Kunstdrucke mit Motiven von Roerich Nicholas und Roerich Svetoslav

 

 


Briefe von Helena Roerich, Band II, 1929 - 1935 >> 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9.


Briefe
von Helena Roerich

1929 - 1939

Band II

1935

       16. Juli 1935

       Mit tiefer Ergriffenheit lese ich Ihren Brief mit dem Bericht über die feierliche Gründung der Gesellschaft. Damit ist eine weitere schöne Bewegung als Bollwerk gegen die Finsternis errichtet worden. Ich weiß, wieviel Bestrebung Ihres Herzens und selbstaufopfernde Arbeit Sie für die Gründung dieses reinen Lichtkerns im Namen siegreicher Kultur aufbringen mußten. Allen voran gelten daher Ihnen meine innigen Grüße und die Freude meines Herzens zu diesem Festtag Ihrer Errungenschaft. Übermitteln Sie bitte auch dem Vorstand und allen Mitbegründern der Gesellschaft, die sich diesem wohltätigen Ziele widmen, meine herzlichen Grüße und die besten Wünsche. ”Möge dieses Bollwerk sich festigen und mutig, leuchtend und freudvoll seine Kräfte für den Pfad des Dienstes am Allgemeinwohl aufwenden.”

       Auch über das Echo auf die erhabene Idee des Friedensbanners war ich freudvoll gerührt. Deshalb möchte ich Sie fragen, ob es Ihnen möglich wäre, in Ihrer Gesellschaft ein ständiges Komitee zur Förderung des Paktes und Banners des Friedens einzurichten? Es müßte sich den bereits bestehenden Gruppen anschließen, um so Solidarität und Eintracht im Wirken zu erlangen. Denken Sie bitte darüber nach.

       Ihre Schutzvorkehrungen für die Gesellschaft gegen das Eindringen unerwünschter Mitglieder sind von äußerstem Nutzen. Es ist in der Tat wichtig, sich von Anfang an gegen die schädlichen Elemente abzuschirmen. Versuchen Sie nicht, Ihre Tätigkeit zu sehr auszuweiten. Vorerst muß der Kern der Gesellschaft gebildet und Harmonie erlangt werden. Eine große Anzahl wäre keine Gewähr für Erfolg.

       Ich habe für Ihre Freude, sich mit flammenden Herzen zu vereinen, volles Verständnis. Ich kannte diese erhabene Freude und kenne sie auch heute noch. Doch Jahre der Erfahrung haben mich Zurückhaltung gelehrt, vor allem denen gegenüber, die der Lehre gerade erst nähertreten. Zu Beginn marschieren wir alle wie brennende Fackeln, aber später beginnt sich durch Einwirkung der unfehlbaren okkulten Gesetze unser wahres Wesen immer mehr zu offenbaren, und bestimmte Wesenszüge, die wir gar nicht zu haben glauben, kommen zum Vorschein - Eigenschaften, die andernfalls vielleicht bis zur nächsten Inkarnation verborgen geblieben wären. Der große LEHRER sagt in den ”Briefen der Mahatmas“: ”Wie das Wasser die Hitze des ätzenden Kalkes entwickelt, so versetzt die Lehre jede in ihm (dem Aspiranten) schlummernde ungeahnte Möglichkeit in heftige Tätigkeit.”

       Und nun zu Ihren Fragen:

       Man muß bedenken, daß die Großen Lehrer, die Mahatmas oder die Weißen Brüder, in der ganzen Zeitspanne Ihrer Leben Bodhisattvas waren. Mahâ-Chohan oder der Große Herrscher ist der Titel des Herrschers der Schambhala. Die mit dieser Ernennung verbundenen Pflichten werden abwechselnd von den Weißen Brüdern übernommen, je nach ihren individuellen Aufgaben. Die Sieben Chohane entsprechen den Sieben Kumaras der ”Geheimlehre“, aber esoterisch gesehen, gibt es ihrer acht. Alle diese Sieben Kumaras waren die Herrscher des Feuers, die die Menschheit mit Vernunft begabten.

       Nun zu den Brüdern der Finsternis. Diesen begegnet man in der Menschheit selbst. Sie sind sehr zahlreich, und das ist nicht verwunderlich, denn ihr Weg ist der Weg der Befriedigung der niederen Leidenschaften. Der Prozentsatz wahrer Schaffender des Lichts ist sehr gering; gleichfalls ist der Prozentsatz der ”Leuchtkäfer“ nicht groß, von denen die meisten in ihrer Unwissenheit und Lauheit oder durch Nichtwidersetzung gegen das Böse zum Nutzen der Brüder der Finsternis arbeiten. Es ist schwer, sich vorzustellen, wie geschickt diese Geister hohen Grades unter den Brüdern der Finsternis sind und bewußt Zwiespalt schaffen. Es heißt, daß sie sich gerne an jene heranmachen, die sich der Lehre des Lichts nähern und dem Allgemeinwohl dienenden Gesellschaften anschließen, aber in der Hingabe und Überzeugung noch nicht gefestigt sind. Sie spielen auf ihren Wogen, flüstern ihnen Zweifel ein und stiften so Verwirrung und Verderb. Das ist der Grund, warum geraten wird gegenüber den neuen, unerfahrenen Seelen, die an die Lehre herantreten, Vorsicht walten zu lassen. Die Brüder der Finsternis erfreuen sich auf Kosten des Herzens eines ausgezeichnet entwickelten Intellekts, durch den sie sehr fein wirken. Wahrhaftig, nur die gröbsten Geister stürzten sich auf die niederen Bewußtseine.

       ”Werden die Menschen hier von Teufeln bedroht, so wird der ERZENGEL vom Satan selbst angesprochen! Belästigen Teufel kleine Brüder, so bedrängt Satan selbst Einsiedler.” (Feurige Welt II, § 30)

       Und im I. Band der ”Blätter des Gartens MORYA“ § 316 lesen wir: ”Ich kenne dich, der du an Meiner Türe kratzest. Auf den Schultern eines Gastes hoffst zu einzudringen in Mein Haus. Ich kenne dich! Du wurdest raffiniert und findig, sogar findiger als viele von den Meinen. Du hast die Ordensspangen angelegt, die Kleidung dir zurecht gerichtet. Du hast dir alle Meine Worte angeeignet. Ich höre, du sprichst sogar schon über FREUDE. Doch hier will Ich dir Halt gebieten. Erdreiste dich nur nicht, Freude der Liebe auszusprechen! Denn deine Freude liegt im Haß. Doch hinter dem Haß lauert des Zweifels widerlicher Schatten. Und Zweifel eignet für den Schild sich nicht. Ich werde alle deine Pfeile mit Meinem Schild auffangen. Doch solltest du dich widerspenstig zeigen, will Ich dir einen einz’gen Pfeil mit einem Lächeln senden.”

       Bewahren wir uns daher vor allen Schwankenden.

* * *

       Sie fragen, wann die Brüder der Finsternis in Erscheinung traten. Genaugenommen erschienen sie gleichzeitig mit den Brüdern des Lichts, als sich ein Funke des Intellekts sowie des bewußten, d. h. des freien Willens im Menschen regte. Mit dem ersten Schimmer der Unterscheidung kommt auch die erste Vorstellung von Gut und Böse, und bereits diese wird den Menschen bewußt lenken. Aber ein völlig organisiertes Lager der Brüder der Finsternis wurde in Atlantis wirksam, in der vierten Rasse. Ihre große Schlacht gegen die Söhne des Lichts endete mit dem Sieg der letzteren und dem Untergang von Atlantis.

       Den Söhnen des Lichts steht der ERZENGEL MICHAEL vor. Sein Widersacher aus dem Lager der Finsternis ist Satan (der zwar noch den Namen Luzifer trägt, aber das Recht darauf vorher verwirkte). Er gehörte einst zu den großen Kumaras, ausgestattet mit dem Licht der Vernunft, die den Erdbewohnern ermangelte. Lesen sie bitte in diesem Zusammenhang die ”Legende vom Luzifer“ in dem Büchlein ”Auf östlichen Kreuzwegen“ von Josephine Saint-Hilaire (Legenden und Prophezeiungen Asiens, New York, Frederik S. Stokes Company, 1930). Diese Legende beruht auf einer großen Wahrheit. Somit kämpft der Fürst der Welt um seine nackte Existenz. Das vorausgesagte große Harmagedon unserer Rasse ist in vollem Gang. Und wieder kämpft ERZENGEL MICHAEL mit seiner strahlenden Heerschar gegen Luzifer. Gewiß, der Sieg ist immer mit den Kräften des Lichts, aber schreckliche Kataklysmen sind unvermeidlich. Aus diesem Grunde sind die Bollwerke des Lichts so überaus wichtig - sie können in der sich nahenden bedrohlichen Zeit allen Schaffenden Schutz gewähren. Obwohl der entscheidende Moment nahe ist, so werden dennoch viele Kinder bis dahin noch alt werden. So liegt das Schicksal der Welt in den Händen der Menschheit. Der Planet kann nur gerettet werden, wenn es eine Auferstehung des Geistes gibt - nur wenn das Bewußtsein von den Trugbildern der Vergangenheit befreit und auf den Aufbau der Neuen Welt gerichtet wird, auf Grund neuen Verstehens der Zusammenarbeit und des Wissens. Da ich dieses Thema bereits behandelte, will ich einen meiner Briefe zitieren, der Ihnen von Nutzen sein könnte: - Jeder große LEHRER, der vom Ende der Welt sprach, konnte damit nicht die Vollendung der Evolution unseres Planeten gemeint haben. Würde diese nämlich den natürlichen Entwicklungslauf nehmen, dann müßte der Planet seine siebente und letzte Runde beginnen, und seine Menschheit würde mit allen ihren Subrassen in die siebente Rasse aufsteigen, so daß es bei der Krönung solch einer Evolution kein Jüngstes Gericht geben könnte. Denn nach dieser Zeit hätten die Menschheit und der Planet den Zustand der höheren Welten erreicht, wo es weder Unvollkommenheit noch bewußten Widerstand gegen das Gute von seiten des Bösen gibt.

       Gewiß, die Großen Lehrer wußten vom schweren Karma der Menschheit und des Planeten. Sie wußten von der drohenden Gefahr und meinten daher das nahende Scheiden der Rasse, das immer von fürchterlichen kosmischen Kataklysmen begleitet wird und durch die strenge Auslese der guten Saatkörner das Endgericht erkennen läßt. Da die großen Lehrer Eingeweihte waren, wußten Sie, daß diese Katastrophe das Jüngste Gericht werden könnte, infolge des schrecklichen geistigen Verfalls der menschlichen Rasse. Es ist durchaus möglich, laß es nicht genügend Gegenkräfte oder, besser gesagt, freiwerdende Energien geben könnte, um den Planeten vor der endgültigen Explosion zu retten. Für diese Explosion bietet der Fürst der Welt alle seine Anstrengungen auf, da er weiß, daß für ihn eine gereinigte, mit neuen feurigen Strahlen oder Energien durchdrungene Atmosphäre der Erde unerträglich wäre und seine weitere Anwesenheit hier unmöglich machte. Daher ist er bemüht, den Planeten zu sprengen, um ”auf dem Wrack davonzusegeln”.

       Denken Sie daran, daß in der Lehre genau gesagt ist, daß der Geist des Menschen zum Sprenger des Planeten werden kann! Es wird auch erwähnt, daß die Zahl der Entlader der Energien sehr klein ist und daß auf Ihnen die ganze Last zur Erhaltung des Gleichgewichts des Planeten ruht. Ein starker Geist kann ein ganzes Gebiet vor Erdbeben bewahren. So entsandten in früheren Zeiten die Großen Lehrer ihre fortgeschrittenen Schüler an Stellen, die durch Erdbeben bedroht waren.

       Viele naive Menschen glauben, daß die Finsteren nur durch Böses wirken, sei es durch Korruption oder durch Verbrechen gleich welcher Art. Wie unrecht haben sie! Nur die groben und relativ unbedeutenden finsteren Kräfte wirken auf diese Weise. Weit gefährlicher sind jene, die sich in die Maske der Lehre des Lichts kleiden.

       Unwissenheit und Mangel an Gefühlswissen treiben viele in die Arme der Finsteren und berauben sie für lange Zeit, wenn nicht für immer, der heilsamen Einwirkung und Anziehung des Strahles des großen Bollwerks des Lichts. Harmagedon ist schrecklich - die finsteren Kräfte ringen um ihre nackte Existenz. Verzweiflung vereint sie, und macht sie im Bemühen, ihr Ziel zu erreichen, so beharrlich. Der Fürst der Welt hat viele begabte Mitarbeiter - bewußte und unbewußte -, und es ist töricht zu glauben, daß sie nicht schlau und sehr spitzfindig wären. Sie sind sogar äußerst listig und erfinderisch, und ihr Wirken paßt sich ganz dem Niveau ihrer Opfer an. Aber sie alle üben keine Toleranz und sind ohne Herzenswärme. So verwoben mit Licht ist die Finsternis auf unserer Erde.

       Die Fangstricke der Finsternis werden von geschickten Händen gesponnen.

       Viel Schreckliches wird in der Welt verübt; viele abscheuliche Zaubereien breiten sich über die ganze Welt aus. Die dichten Bevölkerungszentren werden von den finsteren Kräften für sich als Zentren gewählt. Und ihre beste Waffe ist die unwissende Masse. Darum ist die Einigkeit der Weißen und der ihnen nahestehenden Kräfte so wichtig! Aber letztere werden so leicht gräulich und füllen die Reihen jener, von denen in der Apokalypse gesagt ist: ”Weil du lau bist und weder kalt noch heiß, werde ich dich ausspeien aus meinem Munde.” Nur die Macht der Hingabe und das Bestreben, der Großen Hierarchie des Lichtes zu dienen, kann vor den ausgelegten Netzen des Fürsten der Welt schützen.

       Ja, die Welle des Bösen überschwemmt die Erde, und die ganze Anstrengung der selbstlosen Arbeiter des Lichts ist nötig, um das sinkende Schiff der Menschheit zu retten! Daher ist es so äußerst wichtig, Funken des Lichts auszusenden, aber gleichzeitig darauf zu achten, daß diese nicht von jenen aufgefangen werden, die ihrer nicht wert sind, denn das setzt den ganzen Bau in Brand. Die menschliche Seele ist grundlos! Und die schrecklichste Geißel der Seele ist falscher Ehrgeiz; wahrlich, es gibt weder einen ärgeren noch gemeineren Feind. Wird dieser Viper nicht sogleich Einhalt geboten, kann sie zur Riesenschlange werden. Ehrgeiz ist eine brennende Geisel für die stärksten Herzen und eine schreckliche Marter, die sich der Mensch selbst zufügt.

       Daher heiße ich Sie mit Ihrem schönen Werk nochmals willkommen. Bewahren Sie trotz Schwierigkeiten die höhere Freude der Errungenschaft. Diese Freude der Errungenschaft muß in sich selbst und in anderen gepflegt werden. Das ist das Wichtigste, denn sie allein birgt das Pfand der Rettung der Menschheit, das Pfand für das Nahen der Neuen Welt! Große geistig Schaffende und Helden werden gebraucht! Schaffen Sie somit Helden! Dies war das Gebot des Abschieds eines der Höchsten Geister beim Verlassen unseres Planeten. Laßt uns Heldinnen und geistig Schaffende werden, womit wir den kürzesten Pfad bis zum freudvollen Treffen wählen.

       Die Freude der Zukunft ist geboten, aber in der Tat, die Zeit des Ausharrens an der Schwelle ist immer mühsam.

       22. Juli 1935

       Die Lehre der LEBENDIGEN ETHIK ist auf keinen Fall für die Kleinmütigen, und daher sollten nur gut erprobte Seelen in dieser Gruppe aufgenommen werden - es ist die Qualität und nicht die Quantität, die zählt. Wenn es hier einen Mangel an gestählten Herzen gibt, so ist es besser, nicht zu beginnen. Man sollte die LEHRE DES LICHTS nicht profanieren, und außerdem sind wir keine Missionare. In der LEHRE heißt es, daß jeder, der gewaltsam angelockt wird, zu einem ”Mühlstein um den Hals” wird. Wir suchen freie Seelen, frei von jeder Furcht. ”Die Lehre ist kein Honiglecken und kein silberner Tand. Die Lehre ist eine reiche Silbermine”. Die Bücher der Lehre werden sich verbreiten, und was noch wichtiger ist, sie werden in die rechten Hände gelangen. So viele Seelen suchen das LICHT und die neuen Werte inmitten des Chaos der verschmähten und entwürdigten erhabenen Begriffe. Aus allen Teilen der Welt kommen Anfragen und Bitten nach mehr Kenntnis darüber, wie sie sich dem Heer des LICHTS anschließen könnten. Aus diesem Grunde tragen wir so freudvoll unsere Lampe.

       Sie schreiben über Vorsicht, doch wer kennt ihre Notwendigkeit besser als ich? Ich kenne jedoch auch den Mut, die schöpferische Kühnheit und vor allem die große Ausgeglichenheit. Daher sollte sich Vorsicht weder in Furcht kehren, die der Verfolgung entstammt, noch sollte Kühnheit in sinnlose Prahlerei ausarten. Infolge meiner eigentlichen Natur ziehe ich Kühnheit vor; denn ich glaube an das weise Sprichwort: ”Gott ist mit den Tapferen” - und auch an ein anderes, mehr prosaisches: ”Wer die Wölfe fürchtet, sollte nicht in den Wald gehen, um Pilze aufzulesen”. So wollen wir sagen, daß Vorsicht mit Kühnheit verbunden und in weiser Entsprechung mit den Umständen und Bedingungen angewendet werden muß. Aber die Funken des LICHTS, die das neue Bewußtsein entflammen, sollten in den Raum gesendet werden, denn wo bliebe andererseits das führende Prinzip? Ohne Funken des Lichts wird alles in Finsternis und Verderb versinken.

       Ich weiß, daß Auszüge aus meinem Brief alle Arten von Kommentaren auslösen, doch was tut es? Das von bestimmten Typen ausgehende Lob kann nur in Erniedrigung und Beschmutzung enden; ich würde es daher vorziehen, von ihnen angegriffen zu werden. Eine alte Weisheit besagt: ”Nenne mir deine Feinde, und ich sage dir, wer du bist”. Und in der LEHRE heißt es: ”Ohne Verleumdung hätte die ”dankbare“ Menschheit die lebendigsten Erscheinungen begraben”. Wir sollten hier die Weisheit Christi hinzufügen: ”Kein Prophet ist angesehen in seiner Vaterstadt, bei seiner Verwandtschaft und in seinem Hause” (Mark. 6, 4). Diese Wahrheit ist zu allen Zeiten und bei allen Völkern von allen verfolgten Wohltätern der Menschheit ausgesprochen worden, und sie wird leider genauso hart bleiben, solange die Menschheit die Feuertaufe des Geistes durchmacht. So fürchte ich Verfluchung nicht und kaum jemand, der sich der LEHRE und der Evolution des Geistes wirklich hingibt, fürchtet sie. Daher werde ich meiner Überzeugung nie entsagen: Ich glaube an das Unerschütterliche Göttliche Prinzip, das in jedem menschlichen Wesen wohnt, und ich glaube an die Geburt Christi in der menschlichen Seele auf ihrem Weg zur Vervollkommnung. Darüber hinaus kennt jeder gebildete Mensch die Bedeutung des Ausdrucks Krestos oder Kristos (Christus) und weiß, daß er dem heidnischen Vokabular entliehen ist. Ich schrieb kürzlich einem meiner Mitarbeiter über die Bedeutung dieses Ausdrucks und möchte es für Sie wiederholen. Krestos war die einem Neophyten gegebene Bezeichnung, der sich als Kandidat für den Grad eines Hierophanten der Prüfung unterzog. Nachdem ein Jünger alle Leiden durchgemacht und alle Prüfungen bestanden hatte, wurde er im letzten Einweihungsritual nach der Mysteriensprache zu einem Christus, ”einem Geläuterten“, gesalbt. Seine vergängliche Persönlichkeit verschmolz mit seiner unvergänglichen Individualität, und er wurde zu einem unsterblichen Ego. Für die ersten Christen war das Wort Christos oder Christus gleichbedeutend mit unserem höheren Ich. Daß Christus der Erlöser der Sünden ist, sollte in diesem Sinn verstanden werden. So vollzieht sich die Erlösung von persönlichen Sünden durch die Seele, den ewigen Begleiter und Boten ”Christus“, in der langen Kette irdischer Leben unseres individuellen Egos. ”Der gekreuzigte Christus“ ist in jedem menschlichen Wesen gegenwärtig, das nach Erlangung eines bestimmten Entwicklungsgrades hinabsteigen muß in die Hölle, gefallen durch die gesetzwidrigen Taten des niederen Ego, und dann in den höheren oder normalen Zustand der Seele zurückkehren muß. Mit anderen Worten, die Göttliche Liebe muß das Herz des Menschen erreichen, ihn besiegen und erneuern, bevor er fähig wird, die Ungeheuerlichkeit seiner Übertretung des Göttlichen Gesetzes zu erkennen und die Sünden gegen sich selbst zu vergeben. Diese Vergebung kann nur durch eine völlige Verschmelzung und Vereinigung mit dem höheren Ego oder dem Göttlichen Gesetz der Liebe erreicht werden.

       Im Christentum bekenne ich mich zum Glauben der ersten Kirchenväter und verehre besonders den großen Origenes und den Heiligen Antonius. Ich träume von einem neuen ökumenischen Konzil, das zurückkehren könnte zu den reinen Grundlagen des ersten Jahrhunderts des Christentums. In dem wundervollen Buch ”Dobrotolubye“ (Die Liebe zum Guten) kann man herrliche Gedanken finden. Man stößt darin auf ein Lob den Feinden! Denn niemand als sie kann so gut unsere verborgenen Fähigkeiten und Eigenschaften erwecken; und so wurden sie die ”Ätzer Christi“ genannt, weil in alten Zeiten viele Krankheiten durch Ätzen weggebrannt wurden.

       Es ist ausgezeichnet, daß Sie vorhaben, die LEHRE im Leben anzuwenden. Wahrlich, ebenso wie der Glaube ohne Werke tot ist, so ist die LEHRE ohne Anwendung im Leben nutzlos.

       Ich verstehe, was Sie in Ihrem Brief meinen und was Sie gerne erfahren möchten. Doch ich muß Sie warnen, da ich jeder Art von Sentimentalität abhold bin sowie den rosigen Versprechungen über die leichten Errungenschaften, die in späteren okkulten Schriften so reichlich zu finden sind. Gerade sie rufen so viele laue, halbe Bestrebungen hervor, die zu nichts führen. Das Leben lehrte mich, wie gefährlich alle Versprechungen sowie die Ermutigung zu unmöglichen Hoffnungen sind, wie unheilvoll sie sein und wieviel Verrat sie verursachen können. Daher liebe ich es nicht, die Wirklichkeit zu verschleiern, wenn ich sehe, daß der Geist bereit ist, sie anzunehmen. Eher würde ich schweigen, als jemanden mit rosigen Versprechungen einzulullen.

       Und wie kann man Versprechungen wecken, wenn der gute Schlüssel zu allen Errungenschaften im Menschen selbst liegt und ohne seine Mitwirkung niemand etwas für ihn tun kann? Der HÖCHSTE LEHRER kann ihn nur zu einem bestimmten Zeitpunkt helfen, wenn der Geist bereit ist, sein Herz dem Ruf zu öffnen und seine schlummernden göttlichen Kräfte in die Tat umzusetzen. Jedoch Stärkung dieser Kräfte ist nur möglich, wenn der Jünger seine Anstrengungen, sein Inneres zu vervollkommnen und umzugestalten, stetig verstärkt. In allem ist Mitarbeit eine unvermeidliche Bedingung! Daher sollten Sie allen Neulingen aufzeigen, daß es endlose Grade der Jüngerschaft und zur Annäherung des Lichts gibt und jeder nur die Stufe einnehmen kann, die seinen früheren Aufspeicherungen entspricht; ebenso kann er die Leiter nur durch sein eigenes intensives derzeitiges Streben ersteigen.

       Aber der PFAD des DIENENS ist noch schwerer, denn das ist der Pfad der Heldentat, der völlige Selbstlosigkeit erfordert. Sie denken vielleicht, daß unser Leben leicht sei; würden Sie jedoch die Wirklichkeit kennen, spräche Ihr Herz anders. Um die ganze Last der mühsamen Verantwortung und sich häufenden Schwierigkeiten zu tragen, stärke ich mich jeden Tag durch Freude und Bereitschaft für das Schwerste. In der Tat, in der Selbstlosigkeit liegt Schönheit. Und die Welt bedarf heute in der bedrohlichen Zeit des Harmagedons mehr denn je der geistig Schaffenden und Helden.

       Dennoch rufe ich niemanden auf, und Sie sollten nicht die geistig Unreifen rufen, denn übermäßige Last ist nicht von Nutzen. Mächtiges Stählen des Geistes und des Herzens ist nötig, denn jeder Tag bringt uns alle möglichen Versuchungen. Die Anstrengung und Spannung eines Lastenträgers der Neuen Welt ist ungeheuerlich. Er leistet sein Werk auf drei Ebenen: durch seine Energien entspannt er die umgebende Atmosphäre, oft in seiner Nähe zerstörende Erdbeben verhindernd, er trägt die Lasten dessen, womit er betraut wurde. Nur sehr starke Geister können den PFAD des DIENENS betreten. Daher sollte man niemals durch rosiges Versprechen anlocken oder verführen.

       Gewiß, auch das gründliche Studium der BÜCHER DER LEHRE wird durch Bewußtseinserweiterung unbestritten Nutzen bringen und so eine Möglichkeit für neue Flüge des Geistes bieten. Aber es ist unmöglich, augenblicklich feurige Errungenschaften sowie feurige Umwandlung der Zentren zu erhoffen, wenn die LEHRE nur sprunghaft angewendet wird. Die okkulten Gesetze sind genau und unfehlbar. Die genaueste Entsprechung herrscht im Bereich des Okkulten. Neulinge sollten vor einem weiteren okkulten Gesetz gewarnt werden, das von H. P. Blawatsky im dritten Band der ”Geheimlehre“ in der Abhandlung ”Eine Warnung“ so schön beschrieben ist.

       Das kommende Jahr 1936, das esoterisch bereits begonnen hat, wird die Grundlagen für viele bedeutsame Ereignisse legen. Doch sehr wenige werden ihre Bedeutung verstehen. Denken Sie doch daran, daß alles auf UNERFORSCHLICHEN WEGEN geschieht; und darin liegt die große Weisheit, andernfalls würden die finsteren Kräfte die besten Möglichkeiten zunichte machen. So bewahrheitet sich das Sprichwort: ”Der Mensch denkt und Gott lenkt” ganz besonders bei entscheidenden Ereignissen.

       Ich glaube, daß es für Sie eine große Aufgabe wäre, für die Verteidigung der LEHRE einzutreten. Es gibt so viele Gelegenheiten, wo man ein gutes Wort anbringen kann, ohne eine besondere Veranlassung zu suchen oder eine ungewöhnliche Rede zu schwingen. Ein rechtes Wort zur rechten Zeit führt oft zu großen Taten oder verhütet unheilvolle Folgen.

       Und so sorgen Sie sich nicht zu sehr. Streben Sie mit Ihrem ganzen Herzen zur LEHRE, und vieles wird vereinfacht und klar werden. Jedes helle Vorhaben entsteht auf unerwartete Weise.

       Freilich, die Vulkane toben, und viel Finsternis umgibt uns, aber jene, die sich dem DIENST AM ALLGEMEINWOHL widmen, brauchen nicht beunruhigt zu sein. In Elend fallen immer die Lauen, die die Wege nur halb beschreiten und halbe Maßnahmen lieben. Wir irren nicht mit dem Ausspruch, daß die Gefahr der Welt in halben Maßnahmen und in Unkenntnis des Bösen besteht. Wir leben wahrlich wie zu Zeiten Atlantis! Nur sollte man jetzt keine Arche, sondern ein Flugzeug bereithalten. Doch das beste Flugzeug sind die Schwingen des Geistes.

       Treten Sie mutig die Wache an, und der starke Glaube an die FUHRENDE HAND wird Sie über den Abgrund tragen. Mut, Mut und wieder Mut - das ist der heutige Sinnspruch. Das Gefieder der Furcht zieht uns hinab, die Schwingen des Mutes hingegen tragen uns über den Abgrund. So laßt uns erfüllt sein von der Schönheit des Mutes und der Kraft des Glaubens an die leuchtende Zukunft. Ich sende Ihnen Freude, aber eine besondere Freude, die Freude über Schwierigkeiten. Wenn wir es lernen, uns vor Schwierigkeiten nicht zu fürchten, werden wir dem Tragen der Heldentat näherkommen.

       30. Juli 1935

       Die Erklärung über die Monade ist richtig. So heißt es in der ”Geheimlehre“, daß die Monade oder Jiva, an sich nicht Geist genannt werden kann: sie ist ein Strahl, ein Atom des Absoluten oder vielmehr der Absolutheit …, da sie zur bedingten und verhältnismäßigen Endlichkeit keine Beziehung hat, auf unserem Plane unbewußt. Daher benötigt die Monade, abgesehen von dem Material, das für ihre zukünftige menschliche Form notwendig ist, (a) ein geistiges Modell oder Vorbild für dieses Material, um sich darein zu gestalten; und (b) ein intellektuelles Bewußtsein, um ihre Entwicklung und ihren Fortschritt zu leiten. Keines von beiden besitzt die homogene Monade noch die empfindungslose, wenn auch lebendige Materie. Der Adam von Staub braucht die Seele des Lebens, auf daß sie ihm eingeblasen werde: Die zwei mittleren Prinzipien, die da sind: das fühlende Leben des vernunftlosen Tieres und die menschliche Seele; denn das erste ist vernunftlos ohne die letztere …”. So ”wird die Monade zu einem persönlichen Ego, wenn sie inkarniert, und etwas bleibt von dieser inkarnierten Persönlichkeit durch Manas zurück, wenn dieser vollkommen genug ist, Budhi zu assimilieren” (H. P. Blawatsky ”Die Geheimlehre“, übersetzt von Helena Roerich, Riga, Uguns, 1937). So wird die Individualität allmählich aufgebaut, kann aber auf der Erde nur teilweise zum Ausdruck kommen.

       Weiteres aus der ”Geheimlehre“: ”Metaphysisch gesprochen, ist es natürlich eine Sinnwidrigkeit von ”Entwicklung“ einer Monade zu sprechen oder zu sagen, daß sie zum ”Menschen“ wird … Grundsätzlich kann eine Monade weder vorwärtsschreiten noch sich entwickeln oder auch nur durch die wechselnden Zustände, durch die sie hindurchgeht, affiziert werden. Sie ist nicht von dieser Welt oder Ebene und kann nur einem unzerstörbaren Stern göttlichen Lichtes und Feuers verglichen werden, der auf unserer Erde herabgeworfen ist als Rettungsplanke für die Persönlichkeiten, in denen sie wohnt. Es ist Sache der letzteren, sich an sie zu klammern; und, also teilnehmend an ihrer göttlichen Natur, Unsterblichkeit zu erlangen. Sich selbst überlassen, wird sich die Monade an niemanden klammern, sondern wie die ”Planke“ zu einer anderen Inkarnation fortgetrieben werden von dem rastlosen Strome der Evolution.”

       Es ist auch ratsam, den § 275 im Buche AGNI YOGA abermals zu lesen.

       Und nun bezüglich Göttlicher Liebe - was kann sie anders sein als das Große Prinzip oder der Beginn der Anziehung oder Verwandtschaft oder dasselbe Fohat in seiner Differentiation als Göttliche Liebe, die elektrische Kraft der Affinität und Sympathie, allegorisch geoffenbart in dem Versuch, den reinen Geist, der ein von dem Einen oder Absoluten untrennbarer Strahl ist, mit der Seele zu vereinen. Diese zwei bilden im Menschen die Monade, seinem Wesen nach hingegen ist es die erste Verbindung zwischen dem ewig Bedingungslosen und Offenbarten.

       Es beglückt mich, Ihnen mitteilen zu können, daß mir über Ihr Buch die schönsten Berichte zugehen. Es ist so erfreulich zu hören, nachdem ich Ihr Buch gelesen habe, daß junge Seelen nach Ihrer Führung trachten.

       Arbeiten Sie freudvoll, und bringen Sie den suchenden Seelen Licht.

       30. August 1935

       Vor einigen Tagen erhielt ich Ihren Brief und wäre natürlich sehr froh, Ihnen helfen zu können. Aber ich halte es für meine Pflicht, Ihnen zu sagen, daß ich vielen Behauptungen in den von Ihnen erwähnten Büchern nicht zustimmen kann, ich halte sie sogar für gefährlich. Wir begegnen im Leben Menschen mit verschiedenen Bewußtseinshöhen, und wir müssen jenen folgen, die unserer eigenen geistigen und intellektuellen Entwicklung am meisten entsprechen. Sollten Sie daher meine Worte verletzen, so sagen Sie es, wir wollen trotzdem einander gut bleiben, aber jeder seinem Pfade folgen.

       Ich bin mit der Doktrin der Liberalkatholischen Kirche nicht vertraut und kann daher weder dafür noch dagegen sprechen. Was Donow betrifft, so habe ich über ihn gehört und habe auch sein gutes Büchlein ”Drei Grundlagen des Lebens“ (Peter Donow, Riga, Gudkov, 1931) gelesen. Jedoch muß ich Ihrer Bemerkung widersprechen und feststellen, daß es nur eine Hierarchie des Lichts gibt, und zwar jene im Transhimalaja. Genauso wie das Licht die Finsternis besiegt, so bekämpft die Hierarchie des Lichts jene der Finsternis. Letztere ist sehr stark, denn sie hat viele Anhänger.

       Nicht einer auf der Erde in gewohnten irdischen Verhältnissen lebender Lehrer kann mit den großen Meistern des Himalaja verglichen werden. Diese Meister sind in ihrer geistigen Errungenschaft so erhaben, daß sie nicht mehr die Last armseligen irdischen Daseins und eine persönlich gelenkte Führerschaft sowie die Berührung mit der Masse auf sich nehmen können. Dies wäre eine unproduktive Kraftvergeudung. Ihre Aufgaben sind derart planetar-kosmischer Natur, daß Sie nur einen Teil Ihrer Kräfte dafür aufwenden können, bestimmte Einheiten der Menschheit Ihre Führung anzuvertrauen; und so beauftragen Sie Ihre engsten Vertrauten und Schüler zur Übermittlung der geistigen Lehre. Gegenwärtig konzentrieren sich Ihre Hauptkräfte auf die gigantische Schlacht gegen die zerstörerischen finsteren Kräfte in der Feinstofflichen Welt und auf der Erde, um den Zusammenprall der Völker bis zu einer bestimmten Frist aufzuhalten und die unterirdischen Feuer zu unterdrücken, die unseren Planeten zu sprengen drohen. Wahrlich, furchtbar ist die Anspannung Ihrer Kräfte für die Rettung der Erde, weil die Menschheit in ihrem Wahnsinn überall Sprengstoff anhäuft. Wegen der so geringen Zahl von Mitarbeitern auf der Erde haben daher diese selbstlosen Beschützer der undankbaren und unwissenden Menschheit die unglaubliche Last, zerstörerische Energien zu entladen, auf sich genommen.

       Sie schreiben, daß Sie Wissen, Wissen und immer mehr Wissen erlangen möchten! Ich nehme an, Sie meinen geistiges Wissen. Wenn Sie zu dem einen erwähnten Bildnis der Hierarchie des Lichts feurig und beständig bestrebt sind, wird es Ihnen zuteil. Und der Grad dieses Wissens wird gänzlich von den Aufspeicherungen in Ihrem Kelch aus früheren Leben sowie von der Kraft und Inbrunst Ihres Strebens in diesem Leben abhängen.

       Wenn Sie vorwärtskommen wollen, müssen Sie beständig und inbrünstig mit Ihrem Herzen an das Eine Erwählte Bildnis denken. Auch wenn Sie Selbstzucht üben wollen, wählen Sie eine oder zwei Ihrer schlechtesten Eigenschaften oder Gewohnheiten und versuchen Sie, sie los zu werden. Diese Zucht scheint sehr einfach, aber in Wirklichkeit ist sie äußerst schwierig durchzuhalten; sie ist bisher sicherlich die wirksamste Methode.

       Sie sagen, daß die Weisungen im AGNI YOGA so verstreut sind, daß man sie schwer in ein System einordnen kann. Dazu aber möchte ich Ihnen sagen, daß dies die Lehre des Lebens in der Gesamtheit darstellt, und die Weisungen sind den Schülern vor allem an Beispielen aus dem Leben, wo die Umstände verursacht werden und auftauchen, gegeben worden. Auf diese Weise kann man sich die Lehre weit leichter zu eigen machen. In der Tat, die ganze Natur lehrt uns, daß sich ein vollkommener Organismus sogleich als Ganzheit entwickelt und nicht ein Teil nach dem anderen. Daher ist die Lehre des Lebens so aufgebaut, daß es dem Bewußtsein auf jeder neuen Stufe möglich ist, die größtmögliche Peripherie zu erfassen und so ins Leben einzudringen, ohne sich aus ihm zurückzuziehen.

       Besitzen Sie die ersten Bücher ”Blätter des Gartens MORYA I und II“? Sie stellen die Einführung in die AGNI YOGA-Serie dar, behandeln dem Wesen nach wirklich die meisten Lebensfragen und seine Aspekte im einzelnen, die in den nächsten Bänden der Lehre von verschiedenen Gesichtspunkten aus erläutert werden.

       Sie haben recht, je reiner die Leitung, um so leichter ist es für die Kräfte des Lichts, durch sie zu wirken - wirklich, Läuterung der Seele ist wesentlich. Es heißt, daß geläuterte psychische Energie ein Allheilmittel gegen alle Krankheiten ist.

       3. September 1935

       Ihre Feststellung ist richtig: gerade das Raumfeuer wird, wenn erkannt, in psychische Energie umgewandelt. Die sogenannten Prinzipien in uns (mit Ausnahme des physischen Körpers und des ätherischen Doppelgängers, die nach dem Tode zerfallen) sind nur Aspekte oder Zustände unseres Bewußtseins. Alle Unterteilungen (Geist, Seele, höheres und niederes Manas) sind in Wirklichkeit nur verschiedene Eigenschaften derselben fundamentalen Energie des Feuers, des Lebens oder des Bewußtseins - ihr höchster Aspekt ist psychische Energie. Um die Feurige Welt - die Welt der höheren Geistigkeit - zu erreichen, müssen wir daher die Feuer unserer Nervenzentren umwandeln oder bis zum siebenten Zustand vergeistigen. So ist die Feurige Welt die Welt vergeistigter Gefühle und geläuterten Bewußtseins. Wahrlich, nicht ein menschliches Gefühl geht verloren; es besteht in seinem feinstofflichen Zustand weiter in der Feurigen Welt und entspricht den höheren Anziehungen und Schwingungen. Der ganze Kosmos ist auf dem siebenfältigen Prinzip aufgebaut; daher birgt jede Energie, jede Erscheinung eine siebenfältige Spannung und Verfeinerung in sich.

       Und nun über die MUTTER DER WELT. Jeder Begriff sollte nach seinen verschiedenen Aspekten betrachtet werden. Jedes kosmische Prinzip oder jede Erscheinung hat adäquate Widerspiegelungen oder Verkörperungen auf der Erde. So ist die MUTTER DER WELT in ihrem kosmischen Aspekt Mulaprakriti, das Eine, Allumfassende, Allerfassende. In der irdischen Widerspiegelung jedoch ist Sie der Große Geist des Weiblichen Prinzips. Hinter jeder Erscheinung, jedem Aspekt und jedem Symbol steht die große Individualität. So hat jede hohe Individualität ihre eigenen Vertreter oder Verkörperungen, die ihr strahlenmäßig am nächsten stehen. Manchmal erscheint sie persönlich in solchen Verkörperungen. Daher der Begriff Avatara. So muß z. B. der hohe Geist, der sich in Isis, Ishtar und anderen Persönlichkeiten inkarnierte, durchaus nicht der Geist der MUTTER DER WELT gewesen sein, aber er war durchdrungen von Ihrem Strahl und daher verschmolz in den späteren Legenden das Bildnis der Isis tatsächlich mit dem Bildnis der Großen MUTTER DER WELT.

       Ja, die jetzt von unserem Planeten zu durchlaufende Zeit ist sehr ernst und äußerst angespannt. Die immer häufiger auftretenden Erdbeben haben die die Erde umgebende Atmosphäre vergiftet, und man kann erneute Ausbrüche von Wahnsinn im menschlichen Bewußtsein erwarten. Deshalb ist es so wichtig, die Bücher der LEBENDIGEN ETHIK zu verbreiten. Es ist ausgezeichnet, daß Sie verschiedene Zeichen gewahren - Sie sollten sie notieren.

       Ich stimme Ihnen darin nicht bei, daß Redegewandtheit das Wichtigste sei. Sie ist nur eine gute Hilfe, das ist alles. Am wichtigsten ist die Qualität unserer Aura. Oft hinterläßt ein redegewandter Sprecher nur einen flüchtigen Eindruck, wenn die geistige Spannung seiner Aura unbedeutend ist; wohingegen zwei oder drei aus dem Herzen eines Trägers einer leuchtenden Aura gesprochene Worte einen Menschen, der mit ihm in Berührung kommt, verwandeln können. Folglich kommt die Haupteinwirkung nicht von den Worten, sondern vielmehr von der Qualität und Spannung unseres inneren Feuers. Die Anwesenheit solch einer feurigen Aura in einer großen und zusammengewürfelten Versammlung bringt einen wohltuenden Akkord. Es kann vorkommen, daß ein Durchschnittsredner irgendwie seine Zuhörer einzeln entfacht und dies sich selbst zuschreibt; in Wirklichkeit aber befanden sich in der Menge vielleicht eine oder zwei äußerst harmonische Auren, die durch ihre mächtige Schwingung eine für die Aufnahme günstige Atmosphäre schufen. Der Erzbischof Iwanowitsch Kuinji, der Lehrer von N. K., besaß die Gabe der Rede nicht. Mit Mühe und durch Pausen unterbrochen, brachte er nur einige Sätze hervor, aber durch die Kraft seines inneren Feuers erzielte er mit diesen wenigen Worten einen ungeheuren Eindruck. Kraft seines mächtigen Geistes wirkten diese unzusammenhängenden Worte wie die schweren Schläge des Hammers eines Bildhauers, der aus den Steinblöcken Funken schlägt!

       5. September 1935

       Man darf sich durch Unstimmigkeiten unter den Vertretern der verschiedenen religiös-philosophischen Systemen nicht verwirren lassen; denn aus der Gegensätzlichkeit der Meinungen fliegen Funken der Wahrheit! Allerdings würde ich Ihnen raten, sich mehr mit dem östlichen Denken zu befassen - viele Fragen werden sich dann lösen. Die Schwierigkeit liegt darin, daß der westliche Intellekt kaum, wenn überhaupt, Widersprüchliches hinnehmen kann, vom Osten hingegen diese Billigung geradezu als Grundlage seiner philosophischen Systeme erachtet wird, angefangen bei der Kosmogonie und Kosmologie bis zum Moralkodex und zur Ethik. Wer aber nur den formlosen Aspekt im höchsten Stadium der Erleuchtung verehrt, erklärt: ”Wahrlich, Formlosigkeit und Form sind eins. Brahman (die höchste Realität) und Maja (Illusion) sind eins!”

       Sehr wichtig ist es auch, zu erklären, was Samadhi oder die höchste geistige Erleuchtung ist. Über diesen Zustand ist von Leuten, die ihn nie oder nur in seiner primitivsten Form erlebt haben, viel geschrieben worden. Aber für Samadhi gibt es genauso viele Abstufungen, als es Bewußtseinsgrade und Runden geistiger Vervollkommnung gibt. Der erlangte Grad der Erleuchtung entspricht immer unseren geistigen Aufspeicherungen. Daher sollte der Unterschied dieser Stufen gründlich klargelegt werden. Könnte uns Samadhi Allwissenheit verleihen, dann wäre der Gedanke der Unbegrenztheit in Frage gestellt. Wie gesagt, wird das in Samadhi versunkene Bewußtsein entsprechend seinen individuellen Aufspeicherungen und der ihm zugänglichen Sphären erleuchtet und kann auch nur einen Teil dieser Erlebnisse auf den physischen Plan herübernehmen. Denn der physische Organismus ist unfähig, sich für lange Zeit den höchsten Schwingungen anzupassen und sie ohne verderbliche Wirkungen ins Gehirn einzuprägen. Die Wissenschaft hat die zerstörerische Wirkung abweichender Schwingungen bereits bewiesen. So bewahrt ein aus Samadhi zurückkehrender Mensch bestimmte Erinnerungen, aber das besagt noch nicht, daß er allwissend wäre und von nun an in das Wesen der Geschehnisse eindringen könnte. Er erlebte einen bestimmten Zustand der Ekstase oder eine höhere Gefühlsspannung, oder er gewann Einblick in das Wesen dieser oder jener Erscheinung. So mag er zur Wahrnehmung ewigen Seins gelangt sein oder die höchste Liebe erfahren haben, die Schönheit des Seins, die Einheit aller Wesenheiten oder sein Vorhandensein in allem und Vereinigung mit allen und allem; nichtsdestoweniger wird er im irdischen Sinn des Wortes nie allwissend werden Wahrnehmungen in Samadhi sind verschiedener Natur; vielleicht kann sich der eine oder andere dem Noumenou der Dinge nähern, aber wenn er auf die Erde zurückkehrt, muß er ihre Wirkungen nach irdischen Methoden studieren. Es ist wirklich äußerst schwer, das Unsagbare in Worte zu kleiden. ”Über alle Samadhi regiert der Gedanke. Je höher, um so mächtiger. Je feuriger ein Gedanke, um so mächtiger ist die Wirkung. Wahrhaftig, der Gedanke ist allgewaltig und unbegrenzt.” Darüber hinaus ist der Zustand von Samadhi auf unserem Planeten nur einem hohen Archaten zugänglich, der in völlig anderen Verhältnissen lebt. Auch Vivekananda erreichte kein vollkommenes Samadhi. Da er dafür physisch noch nicht ausreichend vorbereitet war, zeitigte der Grad von Samadhi, in den er versank, ein trauriges Ergebnis. Sein irdischer Tod war die Folge dieses vorzeitig erzwungenen Erlebnisses.

       Der menschliche Organismus ist in unserer Planetenrunde von solcher Wahrnehmung weit entfernt, und es bedarf daher langwieriger Vorbereitung, nicht nur für diese Art von Erscheinungen, sondern auch für solche weniger feuriger Art. Die unbeherrschten feinsten Schwingungen der Kundalini-Kräfte können einen Körper, der für ihre Aufnahme weder geübt noch gestählt ist, vernichten. Denken wir daran, daß der sogenannte ”Yogi“ Ramacharaka (ein Amerikaner namens Atkinson), obwohl er sich zu den Schülern Vivekanandas zählte, sicherlich kein Yogi war. Daher seine unbedachte Schilderung mechanischer Methoden - ohne Hinweis auf die Gefahr solcher Gewaltmaßnahmen.

       Zur Zeit werden Tausende von Büchern auf den Weltmarkt geworfen, die von leichten, mechanischen Methoden der Entwicklung der verborgenen psychischen Kräfte handeln. In Wahrheit aber arbeiten diese unwissenden und verantwortungslosen Schreiber mit den Kräften der Finsternis zusammen. Letztere wünschen nichts mehr, als im Menschen bestimmte Zentren zu öffnen, um ihn in die Gewalt zu bekommen und ans irdische Leben zu binden, um ihre finsteren Pläne zu verwirklichen. In der Tat, sie bemühen sich, dadurch um die Erde eine durch sehr minderwertige Emanation vergiftete Atmosphäre zu schaffen, die für ihr Vorhaben erforderlich ist.

       Zweifellos ist einfaches rhythmisches Atmen an und für sich ganz wohltuend. Die Menschen haben aber nicht nur verlernt, die frische Luft zu nutzen, sondern auch das richtige Atmen, das die wirkliche Grundlage unserer Gesundheit ist. Das von den Hatha Yogis geübte Pranayama hat den Zweck, mittels Anhalten des Atems und Drehbewegungen oder Gymnastik bestimmte Zentren zu erwecken und ihnen verstärkten Blutstrom zuzuführen, um eine gesteigerte Zentrentätigkeit zu erwirken. Doch läßt sich gut vorstellen, wie schädlich es für einen Menschen sein kann, die im Organismus für einen bestimmten Zweck befindlichen Zentren, vor allem wenn sie schwach oder gar krank sind, zu wecken; denn dadurch wird ihr kranker Zustand sicherlich nur noch verstärkt. Dies erklärt die vielen unheilvollen Fälle unter jenen, die unter unwissenden und verantwortungslosen Lehrern Pranayama üben. Das sichere Öffnen der Zentren kann nur unter Führung eines Großen Lehrers geschehen, der den wahren Zustand jedes einzelnen Organismus in seiner Gesamtheit wahrnimmt und weiß, was erlaubt ist, und wann und wie es angewendet werden kann. Bedenken wir, daß gerade bei der Umwandlung der Zentren eine ungeheure Spannung und verstärkte Blutzufuhr einsetzt. Der Lehrer muß es verstehen, diese Spannung zu einer weniger gefährlichen Stelle zu leiten und den Blutandrang abzuwenden, um allgemeinen Zentrenbrand oder gar den feurigen Tod zu verhindern. Glauben Sie mir, der Lehrer wird keinen Augenblick zögern, wenn ein Schüler für solche Umwandlungen bereit ist; er wird alles unternehmen, was für die Lebensbedingungen des Organismus notwendig ist.

       Über den Schaden mechanischer Übungen und die Gefahr der Entstehung von Mediumismus habe ich meinen Brieffreunden bereits ausführlich geschrieben. Um wahre Jüngerschaft zu erlangen, ist es nötig, die Kraft des Geistes zu bestätigen und die Wahrheit zu erkennen, um nicht durch alle möglichen Tricks, die einem Medium zugänglich sind, verführt zu werden.

       Aus meinen Ausführungen über Samadhi ersehen Sie, wie relativ Erleuchtungen sind. Der Begriff Unbegrenztheit gewährt die Möglichkeit, absolutes Wissen zu erlangen, und darin liegt die ganze Größe - das ist Leben. Jedes Manwantara, jede Runde hat ihre Wahrheit, und der Menschheit wird jener Teil des Wissens gegeben, den sie in dieser Runde fassen kann. Für die Archate allerdings kann es in bezug auf die fundamentalen Prinzipien keinen Widerspruch geben, aber auch sie lernen ständig und vertiefen ihr Wissen. Kann man sich letzte Erkenntnis vorstellen? Das käme sicherlich der Vernichtung gleich! In der Tat, was würde mit unserem Bewußtsein geschehen, dessen Wesen ewige Bewegung und Wahrnehmung zugrunde liegt? Unbegrenztheit ist Leben, unbegrenzt sind die Wahrnehmungen und Möglichkeiten. In der Freude am Unermeßlichen und an der unfaßbaren Größe möchte ich meine Erklärungen beenden.

       Und nun über die Stimme der Stille oder die Stimme des Unsichtbaren Lehrers. Sicherlich, diese Stimme muß nicht nur die Stimme unseres Ichs sein, sondern sie kann auch die Stimme des Lehrers sein; denn diese Wahrnehmungen sind beinahe unlösbar miteinander verbunden. Könnte man die Stimme des Lehrers vernehmen, solange unser höheres Ich sich in einem ”schlummernden“ Zustand befindet? Bei wahrer geistiger Entwicklung (also nicht bei Mediumismus) ist unser höheres Ich tatsächlich für die Stimme des Unsichtbaren Lehrers empfänglich. Vernehmen wir daher die Stimme des Lehrers, so vernehmen wir auch die Stimme unseres höheren Ichs.

       Seien Sie nicht betrübt und denken Sie daran, daß ”im Reich des Geistes alles möglich ist”. Erinnern Sie sich der Parabel über Dgul Nor in der Lehre? Wird diese Formel einmal gänzlich erkannt, dann kann der Mystizismus, der Sie so anzieht, nicht verlorengehen. Wahrlich, wir leben in der Unbegrenztheit, und man sollte die Bedeutung dieses majestätischen Begriffs nie außer acht lassen. Vertrauen Sie daher mehr Ihrem Herzen; es ist immer und in allem der einzige Maßstab.

       Bezüglich Frau Kryjanovsky möchte ich Ihnen mitteilen, daß die besten Seiten in ihren Büchern automatisch geschrieben und nach den Visionen ihrer blinden Schwester zusammengestellt wurden. Ein Freund ihrer Familie sagte es mir. Außerdem kannte sie zweifellos viele okkulte Schriften und gewiß las sie auch die Werke von H. P. Blawatsky, denn in ihrer Buchserie über ”Magie“ stößt man auf eine Stelle aus der ”Geheimlehre“. Aber es ist durchaus möglich, daß dieser Passus einer Reisebeschreibung von H. P. Blawatsky entlehnt wurde. Zu Ende des letzten Jahrhunderts nahmen in der westlichen Literatur, vor allem in der englischen, die sogenannten okkulten Novellen einen beachtlichen Platz ein, und nicht selten zeugten sie von beträchtlicher geistiger Aufklärung ihrer Autoren. Neben bemerkenswerten Seiten findet man allerdings in den Novellen von Kryjanovsky einen Großteil Plattheiten. Nichtsdestoweniger ziehe ich ihre Reihe über ”Magie“ vielen derzeitigen Novellen vor, denn Bücher dieser Art beleben immer die Vorstellung des Lesers, heben ihn über den grauen Alltag hinaus und inspirieren ihn für das Ungewöhnliche und Schöne.

       Bestimmte Schreiber versuchen irrtümlich aus Rama, diesem reinsten Arier, einem Avatar von Vishnu und Helden des herrlichen Epos Ramayana, einen Kelten und westlichen Eingeweihten zu machen. Den Zyklus von Rama gibt es zweifellos, denn Rama ist ein Avatar von Vishnu, und folglich nähren die Energien seines Geistes das Bewußtsein der Menschheit für eine bestimmte Periode oder Runde.

       St. Yves d’Alveidre war ein Psychiker und ein Medium; gegen Ende seines Lebens geriet er derart unter den Einfluß seines astralen Lehrers, daß seine Bücher weit mehr von Fehlern durchzogen sind als die Bücher anderer Autoren okkulter Novellen. Sein Agarta und der oberste Pontifex stellen sicherlich seine eigene Auffassung von der großen Schambhala und ihrem Herrscher dar. Es ist amüsant zu sehen, wie er bestehende exoterische Legenden mit okkulten Ausschmückungen sowie den Mitteilungen, die er von seinem astralen Personifikator empfing, verflicht. Er wurde ein Opfer verantwortungsloser astraler Vermittler. Der für eine Geheimsprache gegebene Name Vatan klingt für einen Orientalen sehr seltsam. Nach einer bestimmten Vision vermittelte ihm ein eingeweihter Brahmane dieses Wort, aber auf arabisch, urdisch und persisch bedeutet Vatan Vaterland. Offensichtlich mißverstand St. Yves d’Alveidre seinen Gesprächspartner, der ihm einfach von seiner Muttersprache erzählen wollte.

       Ich las seine Biographie, und es ist offensichtlich, daß er kein schlechter Mensch war, aber sein mediumistisches Wesen und sein Interesse am Spiritismus schwächten seinen ohnehin schwachen Organismus noch mehr, und so verlor er das geistige Gleichgewicht.

       Um Ihnen zu zeigen, wie sehr der erhabene Begriff des Bollwerks der Großen Bruderschaft in seinen verschiedenen Aspekten das Bewußtsein und Leben mancher Völker durchdringt, möchte ich Ihnen über eine gegenwärtig bestehende Gesellschaft im fernen Osten berichten. Diese Gesellschaft hat viele Mitglieder, und wie mir bekannt ist, nimmt sie auch Fremde auf. Sie hat ihr geheimes Heer, das mit einer militärischen Organisation natürlich nichts zu tun hat. Jedoch hält sie sich streng an die festgesetzten hierarchischen Prinzipien. Der Haupt-Treffpunkt dieser Gesellschaft, die sich der ”Außergewöhnliche Moment“ nennt befindet sich in einem der lokalen ”heiligen Berge“. Jetzt bereitet sich dieses heilige Heer für einen ”Außergewöhnlichen Moment“ vor, und darunter ist in weitestem Maße das zu verstehen, was im geistigen Sinn zur Zeit das Wichtigste ist. Nach dieser Lehre befindet sich die Welt gegenwärtig in einer Krise, nach der ihre geistige Erneuerung, oder besser Neugeburt, erwartet wird. So nehmen alle Arten von Konferenzen, Konflikten, alle Anziehungen und Abstoßungen äußerst zu. Die Menschheit leidet unter Geburtswehen, aber ”die Zeit wird kommen, wo sich die himmlischen Tore öffnen und die irdische Welt zur himmlischen Welt zurückfinden wird”. Sechs Stadien, sechs Stufen führen zu diesem Moment: 1. Die erste Periode - Anzeichen über das Ende des Großen Krieges. 2. Die zweite Periode - Anzeichen des politischen und ökonomischen Mißerfolgs infolge allgemein unrichtiger Einstellung. 3. Die erste Periode von Kataklysmen (kurzfristig) - nie dagewesene Umwälzungen in der ganzen Welt. 4. Die zweite Periode von Kataklysmen (kurzfristig) - Das Erscheinen himmlischer Kräfte in der Arena. 5. Die erste Periode des Aufbaus - die erleuchtete Herrschaft des himmlischen Herrschers in der Welt - Staatsform gekennzeichnet vom Monismus des religiösen Kultes und der Staatsaffären. Dies wird eine Hegemonie des Lichts über die Welt sein, ausgestrahlt vom himmlischen Herrscher durch die Errichtung von unzerstörbaren Machtinstitutionen, die in dieser Zeit wirken werden. Dieses erleuchtete Reich wird durch eine besondere Form zum Ausdruck kommen … 6. Die zweite Periode des Aufbaus - das Nahen von göttlich inspirierten Regenten: Vertretern der Wissenschaft, der Technik, etc. Nach Feststellung der Mitglieder dieser Gesellschaft befindet sich die Welt gegenwärtig im zweiten der oben erwähnten Stadien. Die Propheten dieser Bewegung sprechen von der neuen Welt als dem Reich des Geistes in direkter Verbindung des Menschen mit den Göttern, das, so sagen sie, ein irdisches Leben ohne Krankheit und Mühsal verheißt: ein erleuchtetes Leben durch das Licht der Wahrheit, des Guten, der Schönheit, Freude und Liebe; ein vom Himmlischen Herrscher gelenktes Leben nach dem Grundsatz der Gerechtigkeit. Das bemerkenswerte dabei ist, daß dieser Große Plan, wie sie sagen, bereits viele tausend Jahre vor der Zentralen Welt des Hauptquartiers der Großen Götter auf dem Heiligen Berg beschlossen wurde, dort wo die Götter sich versammeln, und seine irdische Projektion ist der Berg dieses Bereichs. Sie können also sehen, wie ein großer Gedanke von allen Völkern refraktiert wird, und unvermeidlich teilt jedes von ihnen die Hauptrolle seinem Volk und Land zu.

* * *

       Beschuldigen Sie T. nicht, er kannte Rußland wirklich nicht. Die abgezielten Verdrehungen über Rußland werden selbst heute noch von Ausländern aufrechterhalten und enthüllen nur ihre Unwissenheit. Für die meisten Ausländer war und ist Rußland ein Land des Vandalismus, aller Arten von Verletzungen und Lizenzen, und vor allem tiefer Unwissenheit. Selbst die besten Gemüter meinen, Rußland habe seit der Zeit Iwan des Schrecklichen wenig Fortschritte gemacht. Zivilisation hat den Begriff Kultur verdrängt, und viele können nicht verstehen, daß man ein zivilisierter Wilder sein kann. Die Menschen haben vergessen, daß sich die Schätze der Kultur in Jahrhunderten sammeln, Zivilisation hingegen kann in einer Dekade erreicht werden.

       Es ist wahr, daß es unter den Archaten keine Uneinigkeit geben kann; denn die Wahrheit, die sie kennen, ist die Wahrheit, die dem Geist zugänglich ist, der seine Selbstvervollkommnung nicht nur für die Erde, sondern auch für die höchsten Planeten unseres Sonnensystems vollendete.

       In den ”Briefen der Mahatmas“ an A. P. Sinnett heißt es über Buddha, daß sein Geist seine irdischen Inkarnationen so erfolgreich durchschritt, daß er auf dem höchsten Planeten unseres Sonnensystems inkarnieren wird, aber erst in der siebenten Runde und ihrer letzten Rasse. Unbegrenzt ist das Leben und unbegrenzt sind die Errungenschaften und Möglichkeiten. Und so möchte ich diesen Brief beenden, mich der Unermeßlichen und Unaussprechlichen Größe erfreuend.

       24. September 1935

       Es ist sehr wichtig, auf den Unterschied zwischen Mediumismus und wahrer geistiger Entwicklung hinzuweisen. Mit den Büchern über die verschiedenen Hatha Yoga-Übungen ist viel Schaden angerichtet worden. Welche Unwissenheit, zu wähnen, daß das Höchste und Feinste durch rein mechanische Methoden erlangt werden kann! Sie haben völlig recht, wenn Sie sagen, daß die Menschen, bestrebt nach geistiger Entwicklung (was für sie oft nur Erlangung psychischer Kräfte bedeutet), vergessen, daß diese Entwicklung ohne aktiven Dienst am Allgemeinwohl einseitig und unbeständig ist. Unsere inneren Feuer werden nur im Umgang mit den Menschen entfacht. Nur so können wir uns prüfen und werden imstande sein, die Klinge unseres Geistes zu schärfen und zu stählen. Unzweifelhaft wichtig ist eine gewisse Absonderung und zeitweilige Zurückziehung für die Erneuerung unserer Kräfte. Dauernde Abgeschiedenheit jedoch wird unseren Kräften niemals jene Spannung verleihen, die allein ihre Verfeinerung ermöglicht. Viele Feststellungen in der Lehre bestätigen das. So zum Beispiel § 114 im II. Band der ”Blätter des Gartens MORYA“, der besagt: ”… Christus, Buddha und ihre engsten Mitarbeiter wandten keine magischen Formeln an, sondern wirkten und schufen in völliger Vereinigung mit dem Geist. Deshalb müssen während des kommenden Evolutionsabschnittes die früheren, künstlichen Methoden unterlassen werden … Mechanische Yoga-Übungen sind für die Erneuerung der Welt unbrauchbar.”

       Und weiter heißt es im § 130 desselben Buches: ”… Oftmals mußten Heilige auf die Erde zurückkehren, weil sie durch ihre Verzückung auf die Menge zuviel einwirkten, anstatt sie mit dem Aufbau des Lebens vertraut zu machen … Wir sind entschieden gegen Klöster, da sie eine Antithese zum Leben darstellen … In der Tat, durch das Leben kann man erlangen …”

       Gleicherweise heißt es im Buch AGNI YOGA § 161: ”… Raja Yoga, Gnana Yoga, Bhakti Yoga entfernen sich alle von der sie umgebenden Wirklichkeit und eignen sich daher nicht für die Evolution der Zukunft.”

       Im § 163 desselben Buches heißt es: ”Dieser zur höchsten Einheit führende Yoga (Agni Yoga) legt die Verpflichtung auf, das ganze Leben in Übereinstimmung mit einer äußerlich unmerklichen Disziplin aufzubauen …”, das heißt, indem wir aufbauen und schaffen, sollten wir gewisse Vorsicht walten lassen und die gewiesene Lebensordnung zur Gesunderhaltung befolgen. Wenn wir daher die Leben der Großen Lehrer der Menschheit studieren, so werden wir finden, daß keiner von ihnen sich vom Leben zurückzog, sondern alle ihre Kräfte geistig und physisch in den Dienst für das Allgemeinwohl stellten. Laßt uns daher in allem diesen großen Vorbildern in erhabener Errungenschaft von Selbstlosigkeit folgen. Die Krone der Selbstlosigkeit ist herrlich!

       Sie könnten Ihren Fragestellern folgende Gegenfrage stellen: ”Dient das Wissen über den Grad der geistigen Höhe von Christus und Buddha Ihrer geistigen Entwicklung?” Dazu könnten Sie auch aus dem Buch ”Blätter des Gartens MORYA“, II. Band, den § 310 zitieren: ”Man wird euch fragen: ”Wer steht höher, Christus oder Buddha?” Antwortet, daß man die entfernten Welten nicht messen kann. Wir können nur durch ihre Strahlung entzückt werden …”. Wahrlich, verglichen mit uns Erdbewohnern sind Christus und Buddha in der Tat ferne Sterne des Geistes. Denken wir daran, daß sie, und auch der Herrscher Maitreya, von der Venus kamen im Advent der Bildung des physischen Menschen, daher sind sie unsere Göttlichen Vorväter und Meister.

       Nun über St. Yves d’Alveidre. Er war ein typischer Psychiker, der sich dem Spiritismus zuwandte und unter dem Einfluß astraler Personifikatoren geriet. Seine Bücher sind ein Sammelsurium von falschen Fragmenten der Wahrheit und Irrtümern.

       Sicherlich, jenen, die mit dem östlichen Denken nicht vertraut sind und die an die LEBENDIGE ETHIK zum ersten Male herantreten, kann nur so viel gegeben werden, als ihr Bewußtsein zu fassen fähig ist. Es heißt im Buch AGNI YOGA § 37: ”… Wir dürfen das Denken eines Menschen nicht unterbrechen, sondern müssen durch Nähren des Nervensystems neues Blut einflößen. Ein Wort der Erwiderung soll kein Sargnagel sein, sondern der Strahl eines Arztes. Eine aufgeschobene Antwort mag in Form eines Rates erteilt werden.”

       Menschen zu enttäuschen oder ihren Standpunkt zu erschüttern, ist nur zulässig, wenn dabei äußerste Vorsicht geübt wird. Wir können dies durch allmähliches Einstreuen von Bruchteilen neuer Gedanken tun, durch einen allmählichen Vorgang der Bewußtseinserweiterung; aber es ist gefährlich, Bestehendes plötzlich niederzureißen. Sind Sie gewiß, daß für manche Menschen Bücher, wie die Novellen von Kryjanovsky oder die Phantasien von St. Yves d’Alveidre, inspirierend sein können, so daß eine scharfe Kritik solcher Bücher die entfachte Flamme ihres Geistes erlöschen könnte? Nur starke Geister, unberührt von irdischen Dingen, können mit der Wahrheit in all ihrer überirdischen Schönheit konfrontiert werden. Aber es ist unstatthaft, die Augen mit Gewalt zu öffnen.

       Und nun zu etwas anderem. Wird Suggestion gewaltsam angewandt, um daraus eigenen Nutzen zu ziehen, so bedeutet das nicht nur Einmischung in das Karma, sondern ist einfach verbrecherisch. Wenn wir hingegen inspirieren und im Menschen sein feines Wesen ansprechen und erhabene Gedanken hervorrufen oder ihn vom Laster abhalten können, dann ist solch eine Tat allerdings von Nutzen.

       Wenn wir, indem wir Gutes tun, einen bestimmten Teil des Karma auf uns nehmen, so belastet solch ein Karma sicherlich nicht unseren geistigen Fortschritt. Nur der Archat weiß, wo und wann er nicht helfen darf; wir hingegen sollten die helfende Hand ausstrecken, wann immer unser Herz dies gebietet. Indem wir dies tun, müssen wir jedoch immer das Gesetz der Vergleichbarkeit sowie die Zweckmäßigkeit beachten und daran denken, daß geistige Hilfe die höchste ist.

       Es gibt Leute, die meinen, sie müßten alles abgeben und fallen damit anderen zur Last! Solchen Menschen können wir mit den Worten der Lehre sagen: ”Wer sagte, daß man sinnlos abgeben soll, der Wahnsinn bleibt dennoch bestehen”. Man muß jedoch helfen, denn wer weiß, wann wir eine Schuld abtragen! Wenn wir daher die Hilfe versagen, könnten wir damit den Anteil unserer Schuld vergrößern. Es ist ein großer Irrtum, unseren Nächsten aus Angst, unser Karma zu belasten, die Hilfe zu verwehren. Wird dies nicht eine Tat großer Selbstsucht sein? Allerdings muß man auch zu unterscheiden wissen, da man oft jemandem hilft, der es nicht verdient, hingegen einem, der sich wirklich in Not befindet, die Hilfe versagt. Auch hier wird nur das Herz der einzige Richter sein. Wird daher eine in unserer Macht liegende Hilfe gefordert, sollten wir sie leisten.

       Vor allem sollten wir daran denken, daß unser Karma hauptsächlich durch Gedanken geschaffen, gewogen und erleichtert wird. Genaugenommen weben der Gedanke und der innere Antrieb unsere Aura, jenes Magnetfeld, das Möglichkeiten entweder anzieht oder abweist. In der Tat - das Motiv des Gedankens -, dieser entscheidende Faktor unseres Karma, wird oft von jenen, die über Karma sprechen, außer acht gelassen. Aber wäre es anders, könnte der magische Kreis von Ursachen und Wirkungen nicht durchbrochen werden. Denn alles ist Karma und alles wird von Karma aufrechterhalten. Vollenden wir jedoch eine Karmarunde für einen bestimmten Zyklus, so beginnen wir eine neue Runde auf anderen Ebenen und Welten und so fort in Unbegrenztheit. Wenn von Vollendung von Karma gesprochen wird, so heißt das, daß Karma nur für einen bestimmten Zyklus unseres Planeten etc. zu Ende ging. So spricht man vom Ende des Karma eines Menschen auf unserem Planeten, wenn er sein inneres Wesen derart geläutert und seine Energien so weit umgewandelt hat, daß ihm ein weiteres physisches Verweilen auf der Erde nichts mehr bieten kann; genaugesagt, alle Elemente oder Energien, die sein Wesen formen, haben jenen Vervollkommnungsgrad erlangt, der auf diesem Planeten möglich ist. Solch ein Geist bleibt, je nach seiner Aufgabe, entweder in den die Erde umgebenden höheren Sphären oder steigt auf in höhere Welten. Daher ist der Gedanke die primäre Ursache und die Krone der Schöpfung. Gedanken regieren die Welt, folglich regieren sie Karma.

* * *

       Seien Sie nicht unglücklich, weil Sie für Ihren Lebensunterhalt so viel Zeit aufwenden müssen! Wir alle müssen unser Brot verdienen. In der Tat, alles sollte mit menschlichen Händen und Füßen vollführt werden, ohne sich vom Leben zurückzuziehen. Darin liegt große Schönheit. Ist die in Behaglichkeit und Wohlstand geleistete Arbeit von großem Wert? Und hört man über solche Arbeit viel? Nein, alle großen Denker schufen unter mühsamsten Umständen. Die durch Leichtigkeit und im Überfluß geleistete Arbeit kann nicht zu der für die Zentren notwendigen Spannung führen.

       Wahrlich, materieller Wohlstand und Behaglichkeit sind unsere gefährlichsten Feinde. Nichts löscht das innere Feuer so schnell aus wie Sorglosigkeit um das Morgen. Wir kennen diese Sorglosigkeit nicht und wir arbeiten bis zur äußersten Grenze der Erfordernisse und Möglichkeiten. Jedoch, im schwierigen Augenblick, wenn alle unsere Kräfte gespannt sind, wenn wir unsere ganze Findigkeit aufgewendet haben, dann kommt Hilfe - aber im letzten Moment -, so ist das Gesetz. Alle irdischen Lasten sind für das Wachstum des Geistes notwendig. So blühen die schönsten Blumen der Freude entlang dornigen Pfaden. Es werden sich zeitgerecht neue Umstände ergeben, und die Aufgaben werden sich erweitern. Vielleicht werden wir uns dann nicht mehr um den Lebensunterhalt mühen, aber es werden neue Probleme an uns herangetragen, weit kompliziertere und schwierigere. Aber wohnt das Bildnis des Lehrers in unserem Herzen, wie können wir uns da um Morgen sorgen? Was vom menschlichen Standpunkt her als schlimm erachtet wird, erweist sich oft als unsere Rettung und als Stufe für neue Möglichkeiten. Wahrlich, wenn wir selbstlos dienen, wird ohne Kenntnis des Lehrers nicht ein Haar von unserem Haupte fallen. Selbstloser Dienst, aufrichtige Hingabe und Dankbarkeit weben einen starken Faden, auf dem uns alles Notwendige zugeführt wird.

       So wollen wir den unvermeidlichen Prüfungen mutig ins Auge sehen und den Geist durch Verbindung mit den Suchern des Lichts nähren. Ereignisse reifen heran, man kann viele Veränderungen erwarten. Aber dienen wir dem großen Licht, so kann die vernichtendste Welle uns nur emportragen. Daher laßt uns in vollem Vertrauen zur Führenden Hand das lichtbringende Werk verrichten.

       1. Oktober 1935

       Ich vernahm Ihren Ruf und bin bereit, darauf zu antworten, soweit es in meiner Macht steht. Geistige Hilfe ist wirklich die höchste, und ich werde mich glücklich schätzen, wenn ich Ihnen solche Hilfe gewähren kann. Eine bestimmte Bewußtseinsvereinigung jedoch und Verbindung auf mentaler Ebene sind äußerst wichtig. Wie es in der Lehre heißt: ”… Man stelle sich zwei Gesprächspartner der ungefähr gleichen Bewußtseinsstufe vor, die einander trotzdem nicht verstehen. Vielleicht fehlen in ihrem Bewußtsein nur einige kleine Glieder, doch dieser kleine Unterschied veranlaßt die Zahnräder des Denkens, sich verschieden zu drehen, so daß sich ganz andere Hebel in Bewegung setzen …” (Gemeinschaft, § 171).

       So erwarte ich Ihre Fragen, denn ohne Fragen kann es keine Antwort geben. Sie schreiben ”Nachdem ich auf meinem Pfad eine schwere geistige Enttäuschung erlebte, habe ich den Willen und den Glauben verloren. Nichtsdestoweniger will ich auf den Lehrer warten!” Aber wenn Sie warten, so heißt das doch, daß Sie Hoffnung haben; daher ist der Glaube noch nicht verloren, und das ist äußerst wichtig. So lassen Sie uns gemeinsam über Ihre Enttäuschung hinwegkommen; mögen Sie sich in der Aufspeicherung der großen Lebenserfahrung wandeln - in der Esse, in der unser geistiges Wesen gehegt und gestärkt wird. Weder theoretisches Wissen noch Philosophie kann Ihnen Geistigkeit verleihen. Den KELCH AMRITA können wir nur durch Leeren des Giftbechers mit all seinen Illusionen speichern.

       Und so möchte ich Sie bitten, für alle Enttäuschungen einen klaren Standpunkt einzunehmen. Kann einem die Zerstörung von Illusionen erschrecken? Jede geschwundene Illusion ist eine weitere Stufe des Wissens. Wahres Wissen ist streng, wie der geistige Pfad, und nur der geistig Starke kann hoffen, sich dem Pfad beschleunigter geistiger Entwicklung zu nähern. Darüber hinaus kann dieser Pfad nie behaglich sein, da nur Leiden und persönliche Anspannung unsere Energien umwandeln können und das nötige Gleichgewicht verleihen. Aber gesegnet ist, wessen Herz im Entzücken heldenhafter Errungenschaft entflammt ist; überirdische Freude harrt seiner. Entfachen Sie daher alle Feuer Ihres Herzens, und Entzücken des Geistes wird Ihnen zuteil.

       1. Oktober 1935

       Sie haben recht, derzeit ist es äußerst wichtig, an Heldentaten zu denken. Das russische Wort ”podwig“ (Heldentat) ist schwer zu übersetzen. Es bedeutet große heldenhafte Tat mit geistiger Errungenschaft. Die Menschen sollten Heldentat im täglichen Leben verstehen. Ohne Heldentat ist das Leben unbedeutend. Und wie ausdrucksvoll ist das russische Wort ”podwig“ - in der Tat, es gibt kein Äquivalent in einer anderen europäischen Sprache. In diesem Wort liegt der ganze Sinn, die ganze Eigenheit der Bestrebung zur selbstlosen Heldentat, in die Zukunft, in die Evolution!

       Ich bin glücklich, über Ihr Buch so viele gute Berichte zu hören. Ich weiß, es wird sicherlich allen, die es lesen, Freude bereiten. Das einzige Hindernis ist, daß unsere russischen Leser so arm sind! Aber nichts möge Sie beunruhigen, schreiten Sie voran in Ihrer nützlichen Tätigkeit!

* * *

       Wußten Sie, daß es im Jahre 1935 einige Mond- und Sonnenverdunkelungen gab? So gab es in der zweiten Juni- und in der ersten Julihälfte drei Verdunkelungen, und eine weitere Sonnenfinsternis ist im Dezember zu erwarten, zur Weihnachtszeit. Verfinsterungen haben immer kosmische Störungen zur Folge und alle Arten von Wahnsinn in der Welt. Dies erklärt meinen schlechten Gesundheitszustand in diesem ganzen Jahr, obwohl auch andere schwerwiegende Gründe dafür vorliegen. Der Menschen wahres Wesen offenbart sich jetzt überall, und dies könnte die Reinigung des Raumes genannt werden. Kennt man allerdings das okkulte Gesetz, in Übereinstimmung dessen sich unser innerstes Wesen offenbart, sobald wir an die Lehre herantreten und der Aura des Großen Lehrers näherkommen, sowie die ganze ansteckende Gefahr von Besessenheit, besonders in Fällen veranlagten Mediumismus, sollte man wirklich nicht erstaunt sein. Nichtsdestoweniger schmerzt es sehr, wahrzunehmen, wie unter der Hand des Besitzergreifers die Blume des Geistes welkt und schrecklicher Verrat in das Herz des Aufbaus des Lichts eindringt. Aber wir werden auch das überleben.

       Das Jahr 1936 ist in vielen Prophezeiungen als das Jahr der persönlichen Schlacht zwischen dem Erzengel Michael und dem Drachen erwähnt worden. So wohnen trotz allem Mut und Freude an einer neuen Schlacht für das Licht in unserem Herzen. Ohne Schwierigkeiten kann man keine Heldentat vollbringen. Ich liebe die Aussprüche - des großen tibetischen Weisen Milarepa, der große Strenge übte. Fragten ihn die Menschen, ob es ihm nicht leid wäre, ein solch hartes Leben gegen sich selbst zu führen, sagte er, daß wir alle dem Tode unterliegen und er es vorziehe, im Verfolgen eines schönen Zieles zu sterben.

       Wahrlich, würden nur hundert Menschen die Weisheit dieser Regel erkennen und sie im Leben anwenden, die Welt könnte in kürzester Zeit verwandelt werden. So wollen wir uns bis zum letzten Tropfen unseres Blutes, bis zum letzten Atemzug für das Licht einsetzen.

       Und auch Sie sollten sich durch nichts beunruhigen lassen. Sehen Sie mit flammender Freude den Nutzen jeder Möglichkeit, zur Reinigung und Verbesserung des menschlichen Denkens Ihren Beitrag zu leisten.

       1. Oktober 1935

       Viele Wunder vollziehen sich in unserem Leben, viele Bestätigungen erhalten wir. Daher kann uns auch der finsterste Verrat und Versuch, unsere Werke zu zerstören, nicht ängstigen. Die Jahre 1934 und vor allem 1935 mit seinen sieben Mond- und Sonnenfinsternissen gesellten sich ganz unerwartet zur Anzahl finsterer Zeichen. So hat Verrat sich in das Herz leuchtenden Aufbaus eingeschlichen und versuchte zu zerstören, was durch reines Streben und mit flammendem Geist aufgebaut wurde. Der Feind machte sich die Abwesenheit N. K.’s zunutze und stieß ihm den Dolch in den Rücken. Nun ist die Maske gefallen, und die wahren Gesichter sind enthüllt. Allerdings sollten wir nicht erstaunt sein, da wir das unabänderliche okkulte Gesetz kennen, nach dem, wenn wir uns der Lehre des Lichts nähern und den Großen Lehrern zuwenden, unser ganzes inneres Wesen mit besonderer Stärke hervortritt. Gleicherweise wissen wir, wie leicht man der Gefahr der Besessenheit unterliegen kann, wenn man sich in finsteres Denken und Unaufrichtigkeit verstrickt, vor allem, wenn man durch Mediumismus belastet ist. Und doch schmerzt das Herz, wenn nach vierzehn Jahren enger Zusammenarbeit solches zutage tritt. Zu Beginn unseres Werkes erhielten wir allerdings viele Warnungen und Andeutungen über Verrat, der nach Beförderung bestimmter Menschen verübt werden kann. Die Beförderung fand statt, und ihr Geist fehlte. Ehrgeiz und Eigennutz sind furchtbare Geißeln, sie lassen selbst Riesen in den Abgrund stürzen.

       Und so leeren wir den Giftkelch, gereicht aus den Händen unserer früheren Mitarbeiter. Aber trotz allem leben Stärke und Mut in unserem Herzen, denn was ist Heldentat ohne Verrat? Das Symbol Jesus ist ewig und unvermeidlich zugegen beim Vollbringen großer Heldentaten. Aber nach Golgotha erfolgt die Auferstehung und das große Entzücken des Geistes. Darauf ist in allen Mysterien hingewiesen; so lodert auch in unserem Herzen Freude. Wir kennen die Große Bürgschaft des Bollwerks des Lichts, wir schätzen die Zeichen des Vertrauens, und wir kennen den siegreichen Schild. Unser Geist kann durch keinen Kampf erschreckt werden; wir haben ihn sogar lieben gelernt, denn was sonst kann den Geist derart stählen, unsere Fähigkeiten erproben und die größte Erfahrung für die Krone der Vollendung verleihen? Und so laßt uns erneut sprechen: ”Gesegnet seien die Hindernisse, durch sie wachsen wir.”

       Auch der weisen Worte Nietzsches gedenken wir: ”Du gehst über sie hinaus aber je höher du steigst, um so kleiner sieht dich das Auge des Neides. Am meisten aber wird der Fliegende gehaßt.” Ja, zur Zeit erheben sich die Menschen vor allem gegen alles Erhabene und gegen das Gesetz der Hierarchie. Nur die Könige des Geistes wissen um die ganze Größe und Unabänderlichkeit dieses kosmischen Gesetzes, die Mehrheit jedoch steht dagegen auf. In der Tat, die Verfeinerung des Geistes zeigt sich gerade in seiner Fähigkeit, erhabene Werte zu achten.

       Und so treten wir mutig und freudvoll in den neuen Kampf für das Licht des neuen Bewußtseins in der kommenden Zeit, in vollem Vertrauen auf den vorausgesagten Endsieg.

* * *

       Mit Freude erhielt ich die wunderbare Botschaft Ihres Herzens, in der Sie Ihre Ergebenheit zum Großen Lehrer zum Ausdruck bringen. Wahrlich, Hingebung ist eine Eigenschaft, die nur Königen des Geistes eigen ist. Es ist offensichtlich, daß Sie diese seltenste der Eigenschaften aus Ihrer Vergangenheit mitbringen. Wo anders als im Osten, und vielleicht im gesegneten Indien, könnte man den Keim dieser höchsten Eigenschaft suchen?! Alle geistigen Errungenschaften Indiens, seine geistige Erziehung und die verfeinerte Ethik beruhen auf dieser grundlegenden Eigenschaft. Die ganze Literatur Indiens ist durchdrungen vom Geist des Heldentums und der Hingabe. Nirgendwo sind die Bande zwischen Guru und Schüler verständlicher, heiliger und offenbarer als in Indien. Selbst beim derzeitigen Niedergang des Landes ist diese Achtung in den Herzen der Menschen bewahrt worden und sie verleiht der dem indischen Geist eigenen Kultur einen untilgbaren Antrieb. Seien Sie daher gesegnet, wenn Ihr Herz in diesem großen Gefühl wonnevollen Anflugs schwingt. Wahrlich, die Feuer der Dankbarkeit und Hingabe erheben sich über alle anderen Anerbieten.

       Ich möchte mit Worten aus der LEHRE schließen: ”Schwimmer, wenn ihr alles euch Mögliche tut, wohin kann die vernichtendste Welle euch tragen? Sie kann euch nur emportragen.” So werden wir unter dem Schild der Hierarchie des Lichtes vorwärtsschreiten.

       8. Oktober 1935

       Hier die Antwort auf Ihre Fragen:

       1. Das nichtverzehrende Feuer, der brennende Busch von Moses, ist das sogenannte himmlische Feuer, das nur offenbar werden kann, wenn es mit einer Aura bestimmter Spannung in Berührung kommt. N. K. und ich waren auf unserer Reise durch Tibet Zeugen solchen Feuers. Dieses feurige Phänomen ereignete sich einmal spät am Abend ganz plötzlich in unserem Zelt. Mein Mann schlief bereits. Ich trat an mein Bett, streckte die Hand aus, um die Decke zurückzuschlagen, und plötzlich erhob sich eine Säule, oder besser ein Feuer, von wundervoller silber-purpur-rosa Flamme. Ich begriff nicht sofort, was vor sich ging, und in einem Aufschrei ”Feuer, Feuer” versuchte ich, es mit meinen Händen zu ersticken. Aber das Feuer ließ sich weder löschen noch verbrannten die Feuerzungen meine Hände, ich spürte nur eine angenehme belebende Wärme. Meine Stimme vernehmend, erwachte mein Mann und erblickte mich im Hintergrund dieser Flamme. Der ganze Zwischenfall währte nicht länger als eine Viertelminute, vielleicht noch kürzer, und ebenso plötzlich wie die Flamme erschien, verschwand sie. Nach dieser Erscheinung sah ich die Kristalle von Materia Lucida und Spiralen sowie die Funken des Fohat. Dieses letzte Erlebnis machte sich jedoch in einem leichten Versengen der Zentren bemerkbar.

       2. Das siebente Prinzip ist das Element der Synthese, aber es ist nicht das höhere Ich des Menschen. Das höhere Ich besteht aus drei Prinzipien; dem siebenten, dem sechsten und dem fünften. Ich füge eine kurze Notiz bei, die ich für einen meiner Mitarbeiter aufschrieb. Vielleicht ist sie Ihnen von Nutzen.

       3. Der Mond ist unsere Mutter - er nahm an der Bildung der Erde teil und an der Besiedlung mit menschlichen Wesen. Die Mond-Monaden oder Pitris, die Vorfahren, wie sie die Inder nennen, inkarnierten in unserer menschlichen Gattung. Der Mond wird vor der siebenten Runde unseres Planeten verschwinden oder sich auflösen.

       4. Beinahe alle Wissenschaften stammen aus Indien. Ägypten, Griechenland und das alte Chaldäa entlehnten ihr Wissen aus Indien. Ebenso kamen Osiris, Hermes und Orpheus aus dem Osten; auch Pythagoras empfing seine Einweihung in Indien.

       5. Zwischen dem feinstofflichen und dem physischen Körper besteht völlige Übereinstimmung. Daher hat jedes physische Zentrum eine Entsprechung im feinstofflichen Körper. Folglich bestehen die astralen Gefühle und Zentren genauso wie die physischen, aber in ihrer feinstofflichen Strahlung. Aber man sollte sie nicht getrennt betrachten, weil ihre Einheit eine genaue Entsprechung offenbart. Die äußere Welt ist nur der Widerschein der inneren. Und genauso wie die äußeren Gefühle und Energien offenbar werden, wenn die notwendigen Bedingungen gegeben sind, so treten auch die inneren, geistigen Energien in Erscheinung, wenn die astralen oder geistigen Bedingungen auf der inneren Ebene geschaffen werden.

       6. Wenn Christus Kranke läuterte und heilte, empfand er immer einen Kraftverlust. Erinnern Sie sich, als eine kranke Frau aus der Menge den Saum Seines Gewandes berührte, verspürte Er augenblicklich einen Kräfteschwund. Wenn ein großer Geist heilt, so übermittelt er, jedesmal, wenn ihn jemand berührt, einen Teil seiner Kraft. Wie groß auch der Vorrat an psychischer Energie sein mag - er kann zeitweilig erschöpft werden. Diese Augenblicke der Erschöpfung sind voller Gefahr, weil das Sperrnetz der Aura, beraubt der Ausstrahlungen, die unsere Zentren nähren, beschädigt wird und ansteckende Mikroben an der schwächsten Stelle des Organismus eindringen können. Dies erklärt, warum Agni Yoga so viele Hinweise über die Erhaltung des Sperrnetzes gibt. Ein Schüler, der einen bestimmten Grad von Yoga erlangt hat, kann sich nicht unbegrenzt in der verseuchten Atmosphäre der Städte aufhalten; er muß sie öfter verlassen, um mehr oder weniger in der Natur zurückgezogen zu leben.

       Christus sowie auch Buddha und alle anderen Großen Lehrer gingen oft in die Wüste.

       Auch in den ”Briefen der Mahatmas“ wird von einer ernsten Krankheit des Mahatma Kuthumi gesprochen, nachdem er mit den Auren der Menschen zur Zeit der Gründung der Theosophischen Gesellschaft in Indien in Berührung kam. Er mußte sich für einige Wochen in völlige Abgeschiedenheit begeben. So ist jede Bewußtseinsebene, jede Daseinsebene bestimmten Gesetzen unterworfen, deren Verletzung Folgen nach sich zieht.

* * *

       Wenn Sie wollen, könnten Sie erwähnen, daß die Lehre über die Wiederverkörperung erst 553 n. Chr. beim Zweiten Konzil in Konstantinopel widerrufen wurde. So wurde die Lehre über die Präexistenz der Seele und die wiederholte Rückkehr zur Erde erst im sechsten Jahrhundert n. Chr. durch das offizielle Christentum als Ketzerei erklärt. Bis dahin glaubten vor allem jene Kirchenväter an sie, die der Gnostik nahestanden.

* * *

       Und jetzt eine Mitteilung für Sie, mit der ich von einem Fall über Rückerinnerung an früheres Leben berichten möchte. Es geschah in den achtziger Jahren des letzten Jahrhunderts. Das Ereignis wurde von einem Verwandten der Beteiligten niedergeschrieben. Eine Gutsbesitzerin, die mit ihrem Gatten und ihrem Sohn in der Provinz Pskow lebte, besuchte zu den Weihnachtsfeiertagen ein ihren Freunden gehörendes entferntes Gut. An einem herrlichen sonnigen Morgen traten sie die Reise an und hofften, vor Dunkelheit einzutreffen. Aber kurz nach Mittag änderte sich das Wetter; es begann zu stürmen, und heftiger Schneefall setzte ein. Die Sicht wurde schlecht, und innerhalb einer halben Stunde war die Straße unter den dichten Schneemassen völlig verschwunden. Es war bereits dunkel, aber kein Zeichen des Gutshofes zu sehen, obwohl sie normalerweise längst hätten eintreffen müssen. Die Straße war holprig, und der Wagen drohte umzukippen. Es war offensichtlich, daß sie den Weg verfehlten. Aber es wäre unweise gewesen anzuhalten und den Wetterumschlag abzuwarten, denn der Sturm wurde immer heftiger und heftiger und die Pferde sowie der Wagen wären unter dem starken Schneefall begraben worden. Man entschloß sich daher, die Reise fortzusetzen und vertraute auf den Instinkt der Pferde, den Weg zu finden. Es war, als hätten die klugen Tiere den Augenblick der Freiheit verstanden und auch was sie erwartete. Sie erhoben ihre Köpfe, schnaubten und beschleunigten ihren Trab. In einer Entfernung von einer Stunde oder weniger hörte man Hundegebell, bald sah man einige Lichter, und der Wagen erreichte die Steinmauern eines großen Gutes. Ein Diener, der das Bellen der Hunde vernahm, trat mit einer Laterne in der Hand aus dem Haus. Als man ihn fragte, wem das Gut gehöre, nannte er den Namen der Besitzer, fügte aber hinzu, daß die Herrschaften verreist seien. Die Reisenden erkannten, daß sie in die entgegengesetzte Richtung abgekommen waren. Da es bereits spät war, beschloß man, auf dem Gut zu bleiben. Sie riefen nach dem Hausmeister und baten um Einlaß, um hier zu übernachten. Aber als die Dame dem Wagen entstieg und im trüben Licht der Laterne des Dieners das Haus erblickte, begann sie zu zittern und erklärte mit Entsetzen: ”Nie wird mein Fuß die Schwelle dieses Hauses betreten. Hier geschahen fürchterliche Dinge!” Sie bat ihren Gatten, diesen unheilvollen Platz unverzüglich zu verlassen. Der Gatte und der Sohn waren über alle Maßen erstaunt und schrieben ihre Nervosität der Übermüdung zu. Sie bemühten sich, sie zu beruhigen und zu überzeugen, daß sie sich irrt, da niemand von ihnen je in diesem Gebiet gewesen war. Aber die Dame bestand darauf, dieses Gebiet zu verlassen. Und um ihre Ahnung zu begründen, erklärte sie, daß sie sowohl die Lage der Zimmer als auch ihre Einrichtung beschreiben kann: ”In einem kreisrunden roten Gastzimmer befindet sich an der Wand über dem Tisch ein großes Bildnis einer Frau in weißem Gewand mit Blumen in der Hand - und das ist mein Bildnis … ich war hier so schrecklich unglücklich, so schrecklich unglücklich!” Der Gatte und der Sohn gingen, begleitet vom Hausdiener, natürlich sofort los, um diese Behauptung zu prüfen. Sie kehrten sehr erschüttert zurück, denn die Beschreibung stimmte. Sie bestanden nicht länger darauf, in dem unheilvollen Haus zu bleiben, und da der Sturm nachließ und der Mond zu scheinen begann, erbaten sie eine Führung, um nach Hause geleitet zu werden.

       Solche Erinnerungen sind im Osten sehr häufig. Die Zeitungen berichten von diesen Fällen, die durch zahlreiche Zeugen erhärtet werden. Wir kennen eine örtliche Familie, deren Mitglied, ein fünfjähriger Junge, behauptet, nicht der Sohn seiner Eltern zu sein und früher als Mönch in einem Kloster gelebt zu haben. Er läuft oft von zu Hause weg und sucht dieses Kloster. Manchmal unternimmt er weite Reisen, bevor seine Eltern seine Abwesenheit bemerken. Ständig macht er sich auf nach Klein-Tibet.

       11. Oktober 1935

       1. In Wirklichkeit kann sich der Mensch nicht völlig vom Karma befreien, denn Karma bedeutet Leben. Aber die Vollendung einer Karmarunde, von welcher Dauer immer, hängt vom geistigen Wachstum und auch von der auf einem bestimmten Planeten übernommenen Aufgabe ab. Das heißt, nachdem wir ein gewisses Wissen der Lehre erlangt haben, und nach einer Zwischenzeit (um nicht zu sagen ”Urlaub”) müssen wir mit dem nächsthöheren Grad beginnen und unbegrenzt so weiter. Diese ”Urlaube“ sind jene Erholungszeiten, wo es weder ”Tränen noch Wehklagen“ gibt. Aber kein Urlaub dauert ewig, wenngleich er sich auf Tausende von Jahren erstrecken mag; es gibt keine ”ewige“ Ruhe.

       2. Im Kosmos gibt es eine dauernde Geburt und Auflösung von Welten. Oft sind die sich auflösenden Welten von der Vollendung ihrer Evolution noch weit entfernt, und darin liegen viele Gründe ihrer Zerstörung. Einer der beklagenswertesten Gründe ist das Erstarren des menschlichen Geistes der Planetenbewohner. Und unsere Erde ist vor Vollendung der ihr bestimmten Evolution von solcher Zerstörung bedroht. Die Verbrechen der Menschen und die Erstarrung ihres Geistes haben solch unheilvolle Ausstrahlungen um unseren Planeten geschaffen, daß die rettenden Strahlen ihn nicht erreichen können. Unser Planet kann durch eine riesige Explosion sein Ende finden. Der Tag des Jüngsten Gerichts ist nicht weit entfernt, und vielleicht werden viele Kinder diesen Tag erleben. Aus diesem Grund ist die”Lehre des Lebens“ so beschleunigt gegeben worden und traten auf der Erde so viele ungewöhnliche Zeichen in Erscheinung. Aber die Menschen sind blind und taub!

       Es ist wichtig, daß der menschliche Geist erwacht. Wahrlich, das Schicksal des Planeten liegt in den Händen der Menschheit! Wenn die Auferstehung des Geistes innerhalb der nächsten kurzen Dekaden erfolgt, kann die Katastrophe noch teilweise vermieden werden, wie zu Zeiten Lemuriens und Atlantis; andernfalls werden wir auf einen anderen Planeten übersiedeln müssen. Aber nach dem Gesetz der Entsprechung werden den meisten Menschen die höheren, bereits bewohnten Planeten nicht zugänglich sein. Sie werden sich einer neuen, noch nicht bewohnten Welt anpassen müssen. Und wie viele Tausende, ja Millionen von Jahren werden verstreichen, bevor die geeigneten neuen Formen und Körper für eine neue Welt ausgearbeitet werden können! Nur außergewöhnliche Gruppen der irdischen Menschheit können auf höheren Planeten aufsteigen, um ihre Evolution in neuen, schöneren Verhältnissen fortzusetzen.

       Die Große Bruderschaft unternimmt außerordentliche Anstrengungen, um den Planeten vor einem vorzeitigen Untergang zu retten. Aber das unterirdische Feuer ist sehr aktiv, und die Kräfte, die entladen werden können, um die gefährlichen Energien zu neutralisieren, sind spärlich! Im Kosmos gibt es natürlich keine unvernünftige Vernichtung; alles hat tiefgründige Ursachen. Im Kosmos herrscht große Zweckmäßigkeit; alles was untauglich ist für eine weitere Evolution, wird als kosmischer Abfall verbuttert. Da der Mensch über einen freien Willen verfügt, bestimmt er sein Schicksal, aber er türmt weiterhin eifrig Haufen von Kehricht auf, der ihn verschlingt, wenn nicht rechtzeitig eine Erneuerung seines Geistes erfolgt.

       3. Es ist nützlich, bestimmte Hinweise für ein neues Schulprogramm zu geben. Das Bewußtsein sollte schon von Kindheit an erzogen werden, um die Lebenseinheit, die Einheit des Kosmos zu erkennen. Möge unser Planet nicht eine abgesonderte Welt werden, sondern vielmehr seinen Platz auf dem großen Pfad in die Unbegrenztheit bewahren. Wir müssen unseren Platz in der Unbegrenztheit erkennen, ebenso unsere Abhängigkeit von der Gesamtheit des Lebens im Kosmos - und je früher, desto besser. Erinnern Sie sich der Worte der LEHRE: ”Wahrlich, eine Feder aus dem Flügel eines Vogels ruft Donner in den fernen Welten hervor” (Gemeinschaft, § 180). Wir müssen unsere furchtbare Abhängigkeit und Wechselbeziehung mit allen im Leben sehr heftig erkennen. Hinfort wird sich der Sinn für die große Verantwortung für jeden Gedanken, jedes Wort und jede Tat einstellen. Ursache und Wirkung wirken ständig und unbegrenzt.

       Eines Tages wird die Menschheit den Punkt des Bewußtseins erreichen, wo sie erkennt, daß sie sich in einem riesigen universellen Laboratorium befindet und dessen Widerschein ist. Wahrlich, Einheit muß im kosmischen Maßstab verstanden werden.

       Ebenso ist es von Nutzen, sein Denken in die Zukunft zu richten. Dies allein wird dem Bewußtsein großen Auftrieb verleihen und wird es vom Staub von gestern befreien.

       4. Imperil ist die von den Großen Lehrern gegebene Bezeichnung für das Gift der Gereiztheit. Aber in den östlichen Sprachen gibt es für dieses Gift ein völlig anderes Wort. Die Sprache des Senzar umfaßt die aus allen bestehenden Sprachen entnommenen besten Ausdrücke. In dieser Sprache werden viele Wörter mit lateinischer Wurzel benutzt. Auch das Wort Imperil hat eine lateinische Wurzel. Es gibt einige Wörter, die zu keiner uns bekannten Sprache Verbindung haben. Oft drückt ein einfaches Wort eine komplette Idee oder Tat aus.

       5. Niemand, auch die größten Geistwesen nicht, besitzt völlige Allmacht. Sie alle unterliegen den kosmischen Gesetzen, daher können Sie Ihr großes Wissen und Ihre Macht nur anwenden, wenn die kosmischen Bedingungen es gestatten. Jedes ohne triftigen Grund vollbrachte ”Wunder“ wird von den Archaten als Zwang angesehen. Es heißt, daß auch ein Archat durch Mißbrauch von ”Wundern“ fallen kann.

       Gewiß, die zur Zeit Christi bestehenden Verhältnisse (genauso wie die gegenwärtigen) waren selten für ein sogenanntes Wunder geeignet. Daher konnte Christus auch nicht immer alle heilen, die um Hilfe baten. Im Evangelium des Matthäus (13:58) heißt es: ”Wegen ihres Unglaubens wirkte er dort nur wenige Wunder.” Daher wird das, was verlangt wird, nur jenen gegeben, die es fassen können. In allem ist Zusammenarbeit und Mitarbeit erforderlich.

       6. Ich möchte Sie bitten, die Arbeit noch mehr als Erziehungsfaktor des Geistes hervorzuheben. Weisen Sie darauf hin, daß in jeder Arbeit die Qualität das wichtigste ist. Erwähnen Sie auch die absolute Notwendigkeit der geistigen Arbeit, denn wie der Schweiß der physischen Arbeit den Boden nährt, so wird der Schweiß der geistigen Arbeit von den Strahlen der Sonne in Prana umgewandelt und spendet allem Vorhandenen Leben. Wird die Bedeutung der geistigen Arbeit erkannt, wird sich die gebührende Achtung gegenüber allen Denkern, Wissenschaftlern und anderen Schöpfern wieder einstellen.

       Nur durch geistige Arbeit kann das Bewußtsein erweitert werden. Dadurch werden wir mit den fernen Welten sowie dem ganzen Kosmos verbunden und wenden uns der Freude unbegrenzter Vervollkommnung zu. Genau gesagt, wir sollten in uns die Freude endloser Vervollkommnung pflegen.

       Ihr Kapitel über das Streben zum Guten. Es wäre nützlich, dieses Streben noch mehr an den Begriff Heldentat heranzubringen, mit dem Hinweis, daß dieser Begriff der einzige Sinn des Lebens ist. In den BÜCHERN DER LEHRE ist über Heldentat viel ausgesagt. In der Tat, nur Heldentat kann unseren Geist nähren und die Evolution beschleunigen. Über Heldentat und Heldentum muß in den Schulen eingehend gelehrt werden. ”Kinder mögen sich Helden nennen und an sich die Eigenschaften bemerkenswerter Menschen erproben. Sie mögen Bücher mit klaren Erzählungen lesen, in denen die Gesichter mühsamer Arbeit und des Willens ohne einen Anstrich geschildert werden. Auch für medizinische Zwecke ist dieser tapfere Ruf des Lebens unentbehrlich. Solches Material muß ohne Verzögerung gegeben werden.” (Gemeinschaft, § 234)

       Verwenden Sie öfter die Aussprüche aus den Büchern der Lehre, sie werden dem Buch Neuheit verleihen.

       7. Es ist falsch zu meinen, daß der nächste Große Lehrer im Fleische erscheinen und unter uns predigen wird, wie Buddha und Christus es taten. Jede Epoche erfordert ihre eigene Offenbarung. Daher ist der Typ vom Lehrer, der mit einer Gruppe von Jüngern von Ort zu Ort zog, in Vergessenheit geraten. Einige Ältere Brüder werden für besondere Zwecke den physischen Körper verwenden, aber nicht dafür, um in der Masse aufzutreten.

       Ich schrieb über dieses Thema bereits, und daher möchte ich Ihnen aus meinen früheren Briefen zitieren: ”Der Große Advent kann sich nicht auf gewöhnliche Art offenbaren und im physischen Körper vollziehen. Man sollte verstehen, daß die Großen Herrscher diese oder jenes Bildnis annehmen und bewahren, entsprechend den Nöten der Welt. Ist es so schwer, sich vorzustellen, daß eine Große Individualität keinen physischen Körper braucht, um sich uns zu offenbaren? Darüber hinaus zeigen die Fakten der Vergangenheit, an Beispielen in modernen Zeiten, mit welch Befremden die Erscheinung Großer Geister von den unwissenden Menschen aufgenommen wird. Bestenfalls gab man Ihnen das Epitheton Scharlatan oder Spion oder beides. Die Menschen schreiben gewöhnlich ihre Laster anderen zu. Es wäre sehr lehrreich, die historischen Fakten aus dem Leben des Saint-Germain, des Abgesandten der Weißen Bruderschaft, zu lesen.

       Denken wir auch an H. P. Blawatsky und alle Erscheinungen der Mahatmas. Wie skeptisch und spöttisch sind ihre Botschaften und Offenbarungen oft aufgenommen worden! Aber wie ich bereits geschrieben habe, selbst wenn Christus selber jetzt erschiene, könnte er der Verfolgung nicht entrinnen oder gar dem Gefängnis. Man muß erkennen, daß die Höchsten Individualitäten jetzt inmitten des chaotischen Denkens und der Schwingungen entarteter Massen nicht erscheinen können. Die Großen Herrscher befolgen in allem das große Gesetz der Zweckmäßigkeit. Bitte erkennen Sie, daß in Hinsicht auf das derzeitige Niveau der Menschheit, der Advent des Höchsten Egos in einer physischen Form völlig unmöglich ist und sich für die ganze Evolution verheerend auswirken würde. Die Große Individualität wird unsichtbar sichtbar herrschen, und herrscht bereits, gekleidet in den Strahlen des mächtigen, aber unsichtbaren Laboratoriums …” Bald, sehr bald werden diese Strahlen auf das Erwachen des menschlichen Geistes gerichtet werden.

       Nach den ältesten Überlieferungen kämpft der Herrscher der Schambhala mit den Fürsten der Finsternis (Satan) selbst. Diese Schlacht findet vor allem in den feinstofflichen Sphären statt, hier hingegen wirkt der Herrscher der Schambhala durch seine irdischen Krieger. Was Ihn Selbst betrifft, so kann Er nur in ganz seltenen Fällen gesehen werden. Da Er in feuriger Gestalt erscheint, wäre dies für alle verheerend, denn Seine Aura ist mit außergewöhnlicher Kraft geladen. Der Advent und das Jüngste Gericht, die unseren Planeten erwarten, sind im Evangelium des Matthaus (24:27 - 39) ganz genau beschrieben. Aber Sie werden ausreichend Zeit haben, vor diesem Ereignis alt zu werden, doch Teilkatastrophen können früher eintreten.”

       Wir sind Zeugen einer großen Welterneuerung. Neue Gesetze sind in die Tafeln der Ewigkeit bereits eingeschrieben, aber die große Offenbarung wird noch nicht angenommen. Wehe denen, die den Geist ablehnen und es vorziehen, in Unwissenheit, Schwäche und sittlichem Morast zu vegetieren! Die Neue Zeit kommt im Bewußtsein menschlicher Würde, im strengen Verstehen von Pflicht und Verantwortung des einzelnen gegenüber der Menschheit und dem ganzen Kosmos. Immer und in allem muß der Tagesbefehl Zusammenarbeit lauten!

       15 Oktober 1935

       Vielleicht haben auch Sie schon manchmal bemerkt, daß die Tore der Möglichkeiten oft sehr eng sind. Gewiß, in vielen Fällen liegt die Schwierigkeit nicht so sehr an der Knappheit der Mittel, als im Umfang des Schaffens, das aus dem Bewußtsein der Mitarbeiter erwächst. Ja überall mangelt es an Menschen. Was wir brauchen, ist ein Zuwachs von Arbeitern, die keinen mutigen Einsatz scheuen.

       Mögen die ”Leuchtkäfer“ glühen, sofern sie nicht in den Netzen unwürdiger Jäger und solcher, die das Werk verraten, gefangen werden. Das Aussprechen erhabener Worte ist eine Sache, aber sie im Leben anzuwenden, ist etwas ganz anderes; gewöhnlich fallen diese zwei Handlungen nicht zusammen. Darüber hinaus liebe ich es nicht, wenn jemand beteuert, daß er bereit ist, sein Leben für die Lehre hinzugeben! In den meisten Fällen ist dies fast immer die größte Lüge.

       In meinem ganzen Leben bin ich nur zwei oder drei Menschen begegnet, die wirklich bereit waren, alles zu opfern; aber sie enthielten sich der Beteuerungen - sie handelten. Andere kamen und spendeten, weil sie im Überfluß schwelgten, oder wegen des vernommenen Vorteils, daß jede Gabe hundertfach vergolten wird. Aber wenn dieses erwartete ”Hundertfache“ nicht eintraf oder aus eigener Schuld sich verzögerte, wurden sie die ärgsten Feinde und Verräter des Werkes. Oft würden sie sich bis zur letzten Grenze abwenden. Es gab auch solche, die bereit waren, eben die Hälfte zu opfern, selbst wenn die Ereignisse den ganzen Einsatz forderten. Aber kann man von halben Entschlüssen Erfolg erwarten? Kann man von einer halben Dosis Medizin Heilung erwarten? Selbstverständlich war in diesem Fall auch der Erfolg nur halb. Das Bemerkenswerte aber ist, daß die aus kleinlicher Furcht zurückgehaltene zweite Hälfte durch Karma oder unerwartete Umstände verlorenging. Es gibt noch eine dritte, ganz überwiegende Art von Menschen, die meinen, daß ihr Herantreten an die Lehre ihrerseits bereits die höchste Gunst darstellt. In ihrer Eitelkeit glauben sie, daß die Mahatmas jedem, der sich nähert oder Ihre Lehre liest, seine Aufwartung machen sollten Nein, so ist es nicht! Die Großen Lehrer freuen sich und spenden nur jenen Hilfe, die aufrichtig bestrebt sind. Sie bemitleiden die Flatterhaften, denn Sie wissen, daß diese Schmetterlinge für Jahrhunderte Mühsale auf sich nehmen müssen, bevor sie hoffen können, sich dem Bollwerk des Lichts zu nähern.

       Für solche Menschen wäre es sehr nützlich, folgende Seiten der LEHRE zu lesen: ”Mancher wird fragen: ”Sind Wachsamkeit, Entsprechung, Beweglichkeit und Hingabe schwierig?” Hier fühle ich, daß ich alle diese Bedingungen erfüllen kann; wollt ihr mich nicht auf die ferne Reise in die Gemeinschaft mitnehmen?” Hat aber dieser eilige Wanderer auch an eine unerläßliche Bedingung bei den von ihm erwähnten Eigenschaften gedacht? Standhaftigkeit wurde vergessen. Kleine flackernde Feuer enthalten nur für einen Augenblick alle Eigenschaften der Flamme, doch die Finsternis verschluckt sie so schnell wie ein Kohlenbecken eine Schneeflocke. Man kann einem vereinzelten Augenblick der Annahme nicht trauen; nur durch mühsame Arbeit und Hindernisse gestählte Standhaftigkeit gibt die Möglichkeit einer vertrauenswürdigen Annahme.

       Ein wahrer Musiker denkt nicht an jeden tonhervorbringenden Finger, nur der Schüler überlegt, welchen Finger er benutzen soll. Der wahre Mitarbeiter denkt über die gezielte Durchführung der Qualität der Arbeit nicht nach. Die Sphärenmusik vermischt sich mit dem Lied der erfolgreichen Arbeit. Denkt daran, Standhaftigkeit gleicht einer feurigen Leiter.” (Gemeinschaft, § 153)

       ”Jemand beschließt: ”Ich will die feurige Leiter ersteigen”. Tue es, jedem steht der Pfad offen. Doch denke daran, wenn dich Furcht überkommt, verschmelzen die Stufen zur flüssigen Flamme. Wohin willst du gehen, wenn du die Qualität der Arbeit nicht beherrscht? Wenn Wir sagen, daß es gut ist, auf Zedernwurzeln zu schlafen, kann der Anhänger den Rat leicht befolgen. Schlafen ist leicht, zumal geraten wird wie. Doch wenn es heißt, die ständige Wache zu übernehmen, werden die Stufen brennend heiß. Eines muß wiederholt werden - leicht ist es nicht, die Leiter zu erklimmen.

       Arm ist der Führer, der wirkliche Gefahr verheimlicht. Man kann diese nur mit Hilfe vollkommenen Wissens besiegen.

       Ich sehe, dort nähert sich ein anderer Unvernünftiger - er ist noch unvollkommener. Er tadelt: ”Wozu ist eine feierliche Prophezeiung nütze?” Wir wollen ihm antworten: ”Die Feierlichkeit einer Vorwarnung steht im Verhältnis zu deinem unwürdigen Gepiepse bei Gefahr. O du Zweibeiner, wie oft hast du bei der ersten Schwierigkeit dein Gesicht verloren? Wir sahen dich schwärzer als Kohle, und deine Verneinung umgibt dich mit üblem Geruch. Schlecht ergeht es dir, wenn du deine Stufen verbrennst und nun vom Abgrund her Almosen erflehst.”

       Es erscheint ein neuer Fragesteller: ”Wie läßt sich die Lehre mit Wissenschaft in Einklang bringen?” Wenn Wissenschaft authentisches Wissen lehrt, dann ist die Lehre Wissenschaft. Welchen Zweck kann Wissenschaft erreichen, wenn sie mit Vorurteilen aufgebläht ist? Wer sich durch Feierlichkeit der Bestätigung beunruhigen läßt, betrachtet Wissenschaft von seiner gewöhnlichen Höhle aus. Wer an die Gemeinschaft denkt, den können die dahinkriechenden Reptilien nicht gefährden.

       Ich sage euch, daß Ich die ganze Schwierigkeit des Aufbaues kenne. Ich verberge nicht, wie weit die Steine getragen werden müssen und weiß, wie groß die Trockenheit ist! Gerade diese Erkenntnis, gerade die Unzahl der Sterne verleiht die Bestätigung der feurigen Stufen!” (Gemeinschaft, § 154)

       Schwierig ist der Pfad wahrer Jüngerschaft. Wirklich, es ist weder das Schulwissen noch die Philosophie, geschweige denn Zwang durch Magie, die uns Geistigkeit verleihen können. Nur durch Lebenserfahrung, durch das Leeren des Giftbechers aller Lebensillusionen, durch Bewahren innigster Bestrebung zum Dienst am Allgemeinwohl können wir den KELCH AMRITA füllen.

* * *

       Ich war betrübt, zu lesen, daß es noch jemanden gibt, der mediumistische Veranlagung bewundert und sie als Errungenschaft bezeichnet. In der LEHRE, und im Osten im allgemeinen, wird dieser Zustand eher als Unglück bezeichnet; ich habe über die Einzelheiten dieser Gefahr bereits berichtet. Entsinnen Sie sich der Ausführungen über Mediumismus im Buch ”Agni Yoga“, § 228: ”… Medien gleichen ruderlosen Booten … Ein Medium ist nichts anderes als eine Herberge für entkörperte Lügner.” Wirklich, nicht jede Art von Hellsehen weist auf die Umwandlung der Zentren hin. Wirklich, hohe Hellsichtigkeit hat nichts mit Mediumismus zu tun. Allein der wahre Charakter der von Frau X. beschriebenen Visionen weist auf eine Verbindung mit den niederen Astralebenen hin. Echtes Hellsehen ist von Schönheit, Größe und Einfachheit begleitet, aber nicht von einem Haufen von Plunder. Auch die Umgebung, in der ihre Fähigkeiten sich entfalten, weist darauf hin, daß wir es genau mit Mediumismus und nicht mit geöffneten Zentren zu tun haben. Glauben sie mir, geöffnete Zentren sind in der Tat rar, und die Großen Herrscher, die die Evolution der Menschheit überwachen, hüten von früher Kindheit an sorgfältig jene Individualitäten, die sich das Recht erworben haben, geöffnete Zentren zu besitzen. Sie werden von Ihnen in eine günstige Umgebung gebracht, wo sie sich besser entwickeln und ihre Talente entfalten können. Aber die Großen Lehrer werden sich nie einer Person nahen, die inmitten der Ausdünstung von Alkohol wohnt und sich mit bezahlter Wahrsagerei befaßt. Dies wäre eine abscheuliche Profanierung des heiligen Wissens und der verborgenen Errungenschaften des Geistes.

       Die einzige Hilfe, die man Frau X. leisten kann, ist daher der Rat, alle Bücher über Magie beiseite zu legen und von Wahrsagerei abzulassen. Möge sie mehr arbeiten und die Bücher der Lehre lesen, aus denen sie viel Aufklärung schöpfen kann. Aber vor allem muß sie sich geistig läutern - sie sollte sich davor hüten, auf die Rufe aus der Astralwelt zu hören, dafür aber ihre Aufmerksamkeit und das Herz dem erwählten Bildnis des Lehrers schenken.

       Der Große Lehrer befindet sich gegenwärtig in einem Zustand, in dem er niemandem erscheint. Dieser Zustand könnte mit der Spannung eines Dynamo von ungeheurer Kraft verglichen werden. Aber Seine Hilfe kann auf völlig unerwartete Weise kommen, ”durch menschliche Hände und Füße”. In der Astralwelt gibt es eine Menge Personifikatoren und gute Schauspieler, dies muß man bedenken. Frau X. möge ”Die Stimme der Stille“ von H. P. Blawatsky lesen. Darin wird auf die Gefahren der astralen Welt ganz klar hingewiesen.

       Die Große Lehre des Lichts hat daher das richtige Wachstum des menschlichen Geistes im Auge, aber nicht die Entwicklung mediumistischer Fähigkeiten, die zu nichts führen können, sondern das Wachstum des Geistes nur hemmen sowie zerstörerisch wirken. Und da in den Grundlagen wahrer Evolution oder des Fortschritts nichts Mechanisches eingebaut werden kann, rate ich Frau X. nochmals, alle Bücher, die sich mit der Entwicklung von Hellsehen u. dgl. befassen, beiseite zu legen. In naher Zukunft, wenn die Menschheit im Verstehen der noch verborgenen Gesetze der feinen Energien vorangeschritten ist, wird es Gelegenheit geben, Medien für bestimmte wissenschaftliche Forschungen einzusetzen. Allerdings werden solche Medien ein sehr reines Leben führen müssen, und es werden Methoden gefunden werden, sie und auch jene, die mit ihnen in Berührung kommen, zu schützen. Aber ein derzeitiger Kontakt mit einem Medium kann für jene, die eine unstete Aura besitzen und in seiner Umgebung weilen, eine Gefahr bedeuten.

       Erklären sie ihr, wie schädlich die Konzentration auf ein bestimmtes Zentrum, wie sie in Büchern verantwortungsloser Autoren beschrieben wird, ist. Diese Konzentration erregt dieses Zentrum auf Kosten aller anderen und bringt so das ganze Schema ihrer Polarisation in Unordnung. Dieser Vorgang ist für die Schwingungen natürlich unheilvoll, da er das Gleichgewicht des hergestellten Schwingungsschemas stört. Denken Sie daran, was in der Lehre über die Arbeit des Lehrers mit dem Schüler bezüglich der Zentren und aller sieben Runden von Hellsehen und Hellhören gesagt ist. Der Lehrer überwacht den Zustand des Organismus des Schülers sorgsam und würde nie ein Zentrum auf Kosten eines anderen öffnen. Richtige Entwicklung kann sich nur in Harmonie und im Gleichgewicht vollziehen.

       Und nun über automatisches Schreiben. Dies muß ebenfalls als ein bestimmter Besessenheitsgrad betrachtet werden, denn beim automatischen Schreiben gibt es gewöhnlich einen äußeren Einfluß auf das physische Zentrum der Hand und auch auf das des Gehirns, was sehr schädlich ist und wenn oft geübt, in Paralyse enden kann.

       Ich habe nie automatisch geschrieben, aber ich hatte Gelegenheit, dieses Phänomen in Amerika zu beobachten, wo es weit verbreitet ist. Der Vorgang ist sehr unterschiedlich: Die einen behaupten, daß sie nicht wissen, was sie mit ihrer Hand schreiben, andere hingegen sagen, daß jedes Wort in ihr Gehirn klar eingeprägt wird. Manche schreiben sehr schnell und leidenschaftlich, andere sehr ruhig und jedes Wort sorgfältig. Es gibt auch solche, die plötzlich die Sprache wechseln, oder solche, die ohne jedwede technische Kenntnis und unfähig, einen einfachen Gegenstand zu zeichnen, plötzlich vollständige Bilder zeichnen. Es gibt auch Fälle, wo Menschen von rechts nach links schreiben, in einer ihnen unbekannten Sprache. Dies alles entspringt natürlich nicht dem Unterbewußtsein, sondern kommt offensichtlich durch äußere Beeinflussung. Und die Grade der sogenannten ”Schutzgeister“ oder Führer, die Kontakt suchen und führen wollen, variieren sicherlich sehr in der feinstofflichen Welt. Durch jene, die harmlos und freundlich zu uns sind, können wir unerwartet eine feindliche Kraft herbeiziehen - von keinem geringen Kaliber! Daher rate ich, solange keine gefestigte Herzensbindung mit dem Lehrer besteht, das automatische Schreiben zu unterlassen. Wir wissen nie, wer uns als Werkzeug verwenden will! Und außerdem können wir eine Kraft anziehen, die zu beherrschen wir nicht imstande sind. Daher möge jeder ernsthaft darüber nachdenken, bevor er unbekannten Kräften den Weg ebnet. Ist jemand dem Lehrer treu ergeben, welchen Nutzen bietet dann seine eventuelle Begabung zum automatischen Schreiben? Für einen Schreiber ist die Lehre ein unerschöpflicher Born von Themen.

       Nur Geistigkeit und Heldentat führen uns zu den erhabensten Errungenschaften - jenen eines Archaten. Könnte Frau X. auf den rechten Pfad gelangen, so wäre sie wirklich in der Lage, den Menschen zu helfen. Aber in ihrem gegenwärtigen Zustand kann sie nur das Tor zu den niederen Sphären der feinstofflichen Welt öffnen und unglückliche Opfer durch Besessenheit gefährden. Es gibt nichts, was trügerischer wäre als Visionen aus der feinstofflichen Welt. Wahrlich, halbes Wissen und Teilwahrheit sind weit gefährlicher als völlige Unwissenheit. Seien Sie geduldig, aber lassen Sie sich nicht durch Medien verleiten und betrachten Sie sie vor allem nicht als privilegierte Wesen!

       Ich will eine Seite aus ”Die okkulte Anatomie des Menschen“ von Manly P. Hall, einem begabten amerikanischen Interpreten okkulten Wissens, anführen: ”Es wird wahrscheinlich weise sein, den Unterschied zwischen einem Medium und einem Hellseher zu beschreiben. Eine Durchschnittsperson sieht hier keinen Unterschied, aber für den Mystiker sind diese zwei Phasen geistigen Sehens durch eine ganze Spanne menschlicher Evolution getrennt.

       Ein Hellseher ist, wer die Rückenmark-Schlange (Kundalini) in das Gehirn erheben konnte und sich durch sein Wachstum so das Recht erwarb, die unsichtbaren Welten mit dem dritten Auge oder der Zirbeldrüse wahrzunehmen. Dieses Organ des Bewußtseins, das vor Millionen von Jahren den Menschen mit den unsichtbaren Welten verband, wurde zu Zeiten Lemuriens geschlossen, als sich die objektiven Sinne zu entwickeln begannen. Der Okkultist hingegen kann durch den vorher erwähnten Entwicklungsvorgang dieses Auge wieder erschließen und damit die unsichtbaren Welten erforschen. Hellseher werden nicht geboren, sie werden gemacht. Medien werden nicht gemacht, sie werden geboren. Ein Hellseher kann man nur nach Jahren werden, manchmal durch Selbstvorbereitung in mehreren Leben; auf der anderen Seite kann das Medium … in wenigen Tagen Resultate erzielen. (Aber es muß hinzugefügt werden, daß das Medium mit nur beschränkter Fähigkeit in den niederen Sphären der überirdischen Welt arbeiten kann.)

       Automatisches Schreiben wird erreicht, wenn man es der ätherischen Hand einer außenstehenden Intelligenz gestattet, zeitweilig die physische Hand eines Mediums zu beherrschen. Dies aber wäre nicht möglich, wenn das Medium nicht seinen eigenen ätherischen Arm, den Doppelgänger, entfernte; denn zwei Dinge können nicht gleichzeitig den gleichen Platz einnehmen (auf ihrer besonderen Ebene). Der Vorgang zeitweiligen Entfernens der Lebenskräfte aus dem physischen Arm ist sehr gefährlich, er endet oft mit Lähmung. Mediumismus ist widernatürlich, Hellsichtigkeit hingegen das Ergebnis natürlichen Wachstums und Entfaltens der geistigen Natur. Hunderte von Medien entfallen auf einen Hellseher, denn Hellseher kann man nur werden durch Selbstbeherrschung und Aufwendung ungeheurer Kraft, wogegen der Schwache, der ein anfälliges und nervöses Individuum ist, das beste Medium abgibt. Der Hellseher entfaltet sein Inneres, indem er nützliches Wissen aufnimmt; die erste Weisung für ein Medium hingegen lautet, sich geistig zu entleeren. Mediumismus verhindert die richtige Evolution und muß als Rückschritt angesehen werden.”

       Daher ist es der größte Irrtum, mediumistische Fähigkeiten für geistige Errungenschaften zu halten. Wahrlich, sie sind der Antipode der Geistigkeit. Geistigkeit birgt die höchste Triade, die in Medien überhaupt nicht vorhanden ist. Schmälern Sie den größten Wert der Welt nicht. Geistigkeit wird immer von Ausgeglichenheit und angeborener Weisheit begleitet.

       Bemühen Sie sich, die Erscheinungen des Mediumismus, der heute so verbreitet ist, zu erkennen. In der Tat, niederer Psychismus unterscheidet sich von Mediumismus kaum und stellt ebenfalls keine geringe Gefahr dar. Aus diesem Grunde ist es so wichtig, alle Anstrengungen zu machen und die Menschen zur wahren Geistigkeit zu führen sowie ihren Charakter im Lebenskampf zu stählen.

       Ohne Läuterung des Charakters sowie Läuterung des Herzens in völliger Selbstlosigkeit ist es unmöglich, sich dem Bollwerk des Lichts zu nähern und wahres Wissen zu erlangen. Aber dies alles gilt wiederum nur für jene, die stark im Geiste sind. Für die Schwachen ist es bereits von großem Nutzen, wenn sie die BÜCHER DER LEHRE lesen, wenn sie eine gewisse Herzenswärme oder eine höhere Schwingung verspüren, die sie, wenn wiederholt geübt, festigt, wesentlich läutert und ihre Aura stärkt.

       ”Man muß stets dessen eingedenk sein, daß Unsere Lehre sich weder jemandem aufzwängt noch die Annäherung oder den freien Abgang verwehrt. Sie wird in weitem Maße gegeben und legt keine Verbote auf. Gewiß, Warnungen werden gegeben, aber keine Drohungen ausgesprochen, und es ist jedem überlassen, nach eigenem Willen zu handeln. Da das Heilige nur jenen gegeben wird, die durch viele Jahre und in vielen Schwierigkeiten ihre Hingabe an die Grundsätze der Lehre bewiesen haben, sind Verbote und Beschränkungen nicht nötig. Allen ist gegeben - nehmt soviel ihr könnt! Aber natürlich, wenig wird genommen, denn die Menschen haben es noch nicht gelernt, das Höchste anzunehmen.”

       Ich erachte den ”Ruf“ als ein äußerst nützliches Buch und als ebenso wichtig wie die anderen Bücher. Es behandelt in kurzen Aussprüchen das, was in anderen Büchern erweitert und in analysierter Form oder von anderen Standpunkten her erläutert wird. Im ganzen Aufbau darf nicht ein Stein fehlen. Das erste Buch ist der Grundstein!

       Ein gewisser Wissenschaftler spricht von den Irrtümern in den Büchern von H. P. Blawatsky. Ich möchte ihn gerne fragen, ob er die Irrtümer in den Büchern früherer und gegenwärtiger Wissenschaftler ebenso genau erwog. In der ”Geheimlehre“ gibt es viele Seiten von Hinweisen auf widersprüchliche Meinungen und Beschlüsse der Wissenschaftler sowie ihre aufgeblähten Theorien und Hypothesen. Und für die Person, die die Worte der Wissenschaft wörtlich nachspricht, möchte ich sagen: ”Seien Sie kein Papagei!” Prüfen Sie es selbst, und wenn Sie Gelegenheit haben, vergleichen Sie es mit der wahren Lehre, aber es ist nicht ratsam, etwas in den Raum zu werfen, was man nicht bewußt prüfte. Gleicherweise sind die Worte Soloviews nicht überzeugend. Fassen wir das Wort Nichtvorhandensein im Sinne der Inder auf, d. h. als absolutes Sein, dann wird es für den beschränkten menschlichen Verstand jedoch unfaßbar sein, das gebe ich zu. Wird es aber buchstäblich aufgefaßt, so wird es entstellt und ist einer denkenden Person unwürdig. Sie mögen meine Kritik hart finden, aber ich glaube, die Menschen sollten für die Worte, die sie aussprechen und zitieren, verantwortlich gemacht werden. Es ist letztlich an der Zeit, für das gesprochene Wort die Verantwortung zu übernehmen. An jedem Wort kann das Schicksal eines Menschen hängen.

       Ich sende Ihnen Mut und Kraft, denn vermehren sich die Freunde, sind die Feinde nicht weit. Aber ein Krieger des Lichts heißt den Widerstand willkommen. Stählen Sie daher Ihren Geist und schärfen Sie das Unterscheidungsvermögen.

       17. Oktober 1935

       In der Tat, Gott ist der höchste Aspekt der Liebe, und der ganze Bestand des Universums basiert auf Liebe und nichts anderem! Aber wie häßlich und gotteslästerlich wird diese Liebe verstanden! Wahrlich, der Begriff Liebe ist unserer gegenwärtigen Menschheit sehr fremd. In diesen höchsten kosmischen Begriff impfen die Menschen ihren Kannibalismus ein, oder zerstörerische Gedanken. Und deshalb ist es so schwierig und sogar schändlich, das Wort Liebe auszusprechen. Dieses Wort wurde auf den Lippen vieler Zweibeiner zur größten Profanierung.

       Ich kann Ihnen nicht beistimmen, daß niemand an etwas schuld wäre. Wirklich nicht, alle sind an allem schuld. Denn das ganze Universum ist eine endlose Kette von Ursachen und Wirkungen; wie könnten wir, Teilchen des Universums, von diesem kosmischen Gesetz ausgenommen sein? Die Vorbestimmung, von der Sie sprechen, gibt es, und sie wird nur verwirklicht, weil sie die Wirkung einer Ursache ist. So kann ich auch der Behauptung nicht beistimmen, daß die Menschen nach dem Tod und Hinübergehen in die feinstoffliche Welt augenblicklich ihre Zufriedenheit, Glückseligkeit und den Sinn, den sie auf Erden suchten, finden. Dies widerspräche dem erwähnten grundlegenden kosmischen Gesetz. Unzweifelhaft werden jene, die aufrichtig nach dem Sinn des irdischen Daseins suchen und nach den höchsten Idealen streben, sie dort finden - in völliger Entsprechung ihres Strebens und ihres Denkens. Es gibt keine gerechtere Richtschnur als jene, die der Mensch in sich trägt; denn seine eigene Aura, die aus Energien, Motiven und Gedanken gewoben wird, ist dieser gerechte Maßstab. Gerade diese Energien tragen seinen Geist auf jene Ebene, die er selbst schuf.

       Die feinstoffliche oder astrale Welt ist die Welt der Wirkungen; daher werden sich jene Gedanken und Bestrebungen, die auf de, Erde keine Anwendung fanden, dort auswirken, weil dort der innere Mensch mit all seinen Gefühlen und Bestrebungen lebt und wirkt. Aber kann man erwarten, daß ein ins Verbrechen abgesunkener Mensch, der über eine tierische Mentalität verfügt, dort Glückseligkeit und Zufriedenheit finden könnte? Insofern eine Wirkung die exakte Entfaltung einer Ursache ist - wie könnte ein böswilliger Mörder, ein Schänder, oder ein Törichter in den höheren Sphären, die für ihn infolge der feinen Schwingungen unerträglich wären, einen behaglichen Zustand verspüren? Dies wäre für ihn nicht nur unerträglich, sondern die unmittelbare Nähe eines Wesens aus den höheren Sphären verursacht einem solchen, wie er einer ist, unbeschreibliche Qualen; darüber hinaus wird er durch die Berührung mit den höheren Energien aufgelöst. Im gesamten Universum herrschen große Zweckmäßigkeit und genaue Schwingungseinheit. In der Tat, wir leben in einem riesigen Laboratorium, und wir selbst sind die Brennöfen. So kann man sich leicht vorstellen, wie die Energien oder chemischen Bestandteile, die in unsere Aura eingehen, auf unsere Umgebung wirken, und umgekehrt wir die uns umgebenden Energien aufnehmen oder abwehren. In allem und überall gibt es Wechselwirkung. Die Welt beruht auf dem Prinzip des Gleichgewichts, und dieses Gesetz zieht sich wie ein Faden durch alle früheren Lehren. Sobald der Mensch das Gleichgewicht erlangt hat, wird er frei von der Anziehung der Erde und ist imstande, bewußt und gleichzeitig auf drei Ebenen zu wirken - auf der irdischen, feinstofflichen und geistigen oder mentalen. Mit solch erweitertem Dasein, mit solch einem erleuchteten Bewußtsein erhält das Leben Sinn, Schönheit und eigene freudvolle Weisheit. Erweitertes Bewußtsein weist uns den Pfad der Evolution, den Pfad der Zukunft, und unser Gemüt bekennt sich dankbar zur Größe und Weisheit des Einen Gesetzes der Liebe, das auf der Erde als das Gesetz von Karma zum Ausdruck kommt. Ich sehe den Einspruch vieler Menschen über eine solche Erklärung von Karma voraus. Daher möchte ich sagen, daß jede Gewalt, die gegen die Gesetze des Universums verstößt, unvermeidlich Explosionen und Zerstörungen hervorrufen muß.

       Blicken wir zurück, so werden wir die dem Niedergang der alten Welt zugrunde liegende Ursache finden. In der Tat, in einigen Ländern vollzog sich das Ersticken des Denkens und des Geistes, das alle Arten von Wahnsinn hervorbrachte. Die lange eingedämmte Flut brach durch und schwemmte alles hinweg, was ihr in den Weg kam. Daher ist niemand und nichts imstande, dem Gedanken Einhalt zu gebieten - dieser feurigen Energie und der Krone des Universums. Ja, in allen Ländern hat im Bewußtsein der Massen ein großer Umschwung eingesetzt, aber viele Menschen können oder wollen das nicht zugeben und hoffen, zum früheren unverantwortlichen Leben zurückzukehren - in der Tat unverantwortlich, und diese verheerende Krankheit hat sich beinahe überallhin verbreitet. Glauben Sie nicht, meine Liebe, daß ich die kürzlichen Ereignisse rechtfertige und die ganze sich daraus ergebende Zerstörung oder das unwissende nivellierende Prinzip gutheiße. Vor allem ist das Prinzip der Gleichmacherei widernatürlich, denn es widerspricht allen kosmischen Gesetzen. Sein selbst beruht auf unbegrenzter Verschiedenartigkeit. Die gesamte Natur besteht in Vielfalt und ringt nach Lebendigkeit und Schönheit. Daher können wir sagen: Einförmigkeit ist Tod, und Vielfalt ist Leben. Darüber hinaus herrscht im ganzen Kosmos das Gesetz der Hierarchie - genau gesagt, Unterordnung des Niederen unter das Höhere. Was könnte ohne das Höhere Prinzip Bestand haben? Worauf gründet Evolution? Die Vielfältigkeit der Formen und Erscheinungen, zusammen mit der Einheit der feurigen Substanz, das Ringen nach Harmonie und Erlangen von Vervollkommnung sowie das führende hierarchische Prinzip sind die Grundlagen des Seins. Die Natur selbst ist unser Boden, unser größter Lehrmeister sowie Gesetzgeber.

       Und nun über Vorherbestimmung (Prädestination). Wir können das Ewige nicht vom Vergänglichen trennen. Ewigkeit ist das Warp, auf dem das ganze Blendwerk der offenbarten und vergänglichen Welt gewoben wird. Aus dieser Vergänglichkeit und gleichzeitig endlosen Bewegung wird in unserem Bewußtsein der Begriff Ewigkeit gewoben.

       Demzufolge besteht Prädestination sowohl für das Ewige als auch für das Vergängliche. Aber für das Ewige äußert sich Prädestination wirklich in der Ewigkeit seiner Bewegung; für das Vergängliche hingegen besteht es in seinen ewigen Wechselphasen, die durch neue Ursachen und Wirkungen ständig geweckt oder geschaffen werden, die dann wieder zu Ursachen werden und so fort bis ins Unbegrenzte. Mit anderen Worten, Prädestination ist ein Ergebnis einer zugrunde liegenden Ursache.

       Unser höheres feuriges Wesen ist ewig und unveränderlich, aber das Bewußtsein (oder die Seele), das von den sich um das fundamentale Korn sammelnden Energien aufgebaut wird, wächst und ändert sich. Daher ist das feurige Geisteskorn der ewige Träger ständig wechselnder Formen und Ausdrücke. Verschiedene Sphären und Welten durchschreitend, schafft es ständig Ursachen und Wirkungen, die zu einer bestimmten Form von Prädestination oder Schicksal gestaltet werden.

       Mittlerweile informieren prophetische Träume die Menschheit am besten von allem über die Zukunft. So ist die Landkarte der Welt lange im voraus festgelegt, so daß man sie in prophetischen Träumen wirklich wahrnehmen kann. Ich entsinne mich, wie ich zu Beginn des Krieges die Landkarte Europas und Asiens genau so gesehen habe, wie sie jetzt ist. Aber es wird bereits ein neues durch die alte Welt verursachtes Schicksal vorbereitet. Was unser Vaterland betrifft, so wollen wir nicht beunruhigt sein. Sicher ist, daß nicht die verschiedenen Parteien es retten werden, sondern die Hunderte und Tausende von Iwans. Und diese Iwans werden ein neues Licht fordern, neue geistige Nahrung und jene Lehren, die durch Verstand und Logik berechtigt sind. Folglich müssen die Gewänder der neuen geistigen Führer wirklich schneeweiß sein, und sie werden den großen geistig Schaffenden der Menschheit folgen müssen und nicht die Großen Bildnisse in einem Zerrspiegel von Unwissenheit und Habsucht entstellen. Mit großer geistiger Befriedigung las ich das Buch ”Dobrotolubye“ und das Werk Origenes ”Über die Elemente“. Abgesehen von den von späteren Eiferern durchgeführten zahlreichen Änderungen, ist es erstaunlich, wie sehr sich unsere derzeitigen Kirchenväter von den ursprünglichen reinen Bündnissen der Christenheit entfernten! Denken Sie daran, daß erst im 6. Jahrhundert n. Chr. am Zweiten Konzil in Konstantinopel die Lehre der Wiedergeburt abgeschafft wurde! So häuften sich Behauptungen habsüchtiger und kleinlicher Gemüter und wurden zu Dogmen für die nachfolgenden Generationen, die es nicht mehr wagten, frei zu denken. Diese Magier und Zauberer verwandelten für Zeitalter die Behauptungen schwankender, beschränkter Gemüter in unabänderliche Grundsätze, bis zu Göttlichen Offenbarungen.

       Über die Wiederverkörperung gibt es in den Evangelien so viele Bestätigungen mit Christi eigenen Worten. Die Kirchenväter begingen eine große Sünde, indem sie aus dem Bewußtsein der ihnen anvertrauten Herden dieses Gesetz der Höchsten Gerechtigkeit beseitigten. Aber auch uns trifft keine geringe Schuld, wenn wir uns durch passives Verhalten dem Bösen nicht widersetzen.

       So sind wir alle schuldig, sowohl für uns als auch für andere, denn wir können uns von den anderen Menschen und vom Kosmos nicht absondern. Wahrhaftig, der Kosmos ist in uns und wir sind in ihm. Denn nur durch die Erkenntnis dieser Einheit ist es uns möglich, uns diesem Sein einzugliedern. Die grundlegenden Fragen über den Sinn unseres Seins sind seit langem gelöst, aber die Menschen wollen das nicht annehmen, denn niemand will für jeden Gedanken, jedes Wort und jede Tat Verantwortung übernehmen. Und solange wir diese Verantwortung für die eigene Vervollkommnung, für die Erde und die uns umgebenden Sphären nicht übernehmen, werden wir zur Erde zurückkehren. Nach Erlangung unserer irdischen Vervollkommnung werden wir in den herrlichen Glanz mannigfaltiger Schönheit der fernen Welten eingehen, wir werden die nächste Stufe unserer Evolution auf der Leiter unbegrenzter Vervollkommnung betreten.

       Ganz richtig schreiben Sie: ”Gibt es Gerechtigkeit, solange wir keine Liebe besitzen?” In der Tat, Gerechtigkeit ohne höheres Wissen, das dem Menschen mit der Bekundung der Göttlichen Liebe verliehen wird, ist nur ein Zerrbild. Wahrhaftig, je näher zu Gott, um so weniger Verurteilungen. Aber wir dürfen nicht ins andere Extrem verfallen - sich nicht dem Bösen zu widersetzen. Nichtwidersetzung gegen das Böse verursacht mehr Schaden als aus Unwissenheit im Eifer des Gesetzes begangene Ungerechtigkeit; denn in letzterem Fall werden die Opfer Ausgleich, d. h. Gerechtigkeit erfahren, wenn nicht im irdischen Leben, dann in der feinstofflichen Welt, wo geerntet wird. Aber wer vermag jene Sphären zu erwägen, in denen Böses infolge Nichtwidersetzung oder Kleinmütigkeit kurzsichtig und stillschweigend geduldet wird? Die Kräfte des Bösen sind aktiv, halten in ihren Unternehmungen zusammen und sind ihrer Wirkung heftig. Aber die ”Leuchtkäfer“, die sogenannten ”Lauen“, können sich nicht einigen, denn sie befassen sich zu sehr damit, einander zu vernichten. So offenbart sich das Ende unserer fünften Rasse, doch die kommende Runde der sechsten Rasse wird zu einem erneuerten Bewußtsein führen.

       Ihr Gedanke über einen steten Rat der Weltpatriarchate kommt unserem alten Traum von einem Kulturrat sehr nahe. Aber für jedes absterbende Bewußtsein wäre dieser Gedanke sicherlich eine Utopie. Wahrlich, dieser Rat oder die Liga der Kultur wird in der kommenden Rasse, in der die Geistigkeit erwacht, verwirklicht werden. Es treten jetzt bereits einige Vorboten der sechsten Rasse auf der Erde in Erscheinung. Wirklich, ihre erleuchteten Ideen zementieren den Raum für künftige Inkarnationen auf der Erde. Sie sind es, die alle reinen Bewegungen schaffen, verteidigen und die Horden der Finsternis bekämpfen. Nebenbei gesagt, glaube ich an die Zukunft Südamerikas, denn sein Potential ist groß, und in der Esse des Kampfes werden seine Länder Kraft erringen und ihren erhabenen Pfad finden Waren sie nicht die Ersten, die die Idee des Friedensbanners sowie den Pakt für den Schutz der Schätze menschlicher Genien förderten? Sie erkannten die große erzieherische Bedeutung des Paktes und des Friedensbanners für den Aufstieg der Generationen, deren Bewußtsein von Kindheit an vorbereitet werden muß, um die unersetzlichen Werte der Schätze menschlicher Schaffenskraft zu begreifen. Nur mit solch einem Verstehen und mit der Sorge um die höheren Begriffe und Werte können wir das Tier in uns und damit die Grobheit, die diesem Zustand eigen ist, besiegen.

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