe gegeben werden darf, doch wir müssen unsere helfende Hand ausstrecken, wo immer es nötig ist. Wie der Heilige Sergius sagte: Wer es unterläßt, seinem Bruder zu helfen, wird den Dorn aus seinem eigenen Fuß nicht herausziehen können. In der Tat, überall und immer muß man Vergleichbarkeit und Zweckmäßigkeit üben. Es gibt aber auch Menschen, die alles abgeben wollen und dadurch von anderen abhängig werden. Aber solchen Menschen sollten wir eine Mahnung aus der LEHRE zitieren: Wer sagte, daß ihr wahnsinnig abgeben sollt? Der Wahnsinn bleibt dennoch bestehen. Darüber hinaus vergessen die Menschen oft die geistige Hilfe, welche die stärkste ist. Aber eine Tatsache wird sehr oft nicht beachtet, und das ist, daß Karma hauptsächlich durch unsere Gedanken geschaffen, erleichtert und gewogen wird. Der Gedanke und sein Motiv weben nämlich unsere Aura, dieses Magnetfeld, das alle Möglichkeiten entweder anzieht oder abstößt - und dieser entscheidende Faktor wird bei den Gesprächen über Karma sehr oft außer acht gelassen. Doch wäre es anders, gelänge es uns nie, aus dem magischen Kreis des Karma herauszukommen.
Wenn daher die Menschen weniger über Karma nachdächten und mehr über die Reinigung und Vervollkommnung ihrer Gefühle und Gedanken, würden sie große Fortschritte machen. Man sollte neues Karma nicht fürchten, sondern nur bestrebt sein, seine Qualität zu verbessern. Aus Furcht vor neuem Karma kann man solch einen Käfig schaffen, aus dem es nur einen Weg gibt - Involution. Man sollte daran denken, daß im Kosmos Kommensurabilität besteht: daher wird bedeutsames Karma bedeutende Wirkungen zeitigen. Obwohl das Karma großer Verantwortlichkeit sehr belastend ist, bringt es allein große Errungenschaften. Die Menschen sollten daher weder das Handeln noch Verantwortung scheuen.
Und weiter sollten wir bedenken, daß schweres Karma nicht ein niedriges Karma sein muß; in der Tat, gerade umgekehrt ist es. Leichtes Karma ist unbedeutendes Karma. Leichtes Karma ist an sich oft eine ernste Prüfung, denn sehr selten kann ein Mensch im materiellen Wohlstand zur nächsten geistigen Stufe aufsteigen. Aus diesem Grunde erachten die Weisen ein leichtes Leben als Fluch. Wäre Jeanne dArc von ihrem König mit einem Gut belohnt worden und hätte sie ihr Leben in Luxus und Wohlstand zu Ende geführt, sie wäre nicht Jeanne dArc gewesen. Es war jedoch nicht ihr persönliches Karma, das den Tod auf dem Scheiterhaufen forderte. Wir müssen an die Missionen denken, die große Geister freiwillig auf sich nehmen, und das Verhalten zu jenen, für die sie gelten, bestimmt das Karma ihres Volkes für viele Jahrhunderte. So dienen diese großen Geister als Prüfstein für das Bewußtsein der Völker.
Gleicherweise, wenn im gleichen Geist das Verstehen einer zu leistenden Tat oder ein Anerbieten für einen gleich hohen Zweck angenommen und vollführt wird, so wird diese dreifache Energie auf der anderen Seite Ergebnisse bringen, die hundertfach stärker sind. Es kann sein, daß die Ergebnisse sich nicht in dieser Inkarnation einstellen, aber in der nächsten; denn je weiter der durch die Tat erfaßte Kreis ist, desto länger währt die Vergeltung, und um so mächtiger werden die durch sie angehäuften Möglichkeiten und Ergebnisse sein. Aus diesem Grunde wird in allen östlichen Schriften darauf hingewiesen, daß die Hilfe, die einem großen geistig Schaffenden zuteil wird (nicht im engen Sinn des Wortes), die aller anderen in ihrem Resultat übersteigt. Aber gerade diese große Wahrheit wurde zur Ursache für die meisten schrecklichen Verfehlungen der Priesterkaste. Geschenke und Opfer, die Finanzierung der Tempelbauten, das Ausschmücken der Ikonen mit kostbaren Edelsteinen und die goldenen Meßgewänder, die pfundschweren Kerzen - das alles gründet auf derselben, aber entstellten Wahrheit. Im Verlaufe von Jahrhunderten wurden alle geistigen Werte durch materielle ersetzt. Die Menschen vergessen, daß sie Gold und materielle Werte, einerlei welche, in den überirdischen Sphären nicht nutzen können. In den überirdischen Sphären ist der reichste Mann ein Bettler. Daher sollte man nicht versuchen, Karma zu verbessern, indem man Handlungen vermeidet, sondern durch intensive Entwicklung und Aufspeicherungen von geistigen Werten.
Und nun über den § 320 aus dem Buch Feurige Welt III. Gleichgewicht und Harmonie sind ein und derselbe Begriff. Daher kann man sagen, daß der Kosmos durch Tätigkeit und Harmonie der Atome aufrechterhalten wird. Der Mensch als Widerspiegelung des Makrokosmos muß daher danach streben, alle in seinen Mikrokosmos eintretenden Atome zu harmonisieren.
Gleichgewicht wird in Übereinstimmung mit der Willensentwicklung bestätigt. Daher bestätigt eine von einem disziplinierten Geist gelenkte Tat Einklang mit den kosmischen Gesetzen und bewirkt folglich Gleichgewicht. Der durch selbstsüchtige Begierden gefärbte niedere Wille züchtet die Schrecken der Zerstörung; denn Zusammenprall zwischen disharmonischen Kräften verursacht Explosionen im Kosmos und das Chaos hat freie Bahn. Ein unwissender und lasterhafter Mensch verursacht tatsächlich giftige Explosionen und chaotische Verwirrung in seinem eigenen chemischen Laboratorium und verseucht die Atmosphäre ringsum ganz beträchtlich.
Und so heißt es: Des Menschen karmische Waage offenbart das Ausmaß seines freien Willens. Das heißt, die Qualität des Karma gibt entweder Kunde von dem jeweils höheren oder niederen Willensgrad einer Person. Der Wille ist der Hauptfaktor und Schöpfer alles Seienden. So wird der Mensch nicht von den Höheren Kräften oder von der Gottheit belohnt oder bestraft, sondern allein auf Grund der Affinität des Atoms, das mit den Atomen der entsprechenden Sphäre in den Wirbel seiner Aura eindringt, wird er in diese oder jene Umgebung der Sphäre gezogen. Es heißt, daß sich Karma keines harmonischen Körpers bemächtigen könne, und so laßt uns bestrebt sein, unsere Energie zu vervollkommnen. Vervollkommnung wird zur Ausgeglichenheit und zur Harmonie führen
Und jetzt über das Opfer Christi. Es ist natürlich undenkbar, die Bedeutung des Opfers oder der Kreuzigung Christi in der Art zu verstehen, wie viele niedere Bewußtseine es tun. Die Wahrheit ist, daß Christus, der die Macht des Geistes über die physische Materie manifestieren wollte, den Opferkelch annahm und durch sein Blut das von ihm überbrachte Vermächtnis besiegelte. Kein Mensch ist einer größeren Liebe fähig als jener, der sein Leben für seine Freunde hingibt. Und im Buch Agni Yoga, § 8, heißt es: Es sei darauf hingewiesen, warum die Lehrer des Wissens beim Verlassen der Erde so viel gelitten haben. Dieses Leid nahmen sie natürlich bewußt und freiwillig auf sich. Wie der Gastgeber die Schale bis zum Rande füllt, so will der Lehrer dieses letzte Zeichen Seines Vermächtnisses prägen.
Wenn daher das große Beispiel und Opfer Christi die Feuer in unserem Herzen entfacht und wir sein Gebot befolgen, werden wir erkennen, daß er nicht vergeblich litt und erst der von ihm empfangene Kelch sein Vermächtnis besiegelte. Doch wenn wir glauben, daß - unbekümmert um die von uns begangenen Fehler - das von Christus vergossene Blut uns für immer von der Macht des Teufels erlösen wird, dann werden wir selbst zum Teufel! Niemand kann andere erlösen. Der Geist kann nur durch eigene Anstrengungen in die vorbestimmte herrliche Welt aufsteigen. Glaube ohne Tat ist tot.
Alle Großen Lehrer werden Erlöser der Welt genannt, weil sie immer und immer wieder den Pfad des Lichts weisen. Sie können uns jedoch nur helfen und beschützen, wenn wir Ihren Schutz annehmen. Der gesamte Kosmos gründet auf dem Gesetz der Wechselwirkung oder der Gegenseitigkeit, und wo es keinen Widerhall gibt, da gibt es keine Wirkung. Das erklärt, warum Christus dort keine Heilung bewirken konnte, wo es des Glaubens ermangelte und wo kein Streben des Geistes zum heilenden Strahl vorhanden war.
* * *
Das Sakrament des Großen Opfers hat seinen Ursprung in den ältesten Mysterien. Bei der letzten Einweihung wurde dem Neophyten ein mit dem roten Saft des Granatapfels (Symbol des Blutes) gefüllter Kelch überreicht, dessen Inhalt er in vier Richtungen zu verschütten hatte, als Zeichen seiner Bereitschaft, seine Seele und seinen Körper für den Dienst der Weit hinzugeben, d. h. für die Wahrheit zu leiden. Ebenso wollte Christus dieses Symbol unter seinen Jüngern festigen, um der künftigen Generation das Gedenken an sein Opfer und Vermächtnis zu erhalten. Keine mechanische Kommunion kann unsere Seele erlösen, denn Glaube ohne Taten ist tot.
Ich entsinne mich eines Gesprächs mit einer Missionsfrau über das Opfer Christi. Sie schlug sich an die Brust und schrie hysterisch, sie wisse, daß Christus für sie gelitten und sie von ewiger Verdammnis erlöst hätte. Ich versuchte, ihr zu erklären, daß Christus nicht für sie, sondern um ihretwillen gelitten hätte. Wir trafen uns natürlich nie wieder. Man nannte uns Heiden und Spione und bedachte uns mit anderen ähnlichen Ausdrücken
Für mich gibt es keine größere Gotteslästerung als die Vorstellung eines allbarmherzigen Gottvaters, der seinen eingeborenen und ebenbürtigen Sohn für die Sünden aller Menschen opferte, für jene Menschen, die er nach der Schrift selbst erschaffen hat! Das erinnert an einen bestimmten Akkadischen Herrscher, der seinen Sohn opferte, um den Auswirkungen seiner eigenen Sünden zu entrinnen. Die Geschichte des Altertums berichtet und verurteilt zugleich einen solch barbarischen Begriff von Vaterschaft. Ist es möglich, daß spätere Generationen solch ein Beispiel von Elternliebe annehmen und es zum Status der Göttlichkeit erheben konnten? Jeder echt liebende irdische Vater und jede irdische Mutter würden für die Rettung ihres Sohnes gern ihr Leben opfern. Kann sich dann ein Göttlicher Vater den Menschen, die er selbst geschaffen hat, moralisch unterordnen?
Allein durch freiwilliges Opfer unter Selbstverleugnung wird die Welt zusammengehalten. In den höheren Welten strahlt der Kelch der Selbstaufopferung in allen Feuern unbeschreiblicher Freude, und nur auf unserer Ebene, der Ebene der Prüfungen und des Leides, ist dieser Kelch voller Bitterkeit und Gift. Der Geist, der die Freude der Selbstaufopferung erkannt hat, ist in sich selbst die höchste Schönheit. Schönheit und Selbstaufopferung sind in der Grundlage des Seins verankert.
Sie fragen, wie das entsetzliche Beispiel des Verrats durch Judas zu verstehen ist. Wir kennen das okkulte Gesetz, daß Licht Finsternis anzieht; je stärker daher das Licht, um so dichter die Finsternis. So ist es auf allen hohen Pfaden unvermeidlich, den Dienern der Finsternis und den Verrätern verschiedener Grade zu begegnen. Wie Schatten folgen sie der Quelle des Lichts. In der Tat, der ganze Haß der Finsteren bindet sie an den von ihnen gehaßten Gegenstand. Die Möglichkeiten solchen Verrats waren in Judas selbst sicherlich vorhanden. Aus diesem Grunde war er sowohl das Werkzeug der finsteren Kräfte als auch der Hohenpriester und Pharisäer, um deren verbrecherische Vorhaben auszuführen. Daher kann Judas als der Vertreter eines kollektiven Verrats betrachtet werden.
Da die Menschen das Ausmaß der Zusammenarbeit der sichtbaren und der unsichtbaren Welten im gesamten Geschehen bewußtseinsmäßig nicht voll erfassen, werden sie oft halbbewußt oder unbewußt zum Werkzeug der Diener der Finsternis. In der Tat, man kann behaupten, daß zwei Drittel aller menschlichen Handlungen unter dem Einfluß von sichtbaren wie auch unsichtbaren Einflüsterern vollführt werden. Und diese Einflüsterer gehören, entsprechend dem mentalen Zustand der Menschen, zum Großteil den Bewohnern der an die Erde grenzenden niederen Sphären an. Die Bewohner der irdischen Ebene unterliegen leicht dem Einfluß der niederen Sphären, wogegen die reine, höhere Beeinflussung einem reinen Gefäß zuteil wird.
Es heißt, daß der Strahl der höheren Welt kein nasser Mull ist, und wird der Strahl vom Herzen nicht aufgenommen, kann das Resultat solch einer ungewohnten Beeinflussung das Denken verwirrt werden. Denken wir daran, daß bei Hieroinspiration die großen geistig Schaffenden ihre Körper Jahre hindurch mittels verschiedener Läuterungen und Enthaltsamkeit vorzubereiten pflegten. Denken wir auch an die Erschütterungen, die sogar sehr Hohe Geistwesen in ihrer physischen Inkarnation erfuhren, als sie von Bewohnern der Feurigen Welt heimgesucht wurden. Denken wir an den Schock des Heiligen Sergius, der ergraute bei der Vision der Gottesmutter, obwohl sein Geist der Höheren Welt angehörte.
Jetzt dürfte Ihnen klar sein, daß jene, die berichten, daß ihnen Höhere Geistwesen erscheinen und dabei nicht vom heiligen Beben sprechen, das das Herz in einen unbeschreiblichen Zustand versetzt, der fast einem Herzschlag gleicht, entweder nicht die Wahrheit sagen oder von einem Personifikator aus der Feinstofflichen Welt irregeführt werden.
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Ihre Auslegung über Gott ist richtig. Wahrlich, man muß zeigen, daß der wahre Gottesbegriff allumfassend ist. In ihm bewegen wir uns und haben unser Sein;
Wenn es den Begriff des Unbegrenzten gibt, dann ist Gott selbst die Unbegrenztheit. Daher müssen alle Gespräche über Gott - Ihn unweigerlich begrenzen. Alles, was wir tun können, ist, uns in tiefer Ehrfurcht zu verneigen vor dieser unaussprechlichen Macht und Schönheit und in höchster Herzensfreude und frohlockenden Geistes diesem Mysterium der Mysterien der Großen Unbegrenztheit zuzustreben. Der Pfad, sich Gott zu nähern, ist wahrlich unbegrenzt.
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Es ist richtig, so viele Hinweise wie möglich über die große Bedeutung des Herzens zu sammeln. Das Herz ist die Wohnstätte Gottes. Die Nähe Gottes kann nur vom Herzen gefühlt werden. Sicherlich, das Herz bringt uns Ihm näher, aber es kann uns auch von Ihm entfernen.
Ja, der Raum ist erfüllt von herzzerreißendem Klagen, aber irdische Ohren können es selten vernehmen. Es ist weder Traurigkeit noch Gram, es sind entsetzliche Klagerufe.
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Zweifellos weisen die von uns aufgefangenen, für andere jedoch nicht hörbaren Töne auf Verfeinerung des Gehörzentrums hin. Ebenso kann der Schmerz im Solarplexus mit der Zunahme der Feinfühligkeit zusammenhängen. Ich rate Ihnen dringend, Soda bicarbonat einzunehmen, wenn Sie diese Schmerzen verspüren. Läßt der Schmerz jedoch nicht nach, dann können Sie die Dosis verstärken. Soda ist in vielen Fällen der Zentrenentflammung unentbehrlich. Denken Sie daran, daß Soda Die heilige Asche genannt wird. Sie verhindert übermäßige Entflammung. Allgemein ist Soda für fast alle Krankheiten nützlich und außerdem ist sie ein gutes Vorbeugungsmittel. Fürchten Sie daher nicht, sie einzunehmen, genauso wie Baldrian.
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Die finsteren Kräfte greifen vornehmlich alle reinen Unternehmen an, besonders jene, die unter dem direkten Strahl der Kräfte des Lichts stehen. Die Verräter werden zugelassen, denn nach dem Gesetz wirkt die Kraft des Rückschlags proportionell zur Kraft des Widerstandes. Harmagedon ist notwendig; der Zusammenprall der Gegenkräfte ist notwendig. Der Weltenbrand ist notwendig, damit der menschliche Geist aufschreit und endlich erkennt, daß er nicht mit seinem Nächsten, sondern mit sich selbst und mit den Kräften des Chaos und der Elemente, die ein unermeßliches Feld für schöpferische Prüfungen bieten, zu ringen hat.
Ich möchte diesen Brief beenden, jedoch bleibt noch ein Blatt leer, und so will ich weiterschreiben, und zwar über die Sündenvergebung. In der esoterischen Lehre heißt es, daß die Vergebung persönlicher Sünden nur durch Christus - den Gekreuzigten - erfolgen kann, der während des ganzen Maha-Yuga (des großen Zyklus) am Kreuz leidet, das eingeprägt ist im Raum durch die Kreuzung der Grenzlinie der Materie mit jener des Geistes.
Die Vergebung persönlicher Sünden geschieht durch die Seele, den Träger Christi, fast ununterbrochen im irdischen Leben des individuellen Ego. Wenn das Streben der Seele auf die Befolgung des Göttlichen Gesetzes gerichtet ist und die Wünsche des Körpers besiegt, wird die niedere Natur völlig umgewandelt. Der Prozeß des Überwindens und der Umwandlung gipfelt schließlich in der Verschmelzung der individuellen Seele mit der Höheren Seele.
Der gekreuzigte Christus ist in jedem menschlichen Wesen gegenwärtig, das nach Erreichung eines bestimmten Entwicklungsgrades in die Hölle hinuntersteigen und die durch ungesetzliche Taten ihres niederen Ego gefangene Seele in den höheren Zustand zurückbringen muß. Mit anderen Worten, die Göttliche Liebe muß das Herz eines Menschen erreichen und ihn besiegen und erneuern, bevor er die Ungeheuerlichkeit seiner Sünden gegen das Göttliche Gesetz und gegen sich selbst erkennt. Die Vergebung kann nur durch völlige Verschmelzung und Vereinigung mit dem höheren Ego oder dem Göttlichen Gesetz der Liebe erlangt werden.
So können wir nur durch die Umgestaltung der Energien und Gefühle sowie durch die Beschaffenheit der Gedanken dem magischen Kreis des Karma entrinnen. Daher seien alle höheren Gefühle, die uns aus der Gewöhnlichkeit emporheben, unsere Schwingungen erhöhen und verfeinern und unsere Nervenzentren öffnen, gesegnet!
Ich sende Ihnen Gedanken des Mutes und der Freude. Die Niedergeschlagenheit soll Sie nicht beunruhigen, denn derzeit sind diese Gefühle unvermeidlich. Die ganze Welt steht unter einer furchtbaren, nie dagewesenen Spannung, und feinfühlige Organismen spüren sie natürlich weit stärker. Der Rhythmus der Spannungswellen wird sich nach der Niedergeschlagenheit in eine Welle der Erhebung und Freude des Geistes wandeln.
15. Juni 1936
Herzlichen Dank für alle von Ihnen zum Ausdruck gebrachten schönen Gefühle. Ich habe mich besonders über Ihr unvoreingenommenes Verhalten gegenüber den Mahatma Letters an A. P. Sinnett sehr gefreut. Sie haben in Ihrem Urteil über bestimmte Kreise völlig recht. Selbst durch Leid wird eine bestimmte Klasse von Menschen kaum oder gar nicht belehrt und veredelt. Träge Bewußtseine werden eben in ihrer verkrampften Bosheit immer mehr verhärtet. Vielleicht ist Ihnen bekannt, daß die BÜCHERREIHE der LEBENDIGEN ETHIK von einigen Theosophen als gefährlich hingestellt und eine Verordnung herausgebracht wurde, sie nicht zu lesen. Wiederum können wir nur sagen: Sie kennen ihr Eigenes nicht! Nichtsdestoweniger mehren sich die Gruppen um die LEHRE der LEBENDIGEN ETHIK, obwohl es unter ihnen einige gibt, die, obwohl sie alle Bücher der Lebendigen Ethik annehmen, die Mahatma Letters, die zur Zeit von H. P. Blawatsky herausgebracht wurden, nicht anerkennen und sie wegen der Zusammenarbeit als gottlos bezeichnen! Es ist völlig berechtigt, die Frage zu stellen, ob sie die Bücher der Lebendigen Ethik auch verstehen? So bin ich froh, einem Bewußtsein begegnet zu sein, das frei ist von Vorurteil und Beeinflußbarkeit. Die Fähigkeit, selbständig das Verdienst dieser oder jener Lehren zu erkennen, ist keine geringe Errungenschaft.
Sie schreiben, man bedauert, daß die Bücher der Lebendigen Ethik in der neuen russischen Orthographie erschienen sind, denn verschiedene Ahrimans wurden zum Vorteil für ihre eigene Propaganda in Anspruch genommen
. Dazu muß ich sagen, wir sollten solche Anspielungen übergehen, denn in diesem Fall enthüllen die Ahrimane ihre eigene Unwissenheit. Wir können sie daran erinnern, daß die Änderung der Orthographie von der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften lange vor der Revolution beschlossen wurde, aber der Krieg verhinderte die Durchführung dieses Beschlusses. Im Zusammenhang damit entsinne ich mich einer eher betrüblichen Begebenheit. Im Jahre 1917, während unseres Aufenthaltes in Finnland, besuchte uns Herr Professor R. In einem Gespräch mit ihm erwähnte ich, daß ich kürzlich ein Buch mit der neuen Orthographie erhalten hätte und solche unzulängliche Ungelehrtheit nicht lesen könne. Nebenbei brachte ich mein Mißfallen über jene Leute zum, Ausdruck, die nur auf leichte Aneignung bedacht sind und andere Intellekte wahrscheinlich nach ihrem eigenen messen. Sie können sich meine Verlegenheit vorstellen, als mir der verehrte Professor erklärte, daß diese Maßnahme durch ein Sonderkomitee der Akademie der Wissenschaften bereits vor dem Krieg getroffen wurde und er selbst diesem Komitee angehörte!
Aber ich muß hinzufügen, daß mir die neue Orthographie jetzt keine Schwierigkeiten mehr bereitet, obwohl ich sie nicht völlig gutheiße. Den Buchstaben je (ein jetzt abgeschaffter Buchstabe) überlasse ich mit größtem Vergnügen dem Professor R. und seinem gelehrten Kollegium! Zu den üblichen Einwänden, daß man durch Fortfall dieses Buchstabens nicht verstehen könne, wann das Wort jest = sein und wann es essen bedeutet, möchte ich sagen: Wenn jemand bei den Wörtern gnjezda, sjedla und zwjezdy (Nester, Sattel und Sterne) anstatt je den Vokal e nimmt, er diese phonetische Übereinstimmung genausoleicht aufnimmt. Nicht anders ist es, wenn das Wort ocel nicht Esel bedeutet; dann braucht man nichts anderes zu tun, als auf den unglückseligen Buchstaben die beiden Punkte zu setzen, und es wird wahrscheinlich ocël (Stahl) gelesen. Heißt es nicht sehr gut in der Lehre, daß die Menschen bereit sind, jeden aufgegebenen Buchstaben zu beklagen? Gerade diese Worte beziehen sich auf die Entrüstung gewisser Menschen über die neue Orthographie. In allem muß Beweglichkeit zutage treten sowie Streben nach Vereinfachung, aber gewiß nur zum Zweck der Verbesserung. Daher will ich ganz offen sagen, daß ich die neue Orthographie nicht völlig gutheiße. So finde ich, daß die Abschaffung der Mehrzahl des weiblichen Geschlechts das Verstehen des genauen Sinnes erschwert, so z. B. wenn in langen Sätzen Zweifel aufkommt, auf welches der verschieden-geschlechtlichen Hauptwörter sich die Für- und Eigenschaftswörter beziehen. Ich bin auf diese Schwierigkeiten des öfteren bei meinen Übersetzungen aus dem Englischen gestoßen, wo das weibliche Geschlecht überhaupt fehlt, mit Ausnahme bei Fürwörtern der Einzahl.
Verhalten wir uns daher gegenüber den Angriffen der schadenfrohen Ahrimane völlig gelassen. Disziplin und Vergleichbarkeit lehren uns, in allem geziemende Toleranz zu üben.
18. Juni 1936
Man sollte meinen, daß unvoreingenommene Gemüter die Geschehnisse in der Welt im Lichte der LEBENDIGEN ETHIK sehen und fähig sind, die Evolution und das Streben der alten Welt zu erkennen und daher zu verstehen, daß neue, erweiterte Bewußtseine nötig sind, um die neuen Aufbauformen anzunehmen, die uns das Leben selbst aufzwingt. Ich habe des öfteren darüber geschrieben, daß alles Geschehen klar erkennen läßt, in welche Richtung die Evolution verläuft. Es bildet sich die Ära allgemeiner Zusammenarbeit, gemeinsamer Arbeit und kollektiver Solidarität aller Schaffenden, ohne Rücksicht auf Klassenunterschiede. Das wichtige Problem, dem die Menschheit derzeit gegenübersteht, ist eben die Synthese des Geistigen mit dem Materiellen. Neue Errungenschaften in der Wissenschaft, neue Erforschungen und Entdeckungen der Gesetze der psychischen Energie werden ein neues Eindringen und Verstehen der subjektiven oder geistigen Welt ermöglichen. Zweifellos wird die Entdeckung der Gesetze der psychischen Energie dazu beitragen, eine neue Lebensordnung zu errichten. Das Band zwischen der dichtphysischen und der Feinstofflichen Welt, der Welt der Energien, wird sichtbar, und die Höhere Weisheit wird durch die das gesamte Sein lenkende und verbindende Kraft bestätigt werden.
Die Welt der Zukunft, die höhere Welt, ausgerüstet mit den Strahlen der Laboratorien, wird verkündet werden. Vor allem die Laboratorien offenbaren den Vorteil der höheren Energie; und die Überlegenheit der psychischen Energie des Menschen gegenüber allen bisher bekannten Energien wird nicht nur bewiesen, sondern der offenkundige Unterschied der Qualität wird erfaßt werden. Damit wird die Bedeutung der Geistigkeit überzeugend zutage treten.
Das Wahrnehmen der höheren Gesetze wird die Technik dem Geiste unterordnen; daher wird die Wiedererkennung der höheren Ziele bestätigt und zur Erneuerung der gesamten materiellen Natur führen. Diese Erneuerung der Natur und des wiedererweckten Geistes der Menschen wird neue, bessere Formen des Lebensaufbaues erbringen. So empfehle ich Ihnen, alle Zeichen, die aus dem Neuen Lande kommen, aufmerksam zu beobachten.
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Und jetzt zu Ihrer Frage über die sechste Rasse. Ja, in vielen theosophischen Büchern, so auch in der Geheimlehre, finden wir den Hinweis, daß sich die sechste Rasse in Amerika sammeln wird. Aber gerade in der Geheimlehre stieß ich diesbezüglich auf einen Widerspruch. An einer Stelle heißt es, daß die sechste Sub-Rasse der fünften Rasse in Amerika erscheinen wird, wogegen an einer anderen Stelle von der sechsten Wurzelrasse gesprochen wird. Unzweifelhaft besteht aber zwischen den Begriffen Sub-Rasse und Wurzelrasse ein ungeheurer Unterschied. Bei der Entstehung Amerikas gehörte die Mehrheit der Ansiedler zur sechsten und auch zur siebenten Subrasse der fünften Rasse. Es ist ziemlich auffallend - niemand beachtet diese seltsame Tatsache, daß in der theosophischen Literatur fast nirgendwo unser Land erwähnt wird, als fände ein sechster Teil der Welt keinen Raum im kosmischen Plan und in der Evolution. Fast niemand fragt sich, warum dies so ist und welchen Grund es hat! Ich will die Antwort geben: Das Geheimnis wird sorgfältig behütet; und würde es ausgesprochen, daß diesem Land eine große Zukunft bevorsteht, es würde in Stücke gerissen werden. Darüber hinaus hätte man auch die Geheimlehre nicht angenommen. Was die sechste Rasse betrifft, so werden einzelne Individuen, die ihr angehören, in allen Ländern geboren, und die meisten von ihnen werden zur rechten Zeit an zentralen und sicheren Orten gesammelt werden. Genauso wie die Saatkörner der fünften Rasse gerettet wurden, so werden auch die Saatkörner der sechsten Rasse beschützt werden.
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Ja, der Geist oder jede Monade wird unter dem Strahl eines bestimmten Gestirns geboren, und daher enthält dieses Geisteskorn in seiner Potenz die gleichen Energien, die dem Gestirn, das während des ganzen Manvantara sein Leitstern bleibt, eigen sind.
So gehört die gesamte Menschheit, je nach dem Geisteskorn, verschiedenen Planeten an, obwohl sie sich insgesamt auf der Erde - einer ihrer derzeitigen Stationen - befindet. Freilich, es gibt Scharen von Geistern, die einem Gestirn oder dem Strahl des Dhyani-Buddha angehören, der sie hervorbrachte, aber nur der, der diesem Strahl am nächsten steht, wird zum führenden Haupt des Planeten. Folglich sammelt jeder Große Lehrer jene, die seinem Strahl oder dem Potential seiner Energien am nächsten stehen. Aus diesem Grunde ist jedes Schwanken, jede Abweichung und vor allem jeder Abfall vom Lehrer, sobald man einen solchen erwählte, so verderblich. Durch widersinniges Schwanken können wir von unserem kosmischen Vater getrennt werden, der allein unsere Zentren in ihrer ganzen Vollkommenheit zu entfachen vermag. Nun werden Sie erkennen, wie heilig das Band zwischen Guru und Schüler ist! Denn wer könnte wissen, wäre es ihm nicht enthüllt, daß der von ihm erwählte Guru nicht sein kosmischer Vater und auch sein Guru ist? Denn unter jenen, die sich der Lehre nähern, gibt es solche, die von einem Lehrer zum anderen laufen, hoffend, ihren Fortschritt zu beschleunigen. Aber nur Unwissende können so denken; sie erkennen die Bedeutung des okkulten Bandes nicht, noch wissen sie, mit welcher Schwierigkeit und Geduld es gewebt wurde und daß Gereiztheit und Zweifel - von Verrat und Abtrünnigkeit ganz zu schweigen - ein Werk von vielen Jahren augenblicklich zunichte machen können.
In der Geheimlehre, Band I, S. 267 und 626, heißt es: Die Dreiheiten (menschliche Monaden), die unter demselben
Planeten geboren werden, oder vielmehr die Ausstrahlungen eines und desselben Planetengeistes (Dhyani-Buddha), sind in allen ihren darauffolgenden Leben und Wiedergeburten Schwester- oder Zwillings-Seelen auf dieser Erde
. Der Stern, unter dem eine menschliche Wesenheit (Monade) geboren wird, sagt die okkulte Lehre, wird sein Stern bleiben während des ganzen Zyklus der Wiederverkörperungen in einem Manvantara. Aber dieser Stern ist nicht auch sein astrologischer Stern. Der letztere hat nur Bezug auf die Persönlichkeit und im Zusammenhang mit ihr; der erstere dagegen entspricht der Individualität. Der Engel (oder Regent) dieses Sterns oder der mit ihm verbundene Dhyani-Buddha, wird entweder der lenkende oder nur der vorstehende Engel, das heißt, er wird bei jeder neuen Wiedergeburt der Monade sein, die ein Teil seiner eigenen Wesenheit ist, obwohl ihr Vehikel, der Mensch, für immer über diese Tatsache unwissend bleiben mag. Jeder der Adepten hat seinen Dhyani-Buddha, ihre ältere Zwillingsseele, und sie kennen diese, nennen sie Vater-Seele und Vater-Feuer. Jedoch erst bei der letzten und höchsten Initiation, wenn sie Angesicht zu Angesicht mit dem hellen Bilde gestellt werden, erkennen sie diese.
So ist unser Schutzengel der Dhyani-Buddha jenes Planeten, unter dessen Strahlen unsere menschliche Wesenheit empfangen wurde.
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In allen Epochen konnten leere Gräber oder solche, die Ersatzkörper enthalten, gefunden werden. So gibt es zwar ein Grab vom Grafen Saint Germain, in Wirklichkeit aber ist dort ein Ersatzkörper begraben. Daher muß man okkulte Romane mit großer Scharfsichtigkeit aufnehmen. Derzeit, darüber besteht kein Zweifel, können ihre Verfasser bestimmte Dinge aus räumlichen Berichten auffangen, aber zum Großteil werden diese äußerst entstellt wiedergegeben.
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Ja, Sie können sich damit befassen und die Vorstellung hegen, daß eine weitere Geschichtsrunde zu Ende geht. Kein Strom fließt rückwärts. Die neue kommende Runde wird sicherlich schön sein, denn alle Himmelszeichen bestätigen in ihren Konstellationen eine große Erneuerung und Wohltätigkeit. Ihr Herz möge es Ihnen sagen, woher die Wohltätigkeit kommt. Beachten Sie aufmerksam alle Zeichen, und Sie werden gewahren, wie vieles sich jetzt ereignet; das Herz möge sich über die Beschleunigung der Ereignisse freuen. Keine Macht kann dem Rad des Karma Einhalt gebieten. Kein Unheil, das dieses oder jenes Land trifft, ist Zufall, und daher gibt es weder Raum für Arglist noch für Selbstbemitleidung. Prüfen wir alles mit der notwendigen Erkenntnis und leisten wir zur Erweiterung des Bewußtseins und zum Verstehen der Ereignisse unsere äußersten Anstrengungen. Verfolgen Sie kühn die Ereignisse, und Sie werden merken, daß alle hochgetriebenen Werte unter dem Druck von Karma zerbröckeln.
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Es ist völlig richtig, daß es an uns selbst liegt, ob wir aus etwas Unflätigkeit oder Güte herausholen. Von allen Großen Lehrern wird die Goldene Mitte oder der Pfad des Großen Gleichgewichts geboten. Fühlt sich jemand von dem durchschnittlichen Theater oder von erstarrten Riten nicht angezogen, so möge er sich nicht zwingen. Das wäre einfach eine verderbliche Zeitvergeudung, die für wertvolle Arbeit im Dienste des Allgemeinwohls besser genutzt werden konnte. Ich glaube daß man beschränkte, in alten Vorurteilen und Begriffen erstarrte Bewußtseine schwerlich allein durch Verweilen unter ihnen und entsprechende Gespräche mit ihnen ändern kann. Wenn sie jedoch selbst anklopfen, so ist es etwas anderes; doch zu ihnen zu gehen und ihnen die Augen zu öffnen versuchen, ist zwecklos.
22. Juni 1936
Ich danke Ihnen für Ihre Bücher aus Shanghai. Da wir sie jedoch schon besitzen, wäre es vielleicht angebracht, sie Ihnen zurückzusenden. Was das Buch von Bajenow betrifft, so hatte ich noch keine Zeit, es aufmerksam zu lesen. Ich habe es jedoch durchgeblättert und festgestellt, daß es einige richtige Angaben und Erklärungen enthält, die auf astrologischen und kabbalistischen Daten gründen. So kennt man bereits die Bedeutung des Jahres 1936 und des Monats September desselben Jahres mit seiner guten Voraussage für unser Land. Ebenso richtig ist, daß Israel eigentlich der Auserwählte bedeutet; daher kann man in jedem Volk Israels begegnen. Im übrigen ist das Buch nicht schlecht, abgesehen davon, daß es einige Irrtümer aufweist. In welchem Buche gibt es solche nicht, ganz gleich wovon es handelt. Daher könnte man Bajenows Buch den Menschen empfehlen, um denken zu lernen.
Freilich ist der Autor des englischen Buches, aus dem Bajenow seine Information bezog, nicht frei von der allgemeinen menschlichen Schwäche, das Beste seines eigenen Landes und Volkes hervorzuheben. Und das sollte man natürlich in Betracht ziehen, doch es scheint mir, daß Bajenow es selbst bemerkte. In Zusammenhang mit diesen Büchern verweise ich auf einen Artikel von H. P. Blawatsky über die Auslegung biblischer Prophezeiungen. In dem Artikel Hoseas Prophezeiung über verrostete Gleise sagt sie, daß es nach den kabbalistischen Schriften mit der Methode des Notaricon möglich ist, aus jeder Prophezeiung und jedem Satz der Bibel die Bedeutung herauszulesen. Als Beispiel führt sie einen Fall kabbalistischer Berechnung und Auslegung des 14. Verses, Kapitel 113 des Buches des Propheten Hoseas an. Dieser Vers, nach dieser Methode ausgelegt, soll die Katastrophe des kaiserlichen Zuges bei Borki prophezeien sowie die wundersame Errettung der kaiserlichen Familie am 17. Oktober 1888 nach dem hebräischen Kalender im Jahre 5649. Natürlich hat dieser Vers nur Bedeutung, wenn er in russisch gelesen wird, aber H. P. B. verweist darauf - falls einmal ein englischer Kabbalist ihn liest -, daß Hosea auch das Auftreten des niederträchtigen Mörders des Jack the Ripper in Whitechapel (das jüdische Viertel Londons) und vieles andere vorausgesagt hat.
Ich selbst hörte, intelligente Leute versuchten zu beweisen, daß in der Apokalypse die Bolschewiken und sogar die Anzahl der Tage ihrer Macht erwähnt wären und der dort erwähnte Michael kein anderer wäre als der Großherzog Michael Alexandrowitsch. Ich erwähne dies sicherlich nicht, um das Buch von Bajenow in Mißkredit zu bringen, sondern einfach deshalb, um jene zu warnen, die sich von der Erforschung der biblischen Prophezeiungen so hingezogen fühlen. Irrtümer entstehen oftmals nicht durch unrichtige Angaben, sondern vielmehr durch unrichtige Deutung. So befindet sich z. Beispiel das neue irdische Jerusalem nicht in Palästina, doch sein wahrer Standort kann noch nicht enthüllt werden. Kennen Sie übrigens die Prophezeiung von L. Tolstoj kurz vor seinem Tode? Wir haben kürzlich ein kleines Buch in russisch erhalten; ich konnte es kaum zu Ende lesen. Diese gekünstelte Sprache mit dreifach-gelagerter wissenschaftlicher Terminologie tötet jeden Gedanken. Klarheit des Bewußtseins offenbart sich vor allem in einfacher Ausdrucksweise.
Ich empfehle Ihnen, psychische Energie zu erstreben sowie über alles nachzudenken, was auf Erneuerung des Lebens zielt. Wenn man von der Bruderschaft spricht, muß man äußerst vorsichtig sein, um diesen heiligen Begriff nicht durch gotteslästerliche Bemerkungen zu profanieren. Geben Sie allen diesen Rat.
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Und nun über Atlantis. Der Artikel über die Funde Schliemanns ist interessant, doch der Schluß, wo von Manuskripten gesprochen wird, die man in Mexiko und Peru gefunden haben will, hat Themen aus den Chroniken alter buddhistischer Tempel in Lhasa zum Inhalt. Diese Chroniken sollten sehr ernsthaft erforscht werden. Lhasa selbst, soweit es die Stadt dieses Namens betrifft, ist nicht älter als das siebente Jahrhundert nach Chr. Darüber hinaus sind die ersten buddhistischen Tempel im selben Jahr erbaut worden. Wenn man schließlich die völlige Abgeschiedenheit dieses Volkes und jener Örtlichkeit kennt, könnte man fragen, wie konnten diese Chroniken nach Zentralamerika gelangen? Selbst wenn man annimmt, daß irgendeine Keilschrift dieser Form in der Zeit der Atlantis von Asien nach Zentralamerika überbracht wurde, könnte es sich um diese Zeit sicherlich nicht um Lhasa oder buddhistische Tempel handeln, weil diese damals noch nicht existierten.
Haben Sie diesen Artikel von S. erhalten? Er trägt den Stempel derselben Hand. An W. Scott-Elliots Buch, das Sie erwähnen, kann ich mich nicht erinnern. In der Geheimlehre gibt es über Atlantis jedoch gute Aussagen; sowohl die Ausgrabungen Schliemanns als auch die Beiträge von Platon sind hier erwähnt. Ebenso gibt es im zweiten Band der Zeitschrift Lucifer, Seite 465, englische Ausgabe, einen beachtenswerten Artikel über Atlantis. Er gründet auf Platons Werken Timaios und Kritias. Ich schlage vor, daß Sie diese Auszüge aus der Geheimlehre übersetzen und zusammen mit Ihren eigenen fundierten Aussagen aus dem Artikel Lucifer und dem Buch von Scott-Elliot in einem Artikel zusammenfassen.
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Glauben Sie ja nicht, daß wir auf Anerkennung aus sind. Nichts steht unserer Absicht ferner. Die jetzt gegebene Lehre muß und wird für den eigenen inneren Wert genutzt werden. Wenn jemand, in seinem Käfig sitzend, unfähig ist, das kosmische Ausmaß dieser Lehre zu begreifen, können wir ihm nur raten, sein beschranktes Blickfeld sobald wie möglich zu erweitern. Daher werden wir nie jemanden anlocken. Nur jene, die selbst anklopfen, finden bei uns offene Türen, und wir haben auch unter den Theosophen viele Freunde. 1925 erhielt N. K. den Auftrag, das Gemälde Der Bote zu malen und es dem nach H. P. Blawatsky benannten Museum zu stiften. Durch dieses Geschenk und durch die Errichtung dieses Museums wollte der Große Lehrer jenen, die auszulöschen gewisse ihrer Nachfolger bemüht waren, ein ewiges Denkmal setzen.
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Wenn wir keine sofortige Antwort oder Bestätigung erhalten, so bedeutet das, daß es dafür besondere Gründe gibt. Sie wissen, daß jetzt auf allen Ebenen eine unerhörte Schlacht tobt! Die Kräfte des Bösen lenken die unterirdischen Feuer an eine bedrohte Stelle, um die Erdkruste zu spalten. Und nur durch unermüdliche Wachsamkeit aller Kräfte des Lichts wird unser Planet schließlich vor Explosion bewahrt; ihre Anspannung in dieser Schlacht ist ungeheuer. Die blutigen Schweißtropfen, von denen gesprochen wird, sind keine Übertreibung sondern Wirklichkeit. Darüber hinaus ersticken die Kräfte des Lichts die Blitze des Bösen und drängen den kriegerischen Geist vieler Völker zurück, um zu retten, was es zu retten gilt. So erfüllen sie inmitten des Chaos des kosmischen - des überirdischen und irdischen - Kampfes den Plan des Lichts und schützen jene Elemente, die sich für die Evolution qualifizierten, um sie so in die rechten Kanäle zu lenken. Ganze Sphären der niederen Schichten der feinstofflichen Welt brechen jetzt zusammen! Und gibt es viele Bewußtseine, die die Bedeutung und Folgen dieser Zerstörung zu erkennen vermögen?
Wie könnten wir daher die Kräfte des Lichts mit unseren Bitten und Fragen behelligen, da wir doch um das gigantische Ausmaß dieser unaufhörlichen Schlacht wissen? Es sollte immer das rechte Maß eingehalten werden. Wir wissen, daß alles dringend ist und alles Wichtige zur rechten Zeit mitgeteilt wird; daher warten wir geduldig, und oft kommt die Antwort unverzüglich
So müssen jetzt alle Krieger des Lichts die Bedeutung all dessen, was im Harmagedon vor sich geht, klar erkennen. Mut, Standhaftigkeit und unermüdliche Wachsamkeit sind nötig!
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Ich erhielt das Buch Photographien des Unsichtbaren von James Coates. Über dieses Thema sollte man einen Artikel schreiben sowie auch über Gedankenübertragung auf Entfernung. All dies gehört in den Bereich der psychischen Energie. Es gibt jetzt viele von namhaften Verfassern veröffentlichte bedeutende Bücher, die die parapsychologischen Erscheinungen berühren. Auch das Buch von Professor Rhine von der Duke Universität enthält viele interessante Feststellungen.
25. Juni 1936
Es ist gut, wenn Sie erkannt haben, daß Ehrlichkeit gegen sich selbst die Hauptforderung des Fortschritts ist, und ich möchte hinzufügen - immer und in allem. Gerade bei der Arbeit an sich selbst muß man der Lüge Schild verkaufen (Blätter des Gartens MORYA II, § 5).
1. Der Begriff Resonanzseele bei Tieren schließt durchaus nicht das Vorhandensein eines individuellen Geisteskorns in jedem Tier aus. Der Begriff Resonanz an sich schließt jedoch Unteilbarkeit aus. Für mich ist das so klar, daß es wirklich keiner näheren Erklärung bedarf. Wenn die Individualität erwacht, dann gehen allmählich entsprechende Veränderungen und eine Zurückziehung aus der Grundgruppe vor sich. Ich rate Ihnen ernsthaft, diese Frage gründlich zu untersuchen und den Ausspruch Ich bin ich nicht zu verwenden, wenn von Individualisierung bei Tieren gesprochen wird. Das Selbstbewußtsein eignet nur der menschlichen Entwicklung.
2. Überholen und Qualitätsänderung des Karma. Beide Ausdrücke werden nur von dem Richtig verstanden, der sich dieses Gesetz völlig zu eigen gemacht hat.
3. Und nun über die Heuschrecken, von denen in den BÜCHERN der LEBENDIGEN ETHIK gesprochen wird, worüber einige Leute sehr erstaunt waren. Die Bezeichnung bezieht sich auf die Tatsache, daß der Raum infolge chaotischer Schwingungen der niederen Energien in Gedanken und Emotionen derart verunreinigt wird, daß die unerwünschten Gäste durch allerlei Arten von Mikroben angezogen werden und verschiedene Epidemien verursachen. Diese unharmonischen Ströme rufen mancherlei Unheil hervor. Daher können auch solche Erscheinungen wie Heuschreckenschwärme durch entsprechende Schwingungen angezogen werden. Alle niederen Wesenheiten können den hohen Schwingungen nicht widerstehen. So glaubt man in Indien ernsthaft daran, daß ein Sadhu allein durch seine Anwesenheit ein Dorf in seiner Nähe vor Epidemien, Erdbeben, Überschwemmungen und anderem Unheil bewahren kann.
Und so ist es: Ist solch ein Sadhu tatsächlich ein Einsiedler, der ein heiliges Leben führt, erhebt er die umgebende Schwingung durch die Macht seiner Aura und bringt sie in Harmonie, wodurch er chaotische Intrusion verhindern kann. Wie Sie sehen, belächeln die Anfänger wie auch die Unwissenden gern alles, ohne zu ahnen, daß sie in Wirklichkeit über sich selbst lachen. Tatsache ist, daß gerade unwissende oder ungebildete Menschen gern die kompliziertesten, dreifach-gelagerten Wörter verwenden, die sie kaum verstehen, um als gelehrt zu gelten; wohingegen ihnen alles Klare und Einfache unwissenschaftlich erscheint und so Gegenstand des Spottes wird. In Indien jedoch wird Einfachheit in der Ausdrucksweise als höchste Errungenschaft erachtet, weil Einfachheit von Klarheit des Verstehens zeugt. Die höchste Wahrheit offenbart sich allein in der Erhabenheit der Einfachheit. Sicherlich, diese Einfachheit ist oft von besonderer Art, genauso wie Freude eine besondere Art der Weisheit ist.
Ein und dasselbe Prinzip - das feurige Element - offenbart sich in verschiedenen Aspekten und Eigenschaften im menschlichen Mikrokosmos und ist auch in seinem aurischen Raum eingelagert. Der feinstoffliche Körper wird manchmal in den höheren und den niederen oder Astralkörper unterteilt. Dieser Astralkörper oder Doppelgänger kann ganz leicht austreten und bei Medien geschieht dies ohne eigenen Willen. Viele Phänomene in spiritistischen Seancen vollziehen sich durch diesen Doppelgänger, der die Verbindung zwischen der Seele und dem physischen Körper des Menschen darstellt, ähnlich wie bei Ätherwellen, die zwischen drahtlosen Telegraphenstationen in Bewegung gesetzt werden. Der feinstoffliche Körper hat viele Abstufungen, aber der höchste Zustand des Mentalkörpers eignet der Feurigen Welt.
Ich schätze Ihr entschlossenes Streben sehr - es ist das Sesam öffne dich der Errungenschaften. Denken Sie an alles, was in den BCICHERN der LEHRE über Streben gesagt ist: Streben ist das Boot des Archaten (Gemeinschaft, § 55).
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Ich vermag Ihren Körperzustand zu beurteilen und rate Ihnen daher, ihn ins Gleichgewicht zu bringen. Bemühen Sie sich, psychische Gelassenheit zu erlangen und überlasten Sie ihr Gehirn nicht. Lesen Sie langsamer und denken Sie mehr nach. Schreiben Sie die Gedanken nieder, die Ihnen in den Sinn kommen, und später lesen Sie sie wieder, um den Fortschritt in der Klarheit und der Verständlichkeit des Ausdrucks zu verfolgen.
Und jetzt möchte ich Ihre Gruppe warnen. Oft erinnern einen die Anfänger und jene, die sich der Heiligen Lehre eben erst näherten, an Medizinstudenten des ersten Semesters. Wenn sie darangehen, verschiedene Krankheiten zu studieren, verspüren sie die Symptome aller bestehenden Krankheiten in sich selbst. Ähnlich beginnen einige Novizen, sich heilige Schmerzen zuzuschreiben sowie die erhabensten Errungenschaften, über die sie in den Büchern der Lehre lesen. Vor solchen Neigungen müssen sie gewarnt werden, denn dies zeugt vom Vorhandensein unerwünschter Eigenschaften des Geistes, wie Eitelkeit und Mangel an Unterscheidungsvermögen. Wenn diese Eigenschaften nicht überwunden werden, ist Fortschritt auf dem geistigen Pfad unmöglich. Darüber hinaus muß daran erinnert werden, daß, solange das dreißigste Lebensjahr nicht erreicht ist, das öffnen der Zentren ohne Schaden für den Organismus unmöglich ist.
Ich spreche natürlich nur vom normalen gesunden Körper Bei sogenannten Medien können sich verschiedene Erscheinungen bereits im früheren Alter zeigen.
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Für sehr nervöse Menschen können kalte Schauer schädlich sein. Tun Sie Ihrem Gehirn in späten Abendstunden keine Gewalt an. Es ist besser, früh aufzustehen und sich zu früher Morgenstunde dem Lesen zu widmen.
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Niemand denkt daran, aus den BÜCHERN der LEHRE Gewinn zu ziehen. Das ganze Geld aus dem Bücherverkauf wird für weitere Veröffentlichungen aufgewendet. Ich persönlich kann hinzufügen, daß wir uns oft davon überzeugen konnten, daß die Menschen das, was ihnen unentgeltlich gegeben wird, nicht schätzen. Das Buch Agni Yoga ist in Russisch tatsächlich nicht erhältlich, und wir kennen einige aufrichtig bestrebte Menschen, die da sitzen und das ganze Buch für sich auf der Schreibmaschine abschreiben. Das sind die geschätzten Leser, wogegen die meisten von denen, die es leicht bezahlen können, es vielleicht genauso leicht ins Regal stellen, ohne es zu Ende gelesen zu haben. Ein wirklich bestrebter Schüler wird einen Weg finden, das Buch zu erhalten.
Ich füge einige Paragraphen aus dem Buch AUM an:
§ 277: Die in jedem menschlichen Organismus vorhandenen Teilchen höherer Energie, existieren entsprechend auch in den anderen Naturreichen. Selbst in der Feinstofflichen Welt bewahren das Tier- und Pflanzenreich die Energieteilchen. Vor allem bestimmte Tiere, die in der Nähe der Menschen hausten, bewahren eine bestimmte Verbindung mit dem Organismus der Bewohner der Feinstofflichen Welt. Wenn Ich rate, gut zu den Tieren zu sein, so meine Ich, daß es besser ist, kleinen Freunden als Feinden zu begegnen. In der Tat, man sollte in allem das rechte Maß halten, andernfalls kann man schädliche Ausstrahlungen von Tieren empfangen. Auch wenn Ich auf Pflanzenkost hinweise, will Ich den feinstofflichen Körper vor Blut bewahren. Die Essenz des Blutes dringt tief in den Organismus und auch in den feinstofflichen Körper ein. Blutige Nahrung ist sehr unerwünscht, so daß Wir nur in Ausnahmefällen in der Sonne getrocknetes Fleisch gestatten. Man kann auch jene Teile des Tieres gebrauchen, in denen die Blutsubstanz gründlich umgewandelt wurde. So hat pflanzliche Nahrung auch für das Leben in der Feinstofflichen Welt eine Bedeutung.
§ 278: Oft wird gefragt, ob Tiere in der Feinstofflichen Welt ihre Gestalt bewahren? Nur selten, weil sie infolge des ihnen mangelnden Bewußtseins formlos werden; manchmal sind es neblige Umrisse als Energieimpulse, aber sehr oft sind sie nicht wahrnehmbar. In der Tat, Tiererscheinungen gehören der niederen Feinstofflichen Welt an. Diese undeutlichen Gebilde können einen durch ihre unklare Erscheinung schrecken. In diesen Schichten der Feinstofflichen Welt darf sich der Körper des Menschen nicht aufhalten; in ihrem Bewußtsein gleichen die Menschen dennoch häufig den Tieren.
§ 279: Die Feinstoffliche Welt ist überfüllt mit Urbildern von Tieren, aber nur ein starkes Bewußtsein kann sie wahrnehmen. In der Tat, es gibt unzählige Arten solch tierischer Vertreter, von den kompliziertesten bis zu jenen, die sich in Unrat auflösen. Man sollte nicht denken, daß alle Bewohner der Feinstofflichen Welt über gleiche Sehfähigkeit verfügen. Klarheit des Bewußtseins ermöglicht klares Sehen, daher raten Wir, von Anbeginn bis zum Ende, um ein klares Bewußtsein bemüht zu sein. Seit jeher heißt es, daß in einem trüben Brunnen das Gute nicht wohnen kann.