Kunstdrucke mit Motiven von Roerich Nicholas und Roerich Svetoslav

 

 


Briefe von Helena Roerich, Band II, 1929 - 1935 >> 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9.


       21. Januar 1936

       Man sollte bedenken oder, besser gesagt, wissen, daß es kein einziges Buch gibt, das frei von Fehlern oder Unklarheiten ist, oder einfach von Druckfehlern und Auslassungen. Selbst in den Büchern und Briefen der Adepten stößt man auf scheinbare Widersprüche, doch für Wissende sind dies keine ”Widersprüche“, sondern einfach die Ergebnisse mangelhafter Kommentare. Das Universum ist sehr komplex, und es ist unmöglich, seine ganze große Mannigfaltigkeit auf ein paar Formeln zu bringen, die für jeden besonderen Fall Anwendung finden können. So gibt es in bezug auf eine harmonische Seele auch vieles, was durch Worte nicht adäquat ausgedrückt werden kann. Man kann keine Apothekerwaage verwenden, um den Grad der Individualisierung zu bestimmen, der in jedem separaten Fall in dieser oder jener Gruppe der niederen Naturreiche erzielt wird; daher muß man den Durchschnittsgrad für ihren Zustand annehmen. Die Gruppenseele muß in jedem Fall als Übereinstimmung ursprünglicher Gefühle verstanden werden, und, genau gesagt, kann solch ein Gleichklang durch die Bezeichnung Gemeinschaftsseele im Sinne geistiger Übereinstimmung ausgelegt werden. Auch die Großen Lehrer nennen Ihre Gruppe oft EIN EGO.

* * *

       Sie wundern sich also, daß der Verfasser des Buches, das Sie kritisieren, das Karmagesetz als ”blind“ und zugleich ”vernünftig“ bezeichnet! In jedem kosmischen Gesetz muß man jedoch immer die Gegensätze in Betracht ziehen. Dieses Gesetz wird vom Autor wegen seiner Unabänderlichkeit sowie Unerschütterlichkeit, wenn es kosmisch und unvermeidlich wirkt, ”blind“ genannt. Im Tun eines Menschen mit erwachtem Geist wird das Karmagesetz ”vernünftig“, die niederen Naturreiche dagegen sind dem Gesetz ”blind“ unterworfen

       Die Herren des Karma, obwohl sie die Evolution der Welt lenken, werden gewiß primär von den kosmischen Gesetzen geleitet, und sie gleichen oder passen ihren Willen der Evolution des Kosmos an - oder der großen Zweckdienlichkeit. Daher ist Ihre Frage: ”Ist es möglich daß die Herren des Karma ”blind“ sind?” nicht am Platze. Auch die Feststellung des Verfassers, daß ”Karma im ersten und letzten Viertel der Entwicklungsrunde nicht wirkt”, ist kein Irrtum, sondern einfach die gleiche, allerdings nicht ganz überzeugende Erklärung. In allen Lehren ist über den Zustand des Menschen in den ersten drei Runden sehr wenig gesagt, wie auch über die ersten zwei Rassen unserer Runde. Aus den Hinweisen jedoch läßt sich schließen, daß in den ersten zwei Rassen der vierten Runde die Menschen, wenngleich sie mit Geistigkeit erfüllt waren, keinen, wie wir es nennen ”Verstand“ hatten; und so können wir annehmen, daß sie dem unvermeidlichen Karmagesetz ”blind“ folgten. Jedoch im letzten Viertel unserer Rasse, sobald die Menschen genügend verfeinert sind und den verdichteten Astralzustand sowie ihre ursprüngliche Geistigkeit durch das Öffnen der höheren Zentren erreicht haben - allerdings mit einer entwickelten und erleuchteten Denkfähigkeit -, werden sie ihr irdisches Karma für diesen besonderen Zyklus (oder diese Runde) vollenden und die Erde verlassen, um eine neue Seinsrunde auf einem anderen Planeten zu beginnen; nach dieser Periode der Verdunkelung der Erde kann die Menschheit ihre Evolution in der neuen irdischen Runde oder der fünften Rasse fortsetzen.

       In diesem Buch finden Sie auch die Feststellung über die Zahl der Inkarnationen in ein und demselben Geschlecht. Diese kategorische Feststellung kann zu Mißverständnissen führen. Würde ich sie jedoch verneinen, müßte ich Bestimmtes offenbaren, was für eine weite Öffentlichkeit noch nicht enthüllt werden kann.

       Warum erscheint es Ihnen ungerecht, daß der Mensch ”seinem Karma zuvorkommen kann” und es ihn dann nicht mehr erreicht? Genau das Gegenteil scheint mir der Fall zu sein; denn wäre es anders, könnten wir diesem verhexten Kreis niemals entrinnen. Und wenn Sie fragen: ”Wie kann der Mensch seinem Karma zuvorkommen?”, so sage ich: Indem er seine Gedanken und Beweggründe verbessert! Sehr oft ist in der Lehre erwähnt, daß vor allem unsere Beweggründe und Gedanken unser Karma schaffen; Taten sind von sekundärer Bedeutung. Fürwahr, Gedanken schaffen unser inneres Wesen. Gedanken werden als Energien in unserem KELCH und in der Aura gespeichert; und werden diese Energien geläutert und verfeinert, so ist es verständlich, daß sie harmonisieren und nur jenes anziehen können, das gleich rein ist - dann kann uns das Böse und Niedrige nicht mehr in voller Stärke erreichen. Wenn Sie daher einem Menschen begegnen, dem Sie in früheren Leben Böses zufügten und er gegen Sie Feindschaft hegt, Ihre Aura aber ausreichend geläutert ist, werden die Auswirkungen seiner bösen Energie Sie nicht in vollem Maße verletzen können. Seine unheilvolle Energie wird sich dann wie ein Bumerang gegen ihn selbst wenden. Deshalb ist es so nützlich, seine Gedanken und Beweggründe zu läutern, zu verbessern und zu verfeinern. Der Geist trägt seine Errungenschaften und Waffen in sich selbst. Die Läuterung und feurige Umwandlung unseres inneren Wesens macht uns zu Herren unseres Karma. In der Tat, die Beendigung des Karma auf einem Planeten ist dann möglich, wenn alle Elemente oder Energien, die in unser Wesen eingehen, in vollem Streben harmonisch vereint sind und die für diesen Planeten vorbestimmte Vervollkommnung erreicht haben.

       Und nun betreffs Androgyne. Beachten Sie, daß diese Stelle in Anführungszeichen meinem Brief an den Verfasser dieses Buches entnommen ist. Wie ich Ihnen bereits geschrieben habe, ist der dritte Band der ”Geheimlehre“ zusammengestellt worden, ohne von H. P. Blawatsky korrigiert worden zu sein. Darüber hinaus kann man sich nicht völlig auf die Aufzeichnungen ihrer Schüler verlassen, die oft von H. P. B. nicht durchgesehen wurden. Aus persönlicher Erfahrung weiß ich, auf welche Überraschungen man in einfachen Aufzeichnungen stoßen kann. Daher beabsichtige ich, in meinem letzten Willen festzuhalten, daß ich für keinerlei Aufzeichnungen, die nach meinen Ausführungen gemacht worden sind, die Verantwortung übernehme, sofern sie nicht das Zeichen meiner Korrektur oder die briefliche Unterschrift tragen.

       Es wundert mich, wieso es Ihnen nicht klar erscheint, daß Christus Jesus die Unerkennbare Primärursache nicht ”Seinen Vater“ genannt haben kann. Ohne Bezug darauf, wie transzendental die Primärursache ist, ist sie wirklich das Vater-Mutter-Prinzip alles Bestehenden.

       Zum Abschluß muß ich Sie daran erinnern, daß Kritik zu üben leicht ist, Kunst auszuüben jedoch schwer. Und ein Schüler, der die BÜCHER DER LEBENDIGEN ETHIK mit seinem Herzen gelesen hat, muß erkennen, wie wichtig auf seinem Pfad des gütigen Auges die Praxis ist. Durch Kritik allein ist noch nie etwas geschaffen worden.

       Das Buch, das Sie so tadeln, bereitete vielen suchenden Herzen Freude, und mir sind darüber viele rührende und ausgezeichnete Beurteilungen zu Ohren gekommen. Es gibt darin nicht mehr Fehler oder, besser gesagt, nichtüberzeugende Stellen als in anderen Schriften, welches Gebiet sie auch betreffen mögen.

       Bevor man sich anschickt voranzukommen, muß sich das menschliche Bewußtsein das zu eigen machen, was bereits gegeben wurde. In der Tat, heute befindet sich die Menschheit am Rande eines Abgrunds, es geht um Sein oder Nichtsein! Daher ist es weit wichtiger, die Grundsätze der LEBENDIGEN ETHIK im Leben anzuwenden, als die genaue Zahl der Inkarnationen zu kennen, die in ein und demselben Geschlecht möglich sind, oder alle Grade geistiger Affinitäten in den niederen Naturreichen, oder schließlich, ob die Menschen der siebenten Rasse zwei Rückgrate besitzen werden oder drei Nasenlöcher - und so fort!

       So üben Sie also keine Kritik, sondern prüfen Sie jede Frage von vielen Gesichtspunkten her, wobei Sie an die große Vielfalt sowie die Komplexität des Universums denken sollten.

       In Ihrem letzten Brief sagen Sie: ”Sie wissen, daß ich, was Sie mir auch sagen mögen, nicht gekränkt sein werde, sondern nur dankbar.” Sind das nicht allein Worte, oder ist es die Wahrheit? Ich habe das oft wiederholt, doch habe ich bemerkt, daß Leute, die dies zu sagen pflegen, sich nichtsdestoweniger bei dem ersten Hinweis gekränkt fühlten. Die Entscheidung liegt bei Ihnen. Ich sage: Wohl Ihnen, wenn Sie diese Erkenntnis erlangt haben. Daher wird diese besondere Art von mir ”Ihre Flamme nicht verlöschen”, selbst wenn sie ”rauchen” sollte. ”Gekränktheit zu züchten, schafft einen jämmerlichen Garten” (Blätter des Gartens MORYA I, § 38). Gekränktsein gleicht der Selbstsucht, die unser Nahen zum Licht verhindert.

       25. Januar 1936

       Von ganzem Herzen begrüßen wir Ihre Absicht, über das von Ihnen gewählte Thema ein Buch zu schreiben. Sie haben recht, die Frage der Religion ist äußerst wichtig. Man kann sagen, daß sie der Eckstein der vorbestimmten Geistigkeit der kommenden Epoche ist. Daher müssen wir ohne zu zögern, im Bewußtsein der jungen Generation das wahre Verstehen dieser wichtigen Vorstellung schaffen. Das wahre Wort Religion, heißt es, kommt vom lateinischen ”religare“ und bedeutet emporbinden, genau gesagt, eine Verbindung mit der Höheren Welt. Durch Verletzung dieser Verbindung beraubt sich die Menschheit nicht nur des wahren Wissens, sondern auch des Seins selbst, denn die lebenspendende Quelle des Guten nährt alle Welten. Wir billigen auch sehr den Plan, den Sie in Ihrer Vorstellung hegen und sind gewiß, daß Sie alle Ihre erwähnten Ideen mit größter Lebendigkeit und Überlegenheit in Angriff nehmen werden.

       Könnten die Vertreter der Kirche die Zeit, der sie sich gegenübersehen, doch verstehen - die Zeit großer Reinigung und Schaffenskraft des Geistes - würden sie vereint und mit neuem, fortschrittlichem Bewußtsein das große Evangelium Christi prüfen und beim Studium mit den ältesten Religionen vergleichen, sie könnten den tiefsinnigen Esoterizismus der Lehre Christi verstehen, der völlig auf der ”Ursprünglichen Offenbarung“ basiert, der Quelle aller Lehren aller Zeiten. Die Kirchenväter sollten die wahren geistigen Hirten des Volkes sein, die Grundlagen der LEBENDIGEN ETHIK in das Leben hineintragend, die man in jeder Lehre des Lichts findet. Es ist gefährlich, hinter dem wachsenden und evolvierenden Bewußtsein zurückzubleiben; es ist gefährlich, die Entdeckungen und Errungenschaften der Wissenschaft abzulehnen, die wegen der sich häufenden Ereignisse vorerst noch vereinzelte Erscheinungen sind. Doch die Zeit ist nicht fern, wo sich diese Erscheinungen vereinen und als unbestreitbare Fakten dastehen werden.

       Gehen wir in den Fußstapfen jener unwissenden Kardinäle, die bereit waren, Galileo auf dem Scheiterhaufen zu verbrennen, nur weil er behauptete, daß die Erde sich dreht? Daher muß man den Bündnissen genau das entnehmen, was mit den neuesten Entdeckungen der Wissenschaft übereinstimmt und darf nicht das unterstützen, was entstellt und aus bestimmten Gründen angenommen wurde. Man muß die Bündnisse mit äußerster Ehrlichkeit, Aufrichtigkeit und erleuchtetem Bewußtsein studieren und alle späteren Auslegungen zurückweisen, die die Fundamente dermaßen verdunkelten, daß ”anstatt erhabener Bildnisse nur staubbedeckte Masken übrigblieben.”

       Freilich, auf dem Pfad des Lichts sind Fehler unvermeidlich, denn wer ist vollkommen?! Alles hängt von der Beschaffenheit dieser Fehler ab, von unserem Verhalten ihnen gegenüber sowie von der Festigkeit unseres Bandes zur Hierarchie. Nur wer sich vom Pfad des Lichts abwendet und so das Band von der Hierarchie trennt, fällt in den Abgrund. So ist der Weg der Verräter furchtbar.

       In dem früheren Brief an Sie übersah ich Ihre letzte wichtige Frage über das Herzeleid - ich möchte sie hier beantworten.

       Leid kann in jedem Fall als Segen angesehen werden, denn es verfeinert die Gefühle und lehrt uns großes Mitgefühl. Freude allein kann den Gefühlen nicht jene Tiefe verleihen. Daher ist die Verbindung dieser Gegensätze für die Vollendung des Pfades wichtig. Ein versteinertes Herz verdient die Bezeichnung ”Sonne der Sonnen” nicht. Ein Schüler auf dem Pfad des Lichts kann kein versteinertes Herz haben, das nicht mit all seinen Fasern auf die Freuden und Leiden seiner Umgebung mitschwingt.

       In der Tat, mit zunehmender Vervollkommnung gelangt die ganze Skala der Gefühle zu solch einer Verfeinerung, daß das Herz des hohen Schülers auf der letzten Stufe zuweilen eine offene Wunde zu sein scheint, als fühlte er physisch seinen brennenden Schmerz Aber diese Feinfühligkeit gilt nicht so sehr ihm selbst wie seinem Nächsten und dem Allgemeinwohl, das für manche Menschen ein leeres Wort bedeutet. Besonders schmerzlich ist jegliche Grobheit.

       Ich glaube, daß viele Menschen nicht voll erkennen, was mit einem versteinerten Herzen gemeint ist. Vielleicht glaubt man, daß wir, obwohl wir den Härten des Lebens stetig ausgesetzt sind, aber über ein erweitertes Bewußtsein verfügen und uns der Verbindung mit der Hierarchie des Lichts bewußt sind, es lernen, diese Boten gelassen aufzunehmen, weil wir erkennen, daß wir sie entweder verdienen oder sie für uns eine Hilfe bedeuten. Das wird der sehr gestählte Geist sein, den nichts schrecken kann, dessen Herz aber um so feuriger der Hierarchie und dem Dienst am Allgemeinwohl zustrebt.

       So heißt es in der LEHRE ”Gelassenheit des Bewußtseins entwickelt sich proportional zur Erkenntnis der Höheren Welt. Es gibt keine größere Freude und Schönheit als Bestätigung des Vorhandenseins der Höheren Welt. Die echte Vorstellung solch eines Bandes macht den Menschen streng und bestrebt.”

       So pflegte Vivekananda seine Schüler oft zu fragen, ob sie sich die ganze Feinheit und Zärtlichkeit des Herzens der großen LEHRER vorstellen könnten? Das Mitgefühl und die Hilfe der Großen LEHRER äußert sich jedoch infolge ihres großen Wissens in Formen, die weder unserem Verstehen noch unseren Wünschen entsprechen. Daher die häufige Bemerkung, die ich leider selbst vernommen habe: ”Der Lehrer ist irgendwo weit entfernt und hört die an ihn gerichteten Rufe nicht.” Wer das glaubt, kann keinem größeren Irrtum erliegen. Jedoch um gehört zu werden, muß man Aufrichtigkeit sowie Streben des Herzens bekunden.

       Es ist sogar möglich, daß manche die Errungenschaft des Zustandes ”Vairagya“ mit einem versteinerten Herzen verwechseln. Für sie bedeutet ”Vairagya“ genaugesagt Versteinerung, während in Wirklichkeit darunter Enthaltung von allem Körperlichen zu verstehen ist, und solch eine Entsagung sollte vor allem in Gedanken stattfinden. Die Enthaltung von niederen fleischlichen Erscheinungen bedeutet nicht Gefühllosigkeit. Solche Enthaltung vom Essen bedeutet nicht, keinen Hunger zu verspüren u. s. f. Hat ein Mensch aber den Zustand Vairagya erreicht, so mißt er dem Glauben bei, wem Glauben gebührt, und er lernt, das Wichtigste und Führende zu erkennen.

       ”Ein versteinertes Herz ist kein Herz mehr, sondern ein Stück Abfall.”

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       Einer meiner Briefschreiber hört oft die seltsamsten Meinungen über die LEHRE DER LEBENDIGEN ETHIK. Sie kommen von den Denunzianten. Jedoch ich bestehe darauf, Duldsamkeit gegenüber allen geistigen Bewegungen zu üben und rate, die Bücher der Lebendigen Ethik niemandem aufzuzwingen und sich vor allem in keine Debatten einzulassen. Meinungsaustausch mit gewissen Menschen artet in Streit und persönlichen Beleidigungen aus. Letzteres zeugt von einem geringen Bewußtsein und Wissen. Buddha sagte: ”Achte deinen Glauben, doch schmähe nicht den deines Bruders.” Auch Brahmo Samaj sagt, daß keine Religion geschmäht, verspottet oder gehaßt werden sollte. Deshalb sollte ein geistiger Lehrer, dessen Schüler ihm die Abstammung von der Sonnenhierarchie zuschreiben, große Toleranz gegenüber anderen Lehren üben. Unser Bewußtsein wird nach unserer Toleranz bemessen.

       4. Februar 1936

       Es ist sehr gut, daß Sie auf die Gefahr der Besessenheit hingewiesen haben. Sie sollten auch festhalten, daß oft die vielen kranken Menschen einfach besessen sind. Gleicherweise könnten Sie einige Hinweise über den niederen Psychismus bringen, der ebenfalls zu Besessenheit führen kann. In dem Buch ”Feurige Welt“ ist über Psychismus vieles ausgesagt. Zudem sollten Sie auf den höheren Pfad hinweisen, den Pfad des Herzens und die Aufspeicherung geistiger Synthese. Man kann darauf verweisen, daß man in naher Zukunft, wenn die Menschen im Verstehen der feinen Energien fortschreiten, für das Problem des Mediumismus die richtige Lösung finden wird. Bedingungen und Methoden für den Schutz der Medien vor äußeren Einflüssen werden gefunden und sie könnten dann zur Mitarbeit zum Zweck wissenschaftlicher Forschung herangezogen werden.

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       Es ist äußerst nützlich, die Fragen über Mediumismus und Psychismus zu beleuchten. Im Suchen nach dem Ungewöhnlichen und nach ungewöhnlichen Experimenten ist die Menschheit in ihrer Unwissenheit in die schwärzeste Magie und Zauberei abgeglitten. Kürzlich hatte ich über ein bestimmtes Medium geschrieben und zitierte die Worte von Manly P. Hall, einem begabten amerikanischen Redner und Schriftsteller über Okkultismus. Ich will die Ausführungen für Sie wiederholen: ”Es ist äußerst weise, den Unterschied zwischen einem Medium und einem Hellseher aufzuzeigen. Die Durchschnittsmenschen sehen hierin keinen Unterschied, für die Mystiker jedoch waren diese zwei Phasen geistigen Sehens durch die ganze Zeitspanne menschlicher Evolution getrennt.

       Ein Hellseher ist jemand, der Kundalini (die Rückenschlange) in das Gehirn hob und durch sein Bewußtseinswachstum das Recht erwarb, die unsichtbaren Welten mit Hilfe des dritten Auges oder der Zirbeldrüse wahrzunehmen.

       Hellseher werden nicht geboren, sie entwickeln sich. Medien werden nicht gemacht, sie werden geboren. Hellseher kann man erst nach Jahren werden - er lebt oft zurückgezogen; ein Medium hingegen … kann in einigen Tagen Ergebnisse erzielen.”

       Hier muß man natürlich hinzufügen, daß das Medium auf die niederen Schichten der Feinstofflichen Welt beschränkt ist Die höheren Ebenen sind dem Medium nicht zugänglich, weil seine höhere Triade an diesen Erscheinungen keinen Anteil nimmt. Mediumismus hemmt richtige Evolution und muß als Rückschritt gewertet werden.

       Ich habe auch über den Schaden durch Konzentration auf ein bestimmtes Zentrum geschrieben, wie in den Büchern über Pseudo-Okkultismus geschildert; denn solch eine Konzentration stimuliert ein Zentrum auf Kosten der anderen, das ganze Schema ihrer Polarisation in ein Chaos stürzend. Dieser Vorgang verursacht im Bereich der Schwingungen wirklichen Schaden, denn er bringt das Schwingungsschema aus dem Gleichgewicht. Erinnern Sie sich, was in der LEHRE über die Arbeit des Meisters über alle Zentren des Schülers gesagt ist, über alle sieben Kreise des Hellsehens und Hellhörens? Die Großen Lehrer überwachen den Zustand des Organismus des Schülers sorgfältig, und sie würden nie ein Zentrum auf Kosten eines anderen öffnen. Richtige Entwicklung oder Evolution besteht allein in der Harmonie und Ausgeglichenheit. Das öffnen eines oder zweier Zentren führt nur zu niederem Psychismus oder Mediumismus. Auch mechanisches Schreiben muß als gewisser Besessenheitszustand angesehen werden, denn bei mechanischem Schreiben ergibt sich gewöhnlich Spannung des physischen Zentrums der Hand und sogar jenes des Gehirns. Wird es oft geübt, ist es sehr schädlich und kann in Paralyse enden. Kein Medium kann als ein Agni Yogi gelten. Allein Geistigkeit und Heldentat führen uns zur Erringung des feurigen Kelches. ”Mediumismus ist wie ein Tropfen trüben Wassers im feurigen Kelch eines Agni Yogi.”

       Viel ist in der LEHRE über Psychismus gesagt. Ich weiß nicht, wie lange es dauern wird, bis es Ihnen möglich sein wird, es zu lesen; daher will ich Ihnen zwei sehr wichtige Ausführungen zitieren:

       ”Wahrlich, ein Medium hat keine geöffneten Zentren, und Psycho-Vision zur Verbindung mit den höheren Welten ist ihm ebenfalls unerreichbar. Der Mensch versteht die Macht des Mediums falsch, und es schmerzt Uns, wenn Wir sehen, wie verlockend für die Menschen psychische Erscheinungen sind. Eine Materialisation zieht sie an wie ein Magnet. Wir geben dem Kanal des Geistes den Vorzug, und für heilige Missionen benutzen Wir nur den Kanal des Geistes.

       Ein Archat wartet oft Jahrhunderte, um einen heiligen Auftrag zu erteilen. Die Kundgebung bestimmter Aufträge erfordert besondere Verbindungen. Wir Archate folgen dem Grundsatz der Zweckmäßigkeit. Das Experiment der Mutter des Agni Yoga zeichnet sich nicht durch Brillanz aus, sondern durch kosmische Reichweite.

       Die Welt weiß vom Weißen Feuer. Die Welt weiß vom Unsichtbaren Licht. Wo Wir die feinsten Energien offenbaren wollen, dort wirken Wir nur durch feinste Energien. Wo der Archat das Heilige anvertrauen muß, dort üben Wir höchste Vorsicht. Wo der Archat das ewige Gesetz erkennt, dort frohlockt Er - und Er sendet das Frohlocken in die Unbegrenztheit.

       Berichtet über Meinen Auftrag … als die höchste Übereinstimmung auf dem Planeten. Die Übereinstimmung von Geist und Materie ist die seltenste kosmische Erscheinung. Die Menschheit kann wohl sagen: ”Wir sind des Höchsten beraubt.”

       Die feinsten Energien sollten mit großer Vorsicht behandelt werden.” (Unbegrenztheit I, § 106)

       ”Die Zerstörung des Kontakts mit den höheren Energien isoliert die Menschheit wirklich vom Kosmos. Wie kann man im Kosmos bestehen ohne Begreifen der Weltevolution? So schließt eine bewußte Beziehung zur Weltevolution ein Verstehen der Hierarchie als lebenspendendes Prinzip unmittelbar mit ein. Gerade der Psychismus und der Mediumismus drängen den Menschen von den Höheren Sphären ab; denn der feinstoffliche Körper wird von den niederen Emanationen in solchem Ausmaß durchdrungen, daß sich sein ganzes Wesen verändert. In Wirklichkeit ist die Reinigung des Bewußtseins der schwierigste Prozeß. Der Mensch unterscheidet nicht genau zwischen Psychismus und dem feurigen Zustand der Geistigkeit. Also müssen wir den Schrecken des Psychismus überwinden. Tatsächlich, die Reihen dieser Instrumente sind von den Dienern der Finsternis gefüllt. So muß man auf dem Pfad zur Feurigen Welt den Psychismus bekämpfen.” (Feurige Welt III, § 365)

       ”In der Tat, der Abgrund des Unverständnisses ist der Pfad, auf dem die Menschheit nun wandelt. Wahrlich, zeitgenössisches Denken ist der Verbanner psychischer Forschungen. Doch viel weiter und tiefer könnte man gehen durch Kenntnis der Unterteilung und der Verbindung zwischen den drei Körpern. Denn wenn der physische bereits geformt ist, hat sich der Astralkörper erst annähernd gebildet, und der feinste, der Mentalkörper, hat sich nur bei den Auserwählten gebildet. Aber jene, die in die höheren feurigen Energien eingeweiht sind und die feurige Umwandlung der Zentren kennen, können feurige Erscheinungen bestätigen. Alle anderen Erscheinungen müssen in zwei Kategorien eingeteilt werden. Die erste besteht darin, daß der Geist den Abgrund nicht überschreiten kann, weil der Mentalkörper noch nicht genügend ausgebildet ist, so daß der Geist nicht jenseits der Grenzen der niederen Schichten in Erscheinung treten kann; in der anderen Kategorie offenbart sich ein Zentrum nur teilweise. Man muß auch daran denken, daß die Feurige Welt einem Geist so lange unzugänglich ist, solange sich die höheren Zentren nicht umzuwandeln beginnen. Über allem steht der Geist, der seine geistigen Feuer entflammt, denn sein Mentalkörper schafft entsprechend. Auf dem Pfad zur Feurigen Welt muß man in psychischen Erscheinungen feinfühlig unterscheiden.” (Feurige Welt III, § 369)

       Ich bin froh, daß auch Sie in den Briefwechsel betreffs der LEHRE einbezogen sind. Licht vermitteln - was kann schöner sein als diese Arbeit? Ihre Antwort … ist richtig. Wirklich, wie könnten wir anders vom Raumfeuer gerettet werden? Darüber hinaus werden gerade die Länder, die sich am nächsten zum Vulkangürtel befinden, wie auch einige Inseln von den Kataklysmen der Zukunft am ernstesten bedroht werden. Wirklich, der Norden ist in dieser Hinsicht sicherer. In Indien sind in den letzten zwei Jahren 200.000 Menschen durch Erdbeben umgekommen. Wir merken ständig die unterirdischen Bewegungen um uns herum. Es ist wahr, daß unsere einzige Rettung und unser Schutz vor allem Unheil und Übel die HIERARCHIE des LICHTS ist. Jedoch dafür muß ein unzerstörbares Band geknüpft werden. Und fürwahr, Worte der Verehrung sind unzulänglich, das Feuer des Herzens ist nötig.

       18. Februar 1936

       Jeder Krieger des Lichts nimmt die beschleunigte Bezahlung alter Rechnungen mutig auf sich. Die Leiden derer, die den Pfad des Lichts betreten haben, verwandeln sich in wunderbare Blumen des Geistes. Sicherlich ist es nicht leicht, geistige Befreiung von der irdischen Verhaftung zu erlangen, aber liegt das große Ziel des Dienens vor uns und ist das Herz von Hingabe an den Großen Lehrer entflammt, dann verwandelt sich das Beschwerlichste in selbstlose Freude.

       Ich verstehe, daß Sie beunruhigt sind, wenn bestimmte Leute nur ihre eigene Weltvorstellung zu bejahen suchen. Ich empfehle Ihnen, solche Versuche mit völliger Gelassenheit hinzunehmen Mögen die Menschen selbst erkennen; kann man denn das Bewußtsein zwingen? Üben Sie daher Toleranz und Zurückhaltung. Nichts wächst so langsam wie das Bewußtsein. Um sich eine neue Vorstellung zu eigen zu machen, ist es notwendig, diese nicht nur von allen Seiten her zu beleuchten, sondern sie immerfort zu wiederholen, bis sich ”im Gehirn ein Entwurf festigte”, wie ein Denker es ausdrückte. Jene, welche die ganze Tiefe und die in der LEHRE DES LEBENS geoffenbarte kosmische Denkrichtung nicht schätzen und ihren Pfad dauernd wechseln, sind nicht reif für die Feurige Lehre. Es wäre deshalb nicht nur unangebracht, damit Zeit zu verschwenden, sie überzeugen zu wollen, sondern es wäre auch unrichtig zu versuchen, ein unstetes Bewußtsein zu zwingen. In der LEHRE ist darauf hingewiesen, daß man selbst für jene, die bereits zustimmten, nicht zuviel Zeit aufwenden sollte. In der Tat, sie mögen zuerst beweisen, daß sie dem ersten Ruf gefolgt sind. Es hat keinen Zweck, ein Gefäß wiederholt in einen leeren Brunnen zu tauchen; findet man jedoch einen wertvollen Menschen, so muß man ihm gegenüber die höchste Toleranz und Gelassenheit üben, um durch behutsame Berührung sein Bewußtsein für die Mitarbeit vorzubereiten. Das Bewußtsein muß ganz vorsichtig erweitert werden Nur organische Entwicklung und vielseitige Aufspeicherungen können das Wachstum unserer Schatzkammer gewährleisten.

       Ich stimme mit Ihnen völlig überein, daß die Zulassung unsteter Elemente in eine esoterische Gruppe oder in den Vorstand eine gewisse Gefahr bedeutet. Daher müssen wir dieses Übel bekämpfen, indem wir die zersetzenden Elemente taktvoll eliminieren. Nehmen Sie nur jene auf, die gut geprüft worden sind, jene, die sich die Grundlage der Lehre mit ihrem Herzen zu eigen gemacht haben - mit echter und aufrichtiger Hingabe zur HIERARCHIE des LICHTS. Ohne sie kann es kein wahres Verstehen der Lehre geben, denn nur dieser silberne Faden des Herzens verbindet unser Bewußtsein mit dem Bewußtsein des Lehrers. Jenen, die die Notwendigkeit des Verstehens des führenden Begriffs Lehrer ablehnen, muß gesagt werden, daß die heutige Vorherrschaft des alles durchdringenden Zerfalls auf die Ablehnung der Autorität in allen Lebenssphären zurückzuführen ist. Ich werde nie müde, die Worte der Lehre zu wiederholen: ”Was kann denn ohne den Führungsbegriff bestehen? Das ganze Universum ist von diesem Prinzip durchdrungen. Und worauf anders kann Evolution gründen? Daher lehnt jeder, der die Hierarchie ablehnt, die Evolution ab. Von allen zur Bewußtseinserweiterung führenden Prinzipien ist das Prinzip der Hierarchie das mächtigste.”

       Unser schwarzes Zeitalter zeichnet sich wirklich durch Verneinung und besonders durch Verneinung der Grundlagen des Seins aus. Der Verlust des Verstehens des lebendigen führenden Begriffs LEHRER führt einerseits zu chaotischem Denken und zur Zügellosigkeit, andererseits machten die Fanatiker Idole aus den größten Lehrern, sie hinter eine goldene Schranke sperrend und mit Unwürdigem und Paraphernalia umgebend, was gänzlich sinnlos war. So wurde das lebendige herzliche Band mit der Höheren Welt wegen steigender Unwissenheit der späteren Anhänger verletzt.

       Gewiß, jene, die erklären, ”daß die Lehrer keinen befreien können, sondern jeder sich selbst befreien muß”, wiederholen damit eine der vielen Formeln aus östlichen Lehren sowie den Büchern der LEBENDIGEN ETHIK, nämlich daß alles mit ”menschlichen Händen und Füßen” getan werden muß. Niemand kann unser Bewußtsein zwingen, eine Wahrheit anzunehmen, für die wir noch nicht genügend aufgeschlossen sind. Nur unser inneres Streben kann die wesentliche Umwandlung bewirken. Die gesamte östliche Weisheit behauptet, daß allein durch persönliche Anstrengungen und stete Arbeit an sich selbst das Wissen und die Wahrheit erworben werden können. Dieselbe Weisheit besagt jedoch, daß ”Der Lehrer ein Leuchtturm der Verantwortlichkeit” genannt werden kann. ”Die Verbindung mit der Lehre ist wie ein Rettungsseil in den Bergen.” Wer die Führerschaft des Lehrers angenommen hat, beschleunigt seinen Pfad. Und durch Erleichterung und Beschleunigung seines eigenen Pfades erleichtert er auch den Pfad seines Nächsten. Ich möchte Ihnen meinen liebsten Paragraphen aus den Buch ”Agni Yoga” zitieren: ”… Ich entsinne mich eines Hinduknaben, der den Lehrer fand. Wir fragten ihn: ”Kann sich die Sonne für dich verfinstern, wenn du sie ohne den Lehrer siehst?” Der Knabe lächelte: ”Die Sonne bleibt die Sonne, doch in Gegenwart des Lehrers scheinen für mich zwölf Sonnen.” (§ 84)

       ”Die Sonne der Weisheit Indiens scheint; denn am Ufer eines Flusses sitzt ein Knabe, der den Lehrer kennt.” Und wir können hinzufügen: ”Verübt ein roher Mensch einen Anschlag auf den Lehrer, sagt ihm, wie die Menschheit Zerstörer von Schatzkammern von Büchern nennt.”

       Und weiter heißt es: ”Mit wem kann man seine Gedanken stärken? Nur mit dem Guru. Er ist der Fels, bei dem man vor dem Sturm Schutz finden kann. Die Verehrung des Guru ist der Pfad der Höheren Welt. Chaos jedoch kann Aufbau nicht zulassen. Man sollte den grundlegenden Gedanken Aufmerksamkeit schenken, um nicht dem Wirbelwind ausgesetzt zu sein.”

       Die arme Menschheit mit ihrer einseitigen Voreingenommenheit für Materialismus (auch die Kirche dient der materiellen Anschauung und materiellen Bedürfnissen) bedarf mehr denn je zuvor der Erkenntnis der Höheren Welt und des führenden Begriffs der Guru-Hierarchie. Die Menschheit krankt an chaotischem Denken und Mangel an Selbstdisziplin. Die Sklaven von gestern lehnen sich vor allem gegen das führende Prinzip auf, gegen die Disziplin und gegen Zusammenarbeit. Nur ein König des Geistes erkennt die Bedeutung der HIERARCHIE, denn um regieren zu können, muß man zuerst gehorchen lernen. Das Prinzip der Führung muß im Bewußtsein der Menschheit bejaht werden, wenn sie fortschreiten will. Doch gewiß, jedweder Fanatismus ist schrecklich, denn er ist ein Sprößling der Unwissenheit und endet in Glaubenseifer. Er ist wirklich der Antipode wahrer Hingabe und Verehrung.

       Jeder Inder weiß, was Hingabe an den Guru bedeutet. Und wir wissen, daß alle erhabenen Begriffe und die ganze Schönheit östlichen Denkens gerade der Sequenz und Sukzession der unbegrenzten HIERARCHISCHEN KETTE entspringt, die aus Gliedern besteht, geformt durch unbeschränkte Hingabe eines Schülers an seinen Guru. So betrachtet der Osten einen Lehrer, der das HIERARCHISCHE PRINZIP ablehnt, als einen vertrockneten wurzellosen Baum. Den Geist der Verehrung des LEHRERS zu berauben, gleicht geistigem Selbstmord. Die Großen Lehrer bieten uns Nahrung, ohne sie würden nicht nur wir verkommen, sondern auch der ganze Planet.

       Fürwahr, würden die Großen Lehrer Ihre Strahlen in Ihrer ganzen Potenz über uns ergießen, wir würden verascht werden, wenn wir nicht die Kraft des Empfangs besäßen. Alles verlangt nach Wechselwirkung, Übereinstimmung und Entsprechung. Das ganze Leben basiert auf gegenseitigem Austausch und Zusammenarbeit. Daher ist ein isolierter Mensch, der sich auf sein Ich beschränkt, zum Tode bestimmt, sowohl physisch als auch geistig. Wenn somit jemand nur einen Pfeiler bejaht, wird der Bau nicht fest sein und der Spannung des aufkommenden Wirbelwindes nicht standhalten.

       Daher fragen Sie alle jene Unbeständigen und Streitenden, ob sie alle Bücher der Lehre des Lebens gelesen haben? Und wenn sie das bejahen, prüfen Sie sie, Sie werden viele Überraschungen erleben. Unglaublich ist die Unwissenheit und der Mangel an Verstehen der einfachsten Grundlagen geistiger Entwicklung! Und bedenken Sie, daß die Religionsstifter der ganzen Welt durch Zeitalter hindurch das Band mit der Höheren Welt als Grundlage des Seins gesetzt haben! Und unser schwarzes Zeitalter endet mit den Rufen, dieses eine rettende Band zunichte zu machen.

       Die Loslösung unseres Planeten von der Höheren Welt hat ihn an den Rand der Katastrophe gebracht. Es müssen zwingende Maßnahmen getroffen werden, damit die Menschheit zum Verstehen der Grundlagen des Seins und der Größe menschlicher Bestimmung zurückkehren kann.

       7. Februar 1936

       Sie erinnern sich wahrscheinlich, daß Schuré in seinem Buch ”Die Großen Eingeweihten“ versucht, aus Rama, dem reinsten indischen Helden des Ramayana von Ayodhya (Hauptstadt des Königreiches Kosala), einen Kelten und einen Druiden zu machen. Derselbe Verfasser macht den Juden Moses zu einem Ägypter! Man muß Schuré daher mit Vorbehalt lesen.

       Die letzte Post brachte mir die Mitteilungen und Kritiken über den Artikel ”Der Sonnenpfad“. Der Kritiker meint, daß dieser Artikel der Lehre der LEBENDIGEN ETHIK widerspräche, da viele Behauptungen in diesem Aufsatz den Predigten Krischnamurtis glichen, der die Hierarchie ablehnt, und daß der Aufsatz oft eine ”fast neue Wiedergabe der Behauptungen von Steiner” enthalte. Ich werde diesen Brief beantworten und diesem jungen Kritiker empfehlen, mit Herz und Verstand lesen zu lernen und nicht nur mit den Augen, wenn er zu wahrem Wissen gelangen will. Er scheut sich nicht, Vivekananda anzugreifen, denn ihn bestürzt Vivekanandas Standpunkt gegenüber dem Reichtumserwerb, während die Bücher der LEBENDIGEN ETHIK den Wunsch nach persönlichem Besitz verurteilen. Der Kritiker jedoch übersieht die Tatsache, daß Vivekananda, wenn er von Pflicht eines Hausherrn spricht, zuerst den Erwerb von Wissen unterstreicht und dann den Wohlstand zuläßt. Und in diesem Wort dann ist der wahre Sinn verborgen. Mit Wissen, wie es der Inder versteht, wird Wohlstand zum Segen, weil er dann nicht dem Persönlichen dient, sondern dem Allgemeinwohl. Doch die Menschen beachten nur die toten Buchstaben, ohne den Sinn des Geschriebenen zu erfassen.

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       Warum glauben Sie, daß ich gegen die Veröffentlichung der Biographie von V. I. Kryjanovsky sein könnte? Betreffs Heiligkeit habe ich meine eigene Norm, aber zweifellos verdient Kryjanovsky Verehrung, denn ihre Bücher haben einen gewissen Nutzen, wie Sie selbst schreiben. Es ist daher wahr, daß die Serie ”Magie“ mit mehr Begabung geschrieben ist und mehr richtige Mitteilungen enthält, als viele spätere Romanschriftsteller in ihren Werken über okkulte Themen aufweisen können.

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       Ich freue mich, daß Sie sich von der niederen Qualität mancher Medien selbst überzeugt haben. Ich kann die Richtigkeit der Mitteilung des Mr. L. bestätigen. Die Menschen verbieten meistens anderen jene Dinge, an denen sie selbst besonders interessiert sind. Heute ist mehr denn je zuvor jeglicher billiger Spiritismus und Aberglaube weit verbreitet. Daher ist es so wichtig, die BÜCHER der LEBENDIGEN ETHIK zu verbreiten, die auf den Schaden solcher Praktiken hinweisen.

       In einem Ihrer Briefe schreiben Sie über einen Wissenschaftler, der sich mit Gedankenübertragung befaßt. Solche Forschungen sind mehr als zeitgemäß. Ich empfehle Ihnen, sich damit vertraut zu machen, und wenn Sie es für richtig halten, in Ihrer Zeitschrift einen Artikel darüber zu schreiben. Heute arbeiten viele fortschrittliche Geister in dieser Richtung. Bereits seit 30 Jahren führt Prof. Rhine an der Duke Universität in Amerika mit seinen Studenten gleiche Experimente durch und erzielte bemerkenswerte Ergebnisse. Er veröffentlichte vor kurzem ein Buch über seine Experimente und Beobachtungen. Wir haben es angefordert und werden es lesen. Sollten wir darin interessante Dinge finden, wollen wir Ihnen unsere Eindrücke mitteilen.

       Sie schreiben, daß der von Ihnen erwähnte Wissenschaftler mehr vom rein materiellen wissenschaftlichen Standpunkt an die Experimente herangeht. Ich würde ihn deshalb nicht tadeln, sondern zuerst die Ergebnisse seiner Experimente erwägen, wie er sie beschreibt; dann könnte man bei gleichen Experimenten an den geistigen Faktor und die Anerkennung der psychischen Energie herangehen und später die Ergebnisse der beiden Methoden vergleichen. Solches Vergleichen kann sehr belehrend sein. Es wäre ratsam, bei solch einem Experiment eine eigene Gruppe bestimmter Medien zu bilden, was jedoch nicht so einfach ist, weil mediale Fähigkeiten sich oft in einem latenten Zustand befinden und nur durch wiederholte Anstöße enthüllt werden. Die Experimente von Prof. Rhine haben die interessante Tatsache erbracht, daß Medien weit davon entfernt sind, Kanäle für Gedankenübertragung auf Entfernung zu sein.

       Wahrlich, jetzt ist für die Wissenschaft die Zeit gekommen, um ein neues Verstehen des Geistes auszusprechen. Die moderne Kirche hat uns der Höheren Welt entfremdet, doch moderne Wissenschaft wird uns näher an sie heranbringen.

       Ich möchte Ihnen einen Paragraphen aus der Lehre der LEBENDIGEN ETHIK zitieren: ”Ihr kennt viele Versuche im Gedankenlesen. Saget den Menschen im Westen, daß sie keine Vorstellung davon haben, wie charakteristisch diese psychologische Fähigkeit für den Osten ist. Aus Unwissenheit leugnet man sie im Westen und spricht sogar von Aberglauben. Da aber der Gedanke eine organische Schöpfung ist, kann er auch enthüllt werden. Sogar dürftige physikalische Apparate können die Gedankenspannung festhalten. Auch das Thermometer und elektrische Apparate reagieren auf die Einwirkung des Gedankens. Der Gedanke verändert sogar die Körpertemperatur. Der psychische Apparat beherrscht dermaßen den physischen, daß es richtiger wäre, den psychischen Apparat als einen Teil des physischen zu bezeichnen.

       Es gibt einen Apparat, der den Gedankenstrom aufzeichnet; dieser Strom gibt auch die Ausstrahlung wieder und kann durch die Vergleichsmethode detailliert werden. Dieses System findet die Gunst der westlichen Denkweise.

       Es gibt einige Versuche, um die Mechanik mit dem Psychischen zu verbinden. Ihr wißt indes, wie die wissenschaftliche Einstellung dem Seelischen gegenüber das ganze Sein erleichtert und umwandelt …” (Gemeinschaft, § 175).

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       Wir erhielten einen Brief von Harbin, der uns schreibt, daß es verboten war, den Jahrestag Leo Tolstojs zu feiern. Kann man noch weiter gehen? Gewiß, bis zurück ins Mittelalter!

       18. Februar 1936

       In dem kleinen Büchlein ”Die okkulte Anatomie des Menschen“ von Manly P. Hall, das ich Ihnen zusandte, gibt es einige interessante Notizen über das Blut. Es ist wissenschaftlich bewiesen, daß ”das Blut jedes Menschen individuell ist. Wenn es sich kristallisiert, bildet es geometrische Modelle, die bei jeder Person unterschiedlich sind …” Wie er sich ausdrückt, ist ”die Seelengeschichte des Menschen in seinem Blut eingeschrieben: seine Stellung, die er in der Evolution einnimmt, seine Hoffnungen und seine Ängste - all dies ist in den ätherischen Formen, die durch sein Blut strömen, eingeprägt … so daß mittels Blutanalysen ein weit sichereres System zur Aufdeckung von Verbrechen geschaffen werden könnte, als dies mit den jetzt bestehenden Methoden möglich ist.” Es ist interessant zu beobachten, daß der Koeffizient des Blutes einiger Völker nach einer bekannten Tabelle fast gleich ist, während beim Vergleich des Blutes anderer Völker scharfe Unterschiede festgestellt werden, so zum Beispiel unterscheidet sich nach dieser Tabelle das Blut der Russen von dem der Engländer.

       Was das Thema über den Kult der Katzen und bestimmter Vögel in Ägypten betrifft, ist es ganz klar, daß die Vergötterung der Tiere um der Massen willen mit einem bestimmten Ziel gefördert wurde. Zum Großteil lagen dem Kult rein praktische Ursachen zugrunde und er diente zum Schutz. So wurde das Töten des heiligen Vogels, des Ibis, in Ägypten mit dem Tode bestraft. Wir wissen jedoch, daß der Nil mit Krokodilen überfüllt war und die Täler Ägyptens von giftigen Schlangen wimmelten, deren Vernichtung in die Tausende ging. Und allein dieser Vogel, der Ibis, tötete diese Schlangen und vernichtete die Krokodileier, so die übermäßige Vermehrung dieser Ungeheuer verhindernd.

       In Ägypten waren die Katzen gegen die Ratten- und Mäuseplage sehr nützlich. Darüber hinaus verfügt die Katze über einen starken tierischen Magnetismus, und deshalb ist sie zu niederen Beschwörungen benutzt worden, denn auch in Ägypten war Nekromantie sehr verbreitet. Das Ringen zwischen weißer und schwarzer Magie bestand seit undenklichen Zeiten. Diese gegensätzlichen Lager zeichneten sich bereits in Atlantis klar ab.

       Sie wissen, daß es in den Büchern der LEBENDIGEN ETHIK einen Paragraphen gibt, der von heiligen Tieren spricht: ”Es wird richtig verstanden, daß sogenannte heilige Tiere keine Gottheiten waren, sondern eine natürliche Auswirkung örtlicher Umstände. Auch jetzt sprechen die Menschen oft von heiligen Verpflichtungen und meinen dabei nicht religiösen Ritus, sondern eine nützliche sittliche Handlung. Die Verhältnisse des Altertums erforderten oftmals eine besondere Beachtung mancher Tiere, Bäume und Pflanzen. Heiligkeit bedeutet Unverletzbarkeit. So ist das Seltene und Notwendige oft bewahrt geblieben. Ganz denselben Schutz nennen die gegenwärtigen Menschen ”Schonung“. So muß man sich gegenüber unklaren Begriffen sehr vorsichtig verhalten. Auf dem Gebiet der Religion ist so vieles hinzugefügt worden, daß oberflächliche Beobachter wegen der zurückliegenden Zeit völlig unfähig sind, die vielfach mit Aufschichtungen umgebene Grundform zu erkennen. Auch jetzt ist der Tempel ein Sammelplatz, wo neben Zeremonien Handel getrieben wird und örtliche Angelegenheiten besprochen werden. Die Anhäufung von Verwirrungen ist die gleiche. Seien wir daher gegenüber dem Begriff ”heilige Tiere“ und anderen lang vergessenen archaischen Symbolen nicht zu streng.” (AUM)

       Wie Sie sehen, ist diesen Zeilen nicht viel hinzuzufügen.

       22. Februar 1936

       ”Können die Hohen Geistwesen erkranken und auch einer Infektion erliegen?” Gewiß, wenn die Bedingungen ihrer Aufgaben ihren ständigen Verkehr mit den Menschen erfordern. Denken Sie daran, daß ein Hoher Geist einen Teil seiner Kraft ständig an jene abgibt, die zu ihm kommen und ihn umgeben; abgesehen davon, wie groß sein Vorrat an psychischer Energie sein mag, kann er trotzdem infolge der außergewöhnlichen Edelmütigkeit seines Geistes zuweilen erschöpft sein. Und solche Augenblicke der Erschöpfung sind voller Gefahr; das Sperrnetz der Aura wird verletzt, wenn es der vom Vorrat ausgehenden Ausstrahlung, die unsere Zentren nährt, ermangelt und offen daliegt für ansteckende Mikroben, die dann an einer schwachen Stelle eindringen können. Aus diesem Grunde wird in den Büchern der LEBENDIGEN ETHIK so nachdrücklich auf die Erhaltung des Sperrnetzes hingewiesen. Ein Schüler, der eine bestimmte geistige Entwicklungsstufe erreicht hat, kann sich nicht so lange in der unreinen Atmosphäre der Städte aufhalten, er muß sich in die Natur zurückziehen, um Prana zu speichern und ein mehr oder minder zurückgezogenes Leben zu führen. Christus, Buddha und andere große Lehrer zogen sich oft in die Wüste zurück und blieben nie lange an einem Ort. Im Evangelium des heiligen Markus (5:25-34) lesen wir, daß Christus, nachdem er die Kranken heilte, unter Kraftverlust litt. Als die kranke Frau den Saum seines Gewandes berührte, wußte Jesus, daß ihm wirksame Kraft entströmte.

       Auch Bhagavan Ramakrishna, ein zeitgenössischer geistiger Lehrer Indiens, war während seiner Lehrtätigkeit ständig von Menschen umgeben, die oft von bösartigen Krankheiten befallen waren, und er verausgabte sich weit über seine Kräfte. Folglich erkrankte er an einem Kehlkopfleiden - eine Art Krebs -, das seinen Tod verursachte. Es ist wichtig, zu erwähnen, daß seine Krankheit in manchen schwachen Gemütern Verwirrung auslöste und sie den Grad seines geistigen Formats anzweifelten. Der Unwissende glaubt, daß ein hoher Geist unbeachtet der Umstände von Krankheit verschont bleibt; doch wir wissen, daß der von Devadatta von einem hohen Fels auf Buddha geworfene Stein, als dieser unten vorbeiging, ihn zwar nicht tötete, aber eine Zehe seines Fußes verletzte. Es gibt auch Hinweise, wonach der Herrscher Buddha oft starke Rückenschmerzen verspürte. Auch in den ”Mahatma Letters“ finden wir eine Stelle, die darauf hinweist, daß Mahatma K. H. sich zur Zeit der Gründung der Theosophischen Gesellschaft zurückziehen mußte, nachdem er mit den Auren der Menschen in Berührung gekommen war. So ist jede Seinsebene ihren eigene Gesetzen unterworfen, und ihre Übertretung zieht entsprechende Folgen nach sich.

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       Nun etwas über die Feuer des heiligen Elm. Dieses Leuchten ist eine Begleiterscheinung der Entladungen atmosphärischer Elektrizität. Es tritt gewöhnlich bei einem Gewitter auf in Form von kleinen Lichtern über scharfgespitzten Gegenständen wie Kirchtürmen, Schiffsmasten. Diese kleinen Feuer rufen Zischtöne hervor - eine Art Knistern. Die Seeleute des Mittelmeers erwählten den heiligen Elm zu ihrem Patron und sahen in diesen kleinen Feuern ein sichtbares Zeichen seines Schutzes. Obwohl die Feuer des heiligen Elm über kosmische Elektrizität verfügen, als gemeinsame Grundlage mit den Erscheinungen des sogenannten nichtversengenden Feuers, ist die Eigenschaft des letzteren gänzlich andersartig.

       Es gibt viele Beweise dieses nichtversengenden Feuers, und ich möchte Ihnen nun folgende Geschichte eines Augenzeugen erzählen. Im Jahre 1933 besuchte uns der tibetische Lama Karma-Dorje. Wir sprachen über verschiedene geistige Dinge, und unter anderem erzählte er uns von seiner Begegnung mit dem bekannten Einsiedler Kshetrapa, der im östlichen Tibet, nahe dem kleinen Dorf Shasregtog in einer Höhle lebt. Nach den örtlichen Überlieferungen lebt dieser Einsiedler in derselben Höhle wie einst seine Großväter, und seine äußere Erscheinung hat sich seit dieser Zeit überhaupt nicht verändert. Wie alle solche Einsiedler trug er nie Kleider; sein Haar bedeckte ihn wie ein Mantel vom Kopf bis zu den Füßen; seine Haut ist dunkel. Die Leute sagen, er sei kein Tibeter, obwohl er alle östlichen Dialekte kennt. Die Höhle, in der er wohnt, besteht aus Unterteilungen. In der letzten steht ein vertrockneter Baum, und der Boden ist wie mit leichter Asche bedeckt. Die Eingeborenen berichten, daß es um seine Hohle herum, selbst bei schwersten Schneestürmen keine Spur von Schnee gibt. Sie behaupten auch, daß er ihr Dorf einige Male vor Epidemien bewahrte. Zweifellos besitzt dieser Einsiedler viele Siddhis; er lebt in strenger Einsamkeit und gewährt nur einigen Bekannten Eintritt in seine Höhle.

       Lama Karma-Dorje, der bei einem Gespräch des Einsiedlers mit seinen Besuchern zugegen war, bemerkte folgende interessante Einzelheit. Bevor Kshetrapa eine Frage beantwortete, wisperte er mit irgendwelchen höheren Kräften, als ob er sie um Rat bäte, und dann übermittelte er ihre Antwort. In seiner Höhle sitzend, konnte er auch eine nichtversengende Flamme hervorrufen, die sich zuerst über den Boden ausbreitete und sich dann auf dem vertrockneten Baum in der Tiefe seiner Höhle niederließ. Lama Karma-Dorje selbst berührte diese Flamme, und seine Hände wurde nicht verletzt, er verspürte nur eine angenehme Wärme.

       In einem Gespräch mit dem Eremiten erwähnte Lama Karma-Dorje, daß er an Kopfschmerzen leide, und er bat den Eremiten, ihm als schützenden Talisman eines seiner Haare zu überlassen. Kshetrapa schaute ihn erstaunt an, ergriff einen Stock und schlug ihm stark auf den Kopf. Durch die Wirkung dieses Schlages wurde der Lama aus der Höhle geworfen und rollte den Berg hinab. Als er zu sich kam, war er, zu seinem großen Erstaunen, gänzlich unversehrt, und auch vom Schlag war keine Spur zu sehen. Nach dieser ungewöhnlichen Behandlung war sein Kopfweh völlig verschwunden.

       Auch der europäische Reisende, Arnold Heim, der im Jahre 1933 einen Teil Tibets bereiste, erwähnte diesen Eremiten. Ebenso wollte Mme. David-Neel, die bekannte Tibetreisende, den Eremiten besuchen, doch ihr gewährte er keinen Zutritt. Am Eingang seiner Höhle stehend, bedrohte er sie ernstlich mit seinem Stock.

       Der Lama Karma-Dorje, unser Gast, war unter den sogenannten Sadhus gewiß eine Ausnahme. Nach einem kurzen Aufenthalt bei uns erschien er eines Morgens, um sich zu verabschieden. Er teilte uns mit, daß er sich beeilen müsse, seinen Lehrer, der nahe dem Berg Kailas wohnt, aufzusuchen, weil dieser nach ihm riefe, er höre seine Stimme. Nach sechs Monaten kehrte er zurück und berichtete, daß sein Lehrer gestorben sei und er leider nicht mehr rechtzeitig eintraf. Daraufhin zog sich der Lama Karma-Dorje für zehn Jahre zurück in völlige Einsamkeit und dann wollte er zurückkehren und lehren.

       Nach Geheiß seines Lehrers hatte Karma-Dorje selbst auf seinem längsten Marsch nicht mehr als zwei Pfund Nahrung und zwei Rupien Geld bei sich. Während seines Besuches bei uns hatte er viele bemerkenswerte Visionen. Mein Sohn malte ihn. Ich lege Ihnen ein Foto dieses Bildes bei. Wer die tibetischen Lamas kennt, wird zugeben, daß sein Gesicht ungewöhnlich ist.

       Desweiteren lege ich Ihnen einen Zeitungsausschnitt über einen Fakir bei, der 42 Tage lang ohne Nahrung begraben war. Ich persönlich halte solche Praktiken nicht für gut. Heute brauchen wir auf der irdischen Ebene positive menschliche Errungenschaften und sollten uns nicht in ferne himmlische Sphären begeben. Jene, die dem Harmagedon entfliehen, sind in jedem Fall als Deserteure der leuchtenden Heerschar anzusehen.

       Ist es möglich, daß Sie nie etwas über Sophie Kovalevsky, von unserem russischen Stolz, einem mathematischen Genie, gehört haben? Vor Jahren las ich in Französisch ihre Biographie, die sich nur mit ihrer Kindheit und Jugend befaßte. Die letzte Periode ihres kurzen Lebens ist von ihrer besten Freundin, einer bekannten schwedischen Schriftstellerin, beschrieben worden. Wie es uns Russen gewöhnlich geht, ist ihre mathematische Begabung zuerst im Ausland gewürdigt worden. Erst nach ihrem außergewöhnlichen Triumph im Ausland und knapp vor ihrem Tod (obwohl es nachher des öfteren geschah), wurde sie geehrt und zum Mitglied der Petersburger Akademie der Wissenschaften gewählt! So fährt unser Land hartnäckig fort, wann immer es um das Erkennen wirklicher Werte geht, durch Jahrhunderte die gleiche Stellung einzunehmen … Aber die kommende Epoche wird die Träger wahrer Werte zu schützen wissen.

       Ich will Ihnen kurz über Madame Kovalevsky aus der ”Encyklopedia Britannica“ berichten: ”Sophie Kovalevsky (1850 bis 1891), russische Mathematikerin, geboren in Moskau am 15. Januar 1850, heiratete 1868 einen jungen Studenten - Woldemar Kovalevsky. Sie gingen gemeinsam nach Deutschland, um ihre Mathematikstudien fortzusetzen. 1869 ging sie nach Heidelberg, wo sie bei H. von Helmholtz, G. K. Kirchhoff, L. Königsberger und P. du Bois-Reymond studierte. Von 1871 bis 1874 las sie privat mit Karl Weierstrass in Berlin, denn an den Universitäten waren die öffentlichen Lesungen für Frauen noch nicht zugänglich. 1874 verlieh ihr die Universität in Göttingen den Doktorgrad in absentia als Anerkennung für ihre drei eingesandten ausgezeichneten Dissertationen; eine davon über die Theorie von Teil-Differentialgleichungen, ist eines ihrer bedeutendsten Werke.”

       ”Nach ihren Vorträgen an der Universität in Stockholm war Madame Kovalevsky auf Empfehlung von Gustav Mittag Leffler, der ebenfalls ein Schüler von Weierstrass war, 1884 zum ordentlichen Professor an dieser Universität ernannt worden. Diese Stellung behielt sie bis zu ihrem Tode … 1888 errang sie ihre größten Erfolge …”. Die französische Akademie ehrte sie mit dem Prix Bordin, um den sich alle überragenden Mathematiker von heute beworben haben. Das zu behandelnde Thema hieß: ”In einem wichtigen Punkt die Bewegungstheorie eines dichten Körpers um einen unbeweglichen Punkt zu vervollkommnen”. Die Frage ist von der Berliner Akademie sechs Jahre lang vorgelegt worden, doch ohne ein Ergebnis zu zeitigen. Die Lösung von Madame Kovalevsky ”war so bemerkenswert, daß als Anerkennung außergewöhnlicher Verdienste der Wert des Preises verdoppelt wurde.”

       ”Bedauerlicherweise erlebte es Madame Kovalevsky nicht mehr, den vollen Lohn ihrer Arbeit zu ernten. Sie starb am 10. Februar 1891 auf dem Gipfel ihres Ruhmes. Auch in ihrem eigenen Land wurde ihr durch die Wahl zum Mitglied der St. Petersburger Akademie der Wissenschaften Anerkennung gezollt.” Beachten Sie besonders die Satzstellung!

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       Sie möchten wissen, wie Madame Kovalevsky die Aufgabe löste. Sicherlich mit Hilfe der feurigen Macht. In ihrer Autobiographie berichtet sie, daß die Antworten auf die kompliziertesten Fragen in ihrem Gehirn blitzschnell bildlich auftauchten. Manchmal sah sie sogar die Zahlen und Formeln, als ob sie vor ihr aufgeschrieben wären. Freilich, sie hat hart gearbeitet, wie man ihrer Biographie entnehmen kann, doch es ist offenkundig, daß sie den feurigen Strahl berührte und aus ihrem KELCH das aufgespeicherte vergessene Wissen heben konnte.

       Nun möchte ich Ihnen eine Episode aus meinem eigenen Leben erzählen. In meiner Jugend studierte ich Musik, wofür ich besonders veranlagt war. Einmal hatte ich eine öffentliche Prüfung zu bestehen und ich hatte eine Komposition vorzuspielen, und zwar ein Präludium und eine Fuge von Bach. Die familiären Umstände wollten es, daß ich die schwierigste Komposition - nämlich die Bach-Fuge - nicht einüben konnte. Es war nur noch ein Tag bis zur Prüfung. In großer Verzweiflung setzte ich mich ans Klavier, wohl wissend, daß es unmöglich war, die Bach-Fuge in einem Tag auswendig zu lernen. Jedoch ich war entschlossen, das äußerste herauszuholen. Nachdem ich das Stück einige Male nach Noten durchgespielt hatte, begann ich mich zu prüfen, wieviel ich mir gemerkt hatte, und hier geschah das Wunder: Ich konnte die ganze Fuge von Anfang bis Ende auswendig, und meine Finger glitten wie von selbst, ohne den leisesten Fehler, über die Tasten; ich spielte das Präludium und die Fuge mit ungewöhnlicher Inspiration. Als ich die Fuge bei der Prüfung vor einer ganzen Konklave von Professoren spielte, war ich wiederum von einer besonderen Eingebung erfüllt, und es wurde mir ein begeisterter Beifall zuteil. Auch diese Episode war eine Erscheinung des feurigen Strahles. Der Strahl berührte den KELCH, und Altbekanntes kam an die Oberfläche.

       Nun möchte ich mich nochmals Madame Kovalevsky zuwenden. Sie war nicht nur eine geniale Mathematikerin, sondern auch eine ausgezeichnete Schriftstellerin. Ich erinnere mich, wie brillant ihre Autobiographie geschrieben war. Ihre Romane: ”Die Nihilistin Vera Vorontzoff“, ”Die Schwestern Rajevski“ und das unvollendete Werk ”Vae victis“ zeugen von ihrer großen literarischen Begabung. Ihr Vater, der Artilleriegeneral Corvin-Krukovsky war ein wohlhabender Gutsbesitzer in Kaluga. Madame Kovalevsky hatte noch eine ältere Schwester und einen jüngeren Bruder. Ihre Schwester war sehr schön und ebenfalls eine begabte Schriftstellerin. Dostojevski besuchte die Familie oft und bewunderte vor allem die literarische Begabung ihrer Schwester. Er selbst war Gegenstand kindlicher Anbetung von Sophie, aber leider, seine Liebe galt ihrer Schwester, die wiederum seine Gefühle nicht teilte. In ihrer Autobiographie beschreibt Madame Kovalevsky das Leid und die Eifersucht ihres kindlichen Herzens ganz behutsam. Sie war in ihrem Privatleben sehr unglücklich. Ihre Ehe mit Kovalevsky war nur eine nominelle; sie wurde geschlossen, um ihr eine gewisse Freiheit zu sichern und Gelegenheit zu geben, zum Studium ins Ausland zu gehen. Aber ihre Ehe endete dramatisch.

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       Ihre anderen Fragen will ich zu einem späteren Zeitpunkt beantworten. Der Kampf zwischen den Kräften des Lichts und der Finsternis steigert sich und nimmt fürchterliche Ausmaße an.

       17. März 1936

       Es ist schwierig, auch nur annähernd die Aufenthaltsdauer einer Person von durchschnittlich kultureller Entwicklung zwischen den Reinkarnationen in der Feinstofflichen Welt anzugeben, denn die Evolutionszyklen folgen in beschleunigter Progression. Waren bei der vorhergehenden Rasse und zu Beginn unserer, der fünften Rasse die Intervalle zwischen den Reinkarnationen groß, so sind sie derzeit beträchtlich verkürzt, und es kann nicht von Jahrhunderten, sondern von Dekaden oder gar Jahren gesprochen werden. Ähnlich konnte man aus besonderen Gründen beschleunigte Reinkarnationen unter den Schülern der Großen Lehrer beobachten; das Bewußtsein der Menschheit erfordert schnelle Veränderungen. Daher ist es ratsam, auf die ungewöhnliche bedrohliche Zeit hinzuweisen, die wir jetzt durchleben, sowie auf die Annäherung der feurigen Energien an die irdischen Sphären zwecks Reinigung unseres Planeten von seiner durch menschliche Verbrechen hervorgerufenen dichten Atmosphäre. Sie können darauf verweisen, daß diese Annäherung der feurigen Energien zweifellos eine neue Konvergenz der Welten ermöglichen wird, und die Menschen werden Zeugen vieler ungewöhnlicher Naturerscheinungen sein. Parallel mit dieser Konvergenz werden die Reinkarnationen beschleunigt und immer häufiger Kinder geboren werden, die sich an ihre früheren Leben erinnern können, was leicht zu überprüfen sein wird, weil die Zeugen noch am Leben sein werden. Auch phänomenale Kinder werden häufiger geboren werden und die Wissenschaft wird durch neue beachtenswerte Entdeckungen bereichert werden. Genau gesagt, die Verschiebung der räumlichen Strahlen wird eine Erneuerung des Bewußtseins sowie neue Konvergenzen der Welten mit sich bringen. Wahrlich, die Neue Welt wird in der Glorie der neuen Strahlen ihren Einzug halten.

       Wenn Sie Angriffe nicht zu sehr fürchten, erwähnen Sie Harmagedon. Es ist unbedingt wichtig, die Menschen wissen zu lassen, wie ernst und gefährlich die jetzige Zeit ist. Wahrlich, die meisten Menschen verneinen es, daß solch ein Kampf überhaupt möglich ist.

       Es ist bedauerlich, daß so wenig Menschen den ganzen Ernst der Jetztzeit erkennen, denn der Kampf zwischen den Welten von Licht und Finsternis ist wirklich furchtbar.

       1. Man sollte nicht behaupten ”… das astrale Licht wäre schwächer als Sonnenlicht”, denn diese beiden können nicht miteinander verglichen werden. Das irdische Sonnenlicht ist stark und grob, aber der Glanz des Astrallichts in den höheren Sphären überschreitet sicherlich unsere irdische Vorstellung von Licht. Ich möchte folgenden Paragraphen aus dem Buch AUM zitieren:

       ”Das Licht der Feinstofflichen Welt steht in keinem Verhältnis zu dem Sonnenlicht irdischen Verstehens. In den niederen Schichten schaffen trübe Bewußtseine Dunkelheit, doch je höher das Bewußtsein und das Denken, um so leuchtender ist die wunderbare Strahlung. Wirklich, die Bewohner der Feinstofflichen Welt sehen beides, die Erde und die Gestirne, aber die irdischen Lichter werden von ihrem Bewußtsein unterschiedlich umgewandelt. Ebenso ist es mit den Gedanken der Feinstofflichen Welt; obwohl sie auf derselben Energie gründen, ist ihr Prozeß originell. Das Gesetz des Ausgleichs regelt mentale Exzesse.”

       Vage Gedanken werden nichts hinterlassen als unklare Umrisse. In allem ist Klarheit, Kraft und Wiederbelebung durch Feuer nötig.

       2. Alles unterliegt ein und denselben Gesetzen und Bedingungen. Als daher die hohen Wesenheiten von anderen, höheren Planeten zur Erde kamen, um der Menschheit zu helfen, waren die kosmischen Bedingungen günstig. Einer dieser Hohen Geister kehrte zu seinem eigenen Planeten zurück, um mit dem irdischen Bollwerk der Bruderschaft eine Nachrichtenvermittlung herzustellen und die Bedingungen für Gedankenübertragung und zum Senden neuer Elemente herauszufinden, die in der Atmosphäre unseres Planeten noch nicht entdeckt wurden, jedoch helfen könnten, die angehäufte Finsternis zu zerstreuen. Alle diese Möglichkeiten werden durch beharrliche Versuche und Forschungen sowie durch Zusammenarbeit zwischen den Hohen Geistwesen der beiden Planeten erreicht. Wahrlich, unbegrenzt sind die Möglichkeiten und Entdeckungen!

       Gewiß, die Planetaren Geister unseres Sonnensystems wirken in vollem Einklang, denn sie alle zusammen bilden den Willen des Kosmischen Magneten und sind miteinander in Verbindung. Jedoch jede Möglichkeit erfordert das Vorhandensein bestimmter kosmischer Bedingungen. Zweifellos werden wegen der speziellen planetaren Verbindungen und kosmischen Fristen bestimmte Bedingungen für den Verkehr erleichtert. So wird es durch Annäherung der nahen feurigen Energien an die Erde möglich sein, aus den höheren Sphären unserer Planetenkette Hohe Besucher anzuziehen. Im Kampf während des Harmagedons ist die Beteiligung aller dieser Kräfte der unsichtbaren Welten erforderlich. Die größten Geister stehen miteinander in Verbindung und arbeiten eng zusammen, ohne für diesen Zweck an einen bestimmten Ort gebunden zu sein.

       Und nun über Jehovah. Nicht immer ist unter Jehovah der Planetengeist des Saturn zu verstehen. Alle diese Symbole haben viele Bedeutungen, und oft birgt ein Name viele Begriffe oder Vertreter. Esoterisch bedeutet Jehovah Elohim; und es ist auch wahr, daß das jüdische Volk unter dem Strahl des Saturn seinen Anfang nahm, aber ich darf noch nicht mehr mitteilen.

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       Die Schlacht ist äußerst bedrohlich, und es gibt gar vielerlei Verrat. Jeder Treuebruch bestätigt nur das ewige Gesetz der vertrauten Erscheinung der beiden Uranfänge. Wo es das hellste Licht gibt, da gibt es auch die größte Finsternis. Wie es heißt: ”Beachtet den Weltenbrand, er ist jedoch erst der Anfang. Alle Finsteren zieht es zur Finsternis; jene jedoch, die einen Funken Licht in sich bergen, werden entflammt. Es ist eine große Zeit!”

       In der Lehre des Lebens heißt es: ”Der Sieg wird zu einer bestimmten Zeit offensichtlich werden, aber es sind alle Phasen der Schlacht zu durchlaufen. Vergessen wir nicht, daß sich auf unserer Seite die besten Kräfte sammeln. So wird man an die nächste Stufe herankommen. Die Diener der Finsternis werden zum Erfolg verhelfen. Man muß begreifen, wie nahe die Fristen sind, um die neuen Möglichkeiten nicht zu versäumen. Den Kräften des Lichts kann nichts widerstehen. Wenn die Kräfte der Finsternis selbst das schmutzigste Geschäft auf sich nehmen - laßt sie es vollbringen. Die größten Namen und Begriffe sind bereits einbezogen. Alles kann nur durch Ausbreitung vorankommen … Gewiß, die Schlacht ist fürchterlich … Gewiß, mit jedem Tag werden die Neuen Kräfte, die Unsichtbaren geweckt. Aus diesen Annäherungen an die irdischen Sphären können sich die unerwartetsten Spannungen ergeben. Nehmen wir den Kampf auf mit der vereinten Kraft aller Unserer Teilnehmer! Einigkeit ist ein unbesiegbares Banner … Wer wird die Spannung der Kräfte des Lichts erkennen? Wer wird es versäumen, das Ausmaß des Schlachtfeldes zu erwägen? Die vereinten Aschrame, die Bollwerke des Geistes, sind jetzt nötiger denn je. Was in bestimmten Ländern vor sich geht, hat zwei Namen: für die einen ist es ein Kreuzzug, für die anderen teuflische Wut. Jene, die glauben, daß dies Zufall wäre, irren. Die Lehre ist nie ohne Ringen in die Welt getreten, und somit möge sie wie üblich eintreten, sonst wird sie von den Menschen vergessen. Doch vergegenwärtigt euch das Ausmaß der Schlacht, in die alle Planeten einbezogen sind … So laßt uns mit der ganzen Kraft des Geistes und mit Feierlichkeit an der Schlacht des Lichts gegen die Finsternis teilnehmen.” Ist das Band mit der HIERARCHIE DES LICHTS stark, dann wird sich alles zum Guten wenden. Um die neue Stufe zu erklimmen, ist es notwendig, den Kampf aufzunehmen und die Schwierigkeiten zu überwinden. Auf den letzten Stufen ist es unvermeidlich, den Giftbecher zu leeren, und Verrat muß den Pfad des Lichts kenntlich machen. So laßt uns denn auch diese Einweihung empfangen.

       Wir wissen, daß ”Verrat langsam zerfällt”. Infolge bestimmter Umstände ist dies in der Tat der weiseste Urteilsspruch. Das Leben ist so komplex! Die Menschen bilden sich gewöhnlich ihre Urteile nur nach Beweisen und ihnen bekannten Umständen; und eine ganze Reihe der wichtigsten Faktoren, die den Verlauf dieser oder jener Aufgaben oder Ereignisse erschweren oder lösen, ignorieren sie gänzlich. Das Bewußtsein der Großen Lehrer, die auf drei Ebenen oder Welten wirken, kennt sowohl den Ursprung der Ursachen als auch ihre Wirkungen. Daher sollten wir in völligem Vertrauen zur Höheren Weisheit gelassen die verschiedenen Phasen aller Ereignisse beobachten. Wir wissen auch, daß sich für viele Menschen und viele Dinge Gefahr als Rettung erweist, und für bestimmte Ereignisse können wir sagen - je gefährlicher, desto besser. Gefahr wird helfen, viele Dinge auf schnellstem Wege auszuleben. Aber denken wir an die segensreichen Zeichen für unser Land und ängstigen wir uns nicht. Viele Beobachter neigen zu Fehlkalkulationen, oder, wie es heißt, ”Sie setzen auf das schlechteste Pferd”.

       Seien wir auf der Seite, auf der sich der Schild des Lichts erhebt - und wir werden nicht irren.

       19. März 1936

       Ein Aschram ist eine heilige Stätte, ein Tempel, ein Kloster, eine Schule verborgener Weisheit. Deshalb kann das irdische Bollwerk der Großen Bruderschaft Aschram genannt werden. In der Feinstofflichen Welt gibt es ebenfalls Aschrame der Weißen Bruderschaft. Genauso wie auf der Erde sind sie auch dort nicht zahlreich vertreten, denn auch hier werden strenge Disziplin und harte Arbeit gefordert, und wo sind jene, die bereit sind, sich anstelle der versprochenen ”Ruhe“ für harte Arbeit herzugeben?

       Aber warum sollte man nur um einen Aschram in der Feinstofflichen Welt feurige Strahlen vermuten? Fürwahr, über jedem irdischen Aschram oder einem Bollwerk des Geistes erheben sich diese Strahlen, die unter besonderen Umständen gesehen werden können.

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       Wahrlich, jeder Widerstand gegen den Fortschritt des Denkens oder das Vordringen auf jedem Wissensgebiet sollte als eine Erscheinung des Harmagedons betrachtet werden. Aber viele Grundlagen sind so zerfallen, daß wir allen Fakten gelassen gegenüberstehen sollten. Es ist unmöglich, den mächtigen Marsch der Ereignisse aufzuhalten.

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       Sie erwähnen Ihren Briefwechsel mit S. Ich meine, es wurde Ihnen wenig Freude bereiten, wenn ich Sie meine Erfahrungen wissen ließe. Es ist nicht nur nutzlos, für solchen Briefwechsel Zeit zu verschwenden, es ist auch schädlich. Früher galt für solche Menschen ”Wahrheit“ als irdische Sicherheit, und daher gibt es die Begriffe unbegrenzter Aufnahme und unbegrenztes Wissen in ihrem Wörterbuch nicht.

       Die Aufgabe, für die Sie sich entschieden haben, ist ein wertvoller Beitrag. Sie werden jedoch hart daran arbeiten müssen. Es ist sehr wichtig, den Unterschied zwischen Spiritismus in der heute praktizierten Art und einer echten wissenschaftlichen Erforschung sowie dem Studium der psychischen und parapsychischen Phänomene hervorzuheben. Seien Sie jedoch äußerst vorsichtig mit ihren Behauptungen bezüglich des Mondes, denn alles, was ich aus der ”Geheimlehre“ über die Mondkette zitierte, wird von der Wissenschaft nicht angenommen, und selbst wenn eine kleine Zahl von unvoreingenommenen Gemütern imstande wäre, diese Theorien mit einem gewissen Grad an Toleranz zu behandeln, so gelten sie doch für die meisten Menschen als Höchstmaß an Blasphemie. Daher würde ich in dem von Ihnen geplanten Werk nicht viel über den Mond sagen. Darüber hinaus enthüllten die Großen Lehrer noch nicht alle mit dem Mond zusammenhängenden Geheimnisse. Es gibt eine angenommene Regel, nach der den Menschen nur das gegeben wird, wofür ihr Bewußtsein reif ist. Es ist unstatthaft, ihnen etwas vorzulegen, wovon sie nicht die geringste Vorstellung haben oder wofür sie keine passenden Worte finden! Deshalb wird nur das gegeben, was die fortschrittlichen Geister der Menschheit zu begreifen vermögen. Und wir müssen sagen, daß dies reichlich geschieht, doch man hat sich kaum den hundertsten Teil von dem, was geboten wird, zu eigen gemacht. H. P. Blawatsky schrieb, daß zu ihrer Zeit die Enthüllung über die Mondkette unter den Lesern und Schülern einen Sturm wildester Phantasien und gegensätzlicher Meinungen auslöste. Einige von ihnen erschienen sogar in Druck, aber ungeachtet aller dringenden Bitten nach weiterer Mitteilung schweigen die Mahatmas.

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       Sie haben recht, daß die Planetenkette mit all ihren Globen, Sphären oder Prinzipien (Sie mögen sie nennen, wie Sie wollen) ein komplettes Ganzes bildet. Tatsächlich sind alle Globen gegenseitig konzentrisch durchdrungen und stellen bestimmte Ebenen des Bewußtseins oder Seins dar. Gewiß, ein Planet ist ein lebender Organismus, denn im Kosmos ist nicht ein einziges Atom ohne Leben, ohne Bewußtsein oder ohne Geist, und in den alten philosophischen Schriften stößt man auf den Vergleich der Erde mit einem riesigen Tier, das sein eigenes Leben hat und daher auch sein eigenes Bewußtsein oder seine Offenbarung des Geistes.

       Genau gesagt, es gibt kein passives Element im Kosmos; alles besteht durch die gegenseitige Durchdringung und Wechselwirkung der räumlichen Energien, die aus den unendlichen Brennpunkten oder Zentren, die den Kosmos erfüllen, evolvieren und in sich unaufhörlich geformt werden. Alles bewegt sich, alles ändert sich dauernd, alles lebt. Bedenken Sie auch, daß die höheren Prinzipien des Planeten in der menschlichen Monade eingelagert sind. Deshalb können wir sagen, daß der Mond die höheren Prinzipien einbüßte, als ihn die menschlichen Monaden nach ihrer endgültigen evolutionären Vollendung für die neue Planetenkette verließen. Das Leben eines Planeten kann als Verbindung aller mit ihm geschaffenen Elementen verstanden werden. Um so größer ist daher die Verantwortung aller denkenden Planetenbewohner.

       Gegenwärtig ist der Mond ein Leichnam, aber ein lebendiger Leichnam, weil Zersetzung nichts anderes ist als niederes Leben. Darüber hinaus müssen Sie bedenken, daß nach Vollendung der Evolutionsrunde auf einer Planetenkette und vor Beginn des Lebens auf einer neuen Kette für alles Sein und alle Wesenheiten ein Pralaya oder Nirwana eintritt. Alle Prinzipien der Mondkette wurden auf die irdische Kette übertragen. Die Mondkette war auch niederer als unsere irdische Kette. Ich möchte einige Zeilen aus der ”Geheimlehre“ anführen: ”… daß die (Mond-) Monaden, die in den evolutionären Zyklus (auf der irdischen Kette) auf Globus A eintreten, in der ersten Runde von sehr verschiedenen Entwicklungsgraden sind.

       Daher erreichen nur die am meisten entwickelten Monaden den menschlichen Keimzustand in der ersten Runde; sie werden irdische, wenn auch sehr ätherische menschliche Wesen gegen Ende der dritten Runde, verbleiben aber auf dem Globus während der Verdunkelungsperiode als Samen für die künftige Menschheit in der vierten Runde; sie werden so die Pioniere der Menschheit zu Beginn dieser, der gegenwärtigen vierten Runde. Andere (weniger entwickelte) erreichen die menschliche Stufe erst während späterer Runden, nämlich in der zweiten, dritten Runde oder der ersten Hälfte der vierten Runde. Und schließlich werden die aller-spätesten - das sind jene, die noch nach dem mittleren Wendepunkt der vierten Runde tierische Formen haben - überhaupt keine Menschen während dieses Manwantaras.

       Sie werden zum Rande der Menschheit erst am Schlusse der siebenten Runde gelangen, um ihrerseits nach dem Pralaya von älteren Pionieren, den Vorfahren der Menschheit, oder der Samenmenschheit (Schista), nämlich von den Menschen, die an der Spitze von allem am Ende dieser Runde stehen werden, in eine neue Kette eingeführt zu werden.”

       Beachten Sie auch das meinem Brief (16. November 1935) beigefügte Diagramm. ”Ungleich den übrigen hat die vierte (Globus-Sphäre) keinen ”Schwester“-Globus auf demselben Plane mit ihr selbst und bildet somit den Stützpunkt der ”Waage“, die durch die ganze Kette repräsentiert wird. Sie ist die Sphäre der letztlichen evolutionären Ausgleichungen, die Welt der karmischen Waage, die Halle der Gerechtigkeit, wo die Bilanz gezogen wird, die die künftige Laufbahn der Monade während des Restes ihrer Inkarnationen in dem Zyklus bestimmt. Und daher kommt es, daß, nachdem dieser mittlere Wendepunkt in diesem großen Zyklus überschritten ist, d. h. nach dem Mittelpunkt der vierten Rasse in der vierten Runde unseres Globus - keine Monaden mehr in das Menschenreich eintreten können. Das Tor ist für diesen Zyklus geschlossen und die Bilanz ist gezogen.” Daher sollten wir keine Zuwanderer vom Mond mehr erwarten.

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       Und nun über die Vorstellung oder die Vision des Bildnisses des Lehrers. Gewiß, es beginnt zuerst mit einem mentalen oder geistigen Bildnis, das die höchstmögliche Klarheit erlangen sollte; und nachdem es im Zentrum des dritten Auges klar eingeprägt ist, werden Sie es mit geschlossenen Augen sehen können. Manchmal kann das Bildnis von einem leuchtenden Umriß umgeben sein, als ob es aus Licht und Schatten bestände, ohne bestimmte klare Linien. Auch sehen manche zu Beginn das Bildnis schwanken, und die Umrisse erscheinen verschwommen. Aber das Schwanken schwindet allmählich, und das Bild wird ganz klar. Um dieses Flimmern zu unterbinden, schließen die buddhistischen Mönche die Augen und durchkreuzen die Ströme der Augen; das heißt, sie konzentrieren ihre Schau auf einen Brennpunkt, was sehr hilft. Das Durchkreuzen der Ströme der Augen wurde bei jeder Konzentration so zur Gewohnheit, daß daher viele Buddhas und Bodhisattvas mit schielendem Blick, auf die Nasenspitze konzentriert, abgebildet sind. Sie können diese Methode versuchen, jedoch ohne irgendwelche Gewaltanwendung und ohne extrem zu schielen. Es darf kein Gefühl von Spannung oder Unbequemlichkeit aufkommen. Ich würde für diese Übung nicht mehr als fünf Minuten aufwenden und mit nur einer Minute beginnen. Seien Sie aber nicht enttäuscht, wenn Sie kein so rasches Ergebnis, wie Sie gern möchten, erzielen. Alle diese Errungenschaften gehören in den Bereich des höheren Psychismus.

       Lesen Sie die Biographien der großen geistig Schaffenden, und Sie werden erkennen, mit welcher Anstrengung sie das Öffnen der Zentren und die Höhere Verbindung erlangt haben. Selbst ein so großer Heiliger wie der Heilige Antonius mußte oft Jahre warten, bevor seine Frage beantwortet wurde. Gewiß, heute haben manche menschliche Organismen in ihrer Verfeinerung großen Fortschritt erzielt, so daß es für viele Erscheinungen keiner so großen Kraftaufwendung, Spannung und Geduld bedarf, wie dies in vergangenen Jahrhunderten erforderlich war. Aber auch jetzt können nur Medien leicht in die nächsten Schichten der Feinstofflichen Welt eindringen. Wir sollten sie jedoch nicht beneiden, denn fürwahr, die höchsten Sphären sind ihnen unzugänglich, abgesehen von wenigen Ausnahmen. Und so wie in der alten Zeit Medien nicht als Hierophanten zugelassen wurden, so werden auch heute die Brahminen in ihren wenigen erhalten gebliebenen Aschrams keinem Fakir Zutritt gewähren.

       Doch abgesehen von all dem, haben die Zustände des Harmagedons auf alle Erscheinungen großen Einfluß, und während manche Erscheinungen zunehmen, sind andere, feinere, schwieriger geworden. Sind daher die Wellen der Schlacht sehr stark, dann ist es oft schwer, die Mitteilungen zu vernehmen, und nachher ist plötzlich Herzwehmut zu verspüren. Doch anstatt traurig zu sein, sollten Sie sich über jedes Sternchen, das Sie wahrnehmen, freuen. Fürwahr, diese Zeichen sind weit wichtiger als alle lebhaften Visionen der Medien, denn sie weisen auf die rechte Entwicklung hin.

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       Nun über Karma. Können wir behaupten, daß ein bestimmter Fall oder eine Situation in der sich ein Mensch befindet, gänzlich sein Karma ist? Wenn wir so zu denken beginnen, werden wir uns sehr bald weigern, einem anderen zu helfen indem wir unsere Weigerung damit begründen, uns in fremdes Karma nicht einmischen zu dürfen. Es gibt aber auch irregeführte Menschen, die die Hilfe an ihrem Nächsten verweigern, weil sie fürchten, damit ihr eigenes Karma zu belasten. Doch wäre das nicht ein Zeichen größter Selbstsucht? Wer, abgesehen von einem Archaten oder einem hohen Yogi, kann wissen, wann und wo man nicht helfen sollte? Oftmals kann eine Begegnung mit einen, belasteten Menschen wirklich unser Karma sein, und wenn wir ihm die Hilfe verwehren, bürden wir uns selbst Lasten auf. Wir müssen die helfende Hand reichen, wann immer unser Herz es uns eingibt - an das Gesetz der Entsprechung und daran denkend, daß geistige Hilfe die höchste ist. Ganz richtig gab Ihnen Ihr Herz ein, daß wir nicht dogmatisch sein sollen. Das Leben ist so kompliziert! Daher sollten Sie sich immer in allem und vor allem von Zweckmäßigkeit leiten lassen.

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       In meinem letzten Brief erwähnte ich, daß Lamaismus zu wahrem Buddhismus im gleichen Verhältnis steht wie unsere christliche Kirche zur Lehre Christi. Vor einiger Zeit fragte man mich über die beiden buddhistischen Schulen, und ich möchte meine Antwort mit einigen ergänzenden Kommentaren hier zitieren:

       1. Mahayana und Hinayana sind die zwei Grundschulen des Buddhismus. Die wortwörtliche Übersetzung ist ”Großes Vehikel“ und ”Kleines Vehikel“ Mahayana oder ”Großes Vehikel“ ist im ganzen Norden - in Tibet, in der Mongolei, bei den Kalmücken und Buriaten - verbreitet. Auch in China und in Japan gibt es Anhänger dieser Schule. Hinayana besteht hauptsächlich im Süden - in Ceylon, Indochina, aber auch in China und in Japan gibt es einige Abteilungen. Mahayana nahm im zweiten Jahrhundert v. Chr. in Südwest-Indien seinen Anfang. Der Begründer des Mahayana war der große Lehrer Nargajuna. Fast gleichzeitig, vielleicht sogar etwas früher, wurde diese Lehre von Asvaghosha in Nordwest-Indien eingeführt. Er war Dramaturg und Vater der Sanskrit-Literatur.

       Der Hauptunterschied zwischen Mahayana und Hinayana besteht darin, daß jener neben Gautama Buddha die Hierarchie des Lichts anerkennt, an deren Spitze viele Bodhisattvas und Taras stehen. Unter den Bodhisattvas sind neben Bodhisattva Maitreya der Bodhisattva Chenresi, der Tibetaner Avalokiteshvara (der Schirmherr Tibets) und der Bodhisattva Manjusri (der Schirmherr des Buddhismus) gut bekannt. Es gibt natürlich noch viele andere. Unter den Taras (den weiblichen Gottheiten) wird die vieläugige und vielarmige Dukkar als die höchste angesehen. Sie ist identisch mit der MUTTER DER WELT (der Lakshmi und Kali Indiens) und wird auch Weiße Tara genannt. Gleich verehrt werden die Gelbe Tara und die Grüne Tara, die nach der Farbe ihrer Strahlen so benannt wurden.

       Der zweite Unterschied zwischen den beiden Lehren besteht darin, daß, während der Archat des Hinayana zur individuellen, persönlichen Errettung bestrebt ist, der Bodhisattva des Mahayana sich die Errettung der Welt als Ziel gesetzt hat, weshalb er das Gelübde ablegte, nicht in Nirwana einzugehen, bevor sein Ziel erreicht ist. Die Lehre des Paramitas oder die Errungenschaft der Höchsten Tugend ist für das Mahayana besonders charakteristisch.

       Die Anhänger von Hinayana anerkennen keine andere Hierarchie als Buddha Gautama und seinen Nachfolger, den Bodhisattva Maitreya. Es ist offenkundig, daß sie weder die Autorität des Dalai Lama noch die des Tashi Lama anerkennen. Es gibt noch andere kleinere Unterschiede, aber die sind nicht so wesentlich. Es ist richtig, daß der Hinayana eine exoterische Schule ist, der Mahayana hingegen eine esoterische Lehre. In Tibet ist Mahayana in zwei große Sekten unterteilt: jene der Gelben Mützen, oder Gelugpa, ist die bekannteste in Tibet und in der Mongolei; sie wurde von dem großen Reformator Tsong-kha-pa im 14. Jahrhundert gegründet. Die andere - die ältere - ist die Sekte der Roten Mützen oder Nyingmapa; die Dugpa, eine ihrer Abzweigungen ist über ganz Sikkim und Kleintibet verbreitet; ihr Gründer ist ein Inder, der Lehrer Padma Sambhava. Der Dalai Lama und der Tashi Lama sowie die ganze tibetische Regierung gehören der Gelugpa-Sekte an.

       Außer diesen beiden Sekten gibt es in Tibet einen noch sehr lebendigen alten lokalen Glauben, bekannt unter dem Namen Bön. Neuerdings entlehnte dieser alte Glaube sehr viel aus dem Buddhismus. Jedoch die Bön-Lamas und auch die meisten Lamas der Roten Sekte sind sehr dem Aberglauben, der gröbsten Nekromantie und dem Tantrismus verfallen.

       2. Gibt es im Osten Religionssysteme und Gemeinschaften, die der Lehre Maitreyas anhängen? Der Bodhisattva Maitreya ist von Gautama selbst der Welt als der kommende Buddha verkündet worden. Aus diesem Grunde anerkennen auch die Hinayana diesen einen Bodhisattva. Maitreya entspricht dem Kalki Avatar im Hinduismus (dem ”Weißen Roß Avatar” - siehe die Offenbarung des Johannes) und dem Messias aller Völker. Ausnahmslos ist jeder Messias Avatar des Vishnu; daher gehören sie zu EINEM EGO. Der Unterschied zwischen Maitreya und dem Kalki Avatar in den exoterischen Legenden ist dieser: Während der Kalki Avatar am Ende des derzeitigen Kali-Zeitalters zur endgültigen Vernichtung des Bösen, zur Erneuerung der Menschheit und ”Wiederherstellung der Reinheit“ erscheinen wird, wird Maitreya früher erwartet.

       Zu Beginn unserer christlichen Ära sind in Indien und Tibet Statuen zu Ehren des Bodhisattvas Maitreya errichtet worden, und es gibt keinen einzigen buddhistischen Tempel, in dem es nicht ein Bildnis dieses Bodhisattva gäbe, sei es auf einer Tanka als riesige Figur, die manchmal die Höhe von drei Stockwerken eines Tempels einnimmt. Allerdings glauben alle Buddhisten, daß Maitreya in Schambhala erscheinen wird, aber die Eingeweihten unter ihnen wissen, daß Maitreya und der jetzige Herrscher der Schambhala ein und derselbe ist - dieselbe Individualität.

       Ich möchte einen interessanten, dem Purana entlehnten Passus aus der ”Geheimlehre“ anführen: ”Wie Satya Yuga immer das erste in der Reihe der vier Zeitalter oder Yuga ist, so kommt Kali immer zuletzt. Das Kali-Yuga herrscht jetzt unumschränkt in Indien, und es scheint mit dem gleichen Zeitalter im Westen zusammenzufallen. Auf jeden Fall ist es seltsam, zu sehen, wie prophetisch in fast allen Dingen der Schreiber des Vishnu Purana einige der dunklen Ströme und Sünden dieses Kali-Yuga vorhersagte. Denn nachdem er sagte, daß die ”Barbaren“ die Herren der Ufer des Indus, von Chandrabhâgâ und Kasmîra sein werden, fügte er hinzu: ”Zu dieser Zeit werden Monarchen sein, die über die Erde herrschen, Könige von rohem Geist, heftigem Temperament, immer der Falschheit und Bosheit ergeben. Sie werden Frauen, Kinder und Kühe töten; sie werden das Eigentum ihrer Untertanen wegnehmen und den Weibern anderer nachstellen; sie werden von beschränkter Macht sein … ihre Lebensdauer wird kurz, ihre Begierden werden unersättlich sein … Leute verschiedener Länder, die sich mit ihnen vermischen, werden ihrem Beispiel folgen; und die Barbaren werden (in Indien) mächtig sein im Schutz der Fürsten, während reine Stämme vernachlässigt werden und das Volk zugrunde geht … Wohlstand und Frömmigkeit werden Tag für Tag abnehmen, bis die Welt gänzlich verkommen ist. Besitz allein wird Würde verleihen; Reichtum wird die einzige Quelle der Anhänglichkeit sein, Leidenschaft das einzige Band der Vereinigung zwischen den Geschlechtern, Falschheit das einzige Mittel zum Erfolg im Rechtsstreit; und die Weiber werden nur Gegenstand sinnlichen Genusses sein …

       Äußere Abzeichen werden die einzigen Unterschiede der verschiedenen Stände im Leben sein; … ein Mann, der reich ist, wird für rein gehalten werden; Unredlichkeit wird das allgemeine Mittel zum Lebensunterhalt sein, Schwache die Ursache der Abhängigkeit; Drohung und Anmaßung werden den Ersatz für Gelehrsamkeit bilden, Freigebigkeit wird Frömmigkeit sein; … gegenseitiges Einverständnis wird Ehe sein, schöne Kleider Würde … Derjenige, der der Stärkste ist, wird herrschen, … das Volk, unfähig die schweren Lasten (Khara-bhara, Steuerlast) zu tragen, wird seine Zuflucht in den Tälern suchen … So wird im Kalizeitalter der Verfall ständig fortschreiten, bis das Menschengeschlecht sich seiner Vernichtung (Pralaya) nähert … Wenn das Ende des Kali-Zeitalters nahe ist, wird ein Teil des göttlichen Wesens, das existiert, aus seiner eigenen geistigen Natur (Kali Avatar) … auf die Erde herabsteigen … begabt mit den acht übermenschlichen Fähigkeiten. Er wird Rechtschaffenheit auf Erden wieder herstellen, und die Gemüter jener, die am Ende das Kali-Yuga leben, werden erweckt werden und so durchsichtig sein wie Kristall. Die veränderten Menschen … werden die Samen von menschlichen Wesen bilden und eine Rasse hervorbringen, die den Gesetzen des Krita-Zeitalters (oder des Zeitalters der Reinheit) gerecht wird. So wie es heißt: ”Wenn die Sonne und der Mond und (das Mondhaus) Tishya und der Planet Jupiter in einem Hause sind, wird das Krita-(oder Satya-)Zeitalter wiederkehren …

       ”… Zwei Persönlichkeiten Devapi von der Rasse Kuru und Maru (Moru), aus der Familie Ikshvaku, werden durch vier Zeitalter am Leben bleiben und in Kalâpa (Schambhala) regieren. Zu Beginn des Krita-Zeitalters werden sie dorthin zurückkehren … Maru (Morya), der Sohn des Schighra, lebt durch die Kraft des Yoga … und wird der Wiederhersteller des Kschattriyageschlechtes der Sonnendynastie sein …”

       ”Einerlei, ob die letzte Prophezeiung richtig ist oder nicht, die ”Segnungen“ des Kali-Yuga sind gut beschrieben und passen wunderbar selbst auf das, was man in Europa und anderen zivilisierten und christlichen Ländern auf der Höhe des neunzehnten und beim Anbruch des zwanzigsten Jahrhunderts unserer großen ”Ära der Erleuchtung“ sieht und hört.”

       ”Im Matsya-Purana, Kapitel CCXXII, ist von der Dynastie Morya, oder Maureyas, die Rede. Im selben Kapitel heißt es, daß die Moryas eines Tages über Indien herrschen werden, nachdem sie von jetzt an durch viele Jahrtausende das Kschattriyageschlecht wiederhergestellt haben. Nur wird dieses Reich rein geistig und ”nicht von dieser Welt“ sein. Es wird das Reich des nächsten Avatara sein.”

       So wissen die eingeweihten Inder viel über ihre im Transhimalaja lebenden Mahatmas, aber sie hüten dieses geheime Wissen sorgsam. Viele von ihnen waren H. P. Blawatsky abhold, weil sie der Welt diese heiligen Namen bekanntgab. In der Tat, in Indien besteht eine große Verehrung für alles Heilige und vor allem für diese Höchsten Lehrer der Menschheit. Nicht ein einziger Inder würde einem Nichteingeweihten gegenüber den Namen seines Guru aussprechen, so heilig ist er ihm.

       Nun werden Sie verstehen, wie heilig der Name Maitreya oder Kalki Avatar oder Muntazar in den Herzen östlicher Menschen klingt. Wirklich, alle Religionsformen haben mit diesem einen Begriff des Avatars oder kommenden Messias zu tun. Dieser Glaube - oder, besser gesagt, dieses Gefühlswissen ist jenes Feuer, welches das geistige Leben unseres Planeten aufrechterhält und nährt. Sobald dieses Feuer erlischt, wird der Planet in die Finsternis der Zerstörung versinken. Wahrlich, es gibt nichts Lebendigeres, Mächtigeres und Schöneres als diesen Begriff des Großen Avatar. Alle Prophezeiungen, alle Visionen und alle ältesten und heiligsten Legenden der Völker verbergen unter verschiedenen Symbolen und in Allegorien ein großes Buch der Leben des EINEN GROSSEN, der die apokalyptische Schlange bekämpft.

* * *

       Und nun zum ”Suchen nach dem lebendigen Buddha“. Das kann fürwahr ein Lächeln hervorrufen. Und gewiß, nur die Unwissenden glauben buchstäblich, daß jeder Dalai Lama eine Inkarnation des Bodhisattva Avalokiteshvara, und jeder Tashi Lama eine des Buddha sei. All das muß metaphysisch verstanden werden. Die Verkörperung der großen Geistwesen in dieser oder einer anderen Persönlichkeit muß als ein verstärkter oder auch stetig einströmender Strahl eines Hohen Geistes auf den von ihm erwählten Nachfolger verstanden werden. Genau gesagt, bei der Geburt des einen, der bestimmt ist, die Aufgabe zu erfüllen, richtet der Hohe Geist, der ihm karmisch am nächsten steht, Seinen Strahl auf ihn, damit er ihm das ganze Leben folgen kann. Dieser Strahl wird von dem neugeborenen Kind empfangen, wie auch die Strahlen der Gestirne, unter denen es geboren wurde. Es wächst unter diesem Strahl heran, und bei allmählicher Entwicklung gleicht sich sein Organismus völlig diesem Strahl an. Über diese Leitung vollzieht sich, was wir Inkarnation des Strahles nennen - oder die höchste Hieroinspiration.

       Sie sollten wissen, daß die Materie oder Energie, in die sich ein Hoher Geist kleidet, unzerstörbar ist, Nach dem Gesetz der Anziehung oder Affinität kann in bestimmten Fällen die Substanz, die sich um den erhabenen Geist bildet, der zu einer neuen Inkarnation antritt, in den feinstofflichen Körper eingehen. Natürlich, der gegenwärtige Dalai Lama wie auch der Tashi Lama sind von dem erhabenen Begriff eines geistigen Führers weit entfernt, und nur die unwissenden Massen glauben, daß jene hohe Verkörperungen wären. Aber die Tradition bezüglich Verkörperung ein und desselben Egos in den Vertretern geistiger Macht ist noch sehr stark. Im Zusammenhang mit diesem Suchen nach Inkarnationen geschehen viele belehrende Dinge. Zweifellos kommt es vor, daß die Leute die neuen Inkarnationen ihrer eigenen Lamas herausfinden. Doch darin ist nichts Verwunderliches, denn diese Lamas waren oft ganz gewöhnliche Menschen.

       Auf unserer Reise in Tibet stießen wir auf viele interessante Dinge. Wir hatten eine alte Prophezeiung bei uns und zeigten sie einmal einem sehr gelehrten Buriaten, einem Graduierten der Universität Petersburg. Nachdem der Mann die Prophezeiung gelesen hatte, wurde er sehr aufgeregt und sagte, daß es genau dieselbe Prophezeiung wäre, die er aus dem Munde eines kleinen mongolischen Knaben vernahm. Er sagte, daß in einer Ortschaft nahe Urga ein Knabe geboren wurde, der im Alter von kaum einem Jahr in Gegenwart bestimmter Menschen plötzlich genau dieselbe Prophezeiung aussprach. Natürlich wurde dieser Knabe als eine bestimmte Inkarnation angesehen. Von seinem weiteren Schicksal hörten wir nichts mehr.

       Man sollte aber nicht meinen, daß in dem Buch ”Tiere, Menschen und Götter“ alles nur auf unwahrscheinlicher Phantasie beruht. Darin gibt es mehr Wahres, als die Menschen denken. So war zum Beispiel die darin erwähnte Zauberin noch am Leben, als wir in der Mongolei waren. Ebenfalls ist das plötzliche Erscheinen des Großen Herrschers der Schambhala in Gompa keine Erfindung, wir selbst hörten eine Version davon. Im Osten kann man solchen ”Wundern“ noch begegnen, aber sie werden nur jenen enthüllt, die bereit sind, alles aufzugeben, um sie zu finden.

       Da mein Brief schon zu lang geworden ist, will ich schließen. Beachten Sie alle feinstofflichen Einwirkungen und schreiben Sie sie auf. Dadurch schärfen Sie Ihre Aufmerksamkeit und viele Dinge werden Ihnen zugänglich.

       30. März 1936

       Über die Idee Ihres Freundes, einen Verlag aufzubauen, habe ich mich sehr gefreut. Dieses Werk steht meinem Herzen näher als irgend etwas anderes. Es gibt nichts Höheres und Schöneres, als das Bewußtsein der Leser zu erheben und zu erweitern. Ein Verlag kann wirklich ein Lehrer und Erwecker des Denkens der jungen Generation sein. Gewiß können literarische, philosophische, wissenschaftliche und andere humanitäre Werke wie auch Textbücher zur Veröffentlichung erscheinen, vorausgesetzt, sie sind von hoher Qualität und Nützlichkeit. Pläne müssen so ausgearbeitet werden, daß kein Verlust entsteht. Es ist wichtig, den Preis eines Buches erschwinglich anzusetzen und dennoch sein ästhetisches Aussehen zu wahren. Ich bin ganz sicher, daß Sie damit guten Erfolg haben werden. Ich denke immer an die Sorge des Lehrers, das notwendige Buch an den rechten Platz zu stellen und es in der Hand des bescheidensten Menschen zu sehen, d. h. im ärmsten Heim. Das ganze Einkommen aus den Büchern der LEBENDIGEN ETHIK sollte für weitere Veröffentlichungen Verwendung finden.

       Mit großer Freude las ich Ihre Worte: ”Ich bin davon überzeugt, daß die uns übertragene Arbeit die Hauptaufgabe unseres Lebens ist. In der Tat, sie soll das Leben selbst ganz einnehmen.” Wahrlich, mit solchem Bewußtsein kann man Berge versetzen! Und als wir gerade heute in der Zeitung den Artikel von Sudrabkaln, dem ausgezeichneten lettischen Schriftsteller lasen, über das steigende Interesse an seriösen Büchern und die neue Welt von Romantik und Heroismus, der in Lettland so stark in Erscheinung tritt, waren unsere Herzen begeistert. Wirklich, von der Lettischen Gesellschaft ist ein großes, heiliges Werk in Angriff genommen worden. Machtvoll ist der Samen, der uns und Ihnen zum Säen anvertraut ist. So wahren Sie vor allem die Einigkeit und den Edelmut unter den Mitgliedern, um Ihre heilige Aufgabe zu vollbringen. Ich bin mir bewußt, wie schwer es ist, wie man sich oft selbst kreuzigen muß; nichtsdestoweniger kann es ohne Toleranz und Nachgebigkeit keine Einigkeit geben. Ich weiß, daß wir oft, obgleich wenn wir sehen, daß dem Werk für das Allgemeinwohl Schaden zugefügt wurde, auch dann nachgeben müssen, um nicht durch unseren Widerstand einen noch größeren Schaden zu verursachen. Das Leben ist sehr komplex, und nur ein erweitertes Bewußtsein gibt die Möglichkeit, über alle Schwierigkeiten und selbst über Verräter hinweg aufzubauen.

       Nun über Harmagedon. Sie haben völlig recht - Harmagedon ist symbolisch die letzte Entscheidungsschlacht zwischen Licht und Finsternis. Aber man sollte nicht meinen, daß diese Schlacht bald beendet sein kann. Sie wird viele Jahre dauern, doch die Heftigkeit wird sich in verschiedenen Teilen des Planeten unterschiedlich auswirken. Wo der menschliche Geist für die Herrschaft des Geistes rascher erwacht, dort wird der große Aufbau einsetzen. Mit jedem Jahr wird der Einfluß der Kräfte des Lichts zunehmen, aber es ist wichtig, daß der menschliche Geist imstande ist, die gesandten Gaben zu empfangen. Die größten Möglichkeiten pochen an die Tür der Menschheit, doch immer ist die Wahl freigestellt. Wahrlich, die kommende Zeit ist die größte Prüfung der Menschheit

       Das Wort Harmagedon ist das griechische Äquivalent für das hebräische har megiddon (die Gebirgsregion von Megiddo). In den hebräischen Schriften wurde durch diese Bezeichnung die endgültige große Schlacht zwischen den Kräften des Lichts und der Finsternis angezeigt; sie wurde in allen alten Prophezeiungen in den Schriften aller Völker als der ”Große Tag des Gottesgerichts“ vorausgesagt. In der Apokalypse ist darüber viel ausgesagt, und in demselben Buch, Kapitel 16, Vers 16, wird dieser Name erwähnt. Darüber hinaus können die Fristen dieser Schlacht und der Beginn der Neuen Ära oder eines neuen Zyklus auch in den genauesten Berechnungen der Ägypter und Inder gefunden werden.

       Der Name dieser Schlacht ist symbolisch, im Gedenken an eine wirklich schreckliche Schlacht, die in Megido (einer alten Stadt in Palästina) stattfand. Nicht weit von dort wurden die Kanaaniter unter dem Führer Sisera vollkommen vernichtet. Diese furchtbare totale Vernichtung blieb den Völkern, die Zeuge waren, lange Zeit in fürchterlicher Erinnerung. Nach sämtlichen Schriften nahen jetzt die Fristen für die endgültige Vernichtung der Armee Gog auf den Bergen Israels, wobei Israel nicht unbedingt mit dem jüdischen Volk identisch ist. Genau genommen bedeutet das Wort der ”Auserwählte“. Gleicherweise müssen die Berge von Israel als andere Berge verstanden werden, genauso wie das ”Neue Jerusalem“ nicht unbedingt das Jerusalem in Palästina bedeutet. Die Geheimsprache verwendet immer Symbole. Es gibt den Himmel Jerusalem - die Wohnstätte der HIERARCHIE DES LICHTS - und das irdische Jerusalem, das als Ort verstanden werden sollte, der bei allen irdischen Kataklysmen intakt und unverletzt geblieben ist.

* * *

       Sie fragen, ob es eine erleuchtete Besessenheit geben kann. Ja, aber äußerst selten. Sie haben jedoch darin recht, daß der Begriff Besessenheit für die ”Erhebung des Geistes“ oder ”erfüllt von göttlichem Segen“ kaum angebracht ist. Im Gegenteil verwendet man in der russischen Literatur diesen Begriff für Zustände, die diesem Sinn völlig widersprechen. In der Tat, die Eigenschaften dieser Zustande unterscheiden sich sehr. So findet bei Besessenheit ein Besitzergreifen der niederen Zentren durch die finsteren Kräfte statt, wohingegen die Angleichung an die Kräfte des Segens oder die Hieroinspiration mit dem öffnen der höheren Zentren vor sich geht, vorausgesetzt, daß völlige geistige und physische Reinheit sowie ein besonderer harmonischer Aufschwung der Schwingungen des ganzen Organismus vorhanden sind, andernfalls ist der Tod unvermeidlich.

       Wie es in der LEHRE heißt: ”.........Ebenso wißt ihr sehr wohl, daß der Zustand höchsten Samadhis für den irdischen Körper gefährlich ist. Die Kraft der höheren Energien darf nicht an gebrechliche Gefäße übermittelt werden; jedoch durch Überwindung des gewöhnlich disharmonischen Zustandes kann man die Gefahr der Berührung mit den höheren Schwingungen beträchtlich vermindern. Laßt uns erneut an die verschiedenen Mittel erinnern, mit denen man sich in einen erhabenen Zustand versetzen kann. Schon immer versuchten die Menschen, sich durch besondere Mittel vor der Gefahr der Berührung mit den Höheren Kräften abzuschirmen. Das beste Mittel aber ist das stete Nachdenken über die Höheren Kräfte. Auf diese Weise gewöhnt sich die psychische Energie an die Möglichkeit, auf Höhere Kräfte zu reagieren, und damit sie nicht erschüttert wird, wird die Nervensubstanz entsprechend gekräftigt. Natürlich kann sogar der beste Freund eine Erschütterung auslösen, wenn er unerwartet eintritt.” (AUM, 8)

       All das oben Erwähnte bezieht sich auf die höhere Hieroinspiration, aber selten, nur in äußersten Fällen und unter besonderen Umständen, kam es vor, daß ein Hoher Geist in einen reinen irdischen Körper eintrat. So kann man in der alten Theurgie Hinweise darüber finden, daß bei den heiligsten Mysterien ein Hoher Geist vorübergehend in den Körper eines Priesters hohen Grades eintrat, der sich für dieses Ereignis längere Zeit hindurch vorbereitet hatte. Jedoch kam das äußerst selten vor und diente nur besonderen wohltätigen Zwecken.

       Es gibt viele Grade des Erfülltseins von Göttlichem Geist oder von Seligkeit In der Tat, alle diese haben die gleiche Grundlage, nur gibt es einen weitestgehenden Unterschied in der Qualität. So gibt es nur ein Feuer, doch wir kennen das schwarze und das silberne Feuer. Die unterirdischen Feuer sind mit den überirdischen Feuern verwandt, aber ganz andersartig in ihren Wirkungen. So kann z. B. dieselbe psychische Energie sowohl das Messer eines Mörders schwingen als auch das Skalpell eines Chirurgen lenken, der das Leben eines Kranken rettet. Und genauso kann es eine bedingte Unsterblichkeit des Bösen geben, aber solche Unsterblichkeit ist schlimmer als Vernichtung.

       Das wahre Reich des Bösen ist unser irdischer Planet. In den überirdischen Sphären kann das Böse nur begrenzt bestehen. Das Licht in den überirdischen Sphären verbrennt die Finsternis. Dort werden die finsteren Wesenheiten durch Berührung mit dem Licht vernichtet. Das erklärt, warum die Finsteren mit aller Macht sämtliche lichten Unternehmen hier auf Erden sowie in den ihnen zugänglichen Bereichen der niederen Schichten der Feinstofflichen Welt auszulöschen suchen. Wahrlich, die Erde ist der Gerichtshof und das Auspendeln der Kosmischen Waage.

       Besessenheit, als etwas Gewaltsames, eignet immer der Finsternis, wohingegen die Höheren Kräfte mit Geist erfüllen oder den Strahl der Hieroinspiration dem senden, der imstande ist, ihn aufzunehmen. Es gibt keine größere Errungenschaft, als den Strahl der Feurigen Welt in sich aufzunehmen.

       ”Sobald sich ein Mensch aller ihn umgebenden Einflüsse bewußt wird, kann er mit Selbsttätigkeit beginnen. Er lernt zu unterscheiden zwischen Hieroinspiration und niederer Zerstörung. Es ist nicht leicht, alle; listigen Ränke zu durchschauen, aber es ist ein Glück, wenn das Herz durch Erkenntnis der Nützlichkeit der Höheren Welt erbebt. Berührung mit der Höheren Welt ist im ganzen Leben verstreut, selbst in nichtigen alltäglichen Dingen können die Funken der höheren Spannung erkannt werden. Es gibt keine Tätigkeiten, die, wenn sie die höhere Welt berühren, nicht verstärkt werden könnten. Man sollte solche Spannung liebgewinnen, denn ohne sie kann es kein Großes Dienen geben!” (AUM)

* * *

       Das Buch ENOCH in englischer Übersetzung befindet sich in der Bibliothek Bodleiana in Oxford. Mir ist nicht bekannt, ob es Übersetzungen in andere Sprachen gibt. Seinerzeit waren die Vertreter der Kirche sehr dagegen eingestellt. Ja, die dunklen Wolken ballen sich zusammen, doch irgendwo dämmert es bereits. Daher ist die Bewußtseinserweiterung durch Aneignung der Grundlagen der LEBENDIGEN ETHIK so dringend nötig.

       Und gleicherweise nötig ist es, die ungewöhnliche Zeit, die wir durchschreiten, zu verstehen. Es ist die Zeit, in der die Schicksale vieler Völker entschieden werden.

       30. März 1936

       In einem Ihrer Briefe fragen Sie nach der Meinung des Wortgefüges ”… Anfragen über Kalachakra werden mit Schweigen übergangen”. Kalachakra (das Rad der Zeit oder das Rad des Gesetzes) ist die verschiedenen Herren der Schambhala zugeschriebene Lehre. Spuren dieser Lehre können in beinahe allen philosophischen Systemen und Lehren Indiens gefunden werden. Gegenwärtig ist sie vielleicht in Tibet am bekanntesten. Deutliche Hinweise über Schambhala kann man auch in der westlichen Literatur finden. Schließlich stammt auch die Legende vom Gral aus dem Osten und ist tatsächlich eine der zahlreichen Versionen derselben Schambhala. Die Chroniken des Westens berichteten von Mitteilungen aus der ”geheimen Wohnstätte“ durch Constantin den Großen und durch den byzantinischen Kaiser Manuel. Auch Dschingis Chan erhielt Botschaften vom Weisen des Großen Berges. Im zwölften und dreizehnten Jahrhundert wußte auch die westliche Kirche durch ihre Päpste vom Vorhandensein einer geheimen Geistigen Wohnstätte und Bruderschaft im Herzen Asiens, welcher der bekannte Priester Johann, wie der Große Geist sich selbst nannte, vorstand. Dieser Priester Johann sandte von Zeit zu Zeit an die Päpste und andere Kirchenoberhäupter Mahn- und Warnbriefe. Aus der Geschichte ist bekannt, daß einer der Päpste einen Abgesandten zu Priester Johann nach Zentralasien entsandte. Man kann sich gut vorstellen, zu welchem Zweck. Nach allerlei Mißgeschick und Zwischenfällen kehrte dieser Botschafter heim, ohne die Geistige Zitadelle gefunden zu haben. Jedoch Priester Johann fuhr fort mit seinen Mahnbriefen.

       Der Heilige Gral wird jetzt im Osten aufbewahrt. Kürzlich erschienen hier einige Forscher, um Näheres über die geheimnisvolle Persönlichkeit des Priesters Johann sowie über die Symbolik der Legende des Grals zu erfahren. Es gibt eine Theorie, wonach der Heilige Kelch oder Gral der heilige Stein ist (lesen Sie die Legende über den ”Stein“ in ”Auf östlichen Kreuzwegen“), und diese Version hat ihre Begründung.

       Viele Menschen haben nach dem Bollwerk gesucht, und auch heute bemüht man sich noch, diese Stätte zu erreichen, doch vergeblich, denn nur jene, die gerufen werden, können dahin gelangen. Die Geschichte kennt eine Anzahl von hervorragenden Persönlichkeiten, deren Bestimmung es war, einen neuen Impuls für die menschliche Evolution zu geben und sie anzutreiben, nachdem sie zuvor das Bollwerk des Hohen Wissens besucht hatten. So verbrachte Paracelsus einige Jahre in einem der Aschrams des Bollwerks im Transhimalaja und empfing dort großes Wissen, das er später in vielen Bänden niederlegte und herausbrachte, oft verschlüsselt, denn es gab eine große Verfolgung dieser Türme des Wissens. Alle seine Werke wurden ins Deutsche, Englische und Französische übersetzt. Viele Wissenschaftler und Ärzte schöpfen ihr Wissen aus diesen Büchern, doch, wie gewöhnlich, wird die Quelle oft wohlweislich nicht erwähnt. So wird auch die Lehre Kalachakra oder die Lehre von Schambhala nicht nur nicht erwähnt, sondern es gibt gewisse ”geistliche“ Personen, die ihren Anhängern und Freunden verbieten, diese Bücher zu lesen.

       Vergessen wir auch nicht unser großes Genie H. P. Blawatsky, die so verleumdet wurde. Sie hielt sich drei Jahre in einem Aschram Tibets auf, und dann kehrte sie mit großem Wissen und erleuchteter Botschaft über die Mahatmas in die Welt zurück. Wäre sie nicht von soviel Bosheit und Neid umgeben gewesen, hätte sie zwei weitere Bände der ”Geheimlehre“ geschrieben und einen Teil davon dem Leben der Großen Lehrer der Menschheit gewidmet. Doch die Leute zogen es vor, sie zu töten - und ihr Werk blieb unvollendet. Doch die Geschichte wiederholt sich, und wieder kriechen die finsteren Kräfte aus ihren Unterschlüpfen und versuchen, die strahlende Botschaft zu unterdrücken, aber das Licht besiegt die Finsternis!

       Die Lehre Kalachakra ist die der Menschheit in der Morgendämmerung ihrer bewußten Evolution in der dritten Rasse der vierten Runde der Erde durch die Herrscher des Feuers oder die Söhne der Vernunft (zu denen die Herrscher von Schambhala zählen) gebrachte GROSSE OFFENBARUNG.

       Gewiß, die CHRISTLICHE WISSENSCHAFT heilt mittels psychischer Energie, und zweifellos haben einige ihrer Anhänger mit ihren bemerkenswerten Heilungen Erfolg. Jedoch muß es, wie bei allen anderen, eine richtige Unterscheidung und Anwendung geben; daher gibt es neben dem bemerkenswerten Heilen auch Fehler. Alles ist gut an seinem Platz, aber es ist nicht immer möglich, einem chirurgischen Eingriff auszuweichen. Ebenso können ansteckende Krankheiten nicht durch Suggestion geheilt werden. Alles verlangt Entsprechung und Zweckdienlichkeit. So erfordern manche Fälle homöopathische Methoden, andere hingegen müssen durch allopathische Mittel behandelt werden. Aber die Hauptsache ist, daß der Heiler, der durch seine psychische Energie wirkt, gut unterrichtet ist und ein reines Herz hat.

       Ihr Fragesteller möchte wissen, ”wie sich das Verwenden von Moschus seitens der Yogis mit dem Gesetz der Liebe, und, wie die Okkultisten predigen, anderen keinen Schaden zuzufügen, vereinbaren läßt” - sowie auch über anderes, was ihn quält. SQ Z. B.: ”Wenn Moschus das Produkt eines tierischen Organismus ist, muß es von tierischem Magnetismus durchdrungen sein und so geht zusammen mit dem Nutzen tierischer Magnetismus in den Organismus des Yogi ein und verunreinigt ihn … etc.”. Dazu können wir antworten, daß die sehr hohen Yogis, die unter ganz anderen selbst geschaffenen Bedingungen weit weg von unserem irdischen Getriebe leben, Moschus verwenden können, ohne die Tiere zu töten. Gerade dies wird in den Büchern der LEBENDIGEN ETHIK unterstrichen. Und wenn die Schüler, die unter gewöhnlichen irdischen Bedingungen leben, tierischen Magnetismus vermeiden wollen, müßten sie Nudisten werden und in wärmere Länder auswandern, falls sie meinen, streng nach dem Gesetz zu leben und keinen Schaden zu verursachen (im Sinne, wie sie schreiben, ist es doch so zu verstehen). Nehmen Sie zum Beispiel die Wolle - sie müßte abgelehnt werden, denn sie enthält zuviel tierischen Magnetismus. Oder weiter: die Seide - die dürfte auch nicht mehr hergestellt werden, um die Seidenraupe zu retten. Jedes Leinengewebe wäre untersagt, denn man sollte den Flachs nicht unter solch einem Verfeinerungsprozeß leiden lassen. So gäbe es nur die einzige Möglichkeit, sich mit trockenen Blättern zu bedecken, aber sie zu pflücken, wäre ebenfalls nicht zulässig. Und selbst die Lederschuhe darf man nicht vergessen und müßte Schuhe aus Bast anfertigen; denn der Gebrauch von Lederschuhen macht es unvermeidlich, Tiere zu töten; doch auch die Beschaffung von Rinde für Bastschuhe wäre für den Baum sehr schmerzhaft. Gleicherweise müßte die Nahrung auf wenige Lebensmittel beschrankt bleiben, wie Milch (vorausgesetzt, daß die Kuh außer für das Kalb noch etwas abgeben kann), Früchte, Nüsse und Samenkörner, allerdings nicht vom Baum oder Halm gepflückt, sondern erst verwendet, nachdem sie reif geworden sind und von selbst abfallen, andernfalls würde man einem lebenden Organismus Schmerz zufügen.

       Ich entsinne mich der Geschichte, als Bernard Shaw, der den bekannten indischen Wissenschaftler Jagadis Bose besuchte sich rühmte, ein Vegetarier zu sein und seine große Feinfühligkeit es nicht gestatte, Lebendem Schmerz zuzufügen. Bose schwieg, doch in einem Experiment demonstrierte er dem Schriftsteller sichtbar, welcher Schmerz Karotten und Kartoffeln zugefügt wird, wenn sie von solch ”feinfühligen“ Menschen geschnitten oder gekaut werden.

       Doch vielleicht wäre es für einen ”feinfühligen“ Menschen nicht so schrecklich, sich mit Laub zu bedecken und nur entsprechende Nahrung zu sich zu nehmen, aber weit schwieriger wäre es für ihn, das Atmen einzustellen, oder seine Nase und seinen Mund zu verhüllen, wie es einige Fanatiker der Jain-Sekte in Indien tun, aus Angst, sie könnten mit jedem Atemzug eine winzige Mücke töten. Ihr Fragesteller müßte nämlich wissen, daß der Raum um ihn angefüllt ist mit Lebewesen, die er jede Sekunde einschlürft oder mit jedem Schritt zertritt. Die fanatischen Jains, die mit den Augen auf den Boden gerichtet dahinschreiten, um keine Larve eines Insektes zu zertreten, vollführen oft ergötzliche Sprünge.

       Zum Schluß möchte ich Ihrem Briefschreiber empfehlen, in die Bücher der LEBENDIGEN ETHIK tiefer einzudringen, um den Geist der LEHRE zu erfassen! Vegetarische Nahrung wird nicht aus sentimentalen Gründen empfohlen, sondern hauptsächlich wegen ihrer größeren Zuträglichkeit für die Gesundheit; und darüber hinaus heißt es, daß einige Fischarten sogar geringeren Schmerz empfinden als Pflanzen. Wegen der Angst, seinem Organismus tierischen Magnetismus zuzuführen, kann mit den Worten Buddhas geantwortet werden: ”Wenn Geistigkeit allein durch vegetabile Kost erreicht werden könnte, hätten der Elefant und die Kuh sie längst erreicht.” Es ist auch gesagt, daß ”Asketismus zur Befreiung von irdischen Fesseln wertlos ist. Es ist viel schwieriger, einen geduldigen Menschen zu finden als einen, der sich von Luft und Wurzeln nährt und mit Rinde und Blätter bekleidet.”

       Und über Karma wird Ihr Fragesteller im Buddhismus sehr wertvolle Erklärungen finden. Er wird erfahren, daß Karma primär und hauptsächlich durch unser Denken und unsere Absichten geläutert oder belastet wird; Taten sind von sekundärer Bedeutung - genaugenommen schaffen Gedanken das Karma. Wäre es anders, könnte der Mensch in seiner gegenwärtigen Lage nie aus dem magischen Kreis herausgelangen. Ein hoher Yogi scheut tierischen Magnetismus nicht, ihn kann nichts beschmutzen, denn durch sein inneres Feuer wird alles verzehrt. Aber wir, die bescheidenen Erdbewohner, beschmutzen uns weit mehr durch unzulässige Gedanken, als wenn wir ein Stück Fleisch verzehren oder tierische Sekrete für medizinische Zwecke gebrauchen.

       Offensichtlich hat Ihr Fragesteller den Ausspruch Christi vergessen: ”Nicht was durch den Mund eingeht, macht den Menschen unrein, sondern was aus dem Mund herauskommt, das macht den Menschen unrein” (Matth. 15, 11).

       Denken wir auch daran, daß gut geräuchertes Fleisch weit weniger tierischen Magnetismus enthält als die Aura der kleinen Tiere, die man in den Räumen hält. Errungenschaft besteht nicht darin, uns künstlich vor schädlichen und hindernden Einflüssen zu schützen, sondern darin, uns durch die Kraft des Geistes über alle Hindernisse zu erheben. Und nur, wenn dies erreicht wird, hat der Mensch das Recht, sich in bessere Bedingungen zurückzuziehen, um nicht hohe Energien für Selbstschutz aufzuwenden, sondern sie gänzlich für den Dienst an der Menschheit abzugeben.

       So laßt uns die Bedingungen, in denen wir leben, weise beobachten und ohne jedwede falsche Sentimentalität den Geist beider erkennen: der alten Vermächtnisse und der neuen. Indem wir das Gleichgewicht halten, werden wir fähig, die weisen Ratschläge in voller Entsprechung und Zweckmäßigkeit zu befolgen.

       Leider kann ich einem Postbrief die Information, die der, die Sie erhalten haben, widerspricht, nicht anvertrauen. In der Behandlung dieser Frage müssen wir sehr vorsichtig sein. Es ist ein großes Werk errichtet worden. Eine große Umwertung der Werte findet statt. Geistige Arbeit kommt zu ihrem Recht und beginnt höher bewertet zu werden als alles andere. Und so werden wir die geistige Erneuerung erleben. Wollen wir daher die Hunderte und Tausende nicht verurteilen, die das große Land auf ihre Weise aufbauen.

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       Mein Herz frohlockt über jedes Verstehen der Grundlagen der LEHRE. Wahrlich, nur Hingabe, zusammen mit stetem Streben, führt uns zur Wohnstätte. Aber gerade das sind die seltensten Eigenschaften, und es ist kein Wunder, wenn man sie als Zeichen wertvollster Aufspeicherungen betrachtet.

       ”Wer sich der Hingabe schämt, wer die Hierarchie ablehnt, aus Furcht, seine Individualität einzubüßen, ist arm und sein Kelch ist leer.” Weiter heißt es: ”Wer ein leichtes Leben wünscht, täte besser, nicht zu leben. Wer bewußt Belohnung für seine Dienste verlangt, möge nicht an die Höhere Welt denken. Wer immer auf Wohlstand in der materiellen Welt bedacht ist, ist ein Bettler in der Höheren Welt.” Alle diese einfachen Wahrheiten sind schwachen Herzen und verkümmerten Gehirnen unzugänglich. Aber das erweiterte Bewußtsein und das flammende Herz freuen sich über jedes Hindernis zum Stählen der Klinge des Geistes. Es ist nicht das leichte Leben, sondern das angespannte Leben, gesättigt mit Schwierigkeiten, das Errungenschaften bringt; daher ist es so wichtig, zu lernen, Hindernisse liebzugewinnen und besonders im Dienste am Allgemeinwohl reine Freude zu empfinden.

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       Ich glaube, Sie werden dem erwähnten Pfad streng folgen; daher freue ich mich über Ihre Jugend und Ihre Fähigkeiten. Sie werden imstande sein, Ihrem Vaterland viel Gutes zu bringen; und dabei sollten Sie nie vergessen, daß alles auf unerforschlichen Wegen vollbracht wird. Achten Sie wachsam auf die Ereignisse; die Wolken sammeln sich, aber irgendwo erscheint bereits das Leuchten des Morgenrotes!

       15. April 1936

       Ihre Überlegungen über Karma sind völlig richtig. Würden die Menschen über Karma weniger nachdenken und mehr auf die Reinheit und Vervollkommnung ihrer Gefühle und Gedanken bedacht sein, sie würden besser vorankommen. Die ständige Angst, neues Karma zu schaffen, ist an sich gefährlich, denn sie lähmt unsere Energie, die Aufspeicherung: die einzige Gewähr, dieses Karma zu bewältigen. Viele ungeheure Entstellungen können im Zusammenhang mit dem Verstehen von Karma beobachtet werden. Im Osten trifft man auf Fanatiker, die aus Angst, sie könnten ihr persönliches Karma belasten, wenn sie sich in das Karma des Nächsten einmischen, es ablehnen, ihm zu helfen. Oftmals sehen sie sogar zu, wie jemand ertrinkt oder im Feuer umkommt, ohne zu erkennen, daß gerade diese Verweigerung der Hilfe ihr Karma schwer belastet. Wer kann sagen, wann und wo wir alte Schulden abzahlen? Nur ein Archat weiß, wann und wo man sich nicht einmischen darf; aber wir sollten die helfende Hand reichen, wann immer unser Herz es gebietet. Gewiß, in allem muß Entsprechung geübt werden. Man soll sich aber nicht davor ängstigen, neues Karma zu schaffen, sondern in erster Linie um seine Qualität besorgt sein. Unbedeutendes Karma wird unbedeutende Möglichkeiten bringen, wohingegen Karma von großer Verantwortlichkeit, gerade weil es sehr mühsam ist, auch große Errungenschaften in der Zukunft bringt. Daher dürfen die Menschen den Taten und der Verantwortlichkeit nicht ausweichen, sondern sie sollten ihre Motive und Eigenschaften vervollkommnen.

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       Eine Runde ist bereits beendet. Laßt uns in die Zukunft streben. Jetzt werden neue und glorreiche Seiten der Geschichte geschrieben. Bitte erkennen Sie mit Ihrem Herzen, daß das Bewußtsein des Volkes für Gemeinschaftsarbeit erwacht. Für die Teilnahme am Aufbau, für neue Liebe zum Vaterland und für starken Wissensdurst gibt es viele schöne Zeichen. Beachten Sie diese Wegweiser. Wahrlich, es ist ein ”Palast unvergleichlicher Schönheit“ verheißen, und die Zeichen des Wohlstands bleiben stets über dem Land. So ist inmitten des Chaos der Zerstörung das Vorbestimmte gewährleistet, und vieles nimmt bereits die rechte Richtung ein. Die Ereignisse überstürzen sich. Seien Sie mutig und richten Sie Ihr Herz in Liebe und Vertrauen auf den großen Lehrer. Die Kräfte des Lichts werden alles zum Guten wenden. Die Wege sind unerforschlich.

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       Sehr schön haben Sie darauf hingewiesen, daß die besseren Bedingungen der Menschheit nicht auf den Wechsel im Regierungssystem zurückzuführen sind, sondern auf die vor sich gehende Veränderung im menschlichen Denken (ich möchte es Vervollkommnung nennen!). Viele alte Begriffe können nicht mehr in den Wortschatz aufgenommen werden. Die Neue Welt erfordert neue Begriffe, neue Formen und neue Definitionen. Alle Ereignisse weisen klar auf die Evolutionsrichtung hin, und es bildet sich eine Solidarität von Mitarbeitern ohne Klassenunterschiede heran. Und das wichtigste Problem, dem die Menschheit jetzt gegenübersteht, ist eben die Synthese zwischen Geistigem und Materiellem, zwischen Individuellem und Universellem und zwischen privatem und öffentlichem Wohl. Erst wenn man die Einseitigkeit der beschränkten irdischen materiellen Experimente erkannt hat, wird man zur nächsten Stufe gelangen - zum Streben nach Einheit der materiellen mit der feinstofflichen Welt. Und die neuen Errungenschaften der Wissenschaft, die neuen Erforschungen und Entdeckungen der Gesetze der psychischen Energie fordern von der Menschheit nicht den Verzicht auf den ”Himmel“, sondern seine neue Offenbarung und rechtes Verstehen.

       Fürwahr, die Entdeckung des Gesetzes der psychischen Energie wird dazu beitragen, eine neue Lebensrichtung festzulegen, und dann wird die Einheit der Welten offenkundig. Wahrlich, die künftige Welt, die Höhere Welt naht in der Rüstung von Laboratoriumsstrahlen. In den Laboratorien werden die Vorteile der höheren Energie bestätigt werden, und dadurch wird nicht nur die Bestätigung der Überlegenheit der menschlichen Ausstrahlungen, verglichen mit anderen noch nicht erkannten Strahlen, sondern auch der Unterschied in der Qualität dieser Strahlungen offenkundig enthüllt. Auf diese Weise wird die Bedeutung der Geistigkeit unwiderlegbar veranschaulicht. Die Technik wird dem Geist untergeordnet, mit dem Ergebnis der Wahrnehmung höherer Gesetze und folglich der Erreichung höherer Ziele, die zur Umwandlung der ganzen materiellen Natur führen werden. Die umgewandelte Natur und der umgewandelte Geist der Menschen werden bessere Formen des Lebensaufbaus schaffen. Und erst dann wird das neu erweckte Streben zum Hierarchischen Prinzip richtig verstanden werden, einem Streben, das jetzt in einer Vorstellung von ”Führern“ seinen Ausdruck findet. Diesen ”Führern“ - den von der Masse gewählten Dienern - mangelt es jedoch gewöhnlich an Synthese, weil die Massen keine Synthese zulassen. Daher ist die Modetorheit des ”Führers“ ein Zerrbild der wahren Führerschaft. Der Führer, oder derjenige, der führt, muß ein Träger der geistigen Synthese sein.

       Schön sind die von Ihnen zitierten Worte: ”Nicht allein Unterordnung, sondern auch Macht und Führerschaft sollten als Dienst betrachtet werden, weil sie nur so zu rechtfertigen sind.” Fürwahr, die ganze Macht soll vor allem im Dienen bestehen. Macht ist Opfer. Und sobald die Führer der Zukunft vom Geist wahren Dienens erfüllt sind, naht eine neue Stufe evolutionären Lebensaufbaus. Die Führer werden dann im Einklang mit dem Kosmischen Magneten regieren, der das Band und die Vereinigung mit der Höheren Welt in der Seinsordnung darstellt.

       Unterstreichen Sie daher deutlich, daß der Charakter der künftigen Lebensordnung darauf beruht, daß die Menschen den Dienst am Allgemeinwohl erkennen. Nicht ich, sondern wir - darin liegt der Schlüssel künftiger Errungenschaft!

       Und jetzt einige Erläuterungen. Es gibt für gewöhnlich zwei Arten von Erwählten, d. h. aus zwei gegensätzlichen Welten. Der Erwählte der Höheren Welt bejaht, die Ausgeburt der Massen hingegen verneint und ist folglich unwirksam. Versuchen Sie, alle Erwartungen und Bestrebungen der Massen zusammenzutun - sie werden einen Haufen bunter Fetzen ergeben. Die Massen können ihre Wünsche noch nicht in Einklang bringen. Lesen Sie in diesem Zusammenhang die §§ 445, 446, 447 im III. Band der ”Feurigen Welt“.

       Das Herrschende Prinzip des Universums ist Harmonie und Liebe - Liebe ist ein Aspekt der Gottheit. Wollen wir daher das älteste Axiom ”Wie oben, so unten“ verkörpern, so müssen wir uns durch dieses Prinzip der Liebe vereinen und uns ihm unterordnen, es als unseren einzigen ungeschränkten Herrscher betrachten. Aber versuchen wir nichtsdestoweniger, die menschlichen Begriffe für den Aufbau des Universums anzuwenden, dann wird es eher ”Eidokratie“ (im platonischen Sinn als ”Muster“ oder Ideal und moralischer ”Prototyp“) oder Idealdemokratie sein, als eine Art eingeschränkter Monarchie. Sicherlich, da kein Organismus, kein Aufbau ohne das Hierarchische Prinzip bestehen kann, muß die himmlische Eidokratie auch ihre eigene Hierarchie haben, aber diese Hierarchie verliert sich in Unbegrenztheit.

       Die esoterische Wissenschaft stellt fest, daß die Welt von Kosmischer Vernunft regiert wird, die ein Aggregat jedweder Vernunft der Höchsten Hierarchien darstellt. Für dieses Prinzip ist sowohl der Begriff persönlich als auch der Begriff Macht völlig unpassend.

       In der Himmlischen Hierarchie gibt es unabänderliche Unterordnungen des Niederen unter das Höhere; darin besteht die Grundlage der Evolution. Lesen Sie aufmerksam die beiden Bände ”Unbegrenztheit“.

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       Es ist nicht unbedingt notwendig, die Ausstrahlungen der Menschen zu sehen. Dies kann mittels Photographie erreicht werden. In der Tat, auf der irdischen Ebene ist es schwer, die menschliche Aura nach Belieben zu sehen, denn alles erfordert besondere Bedingungen. Es ist unmöglich, alle Bedingungen der Feinstofflichen Welt auf den irdischen Plan zu übertragen. Es wäre zudem unerträglich, plötzlich die Auren von allem, was uns umgibt, zu sehen.

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       ”Manche Leute träumen davon, daß die Führer der Zukunft die Gedanken der Menschen, die mit ihnen Fühlung haben, werden lesen können und durch Hellhörigkeit nicht nur die Meinungen der ihnen nahestehenden Menschen hören, sondern auch die Meinungen derer, die weit von ihnen entfernt sind … Eine vollkommene Kenntnis der universellen Gesetze muß das wichtigste Kennzeichen künftiger Führer sein …”

       Es ist möglich, daß wir, nachdem unser Planet in die siebente Runde und die siebente Rasse eingetreten ist, solche Führer haben werden; in naher Zukunft jedoch uns mit viel bescheideneren Möglichkeiten zufriedengeben müssen. Selbst Buddha erhob den Pali Sutten zufolge nie den Anspruch auf Allwissenheit, wie sie seine Schüler und Anhänger ihm zuschrieben: ”Jene, die dir sagten, Vaccha, daß der Lehrer Gotama alles weiß, alles sieht, im Besitz unbegrenzter Kräfte der Voraussicht und des Wissens sei, und der sagt, ‚ob in Bewegung oder unbeweglich, wachend oder schlafend, immer und in allem herrscht Allwissendheit in ihm‘ -, diese Menschen sprechen nicht aus, was ich aussprach, trotz aller Wahrhaftigkeit klagen sie mich an.”

       Selbst ein vollkommener Archat kann in der irdischen Umgebung seine geistigen Errungenschaften nur anwenden, wenn er sich in einem bestimmten Zustand befindet. Das erklärt, warum sich die Großen Lehrer oft zurückziehen.

       Laßt uns daher in unseren Erwartungen von den Führern, Regierenden und Richtern der Zukunft bescheiden sein. Es ist schon außerordentlich, wenn sie ein gut entwickeltes Gefühlswissen besitzen, das ihnen hilft, das wahre Wesen jeder Arbeit und jedes Ereignisses richtig einzuschätzen, und wenn sie immer von der Stimme des Herzens geleitet werden - im Gleichklang mit der Vernunft. Wir bestätigen, daß die Perle der Stärke des künftigen Führers in seiner Verbindung mit der Hierarchie mittels psychischer Energie bestehen wird. Die psychische Energie ist der Schlüssel für alle Errungenschaften und zur Lösung aller Fragen, denn die psychische Sphäre berührt alle Seinsebenen.

       Es könnten aber dennoch einige konkrete Empfehlungen gegeben werden, indem man aufzeigt, daß die Justiz im Staate eine hohe Stufe des Edelmuts einnehmen muß. Die Richter sollten sich bemühen, die menschlichen Herzen zu erkennen. Andererseits könnte man aufzeigen, daß es notwendig ist, die Gesetze anzuwenden und die Gerichtsverfahren zu beschleunigen. Doch nichts ist fürchterlicher als tote Gesetze, denn im Kosmos ist jedes Gesetz primär zweckdienlich. Es gibt so viele Gesetze, als es Bewußtseinsstufen gibt.

       Es sollte auch kurz auf die Möglichkeiten hingewiesen werden, die sich der Menschheit bieten, sobald sie die Gesetze der psychischen Energie entdeckt und auch darauf, wie sehr diese Entdeckung der Zustände der Hilfe durch psychische Energie das ganze Leben erneuert, den Lebensablauf erleichtert und die kompliziertesten Probleme einer Lösung zuführt.

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