Kunstdrucke mit Motiven von Roerich Nicholas und Roerich Svetoslav

 

 


SEELENSTRAHLEN

UND

RESONANZ

BEOBACHTUNGEN UND SCHLÜSSE

VON

GENERALARZT A. D- dr. F. BUTTERSACK

GÖTTINGEN

LEIPZIG 1937

VERLAG VON WILHELM ENGELMANN

Alle Rechte, insbesondere das der Übersetzung, vorbehalten.

Copyright 1937 by Wilhelm Engelmann, Publisher, Leipzig.

(Gesetzliche Formel für den Urheberrechtsschutz in den

Vereinigten Staaten von Nordamerika.)

Großbuchdruckerel Paul Dnnhaupt, Köthen (Anhalt)

VORWORT

       Physik und Metaphysik sind nicht so scharf getrennt, als uns die Gelehrten glauben machen wollen. Es gibt tausend Beziehungen herüber und hinüber. Unsere Sinnesorgane sind nur zur Aufnahme eines kleinen Ausschnittes im universalen Geschehen bestimmt. Diesen Ausschnitt gründlich zu durchforschen, ist lehrreich und verdienstlich.

       In Anlehnung an das Sichtbare versucht diese Studie Fühlfäden ins Unsichtbare hinüberzusenden. Das erscheint gerechtfertigt, sobald unsichtbare Regionen zugegeben werden.

       Bei der Eigenart jedes Einzelnen ist das in den verschiedensten Formen möglich. Keine wird je die allein richtige sein. Aber nicht die Wege, sondern die Ziele bleiben die Hauptsache.

       Göttingen, 14. Oktober 1937.

BUTTERSACK

VORERINNERUNG

       Diese Aufsätze sind mehr nach der Folge meiner Lektüre als durch methodische Entwicklung allgemeiner Grundsätze angewachsen.

       Es sind also mehr unordentliche collectana zu einem Buch, als ein Buch.

(Lessing, Laokoon, Vorrede)

       Wenig geübt im Gebrauch schulgerechter Formen werde ich kaum in Gefahr sein, mich durch Mißbrauch derselben an dem guten Geschmack zu versündigen.

(Schiller, Ästhetische Erziehung des Menschen, l. Brief)

Die Forschung ist ein Vogel, die Wissenschaft sein Käfig.

(Nach einem arabischen Spruch)

INHALT

       Seite

       I. Die Welt der psycho-elektrischen Strahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . l

       Ziffer l Phantasie zur Ergründung unbekannter Ursachen — 2/3 Interindividuelle Beziehungen — 4 Strahlungen, Potentiale — 5 Ansprechbarkeit — 6 Der Mensch als Strahlenquelle. Eigenschaften der Strahlen a) Unterbrechung, b) Ablenkung — 7 c) Absorption — 8/9 d) Brechung — 10 e) totale Reflexion, hin und her der Strahlen, Aufmerksamkeit — 11 Wechselbeziehungen der reflektierten Strahlen — 12 Die Ziele als fernwirkend — 13/14 Verstärkung der Wirkung durch das Wechselspiel; Dynamo.

       II. Art der strahlenden Bewegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26

       15 Wellen an Grenzflächen — 16 Vorauseilende Wellen in Meteorologie, Physiologie, Völkerleben, Reue — 17 Talent des Abhörens — 18/19 Große Männer — 20/21 Spiralbewegung — 22 Axe der Spirale — 23 Elastizität.

       III. Von wo gehen die Strahlen aus?. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36

       24 Materialisierung von Strahlen, Zerstrahlung von Materie — 25 Strahlen der Augen, Mienen — 26 des Gesamtkörpers; Wirkungen nach innen; Krankheiten — 27 Wirkung des persönlichen Strahlenfeldes nach außen — 28 Wechsel des Strahlenfeldes; Geruch — 29 Strahlen und Nerven — 30 Schädigende Resonanz — 31 Historisches.

       IV. Bündelung der Strahlen . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45

       32 Synthesen. Bindungsenergie, kompositorische Idee — 33 Zusammenhang alles Lebendigen im psychischen Äthermeer — 34 Unmöglichkeit, Gegensätzliches zu kom-ponieren. Rassenstrahlen — 35 Bevölkerungsschichten — 36 Internationale Resonanzen — 37 Gemeinschaft des europäischen Lebens — 38 Resonanzen im Universum.

       V. Reichweite der Strahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52

       39 Anaximanders apelpov — 40 Die jonischen Philosophen als Einheit. Raum und Zeit — 41 Widerstände, Ansprechbarkeit — 42/44 Niederungen des Daseins, Reklame, Einsamkeit — 45 Notwendigkeit der Ausbildung der Ansprechbarkeit — 46 Gene und psychische Elemente; psychische Echo-lote.

       VI. Wechselbeziehungen der Strahlenfelder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60

       47 Äußerliche Berührungen, Augen — 48 Freundschaft — 49 Wirkung der Massen — 50 Zauber des Arztes, Magie — 51 Prästabilierte Harmonie alles Lebendigen — 52 Folgen des unterbrochenen seelischen Zusammenhanges, Haftpsychosen — 53 Mangelhafte Resonanz; Dissonanzen in den Wechselbeziehungen.

       VII. Anschluß an das universale Strahlennetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68

       54 Nachwirkung großer Vorfahren, Weltseele — 55 Geistige Zusammenhänge über kurze und lange Fristen — 56 Das psychische Kraftfeld belebt jeden. Historische Rückblicke — 57 Schwierigkeiten dieser Vorstellung — 58 Psychische Stufenleiter: homo primigenius — Tiere — Pflanzen — Kristalle — 59 Theoretischer und praktischer Wert dieser Vorstellung.

       VIII. Unsichtbare Übertragung durch Irradiation . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76

       60 Faraday-Debye, Huygens Anfang der Strahlung ist unerforschlich — dauernde Bewegung im psychischen Kraftfeld — 61 Resonierende Völker und Zeiten, nur scheinbare Ruhepausen — 62 Verstärkung der Kraftquelle durch Irradiation, d. h. Weitergabe durch Schüler — 63 Keine Störung durch Interferenz der seelischen Strahlen — 64 Vermehrung der Kraftquellen — 65 In der Führung wechseln die Nationen — 66/67 Aus dem brausenden psychischen Akkord hören die einzelnen Menschen und Zeiten Verschiedenes heraus, um darnach zu handeln — 68 Kleine und große Resonatoren.

       IX. Resonanz als Weltgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .84

       69 Zusammenhänge — 70/71 Wirkung und Ursache — 72 Ziele als Ursachen — 73 Kleine Ursachen, große Wirkungen — 74/76 Eigenschwingungen — 77 Resonanz auf Strahlen — 78/80 Verstärkung der Eigenschwingungen in Katalyse, Physiologie, Therapie — 81/83 Ein psychischer Faktor baut die Resonanzapparate auf — 84 Die Sonne als Strahler — 85 Klein-und Massenwirkungen — 86 Abbau von Massen — 87 Resonanzen auf den Äther — 88 Resonanzen auf seelische Kraftfelder.

       Quellenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .102

       Namenverzeichnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .110

       Stichworte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .113

I. DIE WELT DER PSYCHO-ELEKTRISCHEN STRAHLEN

       1. Was sind wir doch für sonderbare Logiker! Wir behaupten zwar: jede Erscheinung habe ihre Ursache, evtl. auch mehrere. Aber wir verlangen stillschweigend, daß Ursache und Wirkung in unser Blickfeld falle. Ist das nicht der Fall, so lehnen wir Zusammenhänge ab oder überschütten diejenigen, welche solche mit ihrer Phantasie suchen, mit Spott und Hohn.

       Wir bedenken dabei nicht, daß diese Phantasiegebilde dem Grubenlicht gleichen, das uns in verborgenen Tiefen einen Weg zeigt, oder dem Gerüst, von welchem aus Paläste gebaut, oder den Hilfskonstruktionen, mit denen schwierige Probleme der Geometrie gelöst werden. Ist nicht das Leben aller Wissenschaften voll von derartigen Hilfskonstruktionen, welche vorübergehende Dinge bleiben, auch wenn wir Eintagsfliegen sie für absolute, ewige Wahrheiten ausgeben ? Absolute Wahrheiten sind noch nie vom Himmel gefallen: sie wollen mühsam durch Versuche, Experimente im Geistigen wie im Technischen — erarbeitet sein. Aber zuvor muß uns die Phantasie den Weg gewiesen haben.

       Stolz auf das jeweils aufgesetzte Stockwerk sehen viele mitleidig auf das frühere herab, als ob wir ohne dieses bestehen könnten. Groß erscheinen sie sich, wenn sie Eltern und Voreltern nicht im mindesten achten,1 und ebenso mieinte Goethe: Die Naturwissenschaften bewegen sich in Spiralen, wobei man in jeder Epoche über seine Vorgänger weit erhaben zu sein glaubt2

       Aber wer hat der Spirale ihre Weiterdrehung verliehen ? Gewiß nicht die tatsachensatte Wissenschaft, sondern die tatsachen-hungrige Phantasie.

       2. Zu den logischen Sonderbarkeiten gehört auch die Scheu vor den psychischen Beziehungen unter den Menschen. Es ist gewiß ebenso reizvoll wie verdienstlich, den Gesetzen der Physik und der Chemie innerhalb der lebendigen Substanz nachzuspüren. Praktisch ungleich wichtiger sind die Beziehungen unter den Menschen; denn in ihnen wurzelt das Leben jedes Einzelnen. Sie bilden den sozialen Prozeß in seiner Urform.3

       Im Leben des Einzelnen, in seinem Privat-Organismus beschränkt man sich auf Beziehungen, die wir uns durch die Nervenund Saftbahnen, also physikalisch-chemisch, vermittelt denken, aber Fernwirkungen ohne solche Vermittclungen lehnt man ab oder greift zu Phantasiekonstruktioncn, welche Phantasien bleiben, auch wenn sie im Gewande oder der Maske der Wissenschaft einherschrciten. Zur Erklärung der Fiebcrwirkungen hat man geistreiche Konstruktionen ersonnen; — befriedigt haben sie nur ihre Konstrukteure. Und vor dem Rätsel des Befindens streichen auch diese ihre Segel. Der Faktor der elektrischen Potentiale zwischen den verschiedenen Geweben ist noch zu neu, als daß die Allgemeinheit damit rechnet.

       3. Lassen sich hier zur Not materielle Verbindungen demonstrieren, bei denen sich anspruchslose Gemüter beruhigen, so fehlen solche vollständig bei den zwischenmenschlichen Beziehungen.

       Und doch müssen solche vorhanden sein. Denn jeder wirkt unweigerlich auf den anderen, anziehend oder abstoßend, sympathisch oder antipathisch, günstig oder ungünstig, anregend oder lähmend, warm oder kalt.4 Emil Frommel hat auch den größten Kreis belebt; — als „stummer Vorwurf" wandelte eine, an sich vorzügliche Dame durch eine süddeutsche Hofgesellschaft. Gerade wir Ärzte kommen ohne den Kontakt mit unseren Patienten nicht aus. Krehl rechnet ihn zu den wichtigsten Imponderabilien zwischen Arzt und Patienten.5 Gewonnen wird dieser nicht aus verwickelten Denkprozcssen, sondern ohne rationales Nachdenken, mühelos und schnell durch eine Art von künstlerischer Intuition.6 Möglicherweise spielt schon die körperliche Berührung bei der diagnostischen Untersuchung eine Rolle beim psychischen Kontakt. Aber nicht bloß in der Medizin, sondern überhaupt im Leben handeln wir nach einem solchen, durch unbewußte sinnliche Eindrücke vermittelten Kontakt; daß dabei beide Teile zusammenwirken, wird häufig übersehen.7

       Auf Grund unserer Schulung bilden wir uns ein, außerhalb der experimentell erweislichen Tatsachen und Zusammenhänge gebe es nichts, und wir bekreuzigen uns vor allen anderen Wirkungen. Indessen, die Heftigkeit der Kämpfer gegen alles Irrationale bezieht sich nicht sowohl auf dieses, als auf den inneren Zwiespalt im Kämpfer selbst: er wagt es nicht, vom Dogma zur Wirklichkeit hinüberzuwechseln, weil hier die gewohnten Krücken seines Denkens versagen. Und doch ist gerade in der Heilkunde die irrationale Intuition für die Diagnose, und die irrationale Irradiation für die Therapie von ausschlaggebender Bedeutung.

       4. Im Leben der gewöhnlichen societas jedenfalls gibt es interindividuelle Beziehungen; und da erhebt sich die Frage: Welcher Art sind diese ?

       Genau so wie wir die Wirkungen der im Kosmos zerstreuten Sonnen und unseres Tagesgestirns spüren, ohne daß wir genau wissen, wie diese Ursachen zu uns gelangen, so wirken auch wir Menschen allesamt aufeinander. Sind doch auch wir Sonnen vergleichbar, welche klein, d. h. mit rotem Licht anfangend, sich zu weißen Biesensternen entwickeln und dann, ihre Kurve abwärts verfolgend, wieder zu roten Zwergsternen werden und schließlich erlöschen.

       Ist es bei den kleinen Einheiten der Individuen und den größeren der Völker anders ?

       Haben frühere Geschlechter in Atomen gedacht, so denken wir in Strahlen. Fortgeschrittene denken bereits nicht mehr in Strahlen, sondern in Potentialdifferenzen. Allein die Strahlen sind nun, einmal das Papiergeld unseres geistigen Verkehrs, an sich ohne Wert, aber zur Verständigung geeignet.

       Die Physiker haben uns die Welt der Strahlen erschlossen, eine Welt, die zwischen Wellenlängen von 100 (vielleicht 100000) km und 0,001 A liegt (l A = ein hundertmillionstel cm), und es ist ganz natürlich, daß diese, in schnellem Ansturm eroberten Entdeckungen unsern Geist blenden. Wie einschneidend hat doch die Entdeckung Amerikas auf das europäische Denken gewirkt! Und wie damals die Tat des Columbus Jahrzehnte, Jahrhunderte nachgewirkt hat, so stehen wir heute in einer ähnlichen Bewegung, in einer physikalisch-technischen Hochflut, welche immer neue erstaunliche Flaschenposten aus unbekannten Gebieten ans Gestade unseres Wissens wirft.

       Fast scheint es da vermessen, angesichts dieses embarras des richesses der experimentierenden Wissenschaften die Aufmerksamkeit auf ganz andere Strahlenarten zu lenken, welche keinen so in die Augen fallenden praktischen Nutzen abwerfen, wie jene.

       Aber wie uns das Hemd näher ist als der Rock, so liegen uns auch die Zusammenhänge mit unseresgleichen näher als die mit ferneren Faktoren. Nur dürfen wir nicht in den Fehler verfallen, die einen über den anderen zu unterschätzen.

       5. Die Forschung geht von Beobachtungen aus, untersucht sie auf ihre Richtigkeit und spürt dann den Zusammenhängen nach, in welchen sie mit ihren Ursachen bzw. mit ihren Wirkungen auf die reagierende Substanz stehen.

       Das Kausalitätsprinzip beherrscht unsere Zeit. Darüber braucht man keine Worte zu verlieren.

       Weniger Aufmerksamkeit schenkt man im allgemeinen der Ansprechbarkeit des Substrates, auf welches die Ursache wirkt. Dadurch daß man sie vernachlässigt, kommt es zu Unstimmigkeiten. Im gewöhnlichen Leben spielt das keine sonderliche Rolle, wohl aber bei feineren Messungen. So kämpfen die Astronomen mit den subjektiven Beobachtungsfehlern der einzelnen Forscher und suchen diese „persönliche Gleichung" durch Repsolds unpersönliches Mikrometer auszugleichen.8 Nur beachtet man dabei nicht genügend, daß diese persönliche Differenz sowohl fortwährenden Schwankungen, als auch in längeren Zeiten stetigen Änderungen unterworfen ist. Hinsichtlich der Farbenempfindung sind solche geringe Abweichungen so verbreitet, daß möglicherweise kein einziges individuelles Farbensystem einem anderen vollkommen gleicht.9 Man könnte darin eine experimentelle Bestätigung des bekannten Wortes von Heraklit erblicken: χαχοι μαρτυρες ανθρωποισιν οφθαλμοι χαι ωτα βαρβαρους ψυχας εχοντων 10 (unzuverlässiges Material liefern die Augen und Ohren Leuten mit nicht-verstehender Psyche). Aber man muß wohl den Nachdruck nicht auf die Sinneseindrücke an sich, als auf die Ansprechbarkeit der betreffenden seelischen Reaktionsapparate bzw. der ganzen Persönlichkeit legen. Die Psychologen von Fach sprechen da von Emotionalität. Am sog. kalten Buffet läßt sich die Verschiedenheit der Ansprechbarkeit in heiterer Form beobachten.

       Der als Lehrer wie als Chirurg gefeierte C. Garre hat im Auge und im Ohr die wichtigsten Eintrittspforten für psychische Reize gesehen und darnach bei seinen Studenten einen visuellen und einen akustischen Typus unterschieden. Aber er war groß genug, daneben auch die vielfachen anderen Varianten und Kombinationen der psychischen Elemente, ihre individuelle χρασις gelten zu lassen,11 welche — wie auf chemischem Gebiet „das Heer der namenlosen Katalysatoren"12 — die interessanten Unterschiede unter den Menschen bedingen. Das weibliche Geschlecht besitzt andere Ansprechbarkeiten als das männliche, wie ja auch die Katalysen im irdischen Leben verschieden, auf den jeweiligen Vorgang abgestimmt sind.12

       6. Zu den, psychische Reize aussendenden unmittelbaren Ursachen gehört unzweifelhaft der Mensch. Dem Geist der Zeit gemäß stellen wir sie uns als Strahlen vor und wollen zunächst diese Vorstellung als Hilfshypothese benutzen.

       Dann können wir — ähnlich wie bei den Lichtstrahlen — ohne weiteres verschiedene Eigenschaften feststellen:

       a) Die Strahlen werden durch Scheidewände und durch die räumliche Entfernung unterbrochen. Sieht man von den mehr oder weniger gut beglaubigten Medien ab, welche angeblich passiv und aktiv durch Mauern und über Kontinente bzw. Meere hinweg wirken, so wird über diese These kaum Meinungsverschiedenheit herrschen. Durch Wände hindurch hat auch die stärkste Strahlung, die Liebe, noch nie gewirkt, und auch ihr ebenso starkes Gegenstück, der Haß, wird nur ausgelöst, wenn sich die betreffenden leibhaftig sehen. Könnten Haßstrahlen — auch als Bündel — töten, wäre mancher nicht mehr am Leben.

       b) Ebenso wie viele Wellen durch magnetische Felder abgelenkt werden, so werden auch psychische Wellen abgelenkt.

       Man denke sich ein junges Mädchen und sechs junge Männer. Normalerweise zieht sie alle sechs in ihren Bann. Treten aber rechts und links zwei andere junge Mädchen auf die Bühne, dann werden sich je zwei männliche Augenpaare der einen oder anderen zuwenden, während einer oder zwei unbeeinflußt bleiben.

       Genau das gleiche beobachten wir bei der radioaktiven Strahlung: läßt man sie zwischen zwei starken Magneten hindurchgehen, so werden die einen, die α-Strahlen schwach nach dem negativen, die β-Strahlen stark nach dem positiven Pol abgelenkt. Unbeeinflußt gehen die γ-Strahlen ihren Weg; sie sind die härtesten Strahlen mit den kürzesten Wellen (0,004 Ä) und der größten Durchdringungskraft.13 Ähnlich wie das Mädchen auf junge Männer, wirken Bücher auf aufmerksame Leser ein: die geistige Kraftquelle des Autors lenkt die Richtung des eigenen Denkens ab, oder wie schon Cicero beobachtet hat:

       Das Lesen vieler Bücher zerstreut den Geist.14

       Therapeutisch verwenden wir die Ablenkung der Gedanken, wenn wir einem Patienten Luftveränderung empfehlen, d. h. wenn wir ihn in ein anderes psycho-elektrisches Kraftfeld versetzen. Dieses innere Ausschwingen, diese Rückkehr zur persönlichen Gedankenrichtung ist oft die unbewußte Nebenwirkung längeren Krankseins.

       7. c) Die psychischen Strahlen können auch absorbiert werden und gehen damit in das Gefüge des Empfängers ein. Solch ein Gedanke mag Montaigne diese Definition der Freundschaft diktiert haben: cela ne se peult exprimer qu'en respondant: parceque c'estoit luy, parceque c'estoit moy.15 Ein derartiges Aufgehen des einen im anderen mag zwischen Schüler und Goethe geherrscht haben, nicht bloß in den — vielleicht nicht allzu wertvollen Xenien, sondern weniger deutlich in die Erscheinung tretend, in der überraschenden Fülle der schönsten und gehaltvollsten Werke, welche unter Schillerscheva. Einnuß aus Goethes Feder flossen.16 Die Gebrüder Ernst Heinrich und Wilh. Weber bekannten in ihrer „Wellenlehre" offen, daß sie unmöglich den Anteil jedes einzelnen an der gemeinsamen Arbeit abgrenzen könnten.

       Das enge Zusammenarbeiten von Kirchhoff und Bunsen, sowie von Siemens und Halske ist in die Geschichte der Wissenschaft und Technik eingegangen.

       Wer von allen wissenschaftlich tätigen Männern hätte den Mut, seine Produkte als eigenes Gewächs auszugeben? Man pflegt freilich am Schluß jeder Abhandlung die benützte Literatur zu verzeichnen. Aber das ist krasser Undank gegen die vielen anderen, welche durch früher benützte, aber vergessene Arbeiten, Briefe, Gespräche den Fluß der Gedanken maßgebend beeinflußt hatten. Wenn die Biographen den geistigen Quellen ihrer Helden mit aufopferndem Fleiß nachspüren, so ist das gewiß verdienstlich, muß jedoch immer unvollständig bleiben. Die Art der Zuflüsse und die momentanen Ansprechbarkeiten lassen sich nie rekonstruieren. Man kommt so zu der Überzeugung, daß man selbst nur ein mehr oder weniger zug- und druckfester Verknotungspunkt von zahlreichen bekannten und noch zahlreicheren unbekannten Fäden ist.

       8. d) Durch Prismen verschiedener Zusammensetzung wird ein Lichtstrahl verschieden gebrochen. In der gleichen Weise bekommt ein psychischer Strahl in den verschiedenen psycho-physischen Systemen, d. h. in den Gehirnen ihrer Nachfolger, verschiedene Verwandlungen. Was ist aus den Seelenstrahlen eines Platon, Christus, Pythagoras, Parazelsus, Kant, Hegel, im Lauf der Jahrhunderte geworden! Die Geschichte der Mathematik, Physik, Chemie zeigt auf Schritt und Tritt, wie der von dem einen Forscher ausgehende Lichtstrahl in den anderen gebrochen worden ist. Nicht bloß die Richtigkeit der einzelnen Behauptungen ist von Interesse, sondern ebenso die Brechungsgesetze des Gesamtgeistes. Wie viele — bis zum Haß gesteigerte Mißverständnisse sind durch derartige Brechungen — man spricht, im Bild der Optik bleibend, von verschiedenen Anschauungen — zustande gekommen! Wir alle sind nur Prismen, Zerlegungsapparate einer höheren psychischen Energie, sei es der νους des Anaxagoras und des Plotin, die Weltseele Platons und Schellings oder Hegels absoluter Geist. Irenaeus (140—200) mag bei seiner Unterscheidung des ewigen belebenden Geistes (πνευμα ζωοποιουν) von dem zeitlichen, an den Leib gebundenen seelischen Lebenshauch πνοη ζωης ein ähnlicher Gedanke vorgeschwebt haben.

       Nach unserer Auffassung müßten die 1000 Erzeugnisse der Individualprismen durch eine Art von geistiger Sammellinse synthetisch wiedervereinigt werden, um das reine weiße Licht zu gewinnen. Keinem wird das je gelingen. Aber mag die Aufgabe noch so unlösbar sein, so zeigt sie doch jedem, wie er und alle seine Mitstrebenden kleinste Wellenpakete im universalen Spektrum darstellen, von denen jedes ein gleichberechtigtes, unerläßliches Element des weißen Lichtes darstellt.

       Diese Betrachtung hat schon vor 200 Jahren der kluge Vauvenargues (1715—1747) in seiner damals vielgerühmten Introduction ä la connaissance de l'esprit humain vorweggenommen: une infinite d'hommes differens envisageaient les choses par divers cotes; mais peu de gens ont l'esprit assez profond et assez vaste pour concilier tant de verites.17

       Das Problem wird dadurch kompliziert, daß der einzelne Mensch nicht unmittelbar dem Weltgeist gegenübersteht. Vielmehr schieben sich größere Lebenseinheiten: Völker, Zeiten, Kulturen dazwischen, so daß der einzelne nur ein Teil-Spektrum erhält, das noch dazu mit Fraunhoferschen Linien durchsetzt ist.

       9. Ebenso wie das sichtbare Spektrum von rot bis violett nur einen minimalen Ausschnitt aus dem Ozean der Wellen des Universums darstellt, so umfaßt die menschliche ratio einen dürftigen Ausschnitt aus den psychischen Vorgängen. Wir wollen dankbar anerkennen, was sie zu leisten vermag, aber eingedenk bleiben des Satzes von Jesaia (40.12): Wer fasset den Himmel mit der Spanne und misset die Erde mit einem Dreiling?

       Kein Irrtum ist so gewaltig, wie der Wahn, mit dem Senkblei der menschlichen ratio oder mit dem Flechtwerk des menschlichen Gehirnes die Unendlichkeit einfangen zu können. Was bedeutet denn das bißchen Licht, das von der Sonne auf unseren Planeten und auf unsere Netzhaut fällt, gegenüber deren Gesamtstrahlung?

       10. e) Eine Anzahl von Strahlen wird nicht wie beim Prisma gebrochen oder wie bei einer Kugel abgelenkt, sondern sie werden in der sog. totalen Reflexion auf den Ausgangspunkt zurückgeworfen. Wir haben da ein fortgesetztes Hin und Her zwischen dem Aussender und dem Empfänger. Man sieht, wie in einem Spiegel, oder man hört in seinem Gegenüber sich selbst.

       Bei der Unterhaltung oder beim Briefwechsel (beim Niederschreiben und bei der Antwort) werden die eigenen Gedanken in immer neuen Variationen reflektiert. Darin besteht die fördernde Wirkung des freien Gedankenaustausches.

       Schon Demokrit rechnete mit einer Wechselwirkung zwischen dem Sehenden und seinem Objekt: denn von jedem Ding gehen Strahlen aus (συστελλομενον υπο του ορωμενου χαι του οπωντος απαντος γαπ αει γινεσθαι τινα απορροην.18) Später mag Cartesius (nach den Äußerungen von Fontenelle 170) eine ähnliche Auffassung gehabt haben: les etoiles ne paraissent briller ä reprises que parceque leurs tourbillons poussent perpetuellement les nötres et en sont perpetuellement repousses. (Die Sterne glänzen nur deshalb, weil die von ihnen ausgesandten Wirbel in dauerndem Wechselspiel auf die unserigen treffen und von diesen zurückgesandt werden.)

       In neuester Zeit hat sich Schopenhauer also vernehmen lassen: Man kann die Hypothese aufstellen, daß der positive Strom der Lebenskraft — als Wille des Magnetiseurs — von dessen Gehirn zu dem der Somnambule geht, deren Lebenskraft zum sympathischen Nerven zurücktreibend, und von hier zum Gehirn des Magnetiseurs zurückkehrt.19

       Bergson stellt sich vor qu'entre les diverses personalites s'accom-plissent sans cesse des echanges comparables aux phenomenes d'endosmose. Die Hauptsache ist das mit Lichtgeschwindigkeit hin- und hergehende Wechselspiel; ihre Einkleidung ist nebensächlich.

       Im Geistigen nennt man es Aufmerksamkeit.

       Übrigens hatte schon Hobbes (1588—1679) ähnliche Vorstellungen. In seiner Lehre vom conatus predigte er die Rückläufigkeit der Empfindungsbewegungen als ein Streben gegen die Objekte hin20 Es gibt also Wechselwirkungen zwischen den Gegenständen und der Erkenntnis. Seinen Schluß: Philosophie ist die Lehre von der Bewegung der Körper21 brauchen wir drum nicht mitzumachen.

       Es macht uns den Eindruck, als sei die Aufmerksamkeit ein kontinuierlicher, fest ausgespannter Vorgang. Beim Sehen nehmen wir das stillschweigend an; sprechen wir doch von gespannten, fixierenden, starren Blicken. Allein der Schein trügt. Schon Borellus (1608—1679) wußte: ambabus viribus contrariis vigentibus quietis apparentia refertur (sind beide Gegenkräfte gleich stark, entsteht der Eindruck der Ruhe).22

       Ebenso wie die Lichtwellen in unmerklich kurzen Perioden auf und ab schwanken, so wechseln auch beim aufmerksamen Sehen die Wellen vom Objekt zum Subjekt und umgekehrt in schnellster Folge. Nur indem immer neue Reize, wenn auch mit unvorstellbarer Geschwindigkeit sich folgen, gibt es einen Eindruck von beliebiger Dauer. Ein kontinuierlicher Reiz würde seine Wirkung bald erschöpfen.

       Den gleichen Gedanken hat schon der scharfsinnige Ottomar Rosenbach (1851—1907) ausgesprochen. Bei beständiger tonischer Systole des Herzmuskels — so kleidete er ihn ein — würde der Kreislauf bald sistieren.23

       Die Dinge verhalten sich da ähnlich wie beim Blitz. Nach den neuesten Messungen 24 beginnt jeder Blitz mit einem schwachen Blitz vom Himmel zur Erde; ihm folgt unmittelbar ein sehr lichtstarker von der Erde zur Wolke von 1/2000 Sekunde. Dieses Spiel wiederholt sich ca. 10 mal binnen eines winzigen Bruchteils einer Sekunde. Die Dauer des Vorblitzes = 1/70 bis 1/25 der Lichtgeschwindigkeit.

       Wie recht hatte demgegenüber Empedokles mit seiner Warnung:

       Aber dem Auge vertrau, dem täuschenden nicht, nicht dem Ohre. Stumpf ist alles Gehör, voll Trug ist der Zunge Empfindung. Welchen Weg du auch zur Erforschung der Dinge dir wählst: Traue den Sinnen nur nicht!25

       Mit Christian Wolf (1679—1754) kann man also sagen: campum perceptivum dico multitudinem perceptionum simultanearum (das aufmerksame Sehen ist das Ergebnis zahlreicher gleichzeitiger Eindrücke).26 Offenbar hat er damit die These der heutigen Sinnesphysiologen von der fortwährenden Bewegung der Augen und der Pupillen vorweggenommen.27 Ebenso wie mit den Augen: tastando quasi cogli occhi le Stoffe e le pelliccie,28 tasten wir einen Gegenstand mit den Fingern ab, um ihn kennen zu lernen. Mit dem bloßen Handauflegen kämen wir nicht weit. Es müssen sieh zahlreiche Tast-Empfindungen summieren. Ebenso wirkt ein Katalysator dadurch, daß er in raschestem Wechsel — oft genügen schon Berührungszeiten von 0,01 Sekunden und weniger — seine Funktion tausend- und millionenfach wiederholt, ohne selbst dabei verändert zu werden. Wir haben hier also ein chemisches perpetuum mobile vor uns.29

       Als physikalisch-chemisches Analogon mag dieser Satz des ehemaligen Physikers und Mathematikers von Cambridge, Georg Gabr. Stokes (1819—1903) dienen: Unter dem Einfluß des Lichtes findet eine fortwährende Bildung und eine fortwährende Zerstörung des Blattgrüns statt. Das Grün, welches beständig anwesend ist, ist also durchaus nicht immer dieselbe Materie, sondern eher eine Phase, durch welche die einzelnen Moleküle in bestimmter Reihenfolge hindurch müssen.30 Ein geistreicher Chemiker hat einmal das Ozon als eine, auf schneller Durchreise befindliche Sauerstoffform bezeichnet; mit dem, aus der Kernphysik bekannten Positron (Lebensdauer eine milliardstel Sekunde) verhält es sich ebenso, und unsere Sonne strahlt jahraus jahrein das gleiche Licht und die gleiche Wärme aus, als das Ergebnis immer neuer Verbrennungsprozesse. Ist nicht auch unser eigenes Ich das scheinbar gleichbleibende, in Wahrheit dauernd sich mutierende Ergebnis unaufhörlichen Auf- und Abbaues ? Was der Laie verlacht, erkennt der Weise allenthalben: das Sein als ein mit Lichtgeschwindigkeit aufeinander folgendes Werden.

       11. Wenn dem so ist, wenn das Sehen, Hören, die Katalysen die komplizierten Resultate solch tausendfacher, mit Lichtgeschwindigkeit hin- und herwandernder Strahlen sind, dann kommt es ganz darauf an, auf welcher Seite die ausstrahlende Energie bzw. die Ansprechbarkeit größer ist. In der Ansprechbarkeit kommt das zum Ausdruck, was die Physiker Resonanz nennen. Ohne einen resonierenden Gegenkörper bleibt auch die stärkste Strahlung wirkungslos, wie die Strahlen unserer Sonne, welche keine Planeten oder in unserer nächsten Nähe keine Gegenstände treffen, die sie zum Aufleuchten bringen könnten, wie das Nord-, Zodiakallicht und dergleichen.

       Denn nur Liebende beglücken

       Kann die Liebe — andere nicht;

       So wie Sterne nur entzücken,

       Die da sehen, — Blinde nicht.31

       Die Aufmerksamkeit ist jedoch keine gleichbleibende Größe: sie schwankt aus physiologischen wie psychologischen Gründen. Drum muß sie immer wieder neu ,, gespannt" werden. Ohne solche künstliche Nachhilfe wirkt weder die schönste Landschaft, noch das herrlichste Musikstück, noch der glänzendste Redner. Wie viele wunderbare Erfindungen sind aus Mangel an Resonanz unbeachtet geblieben!

       Jeder dieser unzähligen Wechselreflexe löst Reaktionen aus, unmerkliche zwar, aber doch vorhandene; und deren Summe bewirkt schließlich Veränderungen. So übt das Material des bildenden oder forschenden Künstlers eine Wirkung auf diesen zurück. Schon beim einfachen Handwerker ist das der Fall: daher die bekannten Berufstypen. Die Beispiele und Vorbilder wirken auf diese Weise, und schließlich kommt die abschleifende Erziehung des Menschen ebenso zustande, wie der Schliff eines Edelsteins. Leider gilt das ebenso im umgekehrten Sinne: böse Beispiele verderben auch die besten Sitten, non vi, sed saepe cadendo.

       Es gibt keine Moral oder Immoral, die etwa im Sinne von Melanchthon, Calvin, Kant wesenlos im Weltall herumgeisterte, sondern nur Reflexe besonders eindringlicher Eindrücke. Die sog. imitatorische Chorea (Veitstanz durch Nachahmung) zeigt diese Wechselwirkung in dramatischer Form. Wichtiger sind die 1000 Wechselwirkungen im Leben der Völker, in der Ausdehnung geistiger Bewegungen, wie sie sich zur Zeit vor unseren Augen in der sich steigernden Resonanz der tierischen Instinkte im üntermenschentum abspielen, und zwar pandemisch infolge der verbesserten Verkehrsmittel, d. h. des sich-näher-rückens der Völker.32

       12. Jeder kennt die Macht der Ziele. Man kann die Menschen geradezu nach ihren Zielen beurteilen. Nicht nach ihren Körperkräften oder Geistesgaben unterscheiden sie sich wesentlich, sondern nach ihren Zielen und der Art, wie sie sie verfolgen. Dem einen ist sein Bauch sein Gott. Den anderen treibt verworrenes Streben blind und sinnlos durch das wüste Leben.33 Die Ziele üben eine Fernwirkung aus, welche man füglich neben die Gravitation, Anziehungskraft stellen kann.

       Es ist bewundernswert, wie höhere Instanzen die Ziele unter die Menschen verteilen. Kinder nicht bloß zu gebären, sondern auch aufzuziehen, ist die Aufgabe der Frau. Drum hört deren Gebärfähigkeit mit den 40er Jahren auf, damit die Mutter die ihr noch zugemessene Lebensfrist zur Kräftigung auch des letzten Kindes verwenden kann. — Die Aufgaben des Mannes liegen mehr auf geistigem Gebiet. Drum hört er nicht auf, Erfahrungen zu sammeln und diese zum Wohl der Gesamtheit zu verarbeiten. Die Hochachtung vor dem Alter hat darin seinen psycho-physiologischen Grund.

       Wir alle sind Objekte von Zielen, gleichgültig, ob wir uns dieser magischen Gewalt bewußt sind oder nicht, gleichgültig, aus welcher Ferne sie wirken; denn jedes Wellensystem weicht asymptotisch ins Unendliche. Sie ziehen uns unbarmherzig mittels des Weltgesetzes der Resonanz. Ducunt volentem fata, nolentem trahunt. (Den Willigen führt das Geschick, den Widerspenstigen zerrt es mit fort.)34

       Unserer gepriesenen ratio schweben die Ziele unseres Lebens und unseres Strebens verschwommen, zumeist gar nicht vor. Erkennbare Ziele wurden den Sterblichen von Zeus nicht gesetzt; doch ringen wir uns in Entwürfen kühn empor, sang Pindar.35 Um so heftiger drängt unsere Begierde von innen heraus dem Ziele zu, durch das Wechselspiel mit diesen hyperphysischen Faktoren immer neue Kräfte gewinnend. Der Glaube an Gottheiten, wie immer er eingekleidet sein mag, strahlt dem Gläubigen seine eigenen Glaubenskräfte verstärkt zurück. Die einzelnen Glaubensformen sind alle gleich ehrwürdig. Wer aber überhaupt keinen Glauben hat, besitzt keinen Halt — und er versinkt.

       Den — unter Vermeidung von Nachkommenschaft geschlossenen Ehen fehlt das biologische Ziel. Drum zerbrechen sie innerlich, häufig genug auch äußerlich. Die Aussicht auf ein Kind, das Ziel ihres Lebens, beglückt jede normale schwangere Frau. Die Schwan -gerschafts-Psychosen rühren nicht von dieser her, sondern sind Ergebnisse unserer Zivilisation bzw. der durch diese bedingten Störungen des normalen Lebens. Wo die Zeitverhältnisse im Gesamtvolk statt Freude — Angst vor der Schwangerschaft bewirken, haben wir eine Entgleisung der unbewußten Idee vor uns, welche wieder einzurenken eine schier unlösbare Aufgabe ist. Man befrage die Geschichte! Solch ein Volk wankt, auch bei momentanem Glanz, dem Untergang zu: das alte Rom, das moderne Frankreich.

       Das Ziel muß uns antworten, mag es auch noch so weit entfernt sein. Sonst verliert sich der Mensch ins Uferlose. Wie viele begabte Köpfe haben nichts geleistet, weil ihre Vielgeschäftigkeit die Ziele untereinander gebracht hatte!

       Indessen, auch die Ziele der Einzelnen können kollidieren. Dann entstehen Kämpfe der Meinungen, der Bestrebungen, in welchen die Kräfte sich aneinander messen und sich durch Übung stärken. Ob die eine oder andere Richtung im Augenblick obsiegt, ist nicht von allzu großer Bedeutung. Man könnte sagen: die heute unterlegene konsolidiert sich und wartet günstigere Zeitverhältnisse ab, um innerlich gekräftigt abermals hervorzutreten. Es gibt unverstandene Frauen, Richtungen, Schulen, Parteien, Völker, deren gegenseitiges Nichtverstehen von der Unkenntnis der gemeinsamen Aufgabe, des gemeinsamen Zieles herrührt.

       Was sind die großen Vorbilder anderes, als irreale und doch so mächtige Größen, welche immer von neuem unsere Begeisterung, unsere gleichschwebende Psyche entzücken? Aber freilich, nur der Fleiß, die nie ermattende Beschäftigung mit dem Ziel baut unsere Leistungen auf.

       Wie das Sehen und das Hören durch 1000 hin und her-eilende Resonanzen zustande kommt, so auch die Forschung, die zwar Sandkorn nur für Sandkorn reicht,36 aber schließlich doch zur Einsicht führt. Wir gewöhnlichen Sterblichen stehen bewundernd oder kritisch vor dem abgeschlossenen Werk des Forschers oder des Künstlers, als ob es — wie Pallas Athene — plötzlich aus dem Haupt des Zeus entsprungen sei. Aber vor dieser retrospektiven Schau vergessen wir zu leicht das Werden des Werkes, das immer neue, immer stärkere Locken der Idee, welche mit ihrem Verlangen, ihrer Sehnsucht und Hoffnung den Menschen fast — manchmal völlig — verzehrt.

       Der Vergleich mit der Jagd liegt nahe: das flüchtige Ziel des Wildes stachelt den Jagdeifer von Minute zu Minute stärker an.

       Im kleinen mag eine fesselnde Lektüre oder eine angeregte Unterhaltung — welch charakterische Beiworte hat die sprachbildende Volksseele gefunden! — als Analogon dienen. Da vergißt man sein eigenes Ich, weil es mit einem anderen verschmilzt.

       Wahrhaftig: dann erst lebt man, wenn man von sich selbst nichts weiß.

       13. Frühere Zeiten haben aktive und passive Aufmerksamkeit unterschieden. Die Strahlentheorie klärt den Unterschied auf: eine starke Reizquelle drängt sich aktiv der Aufmerksamkeit auf; diese bekommt somit das Vorzeichen; passiv. Umgekehrt wird die Aufmerksamkeit durch Herabsetzen der Reizschwelle bzw. durch Verstärkung der Ansprechbarkeit aktiv.

       Eben aus diesem Wechselspiel erklärt sich der Satz der experimentellen Psychologen: nicht die Intensität und Qualität eines Reizes an sich, sondern seine Fähigkeit, die Apperzeption (Aufmerksamkeit) zu erregen, bestimmt die Einstellung der Blicklinie.37

       Ahnlich liegen die Dinge bei der Gravitation, Anziehung. Daß die größere Masse die kleinere anzieht, ist bekannt. Aber dieser letzteren kommt gleichfalls Anziehung zu. Diese Erkenntnis ist keineswegs erst von Newton errungen worden. Schon bei dem eigenartigen, an den gleichzeitigen Paracelsus (1493—1541) erinnernden Genie Agrippa von Nettesheim (1456—1535) bildete sie — mit der Resonanz — die Säulen seiner magischen Theorie.38 Man kann die kleinere Anziehungskraft im praktischen Leben vernachlässigen, — theoretisch ist damit zu rechnen. Denn die größere Masse kann in der kleineren neue Kräfte auslösen und damit allmählich das Verhältnis umkehren. Bei der Dynamo-Maschine ist das tatsächlich der Fall: da kommt es zu einer sich steigernden Wechselwirkung zwischen Ankerwickelung und Feldmagnet, einer Wirkung, die schließlich zum „Feuern der Maschine" führt. Auch die „Zuwachskatalyse" oder die „exzessiven Autokatalysen" der neuesten Chemie gehören hierher.39

       14. Im großen Geistesleben verhält es sich ebenso: eine kleine Kraft erstarkt in der — zunächst auf ihre Unterdrückung, Einverleibung bedachten Wechselwirkung mit einer größeren, bis sie diese schließlich überwindet. Das ist sozusagen die Technik des Kommens und des Gehens der Ideen. Bei diesem Aufeinanderprallen geistiger Wellen gibt es Brandungen. Umgekehrt sind dem Geschichtsphilosophen diese Brandungen Zeichen für jene dahinter wirkenden Kräfte.

       Dem Spießbürger sagt es mehr zu, sich von der — zunächst größeren Welle tragen zu lassen, als sich in die Gefahr der Brandung zu begeben.

       Fängt nicht auch der Jüngling Feuer in der Nähe des Mädchens, das allmählich zur feurigen Liebe wird ? — Und saugen nicht die Schauspieler und Sänger Kräfte aus dem psychischen Kontakt mit ihrem Zuhörerkreis ? Mit dem Beifall steigt ihre Verve und Ausdauer.

       Ein lehrreiches Beispiel für diese Wechselwirkung bot Rud. Eucken (1846—1926). In der Einsamkeit seines Arbeitszimmers herrschte tiefster Friede; man glaubte, das stille Weben des schaffenden Geistes zu belauschen. Stand er aber am Rednerpult, dann spannen sich gar rasch Fäden zu den Hörern, und eine Flamme innerer Erregung mit Ausbrüchen des Zorns schien aus dem Mann herauszuschlagen.40 Könnte die psycho-elektrische Wechselwirkung plastischer geschildert werden ?

       Man muß sich nur hüten, eine Analogie durch Spitzfindigkeiten zu Tode zu hetzen und dadurch ihren Kern zu verschütten. Jedenfalls erscheint es zweckmäßig, mit den Epikuräern die Analogie, τον χατα την ομοιτητα τροπον als einen Pfad vom Bekannten zum Unbekannten zu versuchen.41

II. ART DER STRAHLENDEN BEWEGUNG

       15. Geht man von der Vorstellung eines — alles durchdringenden Mediums aus, für welches unsere Vorstellungen vom Äther gewiß noch viel zu grob sind, dann drängt sich das Bedürfnis nach einer Revision unserer Wellenlehre auf.

       Die Wellenlehre ist entstanden aus der Betrachtung der auf einer Wasserfläche oder einem schwingenden Tau, einer Saite oder einer Chladnischen Platte dahinhuschenden regelmäßigen Auf- und Abbewegungen. Solche sind jedoch nur möglich an der Grenzfläche zweier verschiedener Medien.

       Wenn wir uns nun daran erinnern, daß z. B. beim Blutstrom die Pulswelle, eine Oberflächenerscheinung erheblich schneller dahinläuft als das Blut, oder daß in gleicher Weise die Wasserwellen schneller sind als die tieferen Wassermassen, dann gewinnt man den Eindruck, daß die Oberflächenwellen viel mehr von der darüber lagernden Luft bedingt sind als vom Wasser. Das hat der zu früh verstorbene eigenwillige Scharfsinn von G. Hauffe längst erkannt42

       Indessen, in dem homogenen Medium des Äthers, für welches das, was wir Körper nennen, nur mehr oder weniger unbedeutende Hindernisse sind, kann von Wellen im gewöhnlichen Sinn keine Rede sein. Wohin sollte eine Bewegung aus weichen ? Einen leeren Raum, ein χενον im Sinne Demokrits gibts für den „Äther" ja nicht. Wenn somit eine Bewegung des Äthers nach außen hin nicht möglich ist, bleibt nur eine solche innerhalb des Äthersystems übrig, d. h. wechselseitige Verdichtungen und Verdünnungen, wie sie schon Diogenes von Apollonia gelehrt hat (425 v. Chr.). Diesen Vorgang nennen wir Elastizität. Drum hat auch Leonhard Euler mit genialem Scharfblick dem Äther Elastizität zuerkannt. Es leuchtet ein, daß solche Druckunterschiede sich mindestens ebenso schnell fortpflanzen wie die Wellen, wie wir sie uns gewöhnlich vorstellen. Auch ihre Verbreitung nach allen Seiten erklärt sich daraus; daher die so wenig beachteten Irradiationen.43

       Man ist versucht, etwa folgende Gleichung aufzustellen: es verhalten sich die geordneten Bewegungen (unsere Wellen) in festen Körpern zu denen in Flüssigkeiten, wie die in Flüssigkeiten: Luft; wie die in Luft: Äther, und man ist versucht, die Unterschiede der Fortpflanzung in diesen Medien zu physikalischen Erkenntnissen zu verwerten.

       Die Windwellen eilen schneller als die Wasserwellen, weil die Kohäsion des Wassers eine Verzögerung bedingt. In der gleichen Weise zeigen die Bewegungen des Rauchs und der sich wiegenden Blätter im Grunde nur die Bewegungen der Luft an, stummen Aeolsharfen vergleichbar. Man darf jedoch die Medien, welche wir Wasser oder Luft nennen, keineswegs für völlig homogene, gleichgespannte, isotone Dinge halten; sie enthalten vielmehr in sich eine Unmenge von Potentialen aller Art und aller Richtungen, welche ob ihrer Verborgenheit jegliche Berechnung ausschließen. Das hat schon Rob. Mayer in seinem viel zu wenig beachteten Aufsatz „über Auslösung" dargetan.44

       Ebenso scheinen die psycho-elektrischen Wellen den anderen, in der sog. Luft enthaltenen Wellen vorauszueilen. Wie anders könnte man die Wettervorausfühligkeit verstehen? Oder die verschiedenen Glieder- oder Narbenschmerzen oder sonstigen Beschwerden im bewußten und unbewußten Nervenapparat bei herannahendem Witterungsumschlag ? Alle Radiohörer kennen die Störungen des Empfangs durch Schwankungen der Lautstärke, gänzlichen Schwund (Fading) und Knitter-, Prassel-, Donnergeräusche. Sie vermögen bei einiger Übung daraus Wetterprognosen zu stellen und werden deshalb Verständnis für die vorgetragenen Bilder aufbringen. Auch im Körperinnern eilen die sog. Prodromalsymptome dem Sturm der eigentlichen Krankheit voraus.45 Man hat ihnen, weil physikalisch-chemisch nicht faßbar, nur wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Besser geschulte Augen würden wohl auch bei anderen Störungen, zunächst im Bereich des neuropsychischen Systems, charakteristische Veränderungen fühlen. Es verhält sich da wie bei farbensicheren Malern (nicht alle Maler sind farbensicher!),46 welche in einer Landschaft manche Farben erkennen, die dem Laien verborgen bleiben.

       Die Wetterelemente unserer Meteorologen: Temperatur, Strahlungen, Feuchtigkeit, Druck, Bewegung der Luft und dergleichen sind ohne Zweifel von hoher Bedeutung.

       Aber sie gehören einer anderen Gruppe an, als die elektro-magnetischen Kraftfelder zwischen dem Erdkern, der Erdrinde und den darüberliegenden Gasschichten. Sie schwanken immer hin und her, verursachen demgemäß auch Schwankungen in den lebendigen Substanzen. Die Erfolge der klimatischen Kuren mögen — wenigstens zum Teil — darauf beruhen.

       16. Aber nicht bloß im Bereich der Meteorologie gibt es ein Vorausfühlen : es gibt auch ein Vorausfühlen der geistigen und politischen Ereignisse. Das Leben jeglicher Lebenseinheit ist keineswegs eine konstante Größe, sondern ein dauernd bewegtes Gleichgewicht, eine fortschreitende Melodie, in welcher bald dieser, bald jener Ton betont erscheint, wo aber jeder Ton durch die vorhergehenden bedingt ist und seinerseits die nachfolgenden bedingt.

       Somit liegen in der Einheit eines Volkes schon heute die Fäden, die Töne bereit, welche morgen dominant werden oder an die Oberfläche treten oder wie man sich ausdrücken will. Es bandelt sich nur darum, diese aus dem Konvolut von Tönen herauszuhören;

       und das ist Sache der Resonanz, genau so wie der geschulte Prüfer bei der Eisenbahn oder bei den Brücken durch sein Beklopfen am Ton Strukturveränderungen des Materials erkennt, welche dem Laienohr verborgen bleiben.

       Solch ein Mann war z. B. Herder, welcher — nach Treitschke47mit wunderbarem Ahnungsvermögen das eigenste aus dem Seelenleben der Völker herauszufinden vermochte, und die Fortschritte der Forschung beruhen darauf, daß ein besonders fein empfänglicher Kopf Dinge beobachtet, an denen die Menschen — vielleicht jahrhundertelang — achtlos vorübergegangen waren.

       Das politische Genie sieht — abermals nach Treitschke — die Dinge, wie sie wirklich liegen, und bildet sich daraus mit schöpferischer Phantasie ein Bild der kommenden Entwicklung. Wer das nicht hat, ist kein Feldherr großen Stils.48

       Der Wetterfühlige fühlt keineswegs Dinge, die nicht da sind, sondern Dinge, die zwar da sind, aber noch unter der Schwelle des Bemerkens liegen. Sie brauchen nicht in voller Stärke zu kommen, sondern können — gewissermaßen tangential — vorüberziehen. Dann haben wir mehr oder weniger heftige Störungen oder Verstimmungen und dergleichen, deren Veranlassung unerklärlich bleibt, weil sie nie ins Bewußtsein eintritt. Auch die Reue gehört hierher. Mit einem nach rückwärts gerichteten Blick sehen die Moralisten darin ein „Folgegefühl", ein Bedauern, dies oder das falsch gemacht zu haben. Daneben aber mag praktisch der Blick nach vorwärts, die ängstliche Erwartung der Vergeltung eine bedeutsamere Rolle spielen. Die Erinnyen, die Furien, die Rachegöttinnen treiben den vermeintlichen Sünder oder den tatsächlichen Verbrecher erbarmungslos nach vorwärts in das Gestrüpp der in ihm prämonitorisch anklingenden Ahnungen der verdienten Strafe. Nicht durch moralische Anwandlungen, sondern durch — bewußte oder unbewußte — Furcht vor Strafe wird die Mehrzahl der Menschen geleitet.

       17. So hört auch der historisch-politisch geschulte Aufnahme-Apparat die Verschiebungen ab, die sich unaufhörlich abspielen. Das hatte schon 100 Jahre vor Ch. Lyell (1797—1875) Fontenelle (1657—1757) erkannt: les mouvements les plus naturels et les plus ordinaires sont ceux qui se font le moins sentir; et cela est vrai jusque dans la morale. (Die feinsten Vorgänge in der Natur, einschließlich jener im Psychischen spielen sich in der Regel unmerklich ab.)49 Aber man muß sie dauernd abhören, um zu erkennen, wie sie sich entwickeln. Dieses Abhören beruht auf einer besonderen Ansprechbarkeit, auf einer Resonanz im eigenen psychophysischen Gefüge. Die betreffende Anlage muß angeboren sein, bedarf aber der Schulung; drum bildet das Talent sich in der Stille. Anlage, womöglich ererbte Anlage als kondensiertes Resultat der Arbeit von Generationen,50 und Schulung sind somit in gleicher Weise für den historisch-politischen Geist erforderlich. Daher die Vorliebe aller großen Männer für Geschichte, nicht zum Sammeln von gerümpelhaften Einzelkenntnissen, sondern zur Schulung des Ohrs für geschichtliche Entwicklung. Ohne diese wird man zum Spielball momentaner Eingebungen, Suggestionen.

       Solche Persönlichkeiten mit dem sog. Fingerspitzengefühl gleichen im Bereich des Physikalischen dem Dielkometer, einem Instrument, welches, wie der Name sagt, zum Messen der Dielektrizitätskonstanten dient.51 Es zeigt schon geringe, sonst nicht faßbare Änderungen in der Zusammensetzung einer Substanz an. Man kann damit die Reinheit von Arzneimitteln, Verfälschungen, innere Umlagerungen, Polymerisationen, Alterserscheinungen kontrollieren.52

       Zu allen dringt der Sterne Glanz, das Brausen des Meeres, das Rauschen der Wälder. Aber nur wenige vermögen die darin enthaltenen Botschaften zu erlauschen, und noch weniger Menschen können sie unter sich und mit den Dingen der Welt kombinieren. In sich versunken, erdentrückt nehmen sie die Wellen des Äthers in sich auf, als sonderbare, den anderen unverständliche Erscheinungen, gleichgültig ob sie wie Beethoven, traumverloren mitten im Gewühl Wiens stehen bleiben und den Straßenverkehr hemmen, oder wie Leonardo an seinem ,,Abendmahl" wie besessen drauflos malen und Essen, Trinken, Schlafen vergessen.

       18. Nicht diejenigen, welche Leistungen von Tages- oder Jahre-Dauer vollbrachten, sind die großen Gestalten der Menschheit, sondern jene, welche wie Prometheus dem Himmel seine Blitze, wie Pythagoras der Welt Vernunft ihre Gedanken entrissen haben. Sie taten es aber nicht als titanenhafte Einbrecher ins Mysterium der Natur, sondern als deren Sendboden, wie Melanchthon die Ärzte und die Heilkunst als Dei munus missum in terras bezeichnete.53 Oberflächengeschöpfe, die wir sind, staunen wir ihre sichtbaren Taten an und setzen ihnen Denkmäler nach Menschenart. Aber ihre Werke sind das Geringste an ihnen. Das Wesentliche war ihre Resonanzfähigkeit auf unsichtbare Mächte, in deren Schoß sie nach Erledigung ihrer temporären Aufgaben zurückkehrten, von der „dankbaren" Nachwelt schnell vergessen.

       Psychische Strahlen gehen hin und her. Wie die Sonnenstrahlen gestern, heute und morgen die gleichen sind und doch andere, so gehören auch die verschiedenen großen Erscheinungen dem gleichen Strahlensystem an und bilden eine Einheit, welche so lange wirken wird, als resonanzfähige Menschen vorhanden sind. Mit dem letzten Vollmenschen erlöschen auch die Ideale seines Geschlechts, um unter anderen Breitegraden in anderen Lebensformen neu zu erstehen.

       19. Man sieht: nicht die Aufhäufung von Einzelkenntnissen ist die Hauptsache — πολλοι πολυμαθεες νοον ονχ εχονσι — (viele Vielwisser haben keine Einsicht).54 Der Weise spürt vielmehr der Idee nach, welche alles durch alles steuert ειναι γαπ εν το σοφον επιστασθαι γνωμην ητε εγχνβερνησει παντα δια παντων.55 Es ist eben ein Unterschied zwischen dem λογος ξυνος , d.h. der die ganze Welt durchströmenden Vernunft und der ιδια φρονησις, d. h. der Sonder Vernunft des Individuums.56 Diese letztere kann gar nicht allumfassend und damit absolut richtig sein, weil sie nach den Resonanzbedingungen der Konstitution und des Alters wechselt. ετι δ`αντονς (die wahrnehmenden Subjekte) μεταβαλλειν τη χρασει χατα τα παθη χαι χατα τας ηλιχιας.57 Aber sie können auch nicht absolut falsch sein; sind doch auch wir, ebenso wie die uns umgebenden Lebensprozesse, Gedanken der Schöpfung, auf die Erde herabgedacht,58 oder nach Herder (1744—1803) „ein Ton im Chorgesang der Schöpfung, ein lebend Rad im Werke der Natur".59 Vernunft und Weltordnung sind konform, sie müssen gleichen Ursprungs sein, hat Moltke geurteilt.60

       Die einfache Tatsache der Übereinstimmung der Denkgesetze mit den Naturgesetzen bleibt als ein ewig wunderbares Geheimnis bestehen, urteilt ganz neuerdings M. Planck,61 und andere Größen der Forschung, welche dem gleichen Glauben huldigten, hat Max Hartmann zusammengestellt62 im Einklang mit Kepler (1571—1630): Gott, der alles in der Welt nach der Norm der Quantität begründet hat, hat auch dem Menschen einen Geist gegeben, der diese Normen erfassen kann.63

       Natürlich dünkt sich manch einer weit erhaben über Heraklit, Demokrit, Herder, K. E. v. Baer, Moltke. Er weiß dann eben nicht, daß in diesen Männern die Weltseele sich in kaum je wiedererreichter Form verkörpert hat.

       20. Aber was ist das für eine sonderbare Wellenbewegung, welche nicht in allen Teilen gleichmäßig dahineilt, sondern Vorläufer vorausschickt und dann im ganzen wieder — zwar nicht genau, aber doch annähernd — zum Ausgangspunkt zurückkehrt oder richtiger: in sich selbst zurückläuft und dabei doch vorwärts kommt?

       Die Kreisbewegung hat sich den Menschen schon frühzeitig aufgedrängt. So schreibt Herodot vom χυχλος των ανθρωπηιων πρηγματων (1.207), vom Kreislauf der menschlichen Dinge, und Schiller meinte: der Welthau dreht im Wirbel sich um mich. Allein im engen Zirkeltanz sich drehen, wenn es auch mit viel Behagen geschieht,64 bringt nicht weiter. Im Gegenteil: im engen Kreis verengert sich der Sinn.65 Das war offenbar ein Mangel im Vorstellungskreis von Cartesius, soweit ihn sein Schüler Fontenelle überliefert hat.

       Ganz richtig hatte er die Wirbelbewegung erkannt : il n'y a pas jusqu'au soleil qui ne tourne sur lui-meme. Aber: chacun tourne autour de son soleil sans cbanger de place. (Es gibt nichts unter der Sonne, das nicht in sich zurückliefe. Allein jeder dreht sich um seinen Mittelpunkt, ohne seinen Platz zu ändern.)19 Das bedeutet also: auf der Stelle treten, aber kein Fortschreiten. Wohl aber ist eine fortschreitende Bewegung möglich, wenn wir viele Kreise nebeneinander legen, und zwar so dicht, daß sie sich unmerklich berühren. Dann entsteht schließlich eine Spirale mit mehr oder weniger enggestellten Umläufen.

       21. In der Physik ist — soweit ich sehe— die Spirale kein beliebtes Studienobjekt. Dagegen war das spiralige Fortschreiten sowohl Goethe, wie seinem kongenialen Zeitgenossen C. G. Carus eine vertraute Vorstellung.66 Ja, Carus zögerte nicht, in der Spirale das Weltgesetz zu erblicken. Auch mein Freund und Denk-Genosse Liek ließ das Erkennen und das Können in Spiralen fortschreiten. Bei dem großen Rühmens, das man heute von Carus macht, ist die Hoffnung kaum verwegen, daß das Bild der Spirale in der Gegenwart Anklang finde. Sie hat etwas von vornherein Einleuchtendes; denn sie vereinigt zwei uralte Beobachtungen: den Kreislauf und den Fortschritt der Dinge.

       Sie läßt sich auch unschwer mit der Wellenlehre verbinden, wie sie dermalen die Gemüter beherrscht. Denn wenn man eine Spirale von der Seite betrachtet, so stellt sich der oberste Teil der Ansicht als Welle dar, deren mittlerer und unterer Abschnitt dem Auge verborgen bleiben. Verdeckt man die Spirale etwa bis zur Linie

       

       a—b, so bleibt nur die uns gewohnte Wellenlinie übrig. Aber die Spirale verbreitet ein elektrisches Feld um sich; und wenn 2 oder mehr Spiralbewegungen dicht nebeneinander verlaufen, muß es zu unberechenbaren Vorgängen in dem Zwischenraum kommen, welche dann ihrerseits wieder Wirkungen ausüben. An deren Berechnung dürfte auch Laplaces Genie scheitern.

       Zum Beweis, daß diese Vorstellung nicht die Phantasie eines Laien ist, seien einige Sätze aus der berühmten Wellenlehre der Brüder Weber angeführt.67 „Die Wellen bringen noch in beträchtlichen Tiefen im Vergleich zu ihrer Höhe bedeutende horizontale Bewegungen hervor, und zwar beschreiben diese Teilchen elliptische Bahnen; nur an der Oberfläche einer tiefen Flüssigkeit nehmen sie eine, dem Kreis sich sehr nähernde Bahn an.

       Nach der Theorie von Franz Gerstner (1804) können die Teilchen des Wassers keine andere Bewegung machen, als in Zykloiden. Auch die äußere Gestalt der Welle sei eine Zykloide.

       Jedes Wasserteilchen dreht sich in einem Kreis um einen Mittelpunkt herum, welcher selbst nach der horizontalen Richtung mit der Geschwindigkeit v fortbewegt wird. Beide Bewegungen sind gleichförmig und nur in ihrer Vereinigung erzeugen sie die an den Wellen sichtbaren Ungleichheiten." — Vielleicht ergibt sich dann Anschluß an die Foucaultschen Wirbelströme, welche durch Induktion in Eisenmassen erzeugt werden, ebenso an die Tatsache, daß dissoziierte Gase nach den Gesetzen der Flüssigkeitsbewegung auf rotierenden Kugeln zu einer Wirbelbewegung gezwungen werden. Die Drehung um die Wirbelachse herum wirkt dann wie ein elektrischer Kreisstrom.68

       Von Kepler stammt die gewiß zutreffende Vorstellung, daß die um ihre Achse sich drehende Sonne mit ihren Kraftlinien alle Massen mitreiße, die sich in ihrer Umgebung befinden.63 Wir wissen nicht, wie weit sich diese mitreißenden Wirbel erstrecken, können jedoch annehmen, daß gelegentlich zwei oder mehrere zusammentreffen und daß dann aus gewaltigen Brandungen neue Kombinationen entstehen.

       Ob bzw. inwieweit diese Vorstellung richtig ist, müssen weitere Studien lehren. Ich bitte nur die Nachprüfer, sich an Carus' Warnung zu erinnern und nicht durch eine kleinliche Anwendung des Mechanischen aufs Organische eine Idee zugrunde zu richten, so wie in der Philosophie die Scholastik zugrunde gegangen ist durch minutiöse Zersplitterung des Begriffs, und wie unsere ganze heutige Wissenschaft zugrunde geht durch die Massenhaftigkeit ihres Kleinstoffs und den übertriebenen Scharfsinn ihrer Vertreter.

       Dem großen Carus schwebte dabei offenbar der Satz Abälards vor: quod nesciunt damnant, quod Ignorant accusant. Quidquid non intelligunt, stultitiam dicunt, quidquid capere non possunt, aestimant deliramentum.69

       22. Hält man das Bild des Weiterschreitens in Spiralen fest, so erkennt man bald, daß ebenso wichtig, vielleicht noch wichtiger als die Zykloid-, Ellipsen- und Kreisbewegung die Mittelpunkte der jeweiligen Spiralumläufe sind. Denn sie bestimmen den Verlauf der ganzen Spirale. Diese fiktiven Mittelpunkte bilden eine Art von Leitlinie, Achse, gerade so wie der Charakter bei den Menschen.

       Der Metallspirale können wir Menschen nach unserem Belieben bestimmte Richtungen geben. Aber wer tut das in der großen Natur von den Spiralnebeln bis zu den Spirochäten, von den Wirbelkolken und Strudellöchern bis zu den Wirbelerdbeben der Geologen, vom Spiraltypus der Spindeln in den sich teilenden Eiern70 bis zur spiraligen Entwicklung der menschlichen Kultur? Von einem Teilgebiet der Kultur, von der Literatur hat neuerdings Petersen den spiraligen Treppen-Verlauf dargetan.71

       Schließlich kann man auch unschwer den um den Kern kreisenden Elektronen die Eigenschaften von Spiralen zuerkennen, vornehmlich denen mit großer Durchdringungskraft. Denn es ist klar: mit Bohren dringt man besser in das Innere eines Gegenstandes, als mit dem heftigsten Draufklopfen. Drum verleihen wir auch unseren Geschossen vermittelst der Windungen der Züge eine Spiralbewegung, den sog. Drall.

       23. Noch eine andere Erscheinung wird durch das Bild der Spirale verständlicher: die Elastizität. Denkt man sich die Spirale durch irgendeine Energie zusammengedrückt, so wird sie beim Nachlassen oder Aufhören des Drucks in ihre vorige Konfiguration zurückschnellen und ebenso viel Kraft frei machen, als zu ihrer Kompression erforderlich gewesen war. Eben das nennen wir Elastizität. Wir können diese Erscheinung ebenso an Spiralfedern, wie an Gummi, wie an Völkern beobachten, welche zusammengepreßt oder unterdrückt waren. Ob man von Zurückfedern, Zurückschnellen oder von reaktiven Revolutionen spricht, bleibt sich sachlich gleich. Wie blühte das Leben in Athen, im Humanismus, in Deutschland auf, nachdem der Druck der Perser, der Kirche, Napoleons weggefallen war! In Umkehrung von Rob. Mayers Lieblingssatz: causa aequat effectum kann man sagen: effectus aequat causam, d. h. aus der Größe der Reaktion kann man auf die Größe der vorangegangenen Unterdrückung schließen. Die Geschichte ist voll von derlei Auflehnungen gegen Tyranneien aller Art. Die Wirkung von Schillers „Räuber" mit dem Motto: in tyrannos! bietet wohl die bekannteste Illustration. So klar diese Dinge liegen, so haben doch die wenigsten Machthaber den Satz: effectus aequat causam gekannt bzw. beherzigt. So rächte sich die Unkenntnis biologischer Gesetze zu allen Zeiten.

       Von Zeit zu Zeit gehen im Weltenraum ungeheure Ereignisse vor sich, welche als bescheidenes Aufleuchten zu unserer Kenntnis kommen. Fabelhafte Energien müssen dabei freigeworden, entbunden worden sein, d. h. es muß ein enormer unsichtbarer Druck weggefallen sein. Und so wechseln Bindung und Entladung durch die Ewigkeiten in Wellenlängen, deren Maße unser Begriffsvermögen übersteigen, so sehr, daß wir ihre Zusammenhänge nicht einmal von fern ahnen. Der Kosmos ist ja nichts anderes als oszillierende Elastizität. Die Form des Oszillierens im einzelnen hängt von dessen Kombination, von dessen Strahlenbündeln ab.

       Vielleicht klingen derlei Ahnungen in der Lehre von der Seelenwanderung nach, welche — wie wir sagen: von Naturvölkern erdichtet — in den geistigen Besitz von Völkern der höchsten Kultur, der Ägypter, Inder, Orphiker usw. übergegangen ist. Welch bescheidenes Fragment davon ist unsere Auferstehungslehre!

       Erst in der modernen Vererbungslehre taucht sie als kaum bemerkter Hintergrund wieder auf. Sie ist mit ihren fortschreitenden Lebenskreisen wohl die größte Riesenspirale, welche ein Menschenhirn zu fassen vermag. Daß nicht alle Menschenhirne dazu imstande sind, tut der Spirale keinen Abbruch. Aber sich selbst wird mühelos jeder als Spirale erkennen, auf welcher er zwischen zwei Null-Punkten herumgewirbelt wird, gewiß nicht zum eigenen Vergnügen, sondern als Teil eines größeren Wirbelpakets.

III. VON WO GEHEN DIE SEELEN STRAHLEN AUS?

        

       24. Die Entwicklung des menschliehen Wissens bzw. die Beschaffenheit des menschlichen Organismus hat es mit sich gebracht, daß wir für jede Funktion ein sicht- und tastbares Organ voraussetzen. In der Tat verdanken wir dieser Denk- und Forschungsmethode viele wertvolle Einsichten.

       Indessen, je zahlreicher diese Einsichten heranwuchsen, um so weniger war man geneigt, Vorgänge gelten zu lassen, welche außerhalb dieser Methoden liegen. Vollends der Glanz der Technik blendete die Gemüter und ließ die Frage gar nicht aufkommen, ob nicht auf anderen Wegen mit anderen Gedanken-Kombinationen ähnlich wertvolle Resultate zu erzielen seien. Das ist die Kehrseite der glänzenden Einseitigkeit. Über die Periode der mit sichtbaren Dingen manipulierenden Chemie gleiten wir dermalen hinweg. An ihre Stelle schob sich die Molekular-, später die Atomund Kernphysik.72 Der Geist Berkeleys (1685—1753) taucht auf.73 Heute wissen wir, daß die allerkleinsten Bausteine, die Elektronen und Positronen durch Materialisierung von Strahlung entstehen und auch selbst wieder zerstrahlt werden können. Es besteht somit kein prinzipielles Bedenken, daß auch im lebendigen Organismus durch Zerstrahlung von Substanz Strahlen verschiedener Art entstehen können, vorausgesetzt, daß eine genügend große Energie vorhanden ist. Mit den von Fürth gemessenen 500 000 V (nach R. Keller sind es vielleicht einige Millionen V) wäre das wohl möglich.74 Leibnizsche Gedanken werden wieder lebendig, wenn er lehrte: die Kraft muß nur als Substanz, und die Substanz kann nur als Kraft gedacht werden.75

       Natürlich ist das nicht des letzten Rätsels letzte Lösung. Bei der „sehr glücklichen Enge unseres Bewußtseins"76 und bei der Beschränktheit unserer Aufnahmeapparate für die Vorgänge in unserer Innen- und Außenwelt bleibt alle menschliche Wissenschaft ein ewiges Stückwerk. Immerhin führen derlei Forschungen und Gedanken zu Punkten, von denen aus die Phantasie ihre Flüge in unbekannte und unzugängliche Gefilde unternehmen kann. So unternahm auch Fernel seine Studien non tarn perficiundi spe, quam desiderio excitandi ingenia multorum ad veri investigationem (nicht sowohl in der Hoffnung zum Ziel zu kommen, als um viele kluge Köpfe zur Forschung anzuregen).77

       25. In vielen Untersuchungen haben die Experimentatoren festgestellt, daß das menschliehe Auge nur das einfallende Licht reflektiert, aber von sich selbst kein Licht aussende. Diesen Satz müssen wir gelten lassen. Allein er gilt eben nur für das sichtbare Licht.

       Über den Ergebnissen der Experimentatoren dürfen wir die Erkenntnisse von vielen Geschlechterreihen ganzer Völker nicht übersehen. Die Sprache kennt strahlende, leuchtende, blitzende, funkelnde, sprechende, suchende, fragende Blicke. Lessing spricht vom „Mädchen mit beredten Blicken"; und solche kennen wir alle. Andere funken grausame Blicke aus den Augen.

       Darin, daß wir Blicke wechseln oder uns durch Blicke verständigen, kommt das Hin und Her der Strahlen mit psychischer Resonanz zum Ausdruck. Eben aus solcher Resonanz ergeben sich beim Gegenüber die klaren, festen, freien, sicheren, starren, schwärmerischen, träumerischen, verlangenden, fragenden, scheuen, ängstlichen, frechen, dreisten, verliebten Blicke. Denn nicht die Blicke sind scheu und fragend. Sie rufen nur derlei Eindrücke hervor bei demjenigen, auf den sie fallen und der empfänglich dafür ist. In Weiterführung dieses Gedankens kommt man zu der Erkenntnis: Die Wellen, Strahlen, Potentiale usw. sind an sich indifferent; ihre Wirkung hängt einzig und allein von dem konstitutionellen Aufbau des Empfängers ab. Dieser Aufbau ist das Entscheidende, und weil er seinerseits von der Idee abhängt, welche ihn ersonnen und ausgeführt hat, so rückt diese Idee in den Vordergrund der Forschung. Sie ist metaphysisch, hyperphysikalisch ; deshalb hatte die „exakte" Wissenschaft der letzten Epoche kein Interesse an ihr. Das Wort: inter-esse im ursprünglichen Sinn trifft hier zu: es gab nichts, was zwischen Forschungsmethode und Idee als Verbindungsstück dazwischenliegt. Infolgedessen rissen die Verbindungsfäden ab. In der Tat: die Konstitutionsformen, unermeßlich und unzählig in ihrer Mannigfaltigkeit, welche selbst in den gröbsten Umrissen eine Aufzählung unmöglich machen, im feineren Detail aber geradezu grenzenlos sind,78 konnten ein auf exakte Gesetzmäßigkeit erpichtes Streben nicht locken. Neuerdings beginnt man einzusehen, daß damit nicht weiterzukommen ist: daher die Rückkehr zu der Ganzheitsbetrachtung, zur Totalität, zum Holismus. Aber man muß noch weiter gehen und stößt dann auf die, die Konstitution bedingende Idee, Psyche, welche je nach ihrem Gefüge Strahlen aussendet und aufnimmt.

       26. Die optisch möglichen Reflexionen der Lichtstrahlen an den Augen, insbesondere der Hornhaut, sind bei weitem nicht so vielgestaltig, daß sie die Vielgestaltigkeit der Augensprache zu erklären vermöchten.

       Wir müssen uns somit nach einem weiteren Faktor umsehen und erinnern uns an die Spitzenentladungen im St. Elmsfeuer und in den Spitzen der Nadelhölzer und Sträucher. Wir erinnern uns an die „elektrischen Menschen", welche zwischen ihrer Haut und Kleidung Knister- und Fünkchenentladungen herbeizuführen vermögen. Möglicherweise dienen die Haare des weiblichen Geschlechts als erster, noch sichtbarer Abschnitt eines unbewußten psychischen Sende-Apparates. Wie die Sprache den Augen und Blicken allerlei Eigenschaften beilegt, so auch den Haaren: weich, seidenweich, kraus, borstig, struppig, wirr, rauh. In dem mittelalterlichen Gedicht vom bärtigen Frauenzimmer sind die Haare neben den Augen als Fangapparate aufgeführt: Columbine hat mein verliebtes Herz schon lang mit ihren goldenen Haaren bestrickt und mit ihren liebreizenden Augen entzündet. — Ebenso präzis heißt es im Simplicissimus: an der einen gefielen mir nur die schwarzen Augen, an der anderen die goldgelben Haare.

       Bezeichnenderweise trugen im frühen Mittelalter die Jungfrauen langes, frei herabfallendes Haar (jedes Haar eine Antenne). Die verheirateten Frauen banden ihr Haar als Knoten unter die Haube. Und wenn die in ein Kloster eintretenden Mädchen zunächst ihren Haarschmuck abschneiden mußten, so schnitten sie damit ihre Antennen zu ihrer psychobiologischen Umwelt ab. Wieviel Jammer mag den, in einem ekstatischen Moment abgeschnittenen Zöpfen gefolgt sein!79

       Indessen, sowohl die Augen wie die Haare sind nur Teile eines größeren Ganzen. Wir müssen also weiter suchen, und da bietet sich das Mienenspiel von selbst dar. Jeder Zeichner weiß, wie mit einem kleinen, fast unmerklichen Strich der Gesichtsausdruck zu verändern ist.

       Aber nicht bloß das Mienenspiel des Gesichts, sondern die Mimik des Gesamtkörpers drückt die Gemüts- bzw. Stimmungslagen aus.Darüber sind viele und dicke Bücher geschrieben worden; eben solche über die Vorgänge an den inneren Organen, gewissermaßen als innere Reflexe bei Gemütsbewegungen, z. B. des Herzklopfens bei Freude, der Harnnut bei Erwartung, des Durchfalls bei Angst, der Gelbsucht bei Ärger. Nur hat man bei dieser Registrierung solcher innerer Reaktionen halt gemacht und die psychogalvanischen Reflexphänomene80 nicht bis in die letzten Zellen verfolgt. Vielleicht wäre das mit den mikroelektrischen Untersuchungen, soweit sie bis heute entwickelt sind, noch nicht möglich. Aber es ist ganz klar: Gemütsalterationen müssen die elektrochemischen Verhältnisse in den letzten Lebenseinheiten beeinflussen und — bei häufiger Wiederholung — ihr Gefüge verändern. Das folgt unmittelbar aus der Erkenntnis der physiologischen Psychologie von der untrennbaren inneren Einheit des Organismus. Hier ist kein Einzelglied ein bloßes Hilfsmittel für die anderen Teile, sondern alle bilden zusammengehörige, aus denselben Gesetzen organischer Entwicklung hervorgegangene Faktoren, von denen jeder in die anderen eingreift und keiner von den anderen losgelöst werden kann.81

       Humes (1711—1776) Satz: das Ich ist nur ein Bündel von Vorstellungen klingt an.82

       Genau das gleiche sagen uns die Chemiker: die Gesamtheit der Biokatalysatoren eines Organismus erscheint als ein geordnetes System niederer teleokausaler Faktoren, welche unter der Gesetzlichkeit des Lebens, d. h. im Dienst der höheren Ziele des Organismus stehen.29 Das vielerörterte Problem der Entstehung innerer Krankheiten durch Gemütsbewegungen kommt damit seiner Lösung näher. Ohne den Einblick in die Elektronen- und Jontenverhältnisse in der lebendigen Substanz war ein Verständnis unmöglich. Es blieb jedem überlassen, nach Maßgabe seines Wissens und seiner Beobachtungsgabe sich so oder so zu entscheiden.

       In der Welt der Technik verhält es sich gleichermaßen. In einer vielbeanspruchten Brücke ändert sich durch die zahlreichen Erschütterungen das innere Gefüge; sie verstärken durch tausend Resonanzen ungleichmäßig die sog. Eigenschwingungen der Eisen-, Stein-, Holzteile. Bei den Häusern bewirkt der zunehmende Verkehr mit schweren Lastwagen dasselbe. Brücken werden deshalb dauernd überwacht; - bei der feinsten Konstruktion: Mensch denkt man nicht daran.

       27. Wenn dem so ist, wenn tatsächlich das psychophysische System eine Einheit bildet, dann muß auch die elektro-chemische Funktion eine Einheit sein und ihrerseits als Einheit ihre Strahlen aussenden. Die Ausstrahlung muß den inneren Verhältnissen entsprechen, und sie beschränkt sich nicht auf einzelne Stellen, sondern geht vom Gesamtkörper aus. Wer vermöchte zu sagen, worin eigentlich der „charme" einer Persönlichkeit liegt ? Mit Wundt kann man sagen: er ist eine, in sich zusammenhängende Mannigfaltigkeit, deren einzelne Teile sich zu einem Totalgefühl vereinigen.87 Wir können auf die geschlossene Persönlichkeit die Sätze eines Physikers von Rang, Weyl übertragen: die Materie ist das felderregende Agens, das Feld ein extensives Medium, das vermöge seiner in den Feldgesetzen zum Ausdruck kommenden Struktur die Wirkungen von Körper zu Körper überträgt. Ein Stück Materie — sei es ein Elektron oder eine Persönlichkeit — ist lediglich ein kleines Gebiet des elektrischen Feldes, in welchem die Feldstärke enorm hohe Werte annimmt, wo demnach auf kleinstem Raum eine verhältnismäßig gewaltige Feldenergie konzentriert ist. Ein solcher Energieknoten ist keineswegs scharf gegen das übrige Feld abgegrenzt.83 — Indessen, ebenso wie sie sich nach innen zum Totalgefühl vereinigen, so tun sie es auch nach außen zu einem elektro-psychischen Kraftfeld der Gesamtpersönlichkeit. Das Auge bzw. die optischen Eindrücke spielen dabei eine bedeutsame Rolle, aber nicht die einzige. Mit Recht bemerkte Wieland: wiewohl die Grazien eben nicht viel für Dintonetten getan, so gab ihr doch das Spiel des Windes mit den Haaren und ihre nymphenhafte Bekleidung — ich weiß nicht was, worin sich einer leicht vergaffte. — Man sieht: nicht die Schönheit ist absolut schön, sondern erst der Gesamteindruck macht auch die Teile schön. Was der Mensch liebt, findet er schön; daher das Heimweh auch nach Gegenden, welche ästhetisch betrachtet nichts Anziehendes haben.84

       So kommt man mit Schopenhauer zu dem Glauben, daß es noch eine andere Art gibt, auf die Dinge zu wirken als nach dem gewöhnlichen Kausalnexus, nämlich ein Wirken von innen heraus. Das erscheint dann als praktische Metaphysik.19

       Nicht der Vortrag an sich macht des Redners Glück, sondern das was aus der Seele dringt und die Herzen aller Zuhörer zwingt. Drum begibt sich der, der nicht als Redner auftritt, der strahlenden Wirkung seiner Persönlichkeit und damit des — augenblicklichen — Erfolgs. Die Nachwirkung freilich verhält sich umgekehrt beim Mann des Wortes und dem der Gedanken.

       28. Die einheitliche Ausstrahlung ist nicht immer gleich. Sie wechselt in ihren Elementen bzw. in deren Kombinationen, vergleichbar der Ünzähligkeit der Farben; sie kann also höchst verschiedene Stimmungen ausdrücken.85 Beim Geruch kann man das deutlich beobachten: unter dem Einfluß von krankhaften elektrochemischen Umsetzungen sendet der Körper charakteristische „Riechstrahlen" aus. Das wußte schon Hippokrates: αιτε ρινες εν μεν τοις πυρεταινουσι πολλα τε χαι χαλως σημαινουσιν. αι γαπ οδμαι μεγα διαφερουσιν (bei Fieberkranken gibt die Nase viele und gute Anhaltspunkte. Denn die Gerüche sind sehr verschieden ).86

       Man möchte annehmen, daß die Hunde und andere Tiere mit feinem Riecnvermögen in ihrer Weise brauchbare Dia" und Prognosen stellen.

       Daß man vom Geruch berauscht werden kann: μεθυσχεθαι τη οδμη wußte schon Herodot. Sicher spielt der Geruch eine Rolle bei der Anziehung bzw. Abstoßung der Geschlechter. Ebenso wie man jemand „nicht riechen kann", gibt es wohl unigekehrt anziehende Gerüche, wenn man auch — weil unbewußt — nicht davon spricht. Dabei darf man jedoch nicht vergessen, daß der Geruch nur einen Teil der Gesamtstrahlung bildet. Wir sind geneigt, die Anziehung der Geschlechter über erstaunliche Entfernung hinweg bei den Farnen, Schmetterlingen usw. auf Duftstoffe zurückzuführen. Aber das ist keine unbedingt einleuchtende Vorstellung, im Grunde nur eine Verbrämung unseres Nichtwissens. Genau ebenso gut kann man psychische Strahlen ohne Geruch annehmen.

       29. Vermutlich handelt es sich bei den subjektiven Gefühlen und bei den objektiven Außenwirkungen um das gleiche Kraftfeld. Es ist ein verhängnisvoller Irrtum, die psychischen Funktionen auf das sichtbare Nervensystem oder gar Gehirn zu beschränken und die unsichtbaren Ausstrahlungen als nichts zu be werten.

       Und doch sind sie ebenso ewig wie alle anderen Strahlen !87 Um weiter zu kommen, müssen wir die anatomischen und chemischen Eierschalen unseres Denkens abstreifen. Wir müssen auch mit Gebieten rechnen, in welche wir weder mit unseren Experimenten, noch mit unserer erdgebundenen ratio einzudringen vermögen.

       Wir nehmen unbedenklich unseren Organismus als eine psychophysische Einheit, haben uns aber mit Feuereifer nur auf die physische, insbesondere chemische Komponente gestürzt. Nun haben die neueren Forschungen immer mehr die Identität der chemischen und elektrischen Vorgänge bestätigt, wie sie Berzelius vorgeschwebt hat.88 Lösen wir die physischen Vorgänge in elektrische auf, dann stellt sich eine gewisse Verwandtschaft mit den psychischen her — natürlich nicht mit denen der Bewußtseinspsychologen —. Man braucht nicht die elektrischen und psychischen Energien gleichzusetzen; wohl aber kann man sie auf eine gemeinsame Ur-Energie zurückführen.

       Dann stoßen wir auf ein psychisches Kraftfeld, welches ebenso im Innern unseres Organismus, wie nach außen wirkt.

       Schon Wieland hat das gewußt: die Gegenwart des geliebten Gegenstandes verbreitet eine Art von magnetischen Ausflüssen rund um sich herum.89

       Und wenn E. v. Bergmann in einer Versammlung erschien, hatten wir jungen Studenten das Gefühl, daß ein Stück Geschichte mit ihm hereinflute.

       In dem Moment, in welchem wir von elektro-psychischen Kraftfeldern1) ausgehen, welche in der lebendigen Substanz verdichtet, materialisiert, d. h. unseren Sinnesorganen zugänglich auftreten, in diesem Moment verschwinden die üblichen Gegensatzpaare von Seelischem und Körperlichem, von Bewußtem und Unbewußtem.76 Die einen sind nur Modifikationen, verschiedene Aggregatzustände des anderen, aber darin liegt nicht die Hauptsache.

       Auch das vielgesuchte ,,Glück" — richtiger die Zufriedenheit — besteht im Zusammenklingen, in der Harmonie der inneren und äußeren seelischen Kraftfelder, eine Harmonie, welche zu stören nur dem Menschen beschieden ist.90

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       1) Um Worte wollen wir nicht streiten (Fr. Glisson, anatom. hepatis 1691 Vol. II. 246). — Wortspiele (definitiones etymologicae) oder Wortklaubereien (vocabulorum disquisitiones grammaticae) sind für jede Forschung wertlos (Fr. de le Boe Sylvius, disputat. med. 1663. Disp. III. 23).

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       30. Ebenso wie es eine steigernde Resonanz gibt, so auch eine solche mit umgekehrtem Vorzeichen. In dem neuerschlossenen Gebiet der Katalyse hat man neben den aktiven Katalysatoren, welche chemische Reaktionen befördern bzw. auslösen, negative Gegenstücke, Paralysatoren gefunden: sie hemmen, vergiften die chemischen Prozesse bzw. brechen einmal eingeleitete Reaktionsfolgen vorzeitig ab.12 Wir alle kennen die kalten, lähmenden Blicke von Personen, in deren Nähe uns frostig zu Mute ist. Von frostiger Bewunderung, Beschreibung, Begrüßung, Ausrede, Verabschiedung haben namhafte Beobachter, wie Gellert, Wieland, Kant, Goethe berichtet; und wie ein unsympathisches Gegenüber durch seine bloße Anwesenheit lähmend wirken kann, weiß wohl jeder aus eigener Erfahrung. Es gibt Familien bzw. Häuser, in denen man bei aller Hochachtung dauernd friert, andere, wo man sich vom ersten Augenblick an wohl und warm fühlt.

       In der Diplomatie, welche so viel mit Verheimlichungen und anderen Täuschungsmanövern operiert, ist es im Lauf der Jahrhunderte fast zur Regel geworden, daß die Ansprachen, Trinksprüche und dergleichen um so herzlicher ausfallen, je kühler die Herzen sind.

       Das Gefühl des Befangenseins, der Einengung bleibt oft unterhalb der Schwelle des Bemerkens. So sind manche Männer bzw. Frauen für sich allein frisch und geistsprühend, aber in Gegenwart ihrer Ehehälften kleinlaut, manchmal stumm. Sie würden das kaum zugeben; aber der Tatbestand beweist ihren Drang nach freierer Umgebung.

       Solche negative Seelenstrahlung braucht nicht sofort zu wirken. Zumeist wirkt sie latent, chronisch im Unbewußten, übt aber trotzdem ihre verheerende Wirkung auf das ganze psycho-physische System aus. Causae remotae nannten das die Alten.

       Man ist versucht, an Röntgenbeschädigungen zu denken, die natürlich schon bei der ersten Bestrahlung beginnen, aber erst nach geraumer Zeit in die Erscheinung treten. Es scheint, als ob sowohl die offizielle Medizin, wie die verschiedenen Natur-Heil-Sekten diese Dinge weder nach der ätiologischen, noch nach der therapeutischen Seite hin genügend bewerteten. Die Blicke sind noch immer durch Morgagni-Virchow anatomisch, oder durch Fr. de le Boe-Sylvius (1614—1672) chemisch hypnotisiert, obwohl die Tatsachen der Krankheitsentstehung und -heilung mit Hilfe psychischer Kraftfelder bei einer darauf gerichteten Aufmerksamkeit leicht ans Licht zu ziehen wären. Frühere Ärzte, z. B. Fr. Hoffmann (1660—1742), Baglivi (1669—1707) hatten darin weitere Sichten.

       Sie hatten bei dem hervorragendem Arzt und Denker Rich. Morton (1635—1698) gelesen: Spiritus esse το ενεργετιχον seu primum principium activum totius machinae, atque eorum unionem cum sanguine esse intimam, eorum oeconomiam saepissime perverti. (Die Psyche ist das Lebenselement des ganzen Organismus; sie ist aufs engste mit dem Blut verbunden. Ist dieses Zusammenspiel gestört, kommt es zu Krankheiten, und zwar zu Allgemein-Krankheiten.)91

       Erst neuerdings haben Krehl und seine Schule diese Dinge wieder ins Gesichtsfeld der Ärzte zu rücken versucht. Ich bin erschüttert — schreibt der berühmte Kliniker — zu sehen, wie viele vortreffliche Menschen mit Herz-, Gefäß- und Nervenkrankheiten durch seelischen Kummer zugrunde gerichtet werden.7

       Die Störung, Auflösung des organischen Gefüges, welche wir Krankheit, d. h. anders gerichtete Reaktionsketten nennen, erinnert an den nicht weniger rätselhaften Vorgang der Katalyse, bei welchem ja auch der Ablauf der gewöhnlichen, chemischen Reaktionen beeinflußt, beschleunigt oder abgeändert wird. Die Ursache der Vorgänge hier wie dort liegt außerhalb unseres Bemerkens. Vielleicht werden sie verständlicher, wenn wir aus dem Dunkel der Veranlassung heraus Resonanzen wirkend annehmen. Kein Körper, weder ein belebter noch ein toter, ist innerlich in Ruhe. Eigenschwingungen der verschiedensten Arten sind in jedem Gefüge tätig, auch in den Bauwerken. Daß wir diese Eigenschwingungen nicht sehen, ist bedauerlich, aber wir sehen auch sonst vieles, wahrscheinlich das meiste nicht. Die Vorstellung erscheint somit erwägenswert, daß die unbemerkten Eigenschwingungen des einen Körpers in jenen des anderen Resonanzen hervorrufen, welche dann, verstärkt geworden, sichtbare Wirkungen auslösen. Katalyse, d. h. Beschleunigung, und Paralyse, d. h. Hemmung des Spiels der Reaktionen rücken bei solcher Betrachtung dem Verständnis, wenigstens des Laien, etwas näher.

       Die Verbindung zwischen einem strahlen-sendenden und einem strahlen-aufnehmenden Körper wird nicht durch ein Vakuum hergestellt, sondern eben durch Strahlen, wenngleich wir diese nicht sehen. Man ist zu der Annahme versucht, daß diese Strahlen, welches auch ihre Art und ihre Verlaufsrichtung sei, durch andere Kraftfelder beeinflußt und in ihrer Wirkung abgeändert werden könnten, etwa wie die Vögel im Bereich der Hochspannungsleitungen ihre Orientierung verlieren. Vielleicht wirken auch die Energien, welche wir Lichtstrahlen nennen, katalytisch, indem sie besondere Resonanzen transportieren. Eben dadurch mögen die verschiedenen Wirkungen des infraroten und des ultravioletten Lichtes bedingt sein.

       31. So ungewohnt diese Betrachtungsweise den heutigen vorkommen mag: neu ist sie keineswegs. Schon vor 300 Jahren schrieb der damals hochberühmte Rostocker Professor Sebast. Wirdig (1613—1687) ganz präzis: universa natura magnetica est. Er ließ die vielen Einzelstrahlen, welche er Spiritus nannte, zu einer Einheit zusammenfließen. (Ex horum omnium spirituum combinatione, confluxu unus exoritur spirituum complexus, unus Spiritus.)92 Er bewegte sich damit in den Bahnen des noch genialeren Franc. Glisson (1597—1677). Ganz in unserem Sinn ließ dieser die verschiedenen Energie-Arten (vires, potentiae, facultates) in ewigem Wechsel sich neu verknoten. Bleibend in diesem ewigen Wechsel ist nur die Idee des Lebens (essentia animae permanent invariata).93 Aber auch wenn diese Betrachtungsweise völlig neu wäre, müssen wir uns mit Goethe daran erinnern, daß die Weltgeschichte von Zeit zu Zeit umgeschrieben werden muß, weil neue Ansichten gegeben werden, weil die wechselnden, vorschreitenden Meinungen sehr vieles verändern.94

IV. BÜNDELUNG DER STRAHLEN

       32. Während in den letzten Jahrhunderten der Geist der Forschung fast ausschließlich auf große, kleine und kleinste Einzelheiten gerichtet gewesen war, macht sich jetzt ein entgegengesetztes Bestreben bemerklich. Die Worte: Synthese, Ganzheit und dergleichen werden immer häufiger gehört. Jedoch macht es den Eindruck, als ob diese Ganzheit in vielen Köpfen mehr in einem Nebeneinander der Dinge, als in ihrer Verschmelzung bestehe.

       Die vielbesprochene Einheitsmedizin gleicht vorläufig noch einem Palast, in dessen einzelnen Stockwerken verschiedenen Göttern geopfert wird, und „die Einheit Europas" ist ein hauchdünnes Gespinst über krassen Gegensätzen.

       Immerhin sind derartige synthetische, vereinigende Tendenzen ein erfreuliches Zeichen. Sie führen im Bereich des großen und des kleinen Lebens unweigerlich zu der Frage nach der Macht, welche alle Einzelheiten zusammenhält bzw. in jedem Augenblick neu gruppiert.

       Die Physiker sind uns da, wie schon oft, mit gutem Beispiel vorangegangen und haben die ,,Bindungsenergie" rechnerisch beschlichen. Aus der Abweichung der Masse der Kerne von der Summe der Massen aller in ihm enthaltenen Teilchen, aus dem sog. Massendefekt, kann man Schlüsse auf die Energie ziehen, mit welcher diese Teilchen im Kern zusammengehalten werden.95

       Indessen, das ist eigentlich nicht das, was wir erfahren möchten. Bei dem einheitlichen Gebilde eines Blumenstraußes ist das Blumenband nicht eben von großer Bedeutung. Wesentlich ist der Geist, der Geschmack, die Idee, welche die einzelnen Teile zusammengefügt hat. Sie ist das ewige principium naturale, immutabile et plane indivisibile, welches die Einzelerscheinungen jeweils in einer gradualis virium variatio, d. h. in immer neuen Formen zusammensetzt.93

       Wiederum, wie die Griechen, forschen wir neugierig nach Klotho und erwarten ängstlich Atropos. Hinter diese schöpferische Idee kommen wir auch mit den feinsten Experimenten und subtilsten Rechnungen so wenig als hinter die geheime Macht, welche den Feldherrn, Staatsmann, Künstler lenkt. Darüber war sich schon Roger Bacon (1214—1294) klar.

       Wir müssen somit, so schwer es auch fallen mag, am Menschen nicht das Konvolut seiner Organe, sondern seine vis energetica als das Wesentliche ansehen, und diese Lebenskraft als immaterielles Etwas flutet zeit- und raumlos durch uns alle hindurch, nur in den Einzelwesen mit einer Art von Lokal-Kolorit versehen.

       In der monadologischen Ausdrucksweise von Leibniz (1676 bis 1716) können wir die Menschen als „momentane Geister" oder als fulgurations continuelles de Dieu betrachten. Dann paßt auf die Einkleidung, Verpackung des Lebens, auf deren Erhaltung alle unsere Sorgen gerichtet sind, das Wort von Cuvier zu Rudolphi: Mais, ce n'est qu'accidentel.96

       Auch die Frage nach Herkunft und Verbleib der zu einer Persönlichkeit zusammengefaßten Wellen- oder Spiral-Pakete wird gegenstandslos, sobald wir von dem aufang- und endlosen, unübersehbaren Durcheinanderwogen solcher mehr oder weniger komplizierter Pakete ausgehen. Dann erkennen wir sofort, wie die in uns vereinigten Strahlen aus der Unendlichkeit kommen und in die Unendlichkeit weitergehen. Nach allen Seiten hin sind wir mit dieser verknüpft. Mit unserer Oberhaut bzw. mit unserer Geburt und unserem Tod sind wir wahrlich nicht zu Ende, wenn auch die Einkleidung als Persönlichkeit zerfällt.

       Ihre temporäre Materialisierung ist nur ein kurzer Moment in der Ewigkeit, einem Wellenkamm, einer Rauchwolke vergleichbar, die sofort wieder zerfließen.

       Nicht die Verknotung ist das Bleibende, sondern die höhere Instanz, welche sie verknotet. Und diese ist ewig.97

       33. Eben in diesem immateriellen Etwas, in diesem Medium von elektro-psychischen Feldern hängen wir — in größerer oder geringerer Ausdehnung und Stärke — mit allem Lebendigen zusammen. Das ist die Funktion der Resonanz. Noch feiner als die Rundfunkwellen vermitteln die psychischen Strahlen die Wirkungen und Gegenwirkungen der einzelnen Lebewesen.

       Der tierische Magnetismus entlockt den klugen Menschen des XX. Jahrhunderts ein mitleidiges Lächeln. Streift man jedoch diese Antisuggestion ab, dann findet man in seinem Grundgedanken einen ganz modern anmutenden Kern. Seine Anhänger erblicken in ihm nur den Sonderfall einer Ur-Kraftform, welche alle Körper des Universums untereinander verbindet und durch das Spiel entgegengesetzter Ströme sie im Gleichgewicht hält.98

       Wir erinnern uns dabei an die συμπαθεια των ολων Marc Aurels, Plotins, Patritius, Campanellas, Paracelsus, van Helmonts, Fr. Bacon, Shaftesburys und anderer Persönlichkeiten, die im Reich der Wissen schaft einen guten Klang haben, und werden nicht mehr so obenhin lächeln.

       Wir erinnern uns an den gnostischen „Erzketzer14 Valentinus (gest. 160 n. Chr.) und sein Pleroma, d. h. den ewig schweigenden Urgrund, aus welchem paarweise Geisterreihen hervorgehen, eine Lehre, welche übrigens schon 700 Jahre vorher kaum verändert Pythagoras in Ägypten, dem Heimatland des Valentinus, angetroffen hatte. Pleroma war damals der „verborgene Gott", die „ewige Weisheit", aus welcher Geist, Stoff, Raum, Zeit hervorgeht99

       Mit Lessing kann man fragen: Ist diese Hypothese darum so lächerlich, weil sie die älteste ist ? Weil der menschliche Verstand, ehe ihn die Sophisterei der Schule zerstreut und geschwächt hatte, sogleich darauf verfiel?100 Die Vorstellung erscheint gerechtfertigt, daß die primitiven Menschen mit der großen Natur enger verbunden sind, als wir, die wir sie wissenschaftlich zerstückeln und die Fragmente für das Ganze halten. Die Gottesgelehrten des frühen Mittelalters haben den großen Valentinus (gest. 160 n. Chr.) für einen „Erzketzer" erklärt, weil er die altägyptische Lehre vom Pleroma, dem ewigen, schweigenden Urgrund aller Dinge wieder aufgegriffen hatte. Wollen wir die gleiche Sünde begehen, wie jene alten Kirchenlichter?

       34. Wie die Armeen, die großen Industrie- und Handelsunternehmungen bei aller inneren variablen Gliederung einheitliche Gebilde darstellen, so auch die Völker. Auch hier gibt es Bindungsenergien nach Familien, Sippen, Stämmen. Aber auch hier thront über allen die Idee, nicht als gewalttätige Klammer von außen, sondern als der rote Faden, an welchem alle Einzelheiten aufgereiht sind.

       Man kann nicht par ordre de mufti aus 1000 Einzelseelen eine Volksseele, ein Volk zusammenschweißen. Hier spielt vielmehr ein überindividueller Faktor mit, der sich zwar in momentanen Verkörperungen zu erkennen gibt, aber diese überdauert trotz des dauernden Untergangs seiner individuellen Träger. Er äußert sich jedoch nur in solchen Trägern, die er selbst geschaffen hat; andere — wie sie ihm von biologiefremden Staatsmännern dargeboten oder gar aufgezwungen werden (man denke an die französischen Naturalisationsgesetze!) — lehnt er energisch ab. Daran sind seit Alexander auch geniale Politiker gescheitert. Es ist ein aussichtsloses Unterfangen, von außen zusammenzwingen zu wollen, was sich innerlich widerstrebt.

       Auch manche therapeutischen Bestrebungen wollen, in der Art von Dr. Eisenbart, mit Gewalt die physiologischen Resonanzen in doktrinär bestimmte Bahnen drängen, bleiben deshalb ohne den gewünschten Erfolg.

       Alle Achtung vor den Großtaten der organischen und physiologischen Chemie! Aber man wird doch zuweilen an den Satz des großen Klinikers Joh. Gaub (1704—1780) erinnert: die Brust von außerordentlichen, fast übernatürlichen Experimentalerfolgen geschwellt, lockt sie eine trügerische Phantasie auf das ärztliche Gebiet, vor dem sie das Bewußtsein von der Feinheit der menschlichen Organisation hätte warnen müssen.101

       Wir wollen nicht mit dem Schüler G. E. Stahls, Joh. Juncker (1679—1759) behaupten: chymiae usus in medicina fere nullus (der Nutzen der Chemie für die Heilkunst ist fast Null). Aber wir hoffen, daß nach Überwindung der Präponderanz der Chemie — pacatis rumoribus chymicorum —102 in der Behandlung des entgleisten psychophysischen Systems neben der physischen auch die psychische Seite wieder mehr betont werde. Anfänge sind gemacht.

       Unverkennbar gibt es als Gegenstück zur Rassenseele auch aktive Rassenstrahlungen. Von ihnen, von der Totalität im Sinne Schillers103 hängt es ab, ob sich die Völker anziehen oder abstoßen. Die Individualstrahlungen spielen dabei eine ebenso geringe Rolle, wie Staatsverträge oder politische Bündnisse. Der chinesische Staatsmann Ku Hung Ming schätzte zwar die einzelnen Deutschen höher ein als die Franzosen, wollte aber doch lieber mit diesen verhandeln.104

       Auch bei Tieren kommen gelegentlich Individualfreundschaften zwischen feindlichen Arten vor, während die Stämme sich verhalten wie Hund und Katze.105 Wir wissen über die letzten Elemente der Rassenseelen und ihre positiven bzw. negativen Ladungen noch weniger, als über das Licht, den Geruch, die Töne. Das beeinträchtigt ihr Vorhandensein nicht im geringsten. Wer im praktischen Leben diesen Faktor übersieht oder falsch einschätzt, ist zu Mißerfolgen verurteilt.

       35. Indessen nicht bloß zwischen den Völkern gibt es seelische Kollektivstrahlen herüber und hinüber: auch innerhalb einer Volksgemeinschaft ist das der Fall; ja sie beruht gerade auf den dadurch bedingten Potentialdifferenzen. Ihr Wegfall bedeutete den Untergang.

       Die Resonanzen teilen eine Gemeinschaft in verschiedene Schichten, welche als Zünfte, Kasten, Innungen, Sekten, Vereine, Parteien auftreten und mitunter zu gewaltsamen Entladungen in Revolutionen, Bürgerkriegen und dergleichen führen. Nur derjenige verdient den Namen eines Geschichtsphilosophen, der diese Ereignisse ohne die Zutaten der Gefühle zu betrachten vermag, der die Kämpfe der Roten und der Grünen in Byzanz, der roten und der weißen Rose in England so unbeteiligt verfolgt, wie die Potentialausgleiche zwischen zwei Elektroden. Bei den Mitwirkenden spielen immer die Gefühle die wichtigste Rolle; denn im Seelischen resonieren nicht die Tatsachen oder die Erkenntnisse des Geistes aufeinander, sondern die mit ihnen verbundenen primitiven Gefühle. Ja, oft genug formen diese jene. Man kann eine Art von Genealogie aufstellen: Die Resonanzen erzeugen die Gefühle, die Gefühle erzeugen die Gedanken, und die Gedanken sind die Eltern der Taten. Carlyle hat ebenso gedacht.

       Hier beginnt das grenzenlose, unbegreifliche Reich der Suggestionen. Drum sind zu allen Zeiten die Suggestions-, d. h. Glaubenskriege die grausamsten gewesen.

       36. Jeder kennt die Dissonanzen innerhalb eines Volkes. Aber diese intra-nationalen Dissonanzen können in ihren Bruchstücken international gleichartige Resonanzen, d. h. Konsonanzen auslösen. Das beobachten wir dermalen bei dem über die ganze Erdoberfläche hin konsonierenden Untermenschentum. Nicht die Überzeugungskraft kommunistischer Doktrinen hat die Bedrohung des alten Kultur-Europa ausgelöst, sondern der Appell an die niedersten Instinkte der Massen.

       Die Vertreter des Bisherigen werden quantitativ und qualitativ zusehends schwächer, so daß die von Le Bon schon vor einem Menschenalter ausgesprochene Prophezeiung in Erfüllung zu gehen droht: plusieurs peuples de l'Europe vont etre obliges de subir la redoutable phase du socialisme (== communisme). Ce sera l' ecrasement final sous les pieds des barbares, la fin d'un monde. (Viele Völker Europas müssen die schreckliche Phase des Kommunismus über sich ergehen lassen. Dann zerstampfen die Barbaren alles und führen das Ende einer Welt herbei.)106

       Mit Gesetzen und Kanonen kann man gegen die Resonanzen solcher Suggestionen nicht angehen. Ideen lassen sich nur durch Ideen bekämpfen. Aber die Ideen brauchen Männer, und das Aussterben der Männer bedeutet Aussterben der Ideen.

       37. Indessen, bei allen Verschiedenheiten der Individuen und der Völker dürfen wir doch das nicht vergessen, was Ranke den tiefen inneren Zusammenhang des europäischen Lebens, basierend auf der großen, auf gemeinsamen Grundlagen beruhenden, aus nahverwandten Elementen erwachsenen Völkergemeinschaft des Abendlandes genannt hat. Zwar hat sich das besondere Dasein jedes Einzelnen daraus erhoben, kann sich aber doch niemals von ihr losreißen. Denn eben dieses lebendige Ganze des europäischen Gemeinwesens birgt in seinem Inneren Kräfte, welche das gestörte Gleichgewicht noch immer wieder hergestellt haben.107

       Worin anders könnte dieser Zusammenhang, diese Völkergemeinschaft bestehen, als in dem gewaltigen psycho-elektrischen Kraftfeld, in welches alles eingebettet ist ?

       Von einem höheren Standpunkt aus gesehen sind alle Differenzen zwischen den Völkern — mögen sie auf friedlichem Wege oder in Kriegen ausgeglichen werden — nichts als Potentialunterschiede, welche aus dem unerschöpflichen Grund des allgemeinen Lebens entsprungen, immer wieder frische Kräfte her v ortreiben108 und damit der gefürchteten Entropie von Clausius (1812—1888) siegreich entgegenwirken.

       38. Aber noch weiter können wir unsere Horizonte spannen. Wem es gelingt, das Universum als Einheit zu erfassen, über die Millionen von Lichtjahren hinweg, der wird ahnen, daß nicht bloß die Naturereignisse auf unserem Planeten unter sich in Zusammenhang stehen, sondern auch die Ereignisse im Weltenraum. Das was wir den nördlichen und den südlichen Sternenhimmel nennen: diese beiden Hälften bilden eine organische Einheit, in welcher — so wenig als im Mikrokosmos des Menschen — an irgendeiner Stelle eine Entladung in den elektrischen Feldern, erfolgen kann ohne Rückwirkung auf das Ganze. Die Neu-Erscheinungen, welche unsere Astronomen mit ihren neugierigen Fernrohren verfolgen, sind nichts als sichtbar gewordene Resonanzen an einer besonders ansprechenden Stelle des Alls.

       Um unseren Planeten laufen — die Seismographen zeigen es an — ununterbrochen Erdbebenwellen herum,109 welche Erdbeben bleiben, auch wenn wir nichts davon merken, und sich nur — analog den Nova-Sternen — bei besonderer Ansprechbarkeit der Erdrinde da und dort in einer lokal bedingten Form zu erkennen geben.

       Es bleibt der Größe der Phantasie des Einzelnen überlassen, wie weit er diesen elektrischen Feldern psychische Komponenten zuerkennen will. Innerhalb der kleinen und großen Beziehungen der menschlichen Gesellschaft jedenfalls spielen diese eine bedeutungsvolle Rolle.

       Durch das Universum fluten — von den einzelnen Sternen ausgehend — Lichtstrahlen hin und her, die sich kreuzen und zu den wunderbarsten und reichsten Geweben verschlingen. Sollten nur die psychischen Strahlen von solchen admirables tissus qui soient au monde ausgeschlossen sein ?49

V. DIE REICHWEITE DER STRAHLEN

       39. Ohne Zweifel hat jeder die Verwandtschaft dieser Vorstellungen mit denen des Anaximander aus Milet (um 600 v. Chr., Schüler des Thales} erkannt. Die Größe seiner Weltanschauung überstieg das Fassungsvermögen weitaus der meisten späteren Philosophen. Drum wird er nur wenig erwähnt bzw. man streitet mit den Waffen einer niederen ratio um seine irrationalen Ahnungen. Seiner Größe tut die geringe Resonanz keinen Abbruch. Immerhin entspricht sein απειρον weitgehend unseren psychoelektrischen Schwankungen und Strahlungen: beide sind unendlich, unbegrenzt und lassen alle Dinge aus sich hervorgehen. Anaximander hütete sich, sein απειρον näher zu bestimmen. Er wußte: sobald man spricht, beginnt man schon zu irren. Drum begnügte er sich mit der Definition: μια φυσις αοριστος (ein Ding ohne besondere Eigenschaften). Wie hätte er die sich materialisier enden und entmaterialisierenden, Strahlen anders vorausahnen können ? Die Schwierigkeiten lagen nur bei den Späteren, welche ä tout prix ein greifbares Etwas bzw. etwas begrifflich scharf Präzisiertes haben wollten.

       Man wird an diese Stelle in einer Predigt des gewaltigen Iren Columban erinnert: der ewige Wille ist etwas Wunderbares, Unaussprechliches, Unsichtbares, Unbegreifliches; er erfüllt alles, geht über alles Gegenwärtige hinaus und entzieht sich ewig.110

       40. Wir müssen die sog. „jonischen Philosophen", die „Vorßokratiker" nicht einzeln, sondern in ihrer Gesamtheit betrachten, dürfen auf ihre sprachlichen Unterschiede kein allzu großes Gewicht legen. Mit wie verschiedenen Ausdrücken hat die gleiche Persönlichkeit den ihr vorschwebenden Gedanken belegt! Wenn Heraklit sein geistbegabtes Urfeuer bald διχη, νομος, bald λογος, ειμαρμενη, χρεων = αναγχη, αιων = χρονος nannte, so meinte er immer das gleiche, nur eben von verschiedenen Seiten, in verschiedenen Zusammenhängen gesehen. Wir heutigen, wir Sklaven starrer Begriffe, müssen darin sein Ringen um das gerade passende Wort erblicken, dürfen aber nicht mit philologenhafter Akribie diese Worte als Gegensätzlichkeiten oder Widersprüche auffassen.56

       Die Thales, Anaximander, Pythagoras, Alkmaion, Xenophanes, Heraklit, Parmenides, Zeno, Empedokles, Metrodor, Archelaos bis zu Hippokrates haben auf dem gleichen Grund gebaut, wenn auch ihre Gedankenpaläste ebenso verschieden waren, wie ihre körperlichen Erscheinungen. Die großen Männer sind — jeder für sich — Bruchstücke des Zeit- bzw. Weltgeistes.

       Man ist versucht zu sagen: das gleiche Knochengerüst war mit verschiedenartigen Weichteilen bekleidet, und noch verschiedenartiger waren ihre seelischen Strahlungen. Allein diese Strahlungen gehörten zusammen wie die einzelnen Spektralfarben zum weißen Licht.

       Der Einzelne erscheint als eine Geburt seiner Zeit, als der Ausdruck einer, auch außer ihm vorhandenen allgemeinen Tendenz.111

       Bei solcher Betrachtungsweise erscheinen die großen Vorsokratiker, die mit Sokrates herzlich wenig zu tun hatten, als letzte Ausstrahlungen einer mit ihnen versinkenden Geisteshaltung.

       Während wir Abendländer mit den Kategorien von Zeit und Raum, mit Mikroskopen, Fernrohren, Resonatoren die Welt in Bruchstücke zerlegen, herrschte damals die Anschauung, daß alles Eins sei: το γαπ εν τουτο χαι παν τον θεον ειναι ελεγεν ο Σενοφανης. 112 Mühsam müssen wir uns dahin zurück entwickeln.

       Auf dem Gebiet, das sich der abendländischen Wissenschaft entzieht, in der Kunst, lebt auch bei uns noch synoptisches, synthetisches Denken. Ist doch die Kunst ihrem Wesen nach Synthese, com-positio.

       Genau genommen waren jene großen Griechen mehr Künstler als Wissenschaftler in unserem Sinne. Während uns die Einzelheiten locken, lockte jene das Weltgebäude.

       Wer von Raum und Zeit abzusehen vermag, für den verschwinden die in diesen Kategorien üblichen Maße. In der Einheit vollziehen sich alle Vorgänge gleichzeitig, wie auch Vorgänge in uns selbst allenthalben gleichzeitig sich abspielen, auch solche, welche nach unserer Nomenklatur entgegengesetzt sind.

       Wie Raum und Zeit Produkte unserer Anschauungsformen bzw. unserer Aufnahmeapparate sind, so auch unsere Maße. Im Universum haben sie keine Gültigkeit, sowenig als in den katalytischen Vorgängen, die sich unserem Erkennen entziehen.12 Aber weil das nun einmal unser gedankliches Münzsystem, unser sprachliches Verständigungsmittel ist, müssen wir unsere Vorstellung darin einzwängen.

       41. Die psychischen Strahlen sind überaus feine und zarte Vorgänge ohne die Durchdringungskraft der y Strahlen. Darüber sind wir alle einig. Aber ebenso einig sind wir, daß die Wellen des Verstehens vom einen zum andern und darüber hinaus zu vielen branden.

       Ihre Reichweite hängt ab von den Widerständen, welche sie unterwegs treffen. Man denkt unwillkürlich an das Ohmsche Gesetz:

Stromstärke =

elektromotorische Kraft

oder noch besser an die Ferngeschütze,

Widerstand

       

       welche mit rund 40 km Scheitelhöhe weit über unserer gewohnten Atmosphäre und den von Picard bzw. Regener erreichten Höhen dahinfliegen und eben wegen des fast auf Null reduzierten Widerstandes ihre erstaunlichen Entfernungen erreichen.

       Übertragen wir diesen Vergleich auf die psychische Strahlung, so müssen wir auch noch den Faktor der Ansprechbarkeit, der Resonanz einfügen: ohne solche bleibt auch der stärkste und lauteste Schuß wirkungslos.

       Es sind weniger die chemischen Energien, die virtutes chymicae, welche die therapeutischen Erfolge zeitigen, als die Ansprechbarkeit des Patienten auf seinen Arzt. Was der Wunderdoktor tut — schrieb Liek — ist viel weniger wichtig, als das, was das Volk von ihm glaubt. Daher die Verschiedenheit der Wirkung der gleichen Therapie bei den verschiedenen Individuen und Völkern. Der in Spanien erfolgreiche Wundermann Asuero versagte in Rom völlig. Der Römer ist eben ungläubiger, kritischer als der Spanier.113 Zum Glück streift der erkrankte, hilfesuchende Mensch einen großen Teil seiner ratio ab und wird dadurch in seinem irrationalen Kern den Seelenstrahlungen wieder zugänglicher. Auf dieser Brücke sind viele Ehebündnisse zwischen Verwundeten mit ihren Pflegerinnen zustande gekommen, und man kann mit Sicherheit darauf rechnen, daß die an Materialismus erkrankten Völker über kurz oder lang aus primitiven Bedürfnissen heraus wieder metaphysischen Angeboten zugänglicher werden, in welcher Form sie auch kommen mögen. Tun sie es nicht, gehen sie unter.

       42. In den Niederungen, in der Troposphäre des sozialen Lebens haben wir ein fast undurchdringliches Gewirr von psychischen Fäden der 1000 Menschen, die da, dumpf sich treibend, kaum ihr eigen Herz erkennen, schweben zwecklos hin und her und rennen hoffnungslos . . ,114 Das mehr oder weniger beklommene Gefühl beim Eintritt in einen Ballsaal oder sonst eine Versammlung läßt deutlich das Diapsychikum, das psychische Kraftfeld als aktive Größe erkennen.

       Die Energie dieser Seelenstrahlen wird gesteigert durch eine hochentwickelte Reklame. Betrachten wir diese bewundernswerte Erfindung unserer Zeit mit den nüchternen Augen des Naturforschers, so hat sie eine Überschüttung unserer physischen und psychischen Aufnahmeorgane, ihre Überreizung und dann ihre Abstumpfung zur Folge. Die Reklame als unmittelbare und mittelbare Krankheitsursache wäre ein zeitgemäßes Studienthema. Der Mißbrauch segensreicher Erfindungen, von der Sprache bis zur Technik der Neuzeit, ist ein Mittel zum Untergang. Das scheint zu allen Zeiten so gewesen zu sein. Denn schon Roger Bacon schrieb vor 700 Jahren: vulgus nescit uti rebus dignissimis et iis abutitur in damnum multipliciter personarum atque communitatis (der große Haufen vermag von den glücklichsten Erfin dungen keinen rechten Gebrauch zu machen. Er verwendet sie immer zum Schaden der einzelnen und der Allgemeinheit).115

       43. Unter den Strahlen des psychischen Kraftfeldes befinden sich viele brauchbare aus nah und fern. Je ferner sie sind, um so weniger dringen sie durch. Allein selbst wenn sie das tun, selbst wenn sie auf resonanzbereite Apparate treffen, kommen sie nicht voll zur Auswirkung, weil ihnen immer neue andere Potentiale in beängstigender Hast folgen.

       Die Reaktion bahnt sich an: die Wertvollsten ziehen sich auf sich selbst zurück, wollen von nichts mehr etwas wissen, kapseln sich ein, wie die Sporen der Bazillen. Oder sie suchen in ihrem Urlaub oder ihrem Wochenende stille Winkel auf, empört, wenn fauchende Autos ihren Frieden stören, oder sie benützen ihren Radioapparat nur ausnahmsweise bei besonderen Gelegenheiten usw. Aus ähnlichen Zeitverhältnissen heraus mag der Bischof Eucherius von Lyon (gest. 454) in seiner Schrift über die Einsamkeit die Wüste für den unendlichen Tempel Gottes erklärt haben; denn Gott wohne in der Stille und freue sich am verborgenen Leben.116 Wo gibt es heute noch den intimen Gedankenaustausch, wie in dem Briefwechsel zwischen Seneca und Lucilius, Schiller und W. v. Humboldt, Wöhler und Berzelius, Gauß und Bessel Storm und Mörike ?

       Auch die Monstre-Kongresse verlieren als solche ihre Anziehungskraft. Man besucht sie, um unter dem Schutz der Masse seine Gedanken mit einigen wenigen Gleichgesinnten auszutauschen, wie das schon 1872 Th. Billroth vorschwebte.117 Leider dauern solche Gelegenheiten, sich auf sich selbst zurückzuziehen, bei weitem nicht lang genug, um die zugeführte psychische Strahlenenergie in das eigene Ich einzubauen bzw. aktiv weiterzuverwerten.

       Theoretisch könnte man die unerwünschten Reize abblenden, etwa nach der Art des Horaz, wie er eine Einladung zu Fabullus ablehnte:

       „Du lädst mit Fremden dreihundert

       „Zum Essen mich zu Dir

       „Und bist, daß ich absag', verwundert

       „Doch speise ich nicht gern allein.118

       Aber praktisch ist das kaum möglich. In jedem Verein geraten wir in ein Netz von psychischen Strahlen, und weil diese vorwiegend auf Alltäglichkeiten gerichtet sind, werden die feineren überwuchert. „Ich finde nicht, daß die Gesellschaft fördert. Was einem obliegt, muß man selber tun" heißt es bei Grillparzer.

       Auch die Erzeugnisse der Wissenschaft und Kunst branden unablässig, erbarmungslos an uns heran, so daß bedauerlich viele das Hindurchschwimmen aufgeben und mehr oder minder resigniert den Farben-, Ton- und Wortschwall über sich ergehen lassen. Es ist wie auf einem Jahrmarkt: die Reize, die von vielen Tausenden ausgehenden Strahlen schlagen sich gegenseitig tot, so daß der einzelne inmitten von dem allen verhungert.

       Nicht bloß alleinstehende Männer und Frauen suchen — wie die Zeitungsinserate zeigen — Anschluß an einen Lebensgefährten als Anlehnung, Stütze, Hilfe im Wirbeltanz der Anforderungen. Auch mitten in großen, scheinbar glücklichen Familienkreisen fühlen sich erschütternd viele vereinsamt und greifen zu den verschiedensten Mitteln, um dieses Gefühl zu betäuben. Die Unzahl der indifferenten Ehen gehört hierher.

       Wollten doch die Heilkünstler in ihren vielerlei Schattierungen mit diesem krankmachenden Faktor rechnen! Aber freilich mit μμ-Mikroskopen und ff-Röntgenapparaten gelangt man nimmermehr ins Gebiet der verwirrten Seelenstrahlen, und auch die Über-Chemie der Katalyse läßt uns therapeutisch im Stich.

       44. Wollen wir Seelenstrahlen — gleichgültig in welcher Form sie ankommen — in uns aufnehmen, dann müssen wir aus dem Getümmel des Alltags mit seinen vielen Nebensächlichkeiten in andere, stillere Regionen flüchten, sei es in abgelegene Orte, sei es in andere Höhenlagen, wohin der gemeine Straßenlärm nicht dringt. Dessen Tragweite reicht nicht weit. Aber „Gedanken gehen und Lieder fort bis ins Himmelreich",119 vorausgesetzt, daß sie der Ausfluß hochgespannter Seelenenergien sind. Das mag Vauvenargues (1715—1747) bei dem Satz vorgeschwebt haben: les grandes pensees viennent du coeur.120 Auch das Kranksein vermittelt uns manchmal solches Zurückziehen in uns selbst und übt dadurch einen Einfluß auf unser seelisches Gefüge aus. Menschen, die nie krank gewesen sind, besitzen eine besondere Psyche.

       45. Es sage keiner: ihm fehlen die Antennen, die Aufnahmefähigkeit oder Ansprechbarkeit für diese, aus der Unendlichkeit anklingenden psychischen Strahlen!

       Wir alle haben solche Empfangsapparate mitbekommen. Unsere ganze Entwicklungslehre ist darauf aufgebaut. Denn nur bereits Vorhandenes kann sich entwickeln, entfalten. Daher die Fähigkeit der Jugend zur Begeisterung, und die Sicherheit der Kinder in der Beurteilung von Menschen. Mit Recht sagt C. Fries: es gibt eine seherische Mentalität, die zwar nicht in allen Individuen gleichmäßig stark, bei vielen durch soziale Nötigung verkümmert ist. Aber bei einiger Gunst der Verhältnisse tritt sie hervor und lebt sich in Richtung auf Erkenntnis physischer und geistiger Erkundung aus.121

       Es handelt sich also nicht darum, sie zu erwerben, sondern darum, sie nicht verkümmern zu lassen. Genau so wie unter zu viel Licht- und Schallreizen die Seh- und Hörorgane abstumpfen, so geschieht das auch im Gebiet der seelischen Strahlen in ihrer ganzen Breite.

       In der Tiefe eines Jeden liegt gar vieles, das ohne Anregung und Förderung nimmer zur Wirklichkeit wird.122 In der Tat haben wir — gemäß der Erkenntnis des Anaxagoras [Zeitgenosse des Empedokles, Leukipp und Perikies]: εν παντι παντος μοιρα ενεστι — Anteil an allem. Nur ist sozusagen die Mischung, die χρασις dieser psychischen Spektralfarben in jedem wieder anders. Wie die Ausstattung mit Genen unsere körperliche Konstitution bedingt, d. h. die Anlagen für diese oder jene erhöhte oder verminderte Leistung, so verhält es sich ähnlich im Psychischen. Man darf dabei freilich nicht an die Probleme der Vererbung von Geisteskrankheiten denken, wie sie dermalen auf der Tagesordnung stehen. Diese mögen sich im Lauf der Geschlechterfolgen unter dem Einnuß unvermeidlicher Mutationen der Keimsubstanz aus exogenen zu endogenen Faktoren entwickelt haben. Wenn man äußere Einflüsse — sie brauchen nicht katastrophal, sondern können lange Zeit hindurch unmerklich einwirken, — als Mutation — bedingend ansieht, wäre es reizvoll, der zeitlichen Reihenfolge dieser vererbbar gewordenen Keim-Änderungen, also dem erstmaligen Auftreten der Krankheiten nachzuspüren. Bei der Entstehung der Krebszelle ist solche Gen-Verschiebung praktisch wichtig. (K. H. Bauer).

       Indessen: die Grundkonstitutionen, sowohl der Einzelnen wie der Gesamtheit des Volkes bleiben sich gleich. Auf ihnen aufgebaut gibt es Typen, welche immer wieder in neuen Einkleidungen durch die Geschichte wandern. Auf die meisten paßt freilich Pindars wenig schmeichelhaftes Wort: blind an Geist ist ja der Menschen weitaus größte Zahl. — Es wäre langweilig, diese sattsam bekannten Typen aufzuzählen.

       Die Weite des Interessenkreises deutet weniger ein Vorhandensein bzw. Fehlen von Resonanzen an, als vielmehr die größere oder geringere Entwicklung der aktiven, in Ehrlichscher Ausdrucksweise: Haptophoren, Antennen = Gruppen. Wie sie gweckt werden, zeigt jede Frau durch ihr Eingehen auf die Eigenarten ihres Mannes und ihrer Kinder.

       46. Vielleicht sagt der eine oder andere: Mit den Genen können wir als mit anerkannten Größen zuverlässig rechnen, mit den Seelenstrahlen aber nicht. Indessen, die Gene sind „ein holder Wahn";124 es sind rein hypothetische Kräftezentren, und es erscheint ungerecht, solche für die Morphologie zuzulassen, aber für die psychischen Wirkungen abzulehnen.

       In seiner Geschichte der biologischen Theorien in der Neuzeit sagt E. Rädl: Der eine ist geborener Scholastiker, der andere Platoniker. Wenn wir auch die Frage nach der Zahl solcher möglicher Anlagen der Psychologie der Zukunft überlassen müssen: von der Tatsache, daß es angeborene Geistesrichtungen gibt, spricht die tägliche Erfahrung.125 — In der hier vorgetragenen Ausdrucksweise heißt das: die ewig durch die Zeiten strahlenden psychischen Energien treffen bei den räumlich und zeitlich getrennten Menschen bald auf diese, bald auf jene Resonanz. Durch diese hängen sie eben in ihrer psychischen Energie zusammen. Rädl und wir betrachten die gleiche Perlenkette: Rädl die Perlen, wir den immateriellen Faden, an dem sie aufgereiht sind.

       Die Idee der Resonanz findet sich übrigens schon bei Demokrit, wenn er es für ein allgemeines Gesetz erklärte, daß sich das Gleiche zum Gleichen geselle, auch im Bereich des Unbelebten.126

       Es gibt tausenderlei verschiedene Resonanzen. Die Menschen hören sozusagen mit psychischen Resonatoren, mit psychischen Echo-Loten ihre Zeitgenossen ab und bilden mit den Gleichgestimmten eine Gemeinschaft. Wie bei einem Orchester die verschiedenen Instrumente harmonisch verwendet sein müssen, so auch im Orchester eines Volkes. So notwendig Trommler, Pauker und Pfeifer sind: wenn sie allein wirken, gibt es Mißklänge.

       Das Geheimnis liegt somit nicht in der Uniformität aller, sondern in ihrer Verschiedenheit, gebändigt durch das harmonische Talent einer höheren Instanz.

       Nicht alle können alles betreiben. Mit Vorbedacht hat die Schöpfung die Gaben und Begabungen verteilt; sie läßt ihr Stück mit verteilten Rollen spielen. In einem Vortrag über science psychique et science physique verwendet H. Bergson ein glückliches Bild: le cerveau canalise et par lä, aussi il limite la vie de I`esprit, d. h. die psychischen Qualitäten bewegen sich bei jedem in einem anderen Kanalnetz. Wie es Baumeister und Kärrner, Feldherren und Soldaten, Erfinder und Techniker, Führer und Gefolgschaft geben muß, so sind auch nicht alle auf der gleichen Höhe der geistigen Kraftfelder. Virchow hat seine Zuhörer eingeteilt in 3 Gruppen: die der ersten, weitaus überwiegenden, sehen und verarbeiten das nicht, was man ihnen zeigt. — Die zweite, viel kleinere Gruppe ist mehr oder weniger unvollkommen dazu imstande; nur die seltenen Angehörigen der 3. Gruppe sehen mehr, als man ihnen zeigt.127 Aber auch die erste Gruppe ist für das Ganze von Bedeutung. Denn Schüler hat recht: Millionen beschäftigen sich, daß die Gattung bestehe. Aber durch wenige nur pflanzet die Menschheit sich fort.128 Auf der Pyramide der Millionen klimmen einige wenige auf höhere Stockwerke hinauf. Erst von dort aus können sie ihren Gattungsgenossen zurufen, was sie dort oben erschaut.

VI. WECHSELBEZIEHUNGEN DER STRAHLENFELDER

       47. Jeder einzelne ist eine Einheit und strahlt, wie die Sonne, sein persönliches Seelen-Spektrum aus. Diese Seelenspektren weisen noch viel erheblichere Unterschiede auf, als die Spektren des Orion, Sirius, AIdebaran, Betelgeuze, des Polarsterns und unserer Sonne. Wie man bei den Sternen 7 Spektral-Typen und Klassen aufgestellt hat, so gibt es solche auch bei den Menschen, nur noch unvergleichlich mehr. Denn jeder Mensch ist eine Einmaligkeit, eine besondere Mischung.

       Nicht die einzelnen Strahlen sind von Interesse, sondern ihr Strahlenbündel, ihr Wellenpaket.

       Nach innen erscheinen diese als Gefühle, nach außen als Charakter. Da ist es von Bedeutung, wie die Bündel aufeinander abgestimmt sind, wie sie sich gegenseitig vertragen. Man pflegt diese Wechselbeziehungen zumeist rein äußerlich, anatomisch zu lokalisieren in Berührungen aller Art. Dahin gehört das Händereichen, streicheln, küssen, umarmen, die Eidschwüre durch Handschlag, Bruderküsse, Blutsbrüderschaft und dergleichen. Aber diese Formen sind leer ohne das Wesentliche: die Seelenstrahlung. Jene macht ein gewandter Schauspieler nach, diese nicht. Wie viele Liebesszenen werden uns auf der Bühne täuschend echt vorgespielt, ohne daß die Schauspieler sich tatsächlich lieben; und aus der Unterhaltung mit großen Mimen erfährt man, wie genau überlegt die Betonung jeder Silbe der hinreißendsten Szenen ist.

       Daß wir der Seelenstrahlung experimentell nicht beikommen können, ist bedauerlich, ihrer Wirkung tut das keinen Abbruch.

       Kann man diese psychischen Wechselbeziehungen besser ausdrücken als Goethe:

       Warum gabst du uns die tiefen Blicke,

       Die Gefühle, uns einander in das Herz zu sehen?

       Uns zu lieben, ohn' uns zu verstehen,

       in dem andern sehn, was er nie war?

       Konntest mich mit einem Blicke lesen,

       den so schwer ein sterblich Aug' durchdringt.

       Und in deinen Engelsarmen ruhte

       die zerstörte Brust sich wieder auf,

       Fühlt sein Herz an deinem Herzen schwellen,

       und beruhigen sein brausend Blut.

       Nicht das Auge, das beredteste von allen Organen, drückt oder stammelt — wie der lichtfreudige Goethe meinte — alle Abschattierungen der Gefühle aus, welche die innersten Tiefen der Menschenseele durchdringen. Das tut — wie Goethe trotz seines großen Zeitgenossen K. Fr. Kielmeyer noch nicht wußte — das psychoelektrische Kraftfeld, das vielumstrittene πνευμα, der Lebensodem der Alten, welchen Aristoteles auch heute noch treffend definierte als η εν φιτοις χαι ζωοις χαι δια παντων διηχουσα εμψυχος χαι γονιμος ουσια (das — alle Pflanzen und Tiere und überhaupt alles durchdringende, belebende und Wirkungen auslösende Prinzip).129

       48. In der psychischen Strahlung auf dem Arm der Mutter beruhigen sich auch die schreiendsten Kinder, eine streichelnde Frauenhand besänftigt den erregten Gatten, Langenbecks feinnervige Finger und seine helfenden Hände schienen zur Vermittelung ergreifender Gedankenübertragung befähigt,130 und gar viele — vorwiegend weibliche Patienten rufen nach dem Arzt weniger wegen körperlicher Beschwerden, als aus einer Art von Anlehnungsbedürfnis. Nicht bloß Hysterikern, sondern jedem Kranken ist es wohl in der Nähe des Arztes seines Vertrauens, auf den seine psychischen Antennen eingestellt sind.

       Wir lesen zahlreiche Abhandlungen über Vitamine, Avitaminosen, Mangelkrankheiten aller Art; aber wir lesen nichts vom Mangel an Freunden im ursprünglichen Sinn dieses Wortes. Shakespeare, der große Menschenkenner, hat es präzis formuliert: es sollt' ein Freund des Freundes Schwächen tragen.131 Dieser Gedanke lag auch im Wort: θεραπευων = Kampfgenosse. Aber wie verblaßt sind die Worte Freundschaft und Therapie! Freundschaft und Bekanntschaft sind fast Synonyma geworden; und was wir Therapie nennen, ist Technik, aber keine Kampfgenossenschaft.

       Ich bin überzeugt, daß viele Gesundheitsstörungen weniger von Mangel an Vitaminen herrühren, als von αφιλια == Mangel an Freunden. Die Verhältnisse treiben die Menschen auseinander. Eine naturwidrige Gebär-Politik beraubt die Eltern und die einzigen Kinder ihrer natürlichen Freundesstützen: der Geschwister, und die Freizügigkeit läßt keine Freundschaft zustande kommen, welche ebenso viele Jahre zum Reifen braucht wie der Wein.

       Wir Menschen sind nun einmal nicht allein auf der Welt, sondern Teile größerer sozialer Einheiten, deren Größe und Ausdehnung jeder nach Maßgabe seines Horizontes bemessen kann. Allein auch die kleinste soziale Lebenseinheit basiert auf der Resonanz, Sympathie der Teile. Innerhalb unseres persönlichen Organismus wird sie durch das Kunstwerk des Sympathicus hergestellt. Außerhalb suchen wir mit einem verlängerten, unsichtbaren Sympathicus, mit psychischen Tentakeln, Antennen, Palpen — wie die Mollusken, Insekten, Lianen, Glyzinen — nach Verbindungen zum Zweck hin und her eilender Resonanz, zum Zweck der Anklammerung. Finden wir eine solche Möglichkeit nicht, dann verlieren wir mit dem äußeren den inneren Halt, werden unsicher und seelisch — später körperlich — krank.

       Die Unterschätzung dieser einfachsten psychischen Vorgänge steht in merkwürdigem Gegensatz zu dem minutiösen Erforschen der kleinsten chemischen und physikalischen Faktoren, welche wohl den Horizont des kleinen Mannes, aber nicht einen größeren ausfüllen können. Mangelnde Resonanz ist die tiefere Ursache so vieler geborstener Ehen. Sie treibt die Beteiligten: den unverstandenen Ehepartner wie den sozial Ausgestoßenen — fast möchte man sagen: aus Opposition — in Kreise, in die sie eigentlich nicht hineingehören. Manches Mädchen hat nur geheiratet, um aus dem Strahlenfeld des Elternhauses herauszukommen.

       49. Andererseits ist die Resonanz des Einzelnen Massen gegenüber gleichfalls gestört. Die Massen erdrücken den Einzelnen, ohne auf die Art seiner eigenen Resonanz Rücksicht zu nehmen. Ihm bleibt somit nur die Wahl, in dem ungleichen Kampf als Persönlichkeit zugrunde zu gehen oder der Schwerkraft der Masse zu erliegen, sich als entpersönlichtes Element in die Masse einzufügen und sich von ihr fortziehen zu lassen. Nur mit Schaudern denkt der Wissende an die ungezählten Tragödien, welche sich bei solchen Entpersönlichungen abgespielt haben und immer abspielen werden.

       Je persönlicher eine Persönlichkeit ist, um so bedauerlicher ist dieser Verlust für die Allgemeinheit. Unermeßlich ist der Friedhof solcher seelischer Gräber in der Geschichte. Aber die Begrabenen können sich trösten: wenn die Menschen sie töteten, läßt sie Klio weiterleben.

       50. Waren die Leute samt und sonders verrückt, die bei Mesmer (1734—1815) und anderen Erscheinungen seiner Art, wenn nicht objektive, so doch subjektive Heilung fanden?

       Ballote entre des partisans enthousiastes et des incredules schreibt la grande encyclopedie von ihm, genau so wie Schiller über Wallenstein: von der Parteien Gunst und Haß verwirrt schwankt sein Charakterbild in der Geschichte. Das gleiche hat Ranke über Cromwell und Richelieu berichtet. Wollen wir uns anmaßen, Richter zwischen den Enthusiasten und den Ungläubigen zu sein ? Sind wir ganz unparteiisch ? Wir reden von Suggestionen, Schwindel und dergleichen, weil unser Wissen keine Erklärung weiß und weil wir immer noch dem Irrlicht einer anatomischen Heilung nachjagen.

       Gewiß sollen wir das tun, wo irgend mit physikalischen oder ehemischen Eingriffen die gestörte lebendige Maschinerie zu beeinflußen ist. Wo das aber nicht möglich ist, bleibt uns nur die Wahl: entweder resigniert nach Art des Aretaeus (um 100—200 n. Chr.) uns aufs Mitgefühl (ξυναχθεσθαι) zu beschränken bzw. nach Art der 2. Wiener Schule beiseite zu treten und den Kampf aufzugeben, oder unsere Zuflucht zu der φυσις, der Naturheilkraft zu nehmen und mit Hilfe des psychischen Kraftfeldes sie zu mobilisieren.

       Mit Hufeland halte ich dieses für unseren wertvollsten Bundesgenossen in der Therapie, wertvoller als die Röntgenstrahlen für die Diagnostik. Gerade auf solchem Glauben an etwas, was man nicht mit Händen greifen und nicht sinnlich darstellen kann, beruht das Beste der Medizin, ja sie wäre gar nicht möglich ohne ihn.132

       Wenn die Menschen aller Zeiten und aller Landstriche unentwegt an magische Kräfte geglaubt haben, so kann man mit Schopenhauer aus der Beharrlichkeit dieses Glaubens schließen, daß er einen tief liegenden Grund hat und nicht eine willkürlich ersonnene Grille oder die Ausgeburt einer erhitzten Phantasie ist.

       Gewiß waren diese Glaubensformen in vielen Punkten falsch: der tiefste Grund des Glaubens bleibt davon unberührt. Kennen nicht auch wir den Zauber einer Persönlichkeit, einer Landschaft, einer Idee?

       Was wäre der Arzt ohne solchen Zauber, mag er von ihm selbst oder von der in ihm verkörperten Idee ausgehen? In unseren Tagen hat E. Liefe diesen Gedanken klipp und klar ausgesprochen: wir Ärzte müssen zaubern, wo wir dem kranken Menschen gegenübertreten. Jeder Arzt zaubert, so gut er kann, bzw. nach Maßgabe dessen, was in ihm an Zauber steckt.113

       Man könnte sagen: die Erfolge hängen vom persönlichen Zauber, nicht vom Wissen ab. Vielleicht interessiert den einen oder anderen diese Bemerkung Roger Bacons (1214—1294): medicus peritus carmina et characteres (licet fictos) potest adhibere, non quia ipsi characteres et carmina aliquid operentur, sed ut devotius et avidius recipiatur medicina et animus patientis excitetur et confidat alterius. Anima excitata potest in corpore proprio multa renovare. (Der erfahrene Arzt kann allerlei Zauberkünste anwenden, nicht weil diese an sich wirken, sondern weil dann die Arznei mit gläubigerem Vertrauen aufgenommen wird. Die so angeregte Seele kann im Körper vieles reparieren.)115 Weil der Zauber eine persönliche Angelegenheit ist, läßt er sich nicht auf Schüler und dergleichen übertragen, noch weniger aus Büchern lernen, so wenig als das Feuerauge Friedrichs des Großen, die olympische Hoheit Goethes, das Kraftzentrum Bismarcks. Eben die Unverträglichkeit der „Zauberwirkungen" mit den gerade herrschenden Meinungen, d. h. Suggestionen, mag manchen unglücklichen Heilkünstler auf den Scheiterhaufen geführt haben. Dabei ist der animalische Magnetismus seit den ältesten Zeiten: in Ägypten, Persien, Indien, Griechenland über Arnold de Villanova, Roger Bacon, Paracelsus, v. Helmont, Rob. Fludd bis auf die Gegenwart bekannt und als etwas Göttliches verehrt gewesen — man denke nur an die Wunder Jesu! —, allerdings durch Schwindler und Betrüger zur Unkenntlichkeit entstellt. Nur derlei Beobachtungen können Voltaire veranlaßt haben, bezüglich der Magie die Menschen einzuteilen en deux classes: celle des charlatans et celle des sots.133 Das ist wohl zu allen Zeiten so gewesen. Denn ein so feiner Kopf wie Heinr. Cornel. Agrippa von Nettesheim (1456—1535) warnte schon vor 400 Jahren vor dem Getue und den Täuschungen der Magier (fateor magiam ipsam multa supervacua et ad ostentationem curiosa docere prodigia),134 und abermals 2000 Jahre früher rief Jeremias (600 v. Chr.) seinen Landsleuten klar und bündig zu: Mißtraut euern Propheten, Weissagern und Zauberern (27.9).

       51. Die Physiologie beschäftigt sich fast ausschließlich mit der Aufnahme von Reizen, aber kaum je mit deren Aussendung. Und doch sind alle Lebenseinheiten aufeinander abgestimmt, prämeditiert {Moltke), prästabiliert [Leibniz), d. h. sie gehören zu einem Plan, sind deshalb nicht selbstherrlich, wie Virchow von der „autonomen" Zelle glauben machte. Sie hängen vielmehr in ihrer größeren Lebenseinheit zusammen, wobei die Nerven, auf welche die Mikroanatomen und Mikrophysiologen sich kapriziert haben, eine gewiß wichtige, aber nicht die einzige Rolle spielen.

       Nicht durch verlängerte Nervenfaserverbindungen zwischen den Individuen kommt die Lebenseinheit eines Volkes zustande, eine Einheit, welche auch die Dahingegangenen und die Kommenden umschließt. Diesen immateriellen Verbindungen nachzuspüren, ist sicherlich ebenso verlockend und verdienstlich, wie die Experimente am Sympathicus und Parasympathicus, welche nie übereinstimmen wollen.

       Der Wunsch nach einer über den Menschen hinausgehenden Psycho-Physiologie der Völker taucht auf. Gust. Freytag bemerkte in seinen Bildern aus der deutschen Vergangenheit: kein Volk entwickelt sein Seelenleben ohne Zusammenhang mit anderen Nationen. — Also auch international gibt es psychische Verbindungsfäden.

       52. Das Prinzip der Wechselwirkung beherrscht die Welt. Nichts kann für sich allein bestehen. Alles ist in Gegenseitigkeitsbeziehungen in sich verknüpft — auch der Mensch. Sein ganzes soziales Leben beruht darauf, d. h. auf den — alles durchdringenden psychoelektrischen Strahlungsfeldern.

       Werden sie unterbrochen, so fällt das wichtigste Lebenselixier weg, und der Abgetrennte, Aus gestoßene verdurstet, verhungert seelisch. Der Mechanismus seines Körpers kann natürlich mit Hilfe von Kalorienzufuhr eine geraume Weile in Betrieb gehalten werden; aber das hauptsächliche Nahrungsmittel ist ihm entzogen.

       So lange man den Menschen auf das in seiner Oberhaut eingeschlossene Gebiet beschränkt und nur auf das Spiel seiner inneren Organe sieht, erscheinen die Beziehungen zu seiner Umwelt verhältnismäßig nebensächlich und nur insofern von Bedeutung, als sie durch Luftdruck, -feuchtigkeit, -bewegung, -elektrizität usw. dieses Spiel beeinflussen. Aber das ist das Geringste: der Mensch hungert nach seinesgleichen, er sucht Anlehnung, Austausch mit anderen Kraftfeldern. Ihr Wegfall wirkt verheerend, destruktiv in jeder Hinsicht. Systemlustige möchten wahrscheinlich diese Störungen nach Quale und Quantum fein säuberlich in Tabellen und Rubriken angeordnet sehen. Aussichtslose Wünsche! Denn die Dinge liegen in jedem Einzelfall gründlich verschieden und sind so wenig auf einen Generalnenner zu bringen, als die Menschen selbst.

       Das Innere eines Menschen ist selbst für seine Angehörigen ein schwer zu lösendes Rätsel, schrieb Moltke 1877 zum Plan einer Biographie.135 Ranke urteilte ebenso: Zeitgenossen pflegen einander doch nur äußerlich zu kennen,136 und Nietzsche hat das Wort des Terenz richtig abgewandelt: Jeder ist sich selbst der Fernste.

       Mit was für einer Lampe der Exaktheit will man in den dichten Nebel der psychoelektrischen Vorgänge hineinleuchten ?

       Wir müssen uns bescheiden mit der allgemeinen Erkenntnis von der Lebenswichtigkeit der psychischen Zusammenhänge und den einschneidenden Folgen ihrer Unterbrechung. In den Haft-Psychosen treten sie uns erschütternd gegenüber. Mit kühlem Mitleid geht man an den Einkerkerungen Roger Bacons, Glissons, Galileis vorüber. Niemand macht sich eine Vorstellung von der tobenden Verwirrung der abgeschnittenen Fäden und kann sich einfühlen in das Chaos der psychischen Funktionen, denen jetzt die wechselseitige Resonanz fehlt. Wir leben wahrhaftig nicht bloß von Eiweiß, Fetten, Mineralsalzen und Vitaminen, sondern ungleich mehr von eben dieser Resonanz. Das vielen unverständliche Wort von Moses (V. 83) und Matthaeus (4.4): der Mensch lebt nicht von Brot allein, sondern von allem, was aus dem Mund Gottes geht, findet darin seine wahrhaft naturwissenschaftliche Erklärung.

       Es mag sein, daß die Hunger- und die Haftdelirien symptomatologisch verschieden aussehen; im Wesen sind sie gleich.

       53. Praktisch wichtiger als die Unterbrechung der Strahlenzufuhr ist der Mangel an Resonanz bzw. die Zufuhr nicht-abgestimmter Wellen. Nicht bloß giftige Substanzen und Giftgase wirken schädlich ; es gibt auch seelische Giftstrahlen, wie sie Fr. M. Huebner eindringlich geschildert hat.4

       In früheren Zeiten waren die Menschen gleichartiger, fanden sich in den gleichen Anschauungen, Idealen, Bestrebungen, bildeten mithin — psychisch genommen — bei allen Spezialinteressen eine relativ geschlossene Einheit. Mit der fortschreitenden Differenzierung kam es zu individuell verschiedenen Strahlungsfeldern und damit zu immer stärkeren Potentialgefällen der verschiedensten Art. Die gemeinsamen Grundmauern wurden überwuchert von individuellen Sonderinteressen, und je mehr jene zurücktraten, atrophierten, um so heftiger prallten und prallen diese aufeinander.

       Genau so verwickelt wie die Dinge im Krieg, in der Wirtschaft und in unseren eigenen Lebens Verrichtungen, ebenso verwickelt sind sie in dem psychischen Zwischengewebe zwischen den Menschen.

       Drum gibt es wohl dicke Handbücher der Kriegskunst, Wirtschaftslehre und der Physiologie; aber sie bleiben an der Oberfläche, trotz allen logischen und experimentellen Fassadenschmuckes. Mit Christian Morgenstern (1871—1914) möchte man sagen:

       Worte sind wie Rettungsringe,

       Die der Rede dienen.

       Aber auf den Grund der Dinge

       Kommst du nicht mit ihnen.

       Quel serait le physiologiste qui oserait seulement hasarder quelques conjectures sur le grand nombre des operations qui se passent dans cet impenetrable laboratoire ?137 Man ist versucht, an die scheinbar ungeordneten Sprünge der Temperaturen, Drucke, elektrischen Spannungen in unserer Atmosphäre zu denken und sie in Zusammenhang mit analogen Vorgängen in der Massen- und in den 1000 Einzel-Psychen zu bringen. Der zeitliche Konnex zwischen atmosphärischen, tellurischen, körperlichen, seelischen und sozialen Umwälzungen ist bisweilen so eng und so wiederkehrend, daß der Gedanke an kausale Verknüpfungen nicht unbegründet erscheint.138

VII. ANSCHLUSS AN DAS UNIVERSALE STRAHLENNETZ

       54. Wenn also der Bezug seelischer Energien seitens unserer Zeitgenossen zu wünschen übrig läßt, müssen wir uns nach anderen Bezugsquellen umsehen; und deren gibt es genug.

       Der Geist, die Seelenenergien unserer großen Vorfahren fluten noch heute um uns herum. Wir müssen sie nur zu finden, abzuhören wissen bzw. wiederzufinden lernen. Das mag wohl der Sinn der Wiedererinnerung, der αναμνησις des Wieder-ins-Bewußtsein-Zurückrufeus sein, welche im Verein mit der Präexistenz und der Unsterblichkeit die Grundpfeiler Platonischen Denkens ausmachte : τουτο δ`εστιν αναμνησις εχεινων α ποτ ειδεν ημων η ψυχη συμπορειθεισα θεω χαι υπεριδουσα α νυν ειναι φαμεν χαι αναχυψασα εις το ον οντως [Das ist die Erinnerung an die Dinge, welche unsere Seele einst kannte im Zusammenhang mit Gott, sie übersah das, was wir das Jetzt-Seiende neuneu, und schwang sich zum wahrhaft Seienden empor.]139

       Für die auf die technische Seite der Lebensvorgänge eingestellte Physiologie unserer Tage muß Materie (d. h. Hirnsubstanz) und Unbewußtes dasselbe sein. Aber weil wir vom Unbewußten nichts wissen, so wissen wir auch nichts von dem einenden Band, welches die einzelnen Phänomene des Bewußtseins verbindet: es liegt ja im Unbewußten.140 So lauge die Physiologie sich auf ihr anatomisches Substrat beschränkt, steht sie tausend Erscheinungen und Zusammenhängen ratlos gegenüber. Sobald sie aber den kühnen Schritt über die Oberhaut des Individuums hinaus tut und sobald sie mit immateriellen psychischen Zusammenhängen — der Name ist gleichgültig — rechnet, steht ihr das Universum offen. Nicht wird sie dann mehr ihre Aufmerksamkeit auf α νυν ειναι φαμεν, auf die gerade sichtbare Körperwelt, auf Leibniz „momentane Geister" einengen. Sie wird vielmehr es wagen, in ümkehrung der gewohnten Betrachtungsweise das unendliche psychisch-elektrische Kraftfeld für die Hauptsache, für das Wesentliche oder gar Wesen des Universums anzusehen und damit auf Ideen zurückgreifen, welche schon Platon, die Upanishaden, Plotin, Origenes, Agrippa von Nettesheim, Campanella, G. Bruno, Schelling, Goethe und schließlich Schopenhauer, jeder in seiner Weise gelehrt hatten.

       55. Wenn wir die Geschichte der Elektrizität oder der Astronomie innerhalb der letzten 200 Jahre überblicken, so zweifelt kein Mensch an den inneren Zusammenhängen der Galvani, Volta, Oerstedt, Ohm, Seeheck, Ampere, Coulomb, Arago, Faraday, Lenz, W. Weber, Helmholtz, Siemens, Maxwell, Hertz, bzw. der Herschel Laplace, Bessel, Encke, Argelander, Struve, Schiaparelli, Newcomb, Lockyer, v. Auwers, Kapteyn, Schwarzschild, Eddington.

       In der Chirurgie bilden die Dupuytren, Velpeau, Astley-Cooper, John Hunter, v. Graefe, Dieffenbach, die beiden Langenbecks, E. v. Bergmann, A. Bier eine nicht minder glänzende Reihe. Longfellow hat in dem Gedicht: the arrow and the song dieses Wieder-anklingen duftig geschildert: and the song, from beginning to end, I found again in the heart of a friend (ich hauchte ein Lied in die Luft hinein, wußte nicht, wohin ? — Schließlich fand ich es wieder im Herzen eines Freundes).

       Allein vor dem Gedanken stutzen erstaunlich viele, daß ähnliche Fäden rein geistiger Art sich zwischen Aristarch und Kopernikus, zwischen Erasistratus und Vesal, Platon und Schleiermacher, Aristoteles und Hegel, Hippokrates und Sydenham gespannt haben.

       Nur wenige sind sich bewußt, daß das Schoßkind der heutigen Therapie, die Psychotherapie, auf G. E. Stahl (1660—1734) ja, noch viel weiter in prähistorische Zeiten zurückreicht. Das waren alles „nur im Raum entfernte Zeitgenossen" (Niebuhr).

       Was wollen die dazwischenliegenden 50 Geschlechterfolgen in der großen Geschichte bedeuten ? Uns Zeitlupen-Menschen kommen 1000, 2000 Jahre enorm lang vor; im Zeitraffer schrumpfen sie auf einen Augenblick zusammen.

       Ähnliche Gedanken mögen Montaigne (1553—1592) den Satz diktiert haben: La verite et la raison sont communes ä chacun. Ce n'est non plus selon Platon que selon moy, puisque luy et moy I'entendons et voyons de mesme (an der Wahrheit und der Weltvernunft hat jeder teil. Sie gehören dem Platon nicht mehr als mir; denn wir verstehen sie auf die gleiche Weise).142

       Ebenso wie die Strahlen aus einer unendlichen Vergangenheit kommen, so eilen sie auch in eine unendliche Zukunft. Das mag dem Verfasser des alten Sittengedichtes der Edda vorgeschwebt haben: „Besitz stirbt, Sippen sterben, Du selbst stirbst wie sie. Doch eines weiß ich, das ewig lebt: des Toten Tatenruhm."

       Sollten derlei Zusammenhänge für uns, die wir mit Fernsteuerungen von Schiffen. Flugzeugen, Gedanken zu rechnen gewohnt sind, unvorstellbar sein ? Und sollten sie uns nicht eine stete Mahnung sein, die Wirkungen unseres Denkens und Handelns, des Beispiels unseres Lebens auf künftige Generationen zu prüfen ? Prospice futura! (Cicero)

       Entgegen den Newtonschen Gesetzen nimmt die Wirkung psychischer Energien, die Reichweite der Seelenstrahlen mit der Entfernung nicht ab, sondern manchmal beträchtlich zu. Begreiflicherweise: denn sie bleiben immer gleich; nur die Ansprechbarkeit ihrer zeitweiligen Empfänger bestimmt die uns sichtbar werdende Wirkung.

       Mit Recht betont ein so feiner Kopf wie Rud. Eucken immer wieder, wie die lebendige Vergegenwärtigung jener leuchtenden Vorbilder die eigene Kraft hebe und dem eigenen Streben einen Schwung gebe, welchen keiner für sich erreicht hätte. Sie vermögen noch jetzt Leben und Tätigkeit zu erwecken, und hören damit auf, etwas Vergangenes zu sein. Das war der tiefe Sinn der römischen Bestattungsfeiern, bei welchen die in Gesichtszügen und Kleidung täuschend dargestellten Ahnen den jüngst Verstorbenen begleiteten und dadurch der Jugend Leidenschaft und Ehrgeiz zu eigenen hohen Taten einpflanzten.143 So wirkt die ethische Größe als unauslöschlicher Eindruck nach auf den, der sie auch nur einmal empfunden hat, mehr als die Schönheit der Natur oder der Forschung. Auf eine geheimnisvolle Weise erhöht sie die Kraft des Geistes und trägt zur Förderung der Wissenschaft, der Kunst und der Religiosität bei.144 Wollen nicht auch wir als solche Vorbilder in das Leben unseres Volkes eingehen ? Wie soll sich dieses gestalten, wenn wir das hohe, seelische Erbe unserer Vorfahren nicht mit neuer Energie aufgeladen an die Nachfahren weitergebell ?

       56. Aber wo sitzt diese mysteriöse Kraft, welche die Verbindungen herstellt und die Wirkungen auslöst ? Jede Erscheinung — auf welchem Gebiet es auch sei — muß eine Ursache haben. Unsere Einsichten in die Natur mögen alle falsch sein: der Kausalzusammenhang ist so ewig, wie das Universum. Diesen Zusammenhängen nachzuspüren, ist schließlich der letzte Zweck der Forschung. Es liegt in der menschlichen Natur, für mysteriöse Erscheinungen mysteriöse Erklärungen zu erfinden. So kam man für die Erscheinungen der Schwer- und Anziehungskraft auf eine actio in distans, eine in die Ferne, sogar auf die Gestirne wirkende Kraft.

       Die größten Geister, wie Kepler, Newton, Huygens, Faraday, haben sie energisch abgelehnt. Newton145 nahm die Kraft einer geistigen Substanz an, welche die Teilchen der Körper wechselseitig anzieht. Aber mit Klingsor möchte man sagen: Diese Lösung ist noch dunkler als das Rätsel.146 Dabei hatte das in seiner ganzen Größe noch nicht erkannte Genie Keplers (1571 bis 1630) schon 100 Jahre vor Newton (1643—1727) die Erscheinung der actio in distans durch eine Strahlungsenergie erklärt, die sich wie das Licht durch den Raum ausbreitet und alle Körper durchdringt.147 Offenbar kehrt darin die Vorstellung des abermals 100 Jahre älteren Agrippa von Nettesheim (1456—1535) wieder, dessen Weltseele oder quinta essentia sich über alles in der Welt ausbreitet und den Steinen, Metallen, allem Leben, und allen Gestirnen verborgene Eigenschaften verleiht.38

       Wer könnte die Verwandtschaft von Agrippas quinta essentia, Keplers Strahlungsenergie, Eulers (1707—1783) Äther und Faradays (1791 bis 1867) Dielektrikum verkennen? Erinnerungen werden wach an die Lichtreligion der Iranier, welche in dem berühmten persischen Mystiker Sihabaddin Jahja as-Suhrawerdi wieder auflebten, sowie an die Weisheit Salomos: der Weltkreis ist voll des Geistes des Herrn (1,7).148

       Wie immer man diese Dinge benennen mag: es sind nur Bilder für die wahre Natur der Dinge, welche uns ewig verborgen bleibt. Zugänglich sind uns nur die Wechselwirkungen; les rapports veritables entre ces choses reelles sont la seule realite que nous puissions atteindre, und wir dürfen annehmen, qu'il y ait les memes rapports entre ces objets qu'entre les Images que nous sommes forces de mettre ä leur place.149

       Die Forschung wechselt nach ihren jeweiligen Einsichten die Bilder. Sie stürzt die einen vom Altar des Glaubens und pflanzt andere auf. Aber die Grundidee bleibt hinter allen Mutationen der Formen und der ephemeren Glaubenssätze gleich, weil sie an sich wahr ist.

       Mit seinem bekannten Satz: la science ne progresse qu'en se detruisant tout les 25 ans (die Wissenschaft zerstört sich jeweils binnen 25 Jahren selbst) bewies Pasteur, daß er sich als reiner Naturforscher nur an die Erscheinungen hielt, aber das Wesentliche, eben den Forschungstrieb übersah.

       57. Die Schwierigkeit für unsere Zeit bezüglich der psychischen Fern Wirkung liegt darin, daß wir zwar physikalische Strahlen anerkennen, nicht aber psychische, obwohl diesbezügliche Tatsachen hinreichend vorliegen — auch außerhalb des Bezirks der Magie, so daß Schopenhauer den Satz aussprach: Wer heutzutage den animalischen Magnetismus — Wirkungen über die Schranken von Zeit und Raum hinweg — bezweifelt, ist nicht ungläubig, sondern unwissend zu nennen.150 Allerdings kommt eine weitere Schwierigkeit hinzu: Nicht das bewußte, sondern das unbewußte Wollen wirkt magnetisch. Alles Denken und Reflektieren muß man vermeiden.164 Unsere Vorstellungswelt hat sich jedoch so sehr auf die mehr oder weniger deutlich bewußten Gehirnprozesse eingeengt, daß uns eine unbewußte Welt, insbesondere eine solche ohne Nervenzellen und Nervenstränge geradezu polizeiwidrig anmutet. Es verhält sich da ebenso wie beim Dielektrikum, wo es ja auch keine Stromquellen und keine Leiter gibt und das doch das wichtigste Stück in den elektrischen Vorgängen bildet.

       Wie sich im Lauf der Jahrhunderte die Ideen berühren bzw. wiederverkörpern, läßt sich an Leonhard Euler (1707—1783) erkennen. Nach ihm ist die Quelle aller elektrischen Vorgänge im Äther zu suchen, und die Elektrizität ist nichts als eine Störung im Gleichgewicht dieses Äthers.157

       Sind die hier vorgetragenen Ansichten wesentlich anders ?

       58. Ohne Gehirn kein Bewußtsein; aber eben nur kein Bewußtsein. Psychische Prozesse spielen sich auch ohne Gehirn ab, wahrscheinlich zahlreichere außerhalb als innerhalb des Bewußtseins. Das bewußte Gedächtnis des Menschen erlischt mit dem Tode, aber das unbewußte Gedächtnis der Natur ist treu und unaustilgbar.152 — Aber wo sitzt es ? Wir können auf der Leiter des Bewußtseins vom „scharfen Denker" oder „genialen Konstrukteur” herabsteigen bis zum homo primigenius. Dann nähern wir uns immer mehr den Pflanzen, bei welchen die Lebensprozesse ohne Individualbewußtsein vor sich gehen bzw. wo das Bewußtsein außerhalb ihrer liegt, eben im psychischen Dielektrikum, im Diapsychikum. Vor solchem Abgrund dunkler Empfindungen, Kräfte und Reize graut unserer hellen und klaren Philosophie. Sie segnet sich davor als vor der Hölle untersten Seelenkräften und begnügt sich mit taubem Wortgekram (Herder). Wenn wir jedoch bei Koch-Grünberg von dem Glauben der Taulipang an Pflanzenseelen lesen153 und uns an die neuerlichen Untersuchungen des Inders Bose,154 sowie an das wundervolle Buch von Ad. Wagner155 erinnern, wird doch vielleicht der eine oder andere hellhörig und erwägt den Gedanken an feinste Strahlen, die eben wegen ihrer Feinheit nicht durch die lärmende, blendende, stinkende Gegenwart hindurchzudringen vermögen — wenigstens nicht bis zu unserem Bewußtsein.

       Daß solche Beziehungen auch ohne die artikulierte Sprache der Menschen oder den Gesang der Vögel existieren, zeigen die Pflanzengesellschaften, Frances Biozönosen. So stehen — wenigstens in der freien Natur — Brenn-Nesseln fast stets mit Melden, Hirtentäschel, Disteln beisammen, Kuckuckslichtnelken mit Hahnenfußen und Günsel.

       Waldmeister wächst nur unter Buchen,156 d. h. in umgekehrter Betrachtung: es sind so und so viele andere Pflanzen ferngehalten worden. Unseren Botanikern sind das geläufige Dinge. In jüngster Zeit hat sich daraus eine besondere, vielversprechende Forschung über Pflanzensoziologie entwickelt.157 Sie bewertet vorerst freilich erst die äußeren Verhältnisse: Klima, Bodenchemie und dergleichen, wird aber allmählich auch den Faktor: Pflanzenpsychologie einzuschalten lernen. Tiere und Menschen halten sie sich durch Stacheln, flüssige und gasförmige Gifte und dergleichen vom Leib. Feindliche Pflanzen werden sie durch elektro-psychische Strahlen an der Entwicklung hindern, sofern nicht der Mensch die natürliche Pflanzengesellschaft stört.

       Mit rücksichtsloser Hand hat der Mensch in das ursprüngliche Vegetationsbild eingegriffen, die bisherigen Pflanzenbewohner verdrängt oder ausgerottet und dadurch die Pflanzengemeinschaften vernichtet. China, Vorderasien, die Mittelmeerländer und bereits auch Nordamerika sind grausige Zeugen dieser ,, Verbesserung" der natürlichen Harmonie, welche die Natur durch Wüsten- und Steppenbildung beantwortet. Und das nennen wir dann: Kultur.

       Alle Schuld rächt sich auf Erden. Die ersten Quittungen über unser Tun werden uns schon heute überreicht. Welche weiteren mögen folgen ?158

       Wie anders als durch geheime Strahlung will man sich das erstaunliche Zusammenwirken innerhalb der Tierstaaten erklären ? Die Kunstbauten der Biber und Hamster, die militärischen Organisationen der Termiten, Treiberameisen, Prozessionsspinnen, des Heerwurms, der Wanderheuschrecken, Kemmerlinge, welche sogar Menschen und Elephanten in die Flucht schlagen: diese Kriegszüge kommen gewiß nicht durch schriftliche oder mündliche Befehle zustande, sondern durch Fernverbindungen, durch actiones in distans auf Grund eigenartiger Sender, Strahlen und Empfänger.

       Daß unsere Technik das nicht nachmachen kann, beweist nichts gegen solch eine Annahme. Möglicherweise gehören hierher auch die Menschen mit der sog. glücklichen Hand in der Behandlung von Pflanzen, wie die unlängst verstorbenen Luther Burbank (gest. 1926) und Erwin Baur (gest. 1933), und von Tieren, insbesondere die Tierbändiger und Tierbändigerinnen. Ob mit den Augen, Händen oder mit unbekannten Energien: Tatsache ist jedenfalls, daß sie einen erstaunlichen Einfluß auf Lebewesen anderer Art ausüben.

       In seiner berühmten Völker-Psychologie (IV. l, S. 324) zeigte W. Wundt, wie der ursprüngliche Tierkult und Totemismus getragen ist von dem Glauben, daß der Mensch von den Tieren abstamme. — Sollte darin nicht eine Ahnung von dem gemeinsamen diapsychischen Wurzelboden anklingen ? Und sollen wir bei den Naturvölkern einen Glauben belächeln, den wir bei Darwin, Haeckel bewundert haben ?

       Auf der Naturforscher Versammlung in Königsberg 1930 machte Eitel darauf aufmerksam, daß bestimmte Kristalls orten immer zusammen vorkommen, andere sich streng meiden. Von einer, auch nur spurenhaften Mischbarkeit der seltenen Erdkristallarten mit den eigentlichen Alumosilikaten ist nichts zu bemerken. Dagegen folgt das Gallium in „sklavischer" Weise dem Aluminium durch alle Phasen der Kristallisationen im Magma.

       In der Lithosphäre geben, nach Goldschmidt, vor allem diejenigen Elemente den Ausschlag, die als elektro-positive Jonten dem einfachsten Edelgastypus zugehören. Deshalb ist die Gesellschaft der lithophilen Elemente durchaus keine zufällige.

       Die Gesetze des Platzwechsels der Atome hei Bildung von Verbindungen, ihres Transportes durch strömende Medien wie Lösungen und Gase, ihrer Verlagerungen in festen Körpern usw. machen das Wesen der Migrationen aus.159

       Es ist schwer, diese Ähnlichkeiten mit jenen innerhalb der lebendigen Substanz zu verkennen. Die geheimnisvoll-magische Kraft des Magneten hat schon bei den ältesten Völkern den Glauben an psychische Energien hervorgerufen. Der Inder nennt ihn: den Stein, der Eisen fressen möchte; der Chinese, wie der Franzose: den liebenden Stein.67

       59. Wenn hier die Weltseele als psycho-elektrisches Kraftfeld dargestellt wird, so ist das nur eine neue Ausdrucksform für eine uralte Vorstellung. Sie wird sich gern zerbrechen lassen, wenn andere Geisteshaltungen andere Formen schaffen. Eine Hypothese, die durch neue Fakta verdrängt wird, stirbt eines ehrenhaften Todes.160 In der gleichen Weise äußerte sich der geniale Mathematiker H. Poincare: une hypothese renversee a rendu plus de service qu'une hypothese vraie; car eile a ete l'occasion de l'experience decisive.149

       Was morgen wird, können wir heute noch nicht wissen. Aber daß die Idee der ewigen Zusammenhänge noch ebensoviel tausend Jahre leben wird, wie sie bereits gelebt hat, erscheint zweifellos.

       Jedenfalls sind derlei in Wahrheit religiöse (religare = verknüpfen) Vorstellungen geeignet, dem einzelnen und einsamen Kämpfer sein Angeschlossensein an andere zum Bewußtsein zu bringen und damit die durch die Zeitumstände unterbrochene Verbindung wieder herzustellen.

       Dazu ist keineswegs das Studium gelehrter Folianten erforderlich: sie verwirren mehr, als sie fördern. Es genügt völlig eine ümstimmung des Betrachtens, eine μετανοια. Man braucht bloß die Dinge und die Ereignisse nicht mehr isoliert zu betrachten, sondern eingebettet in ein Meer unsichtbarer Zusammenhänge. So sieht auch ein Bauwerk des Phidias im großen Rahmen der Landschaft ganz anders aus als in der Nähe. Und die für kleine Räume gedachte Kammermusik verliert in Riesensälen ihre intimen Reize, genau so, wie die in Gemäldesammlungen mehr oder weniger herzlos nebeneinander aufgehängten, aus ihren Zusammenhängen gerissenen Portraits.

VIII. UNSICHTBARE ÜBERTRAGUNG DURCH IRRADIATION

       60. Immer wieder drängt sich die Frage auf: in welcher Weise werden die psycho-elektrischen Strahlen übertragen ? Im Anschluß an Faraday und Debye können wir den Raum zwischen zwei Individuen mit Miniatur-Magneten erfüllt denken, welche sich — wie in einem magnetischen Feld — dia- oder paramagnetisch, d. h. ansaugend oder abstoßend einstellen.

       Wir können aber auch ein Bild von Huygens weiterführen und an Miniatur-Billardkugeln denken. Deren Reihe mag noch so groß sein: immer wird bei genügendem Stoß die der ersten Kugel mitgeteilte Energie bei der letzten zum Vorschein kommen. Wir können die Reihe der Kugeln weit über unsern Horizont hinaus, bis in die Unendlichkeit verlängern: von wo die Bewegung der letzten Kugel ausgeht, ist ihr nicht anzusehen. So wirken Zarathustra (900 v. Chr.), Pythagoras (500 v. Chr.), Marcion, (150 n. Chr.), Roger Bacon (1214—1294), Nicolaus Cusanus (1401—1464), Fr. Glisson (1596—1677) noch heute im Stillen fort, gar nicht zu gedenken der Denker und Erfinder, welche der Menschheit die wertvollsten Erkenntnisse vermittelt hatten und heute ganz vergessen sind.

       Eben deswegen, weil wir ja doch nie zu der ersten Billardkugel gelangen, erklärten Leukipp und Demokrit die Bewegungen der Atome — unsere Potentialschwankungen — für anfangslos und lehnten es konsequenterweise ab, die Ursache dieser Bewegungen anzugeben.57

       Einen sehr hübschen Vergleich bringt Fontenelle: Wenn die Rosen die Geschichte ihres Stammes schreiben könnten, würden sie sagen: Wir haben — soweit wir denken können — immer den gleichen Gärtner, und nur ihn gesehen. Er ist immer der gleiche geblieben und stirbt nicht wie wir.49

       Die Ruhe der dazwischen liegenden Glieder ist nur scheinbar. Unterhalb der Schwelle unseres Bemerkens geben sie den Stoß weiter. Es ist wie beim Wellenspiel des Meeres: der naive Betrachter bewundert nur die schäumenden Wogen; der Kundige sieht daneben auch die Wellentäler, aus denen die Wellenberge emporsteigen. Der Eindruck der Erscheinungen hängt eben völlig von der Ansprechbarkeit des Empfängers ab. Über die Oberflächenerscheinungen hinaus sieht der wahre Künstler hinter die Kulissen. Denn jeder Künstler ist ein unbewußter Metaphysiker. Er sucht das Ewige zu ergreifen, welches in allen Gestalten und Begebenheiten dieser Welt zum Ausdruck kommt.161 Die wirkliche Musik erraten wir ja doch bloß (J. S. Bach).162 Deswegen spielt das Auge nicht die dominierende Rolle, welche wir ihm gemeinhin zuschreiben. Die seelische Feinfühligkeit der Blinden, ihr Durchschauen fremder Menschen ist bekannt. Drum ist bezeichnenderweise der „Seher" mit Vorliebe blind dargestellt worden.

       Auch uns Sehenden kommen die besten Gedanken im träumenden Halbschlaf, wenn keine äußeren Reize die Aufnahme und Verarbeitung der psycho-elektrischen Strahlen stören.163 Der nächtliche Notizblock gehört zum Denker.

       61. In ähnlicher Weise sprechen ganze Zeitalter, d. h. Generationen bzw. Generationenfolgen auf bestimmte psychische Strahlen an und reagieren auf andere nicht.

       So meinen manche: das Mittelalter habe geschlafen. Das ist ein Irrtum!! In der angeregtesten Weise wurden damals die von den Griechen und von den Kirchenvätern ausgesandten Strahlen erörtert, ja das Angeregtsein ging bis zur Vernichtung der Vertreter anderer Geistesstrahlen. Mit Recht spricht Schopenhauer von der Empfänglichkeit des menschlichen Intellekts für den unglaublichsten Unsinn und von der Bereitwilligkeit des menschlichen Herzens, ihn durch Grausamkeiten zu besiegeln.164 Das waren keine Schläfer! Schon vor bald zwei Menschenaltern hat H. Reuter gezeigt, daß im Mittelalter viel mehr geistige Lebendigkeit herrschte, als man sich gemeinhin vorstellt.69 Nur deshalb, weil uns die Antennen für die damalige Geisteshaltung fehlen, sehen wir in jenen Perioden geistige Vakua. Tatsächlich liegen diese Vakua bei uns, den Betrachtern. Fr. X. Bichat hatte äußerlich recht, daß es Zeiten ohne Großtaten gegeben habe (periodes vides de decouvertes).165 Aber die Lebensenergie erlischt nie, auch wenn sie sich uns nicht bemerklich macht, wie im frisch eingesäten Acker, wie in der scheinbaren Winterruhe der Bäume und Sträucher.166

       Die Ähnlichkeit mit den Erscheinungen der Influenz im Bereich der Elektrizität und des Magnetismus drängt sich auf: auch da werden ungeordnete Energien gleichgerichtet und üben dann Wirkungen aus, so lange eben die influenzierenden Kräfte — in unserem Falle: große Geister — vorhanden sind. Nach deren Verschwinden verlieren sich ihre Wirkungen. Nur der Lebende hat Recht.

       Man erkennt die Bedeutung der jeweiligen Ansprechbarkeit. Aber auch diese weist innerhalb einer bestimmten Gesamtrichtung Sonderansprechbarkeiten auf, z. B. für Physik und Chemie usw. Es ist bemerkenswert, wie es zu dieser, heute bedauerlich weit fortgeschrittenen Differenzierung gekommen ist. Noch Boerhave (1668—1738) vereinigte in sich die mathematischen, chemischen, botanischen, ärztlichen Kenntnisse seiner Zeit, und die Vielseitigkeit eines Joh. Müller (1801—1858), Gauß (1777—1855), A. v. Humboldt (1769—1859) lebt noch in unser aller Gedächtnis. Heute verstehen sich z. B. innerhalb der Medizin und Chemie die einzelnen Zweige nur noch mit Mühe und mit Spezialwörterbüchern. Der Versuch, im Staatsexamen gewaltsam eine Synthese herbeizuführen, iat — nach der bisherigen Entwicklung — zum Scheitern verurteilt. Die durch so viele Forscher-Prismen zerlegten Geistesstrahlen würden sich nur durch ein System von Sammellinsen wiedervereinigen lassen; aber solche besitzen wir — wenigstens dermalen — nicht. Die Gefahr des Erdrücktwerdens durch die Massenhaftigkeit der Einzelforschung droht. Drum flüchten viele in immer engere Maulwurfslöcher.

       Es klingt schmerzlich, ist aber nur allzu wahr, was Luden Haumann sagt: par la recherche byzantine du detail, une science peut quitter les voies fecondes et süres qu'elle suivait, et se perdre dans des fondrieres (Schlammlöcher).158

       62. Um auf größere Entfernungen zu wirken, kombiniert die Natur zwei Faktoren: einmal erhöht sie die Ansprechbarkeit, zum ändern verstärkt sie die Kraftquelle.

       Die Strahlenkraft des Einzelnen ist verhältnismäßig eng begrenzt. Wir bewundern zwar die von Sokrates, Jesus, Galilei, Friedrich dem Großen, Leibniz und anderen ausgehenden hohen Potentiale, konzentrieren dabei jedoch die — auch von ihren Schülern ausgehenden Strahlen auf den „Meister" als Brennpunkt, so daß manche um so größer werden, je mehr man sich von ihnen entfernt. Treffend sagte schon Virgil von der Fama: viresque acquirit eundo (im Fortschreiten bekommt sie neue Kräfte). Hier ist also das Problem des perpetuum mobile gelöst, ähnlich wie im Bereich der chemischen Katalysen.

       Der Kunstgriff der Natur bestand darin, die strahlende Energie auf mehrere Reihen von Billardkugeln wirken zu lassen, so daß vielseitige Erfolge resultierten. Die in der ursprünglichen Persönlichkeit vereinigten Strahlen zerteilten sich, und je mehr sie ihren gemeinsamen Ursprung vergaßen und sich als autochthon betrachteten, um so mehr bekämpften sie sich bzw. behaupteten, den richtigen Ring zu besitzen. Aber eben diese Auseinandersetzungen dienten zur Verstärkung des ursprünglichen Strahlenkegels. Was wäre Kant ohne die feindlichen Heerhaufen der kriegerischen Kantianer? Boerhave ohne das Glück, ausgezeichnete Schüler zu finden und sie mit einem wahren Zauber dauernd an sich zu fesseln ? Mehrere überragten ihn weit, zeigten dennoch die höchste Pietät gegen ihn und verbreiteten seinen Ruhm, auch wenn sie seiner Lehre nur teilweise treu blieben (Haller, Gaub, v. Swieten, de Haen, Fr. Hoffmann, G. E. Stahl) 168.

       Die Ruhmestaten der großen und kleinen deutschen Generale im Weltkrieg waren nur Ausstrahlungen Schlieffen- und Moltkeschen Geistes, der seinerseits — die Vorliebe großer Feldherrn für die Geschichte der Kriegswissenschaft beweist es — aus unabsehbaren Fernen herkommt. Schlieffen knüpfte mit seiner berühmten Studie Cannae unmittelbar an das Genie Hannibals an.

       63. Man wende nicht ein, daß die Unzahl von psychischen Strahlen oder Wellenpaketen die Fortpflanzung störe. Solch einen Gedanken hat schon Huygens abgetan durch die Erkenntnis, daß dasselbe Stoffteilchen mehrere Wellen fortpflanze, welche gleichzeitig von verschiedenen, sogar von entgegengesetzten Seiten kommen.169 Die gleiche Überlegung hat 100 Jahre nach Huygens (1629—1695) der große L. Euler (1707—1783) angestellt, welcher in der Geschichte seiner Zeit etwa die gleiche Stellung einnahm, wie später Hegel, Gauß, Virchow. Auch er hat erkannt, daß mehrere Lichtstrahlen gleichzeitig durch denselben Punkt gehen können, ohne sich gegenseitig zu behindern. Das Durcheinanderwogen der psychischen Spiralen ist für unseren Aufnahme-Apparat unübersichtlich. Aber vermögen wir das Gewühl eines Jahrmarktes, einer Schlacht, der tausenderlei nebeneinander herlaufenden wirtschaftlichen und politischen Wechselwirkungen restlos aufzulösen? Bleibt da nicht gerade das Wesentliche als Rest, nämlich die hinter allem stehende ordnende Instanz ? Wie lebhaft, mitunter aufgeregt geht es im Theater hinter den Kulissen zu! Und doch präsentieren sich auf der Bühne dem Publikum geordnet ablaufende Bilder. Sehen wir von dem Drama der Geschichte mehr, als das, was sich auf der Bühne der Öffentlichkeit abspielt? — Noch weitergehend kann man fragen: Kennen wir den Regisseur, der uns das Stück unseres eigenen Lebens spielen heißt ?

       64. Einen anderen Kunstgriff zur Verstärkung der psychischen Kraftquelle wendet die Natur an: sie vermehrt die Zahl der strahlenden Persönlichkeiten. Wir machen ihr das nach durch Vermehrung der galvanischen Elemente.

       Die bereits erwähnte Häufung großer Geister bei den jonischen Philosophen gehört hierher. Aber sie war kein Ausnahmefall, sondern kehrt in allen Blütezeiten bei allen Völkern wieder. Es wäre langweilig, sie von Perikles bis Bismarck aufzuzählen. Jeder kennt Beispiele in Hülle und Fülle, sei es auf dem Gebiet der Geisteswissenschaften (Kant, Herder, Lessing, Fichte, Schelling, Hegel, Schiller, Goethe), oder der exakten Naturforschung (Lavoisier, Lagrange, Laplace, Bichat, Cuvier, Laennec, Saussure, Lamarck, Gay-Lussac, Ampere, A. Dumas), oder der Musik (Haydn, Mozart, Beethoven, Schubert, Gluck, C. M. v. Weber, E. Th. A, Hoffmann, Spohr).

       In ähnlicher Weise haben die Neu-Pythagoräer, die Neu-platoniker, die Neu-Humanisten, die Neu-Kantianer, Neu-Hegelianer und andere nach mehr oder weniger langer Zeit die alten Geistesstrahlen relais-artig wieder aufleuchten lassen. Natürlich hat es Verbindungsstrahlen über die Generationen hinweg gegeben, auch wenn sie uns unbekannt geblieben sind.

       War nicht das Griechenreich Goethes, Schillers, Herders, Humboldts eine unbewußte Auferstehung der uralten Jenseits- und Paradiesesidee, welche über die Zeiten hinweg in der seelischen Tiefe der Einzelnen und des Volkes als dem schaffenden Untergrund dunkel und undurchschaubar schlummerte ? 166

       Je nach unserer eigenen Ansprechbarkeit heben wir aus dem Kreis großer Zeitgenossen die eine oder andere Persönlichkeit als Chorführer, μουσαγετης heraus. Allein darin liegt eine Ungerechtigkeit gegen die anderen, die auf ihren Gebieten gleich groß gewesen sind. Wichtiger als die Einzelnen bleibt immer der Geist, der sie beseelte. Welche Form der Geist, das psychische Potential annimmt, ist gleichgültig: er lebte ebenso in Moltke, wie in Ranke, Gauß, Helmholtz, Siemens, Rodbertus, Schmoller, Bunsen, Fr. Reuter, R. Wagner, Brahms, Wißmann, Peters, W. Wundt, Fr. Wöhler usw.; ja er kann bei manchen Persönlichkeiten in Form von Doppelbegabungen auftreten. Der 1929 gestorbene Legationsrat Emil Krebs sprach in 100 Sprachen: er hieß der Kopf mit 100 Zungen.170 Der Urgrund ihrer Tätigkeit war bei allen gleich. So kann auch das gleiche Grundwasser in höchst verschiedenen Quellen zutage treten.

       65. Zum Nachdenken reizt die Beobachtung, wie die verschiedenen Nationen nacheinander die Führung übernehmen.

       Es ist, als wechselte die Ansprechbarkeit mit den Zeiten; denn der Hauch des Geistes weht immer! Drum darf man auch die genannten großen Männer nicht als Zufälligkeiten betrachten, sondern als Hervorragungen aus der geistigen Konstitution ihres Volkes. Neben ihnen hat es stets Meister kleinerer Ausmaße gegeben, welche — fast möchte man sagen: ungerechterweise —von jenen in den Hintergrund gedrängt worden sind.

       66. Mit Huygens kann man die unendliche Zahl von Wellen, welche in dem nämlichen Augenblick von allen Punkten herkommen, als eine einzige Welle betrachten, welche kräftig genug ist, um auf uns Menschen einen Eindruck zu machen.169 Dann hört man — wie die Nordländer von einst — aus dem Rauschen der Wälder, aus dem Murmeln der Bäche, aus dem Brausen des Meeres, aus dem Donnern der Lawinen die mächtige Kunde übermenschlicher Gewalten und hat das stolze Gefühl: ich gehöre auch dazu.

       Wie die Bäume und Flüsse, hat die Natur auch Völker und Männer geschaffen, mit denen wir, wie mit Paten, besonders verbunden sind. In dem einen klingt Heraklit, in dem anderen Aristoteles, Kepler, Galilei, Schiller, Gauß an, aber auch sie nicht als individuelle Selbstherrlichkeiten, sondern als Durchgangsstationen besonderer psychischer Strahlen. Aufgereiht an dieser Kette ziehen sie uns aus den Niederungen des Alltags in lichtere Höhen,

       in die heiteren Regionen,

       wo die reinen Formen wohnen,

       wo von allen Erdenmalen

       frei, in der Vollendung Strahlen

       schwebt der Menschheit Götterbild.171

       67. Im ewig bewegten Ozean des Lebens gibt es keine Ruh. Die psychischen Strahlen, von der einen Seite eingedrungen, streben auf der anderen nach lebendiger tätiger Weitergabe,

       und herrliche Heroen brannten

       dem großen Wesen gleich zu sein,

       daß höher stets, zu immer höheren Höhen

       schwing' sich das schaffende Genie.

       Ob die Resonanz großer Geister zum Willen und zur Tat drängt, ist individuell verschieden und nicht eben wichtig. Auch die kontemplativen, scheinbar passiven Naturen sind als Aufladestationen im Haushalt der Natur von Bedeutung: sie geben ihre Potentiale weiter. Sind nicht die Söhne die Vollstrecker der — vielfach unbewußten Ideen ihrer Mütter ?

       Man möchte sagen: die Mütter geben das Leben, die Forscher die Kenntnisse weiter, die Künstler entzünden durch Begeisterung die Taten, etwa wie Firdusi sang:

       Die großen Helden, stark und mutbefeuert,

       sie alle starben längst. Doch ich beschied

       ein ewiges Leben ihnen durch mein Lied.

       Die Hauptsache ist und bleibt das Anklingen, die Resonanz der großen seelischen Energien.

       68. Aber ach! wie wenige lebendige Resonatoren gibt es für die Vorbilder der Geschichte und der Künste! Wahrhaftig, Vauvenargues (1715—1747) hatte recht: il y a beaucoup de verites qui sont trop fortes pour les hommes et qu'ils ne sauraient supporter (viele Wahrheiten sind für die Menschen unbegreiflich, ja unerträglich).172 Oder wie Ew. Hering sich ausdrückte: die größten Ideen — und wären sie tausendmal in Schrift und Sprache verewigt — sind nichts für Köpfe, die nicht dazu gestimmt sind; sie wollen nicht bloß gehört, sie wollen reproduziert sein. Solche Leute gehören nicht zu denen, von welchen der herrliche Chor in der Antigone singt (V. 331 ff.)

       Vieles Gewaltige lebt;

       aber nichts ist gewaltiger

       als der Mensch.

       Ihnen schwindelt vor der Unendlichkeit; denn ohne Schrecken ist das Göttliche nicht.173 Es gehört ebensoviel Mut wie Phantasie dazu, in das Unendliche hineinzudenken. Wer es aber gewagt hat, kehrt zurück mit der Erkenntnis, daß die psychischen Strahlungsenergien die feinsten, wichtigsten und mächtigsten sind, mit Welchen dem Menschengeschlecht ebenso geholfen werden kann, wie mit den Wundern der Katalyse oder mit dem Feuer des Prometheus.

IX. RESONANZ ALS WELTGESETZ.

       Wer die Studie bis hierher begleitet hat, wird die Bedeutung der Ansprechbarkeit — Th. W. Engelmanns bathmotrope Funktion — als eines entscheidenden Gliedes im Zusammenspiel aller Dinge erkannt haben. Sie beruht auf der Resonanz. Drum ziemt es sich, diesem Faktor einen besonderen Abschnitt zu widmen.

       69. Das Kind fragt: warum ?, der Erwachsene wundert sich, der einfache Geist „stellt fest", der Denker sucht nach den Zusammenhängen.

       Oft genug findet er solche heraus; ungleich öfter bleibt sein Wissensdurst ungestillt. Warum eine Pflanze wächst, warum am Himmel neue Sterne erscheinen, warum im Leben der Wissenschaften und der Völker diese oder jene Strömungen anschwellen oder abklingen, warum uns dieses heute gefällt, morgen nicht mehr:

       solche und 1000 andere Fragen bleiben unbeantwortet, so daß man sie schon gar nicht mehr stellt, sondern mit dem Mohammedaner sich resigniert ins Kismet, in ein blindes Schicksalswalten fügt.

       Wir tun das um so eher, als die moderne Naturforschung mit ihrer Betonung des Experimentes die Zusammenhänge auf das Laboratorium eingeengt, also zerrissen und Blicke darüber hinaus fast mit der Acht belegt hat.

       Wer wollte leugnen, daß diese Art der Forschung glänzende Ergebnisse gezeitigt hat ? Aber wer wollte andererseits leugnen, daß eben diese Einengung des Gesichtskreises — womöglich aufs Mikroskop — andere Zusammenhänge ausschließt, namentlich solche, welche sich über größere zeitliche ud räumliche Entfernungen erstrecken ?

       Vor uns Mikroskopikern aller Art hatten frühere Forschergeschlechter einen weiteren Horizont voraus, so daß ihr Weltbild ganz anders aussah, als das unserige. Schon bei Galilei und Kepler machte sich solche Gegensätzlichkeit bemerkbar.

       Es ist Geschmackssache, ob man dies scharfe Erkennen der Einzelheiten der Gesamtschau mit undeutlicheren Einzelheiten vorzieht. Ideal wäre eine Verbindung beider Erkenntnisformen, etwa in der Art, daß man in der Jugend kleinere Zusammenhänge kennen lernt, alsdann die Sicht ausdehnt, und von dieser aus wiederum zum Studium der — nunmehr nicht mehr isolierten — Einzelstücke zurückkehrt. Wie ganz anders erscheint dem Studenten der Medizin die Anatomie, wenn er sie — von den klinischen Semestern kommend — zu Examenszwecken nochmals studieren muß!

       Es tut mir leid — äußerte Michelangelo 1564 — nun mit 89 Jahren die Erde verlassen zu müssen, da ich jetzt gerade erst begonnen habe, die Anfangs gründe meiner Kunst zu beherrschen.174 Nur Wenigen ist diese spiralige Entwicklung in ihrem individuellen Dasein vergönnt. Dann erkennt man — wie das J. Strebel hübsch ausdrückt —, wie die Inseln und Kontinente nur scheinbar von einander getrennt, im Grunde jedoch alle miteinander verbunden sind.175

       Mit dem Konditionismus der letzten Jahrzehnte kehrt man wieder zu dem Boerhave- Schüler, Friedr. Hoffmann (1660—1742) zurück: in generandis morbis non una, sed plures concurrunt causae (eine Krankheit hat nicht eine, sondern mehrfache Ursachen).

       Im allgemeinen aber ist die gegenwärtige Zeitströmung solcher Betrachtungsweise nicht günstig, obwohl die heutige Katalysenlehre mit ihrer Vorstellung von den kettenförmig sich aneinander reihenden Beaktionen ganz präzis vorweg genommen ist in dem Satz: semper unius causae effectus iterum causa alterius evadit, et sic porro (immer wird das Ergebnis einer Ursache seinerseits die Ursache eines anderen Effektes und so geht das fort).176

       70. Daß ein Schwerthieb eine Wunde verursacht, leuchtet ohne weiteres ein. Ursache und Folge fallen zeitlich zusammen.

       Schon weniger einleuchtend ist die Wirkung eines Giftes. Ganz abgesehen davon, daß die Menschen sich verschieden verhalten, schieben sich zwischen Ursache und Wirkung eine Menge von Zwischenvorgängen ein, welche wir in ihrer Kompliziertheit nicht zu übersehen vermögen. Und doch wäre die Kenntnis dieser Veränderungen für uns unendlich wichtiger als die Kenntnis der Endresultate, des Schlußaktes einer Reihe vorangegangener Prozesse.177 Wir fassen sie ein einen Vorgang zusammen und betäuben damit unser Kausalbedürfnis. In Wahrheit ist unser Einblick trotz aller Experimente recht dürftig. Wir ersetzen ihn durch Hypothesenketten oft sonderbarer Art; daher die von Individuum zu Individuum, von Menschenalter zu Menschenalter wechselnden Vorstellungen über das Wesen des Krankseins.

       Noch dürftiger ist der Einblick bei den fördernden bzw. schädlichen Wirkungen vorübergehender meteorologischer Konstellationen oder dauernder klimatischer Verhältnisse. Wir konstatieren den Zusammenhang und befriedigen damit praktische Bedürfnisse. Das Warum? bleibt unbeantwortet. Über derlei handgreifliche Zusammenhänge hinaus wirken aber auf den Einzelnen wie auf Gemeinschaften noch andere Faktoren, die völlig außerhalb unseres Bemerkens bleiben. Die Zeitströmungen sind gewiß gewaltige Wirkungen. Allein sie entstehen nicht von selbst. Jede Wirkung muß eine oder mehrere Ursachen haben: wo sind die Ursachen der Strömungen im Einzelnen wie in denen der Völker ?

       71. Daß die Ursache früher sein muß als die Wirkung, leuchtet ein. Nur fragt sich, ob sie — bildlich gesprochen — von hinten schiebt, oder nach vorne zieht. Wir sind ja von einem Schwarm von Faktoren umgeben bzw. in ein Netzwerk von solchen eingesponnen, so daß Ursachen der verschiedensten Art von allen Seiten in den verschiedensten Kombinationen unaufhörlich auf uns einwirken.

       Welche von diesen Kombinationen wir im gegebenen Fall als die verursachende beurteilen, bleibt dem Einzelnen überlassen, der ja seinerseits gleichfalls das fließende Produkt wechselnder Bedingungen ist. Daher rührt die verschiedene Betonung der Motive historischer und nichthistorischer Persönlichkeiten, je nach der eigenen Konstitution des Beurteilers; daher die verschiedene Beurteilung der nämlichen Erscheinung seitens der Individuen, Zeiten und Völker. Die gleiche Tat erscheint vom Standpunkt des Anklägers und des Verteidigers in völlig verschiedenem Licht, weil jeder entgegengesetzte Motive anklingen läßt. Der Satz Schillers: Ewig still steht die Vergangenheit, ist im Prinzip richtig. Aber das, was einen Moment lang Wirklichkeit gewesen war, versinkt im nächsten Moment in das Meer des Gewesenen, der Geschichte, leuchtet von dort aus in den verschiedensten Tönungen und Brechungen in den verschiedenen Köpfen; und das bringt ewige Bewegung in die Betrachtung der ewig stillstehenden Vergangenheit.

       72. Der Ochse zieht mit Hilfe von Tauen seinen. Wagen, die Kugel fliegt von der Flinte durch die Luft zum Feind. Aber der homo sapiens bzw. die Vernunft wirkt nicht a tergo, sondern a fronte. Daß es in der Natur ebenso eine Vernunft, Vorausschau gibt, wie im einzelnen Menschen, kann nur Größenwahn verkennen. Kann ich — rief Kepler aus — Gott, den ich bei der Betrachtung des Weltalls geradezu mit Händen greife, nicht auch in mir selber finden ?

       Kein Chemiker und kein Ingenieur wird leugnen, daß die Ursache, der Plan seines Handelns früher war, als das Produkt. Moltke hat im Feldzug „prämeditierte Ausführungen" gesehen, und wer von uns allen möchte behaupten, daß nicht Ziele, Hoffnung und Furcht, Begeisterung und Haß mächtige Hebel seines Tuns gewesen seien ?

       Vielleicht sind die Ziele nur Reflexerscheinungen „rückwärts" liegender Ursachen, etwa eine Art von fata morgana, Sehnsucht.

       Dem Volk müssen immer wieder auf bunten Karten alle die Räume aufgezeigt werden, die es einmal mit Strahlungen seiner Rassenkraft, seiner Kultur, mit Gebilden seiner Wirtschaft erfüllt und gestaltet hatte, damit aus den nachfolgenden Geschlechtern die Erinnerung einstiger Raumüberwältigung durch Staat und Reich, und damit die Hoffnung auf Wiederbelebung nicht verschwinde: meint der Realpolitiker Haushofer.178

       Man muß sich den Menschen als Mittelpunkt einer Kugel vorstellen. Teils abstoßend, teils anziehend wirken innerhalb dieser Kugel von allen Seiten Energien auf ihren Mittelpunkt, so daß dieser keineswegs in beschaulicher Ruhe verharrt, sondern dauernd um einen fiktiven Mittelpunkt herumbewegt wird.

       Was wir räumlich vorn und hinten nennen, erscheint zeitlich als früher oder später: eine Wirkung kommt allem dem zu. Anschaulich illustriert das Leben der größeren Lebenseinheit eines Volkes diese Verhältnisse: Jeder Blick auf die Karte zeigt es in dauernder Wechselwirkung mit seinen Nachbarn, und die Geschichte lehrt ebensosehr die Abhängigkeit von seinem Boden und seinen früheren Erlebnissen wie die von naturgegebenen Bedürfnissen, von Wünschen, Plänen, Zielen.

       Die sogenannten großen Männer sind nicht für sich allein groß gewesen, so daß man sie beliebig dahin oder dorthin verpflanzen könnte.

       Sie sind als groß in die Geschichte ihres Volkes nur deshalb eingegangen, weil sie diesem seine unbewußten Ziele vor Augen führten bzw. der Verwirklichung näherten.

       Künder, Propheten sind deshalb ebenso notwendig wie die Männer der Tat, mögen sie auch — wie der geistvolle Agrippa von Nettesheim (1486—1535) mit galligem Humor bemerkte — ihren Zeitgenossen skandalös, böswillig, abergläubisch, besessen vorkommen.179 Sie gleichen der schweren Artillerie, welche die weiteren Wege in die Zukunft öffnet, nicht ohne von eben dieser Zukunft als dem kommandierenden General mit dieser Aufgabe betraut zu sein. Je stärker die Macht des Unbewußten ist, um so weniger erkennt der Einzelne die Zusammenhänge, innerhalb deren er als Organ, als Instrument der Schicksalsmächte tätig ist. Denn genau so wie der einzelne als hochkonstituierte Kugel in seinem Volk steht, ebenso bildet sein Volk eine Kugel größeren Durchmessers und noch komplizierteren Aufbaus in kontinentalen, mundanen und supramundanen Zusammenhängen.

       Der Rationalist vermag — beschränkt durch seine ratio — organisehe Zusammenhänge nicht zu erkennen. Wer aber nur einmal in seinem Leben Zweckmäßigkeiten, Zielstrebigkeiten in der organischen Natur beobachtet und erkannt hat, sei es auch nur in kleinem Ausschnitt,180 der wird solche Faktoren auch dort anerkennen, wohin seine ratio nicht reicht, also im supra-rationalen. Deshalb sind alle großen Forscher bescheiden gewesen.181

       73. Was sind das für merkwürdig aktive Ziele ? Und auf welchen Wegen, durch welche vermittelnden Zwischenglieder wirken sie ? Soviel ist klar: so wenig als die Planeten mit Ketten oder Hebeln bewegt werden, so wenig bedarf die Natur als geniale Arbeiterin unserer Instrumente und Maschinen; sie erreicht vielmehr mit dem geringsten Aufwand die größten bzw. die gerade erforderlichen Wirkungen.182 Diese Erkenntnis ist seit Fermat (1601—1665) wohl Allgemeingut geworden.183 Kepler (1571—1630) schrieb der ganzen Natur und allen deren Krefften (animales facultates) eine verborgene Art zu, die aspectus der himmlischen Liechtstralen zu merkhen und sich denselben zu regulieren.184 Anstatt mit Lichtstrahlen können wir noch mit vielerlei anderen, unsichtbaren Formen der strahlenden Energie rechnen; und außerdem brauchen sie nicht ausschließlich vom Himmel auszugehen. Vielmehr können die verschiedensten Quellen als Sender wirken, auch wenn sie nach Fermat mit la moindre action, mit einer ganz geringen Energie ausgestattet sind.

       Indessen: wenn es tatsächlich extrarationale, hyperphysische Faktoren gibt, wie kommt es dann, daß diese minimalen Kräfte sichtbare, also große Wirkungen auslösen? Das scheint ja dem Fundamentalgesetz der Erhaltung der Energie zu widersprechen.

       In der Tat spielen sich die meisten Wirkungen unterhalb der Schwelle unseres Bemerkens ab. Man erinnere sich nur an das langsame Bleichen von Tapeten, Stoffen; an das unmerkliche Brüchigwerden der Häuser unter dem donnernden Vorbeirollen schwerer Lastwagen; an das allmähliche Erkranken entsprechend der Häufung schädlicher Reize physischer und psychischer Natur.

       Auch die Mutationen kommen nur scheinbar plötzlich, in Wirklichkeit als Summe von so und so vielen kleinsten Mutations-schrittchen zustande, welche wir im einzelnen genau so wenig erkennen, wie die Vorstufen der politischen und geistigen Revolutionen.

       Also nicht immer rufen kleine Ursachen unmittelbar große Wirkungen hervor. Das sind Ausnahmen.

       Aber, ob groß, ob klein: wie kommen derlei Wirkungen auf die verschiedensten Entfernungen, von Zentimetern wie bei der Katalyse, bis auf 150 Millionen Kilometer von der Sonne her, technisch überhaupt zustande ?

       74. Hier müssen wir eine alte Vorstellung richtigstellen, welche wenigstens uns Abendländer unbewußt, aber drum um so stärker beherrscht, nämlich die, daß die unbelebten Körper in ihrem Innern unbewegt seien. Und doch kennt jeder die kinetische Gastheorie, nach welcher die Gasmoleküle durcheinanderfliegen; jeder kennt die Magnetisierung eines Eisenstabes, durch welche die ungeordnete Bewegung der einzelnen Atome (Miniatur-magneten) gleichgerichtet wird. Jeder kennt die Regeneration der Kristalle als Ausdruck ihres vitalen Organismus; und schließlich kennt jeder die lebenden Kristalle, welche mit ihren Bewegungen zu den niedersten Lebensformen hinüberleiten.

       Mit einem Gefühl der Überlegenheit schauen wir auf die „Alten44 herab. Allein dieses Gefühl verliert sich, wenn wir z. B. bei Roderich a Castro (1546—1627) lesen: Quis si penitius consideret, non miretur, silicem lapidem frigidum quidem et in rivulis plerumque jacentem silentem nihilominus ignem, vivum et verum in se continere, nil praependiente aquarum perpetuo fluxu, aut saeva frigiditate per rigidissimam hyemem?185

       (Wer es genau überlegt, wundert sich nicht, daß der kalte Feuerstein im Bach nichtsdestoweniger ein wirkliches und wahrhaftiges geheimes Feuer in sich trägt, trotz des dauernd darüber hinrauschenden Wassers und der grimmigsten Winterkälte.) Immer mehr rechnen die Physiker mit Eigenspannungen, Eigenschwingungen der letzten Elemente aller Körper, welche wie die Töne eines Orchesterstücks durcheinander schwingen. Beim Klangkörper leuchtet das ohne weiteres ein. Beim festen Körper verhält es sich nicht anders. Gewöhnlich rechnet man mit der Eigenschwingung eines bestimmten Großsystems, z. B. einer Brücke. Aber auch die einzelnen Teile solch eines Systems bilden in sich geschlossene Kleinsysteme, welche mit ihren Eigenschaften in eben dieses Großsystem eingehen. Wir können somit jeden Körper als ein System schwingender Funktionen ansehen, welche freilich im allgemeinen für unsere Augen zu geringfügig sind.

       Gelingt es, die eine oder andere dieser Eigenschwingungen zu verstärken, so wird naturgemäß das ganze System verändert, und diese Gesamtveränderung überschreitet dann die Schwelle unseres relativ groben Bemerkens, das seinerseits ja gleichfalls ein System schwingender Funktionen darstellt. Der Augenschein lehrt, wie verschieden diese Systeme aufgebaut, wie verschieden ihre Konstitutionen sind, sowohl zwischen den einzelnen Arten der Lebewesen, wie innerhalb dieser zwischen den einzelnen Gattungen, Rassen und schließlich zwischen den Individuen. Ja, sogar innerhalb des nämlichen Individuums verschieben sich dauernd die Proportionen der Schwingungsbündel. Das Geheimnis der Therapie wie der Kriegskunst liegt im Erfassen des Moments. Die Erfolge mancher Maßnahmen beruhen hier wie dort nicht auf ihrer Vorzüglichkeit an sich, sondern auf dem Zeitpunkt ihrer Anwendung. Das wußte schon Hippokrates. — „Jetzt ist's Zeit!" mag Seydlitz bei Roßbach und bei Zorndorf gedacht haben, als er seine Reitergeschwader vorführte.

       Auch bei der Katalyse ist die Bereitschaft zu dem betreffenden Vorgang das Wesentliche.186

       Im Verfolg dieser Betrachtung können wir im Gehirn nicht bloß ein undurchdringliches Gewirr ruhender Fasern erblicken, sondern ein Schwingungssystem von unbegreiflicher Kompliziertheit. Durch allzu starke bzw. lange Resonanz-Inanspruchnahme der einen oder anderen Komponente wird das ganze System verändert: es kommt dann zu einer Art von Resonanzmüdigkeit oder praktisch: zur normalen physiologischen Müdigkeit nach des Tages Last und Mühen, d. h. nach den tausendfältigen Reizen.

       Natürlich hält jeder chemisch Denkende dieses physikalische Bild für eitel Phantasie. Er möge die Frage beantworten: ist unsere heutige Chemie frei von Hypothesen ?

       75. Die Frage spitzt sich also dahin zu: wie vermögen wir innerhalb eines Körpers einzelne Schwingungen oder Schwingungsbündel (Wellenpakete) zu beeinflussen ?

       Das geschieht eben durch Resonanz. Die Physiker sagen uns: die Stärke der Schwingung im Schwingungskreis wird ein Maximum, wenn eine von außen herankommende Erregerfrequenz gleich ist der Eigenfrequenz der betreffenden Schwingung.187

       Das Mitschwingen, Resonieren setzt jedoch nicht sofort in voller Stärke ein. Was Ferd. Trendelenburg aus dem Gebiet der Hörwellen berichtet, können wir füglich auf sämtliche Schwingungsarten übertragen: der Empfänger springt beim plötzlichen Einsetzen der Erregung nicht momentan auf den im stationären Zustand gültigen Amplitudenwert. Vielmehr schiebt sich ein Ein- bzw. Ausschwingungsvorgang ein, so daß das Maximum (bzw. der Nullpunkt) der Resonanz erst allmählich erreicht wird.188 Die Erscheinungen der Hysteresis (Nachwirkung) bei der Elastizität, Magnetismus usw. gehören hierher.

       Der Grund ist leicht einzusehen: die Schwingungssysteme sind in der freien Natur viel komplizierter zusammengesetzt als in den. Laboratorien. Ganz besonders ist das bei psychischen Energien der Fall. Es gibt zwar eine Liebe auf den ersten Blick, oder ein Gedanke zündet sofort. Aber dazu müssen die Systeme der Einzelnen hormonal oder durch Vorarbeiten, der Massen durch gewandte Redner vorher gestimmt sein. Im allgemeinen braucht es geraume Zeit — bis zu einem Menschenalter —, bis auch der einleuchtendste Gedanke Resonanz findet.

       Man erinnert sich schmerzlich an das Wort des Zoologen-Philosophen August Pauly (1850—1914): Alles Große und Vernünftige in der Welt muß Quarantäne halten, ehe es Eingang findet in die Menschheit. Nur Irrtum und Unsinn gelten unter allen Umständen für kerngesund und passieren frei189.

       76. Es leuchtet ein, daß man mit Hilfe dieser, auf die Wirkungen der Resonanz aufgebauten Methode unschwer erfahren kann, was für Schwingungen in einem System von Schwingungen enthalten sind und welche nicht.

       Gewiß hält diese Methode strenger Kritik nicht stand, allein sie verspricht doch Erfolge, so daß man wohl einen Versuch damit wagen kann, möchte man mit H. Geiger und K, Scheel sagen.190

       Ungleich fataler ist es, daß das Schwingungssystem, die Konstitution — wenigstens bei den Lebewesen — sich dauernd ändert und daß der Zyklus der Änderungen eben durch den Eingriff der Resonanz gestört wird. Hierher gehört die Heisenbergsche Ungenauigkeitsrelation, nach welcher es in diesen Forschungen nicht mehr möglich ist, gleichzeitig Lage und Geschwindigkeit von irgendeinem Elementarteilchen zu bestimmen.191 Die Resonanz ist das Moment, durch welche die geheimnisvolle Kraft (res immensi secreti) in die Poren (foramina) der Körper eindringt, ein Vorgang, welcher nur Gott und der Natur bekannt ist (Deo et naturae tantummodo nota est)185 und den — nach Lucretius — die Natur mit einem heiligen Schleier bedeckt: tegit sacro involucro natura.

       77. Diese Vorstellung der Verstärkung latenter Schwingungen durch Resonanz macht keine Schwierigkeit. Aber auch die Übertragung der schwingenden Energien, welche eben die Resonanz auslösen, ist nicht schwer zu begreifen. Wir führen dermalen alle Kraftübertragungen auf Strahlen zurück als auf die unserem hauptsächlichsten Aufnahmeorgan adäquate Vorstellungsform. Aber welcher Gestaltwandel da auch kommen mag: Bewegung ist und bleibt die Grundlage alles Geschehens, alles Fließens, auch wenn gelegentlich der Anschein des Beharrens erweckt wird.

       Jede Kraftquelle wirkt nach allen Seiten, aber innerhalb der Kugel, deren Mittelpunkt sie ist, geradlinig radiär. Indem wir aus dieser Kugelwirkung nach unserem Bedarf einzelne Segmente herausschneiden , haben wir es mit geradlinigen Strahlen zu tun.

       Diese Geradlinigkeit ist zu beeinflussen, ist ablenkbar. Von der Kernphysik her wissen wir, daß die vom Radium ausgehende Strahlung durch den Magneten teils abstoßend, teils anziehend beeinflußt wird. So bekommen wir die wenig abgelenkten positivgeladenen a-Strahlen, und die stark abgelenkten negativ-geladenen ß-Strahlen,13 während die harten, durchdringenden y-Strahlen geradlinig weiter gehen.

       Die Richtstrahlantennen und Hohlspiegel lassen uns mit strahlenden Energien fast ebenso sicher manipulieren, wie mit festen Körpern oder mit strömendem Wasser.

       Dem Magneten, welcher Radiumstrahlen ablenkt, entsprechen auf psychischem Gebiet große psychische Energien, welche entweder von Einzelpersönlichkeiten wie Pythagoras, Perikles, Papst Urban II. (mit dem Ruf: Dieu le veut, Clermont November 1095), Mirabeau ausgehen oder von einer Masse von Menschen mit an sich mittelmäßiger Begabung. Die Geschichte ist voll von derlei Suggestionswirkungen. Fast möchte man sagen: sie besteht nur aus solchen. Sie beherrschen das Denken ihrer Anhänger ebenso wie der sie bekämpfenden Gegner, nur hier sozusagen mit verändertem Vorzeichen. Die Analogie mit den a- und ß-Strahlen liegt auf der Hand.

       78. Wo wir weder den Energiesender und -empfänger, noch das vermittelnde Medium kennen, müssen die Wirkungen unerklärlich, dunkel sein. Demgemäß führte Berzelius die Katalyse auf eine vis occulta zurück.

       Die Chemiker rechnen mit Eigenschwingungen beim Vorgang der Katalyse (Mittasch). Dann werden die in einem Katalysator enthaltenen Eigenschwingungen als Erregerfrequenzen die in dem zu katalysierenden System vorhandenen Eigenschwingungen verstärken. Damit gewinnt der rätselhafte Vorgang an Verständnis. Gewiß stecken in diesem ganz allgemeinen Schema noch 1000 Fragezeichen, welche einzeln beantwortet sein wollen. Der Forscher gleicht — um ein Bild von Bismarck zu gebrauchen — einem Wanderer im Walde, der wohl die Richtung seines Marsches kennt, aber nicht den Punkt, an welchem er aus dem Wald heraustreten wird.192

       Mit genialem Scharfblick hatte Berzelius die Bedeutung der Katalyse in den Lebensvorgängen erkannt. Sie wirkt — so schrieb er vor 100 Jahren — allgemeiner, aber geheimnisvoller in den Prozessen der organischen Chemie, besonders innerhalb der lebenden Körper.

       Meistens finden wir hier keinen anderen wahrscheinlichen Grund für die Mannigfaltigkeit von Produkten, die sich an gewissen Stellen der lebenden Pflanze oder dem Tier entwickeln; ist es doch der gleiche, allen gemeinschaftliche Saft, aus welchem die festen Teile an ungleichen Stellen ungleiche Umsetzungen veranlassen. Diese katalytische Kraft muß ihren Grund in erregten elektrischen Verhältnissen haben, von denen wir uns freilich gegenwärtig keine Vorstellung machen können.193

       79. Berzelius, von Hause aus und seinen Neigungen nach Physiologe, ahnte bereits, daß das Geheimnis der Katalyse, der Resonanz in der Konstitution des Empfängers liegt. Das haben auch die heutigen Forscher erkannt. So liegt nach Mittasch das Wesentliche der Katalyse in der Bereitschaft, man möchte erweiternd sagen: in dem Abgestimmtsein des Katalysators und des zu katalysierenden Systems. Im Nervensystem — richtiger: im Wechselspiel der auf- und abbauenden Hormone, Katalysen — liegt das Geheimnis des Lebens verborgen. Wie nahe es uns auch zu liegen scheint, ist es uns doch unzugänglich.

       Eben diese Unzugänglichkeit erfüllte den Freund von Berzelius und von Liebig, den berühmten Baseler Chemiker Christ. Friedrich Schönbein (1799—1868) mit einer „unüberwindlichen Scheu vor dem dunklen und unheimlichen Gebiet des Organischen",194 einer Scheu, welche die späteren physiologischen Chemiker abgestreift haben, weil ihnen die Fühlung mit dem Mutterboden ihrer großen Vorgänger, mit der Philosophie und der Romantik abhanden gekommen ist.

       Wie ganz anders und weltumspannender haben da „die Alten" gedacht! Die theoretischen und praktischen Leistungen der Forscher in den 4 letzten Jahrhunderten können nicht genug bewundert werden. Aber sie bewegen sich im Rahmen der uns von der Natur mitgegebenen Aufnahmeorgane, sowie der entwicklungsgeschichtlich bedingten ratio195. Räumlich und zeitlich darüber hinaus ist die totale Erkenntnis der gesamten kausalen Zusammenhänge des Weltsystems selbstverständlich für die Wissenschaft nicht möglich, d. h. für den engen Bezirk, welchen wir: Wissenschaft zu nennen belieben. Wie viel größer haben da frühere Zeiten gedacht, welche auch das Extra-rationale berücksichtigten! Universa illa mundi natura omnia continens atque per singula meabilis, ut solis et lunae reliquorumque syderum cursus et conversiones, temporumque vices et tempestatum commutationes atque oceani aestus et reciprocationes moderatur: ita et hanc rerum immensitatem ordine certo et constantia regit immutabili (das Universum umfaßt alles und durch dringt jedes Einzelne. Es regelt den Lauf von Sonne, Mond und Gestirnen, den Wechsel der Zeiten, das Wetter und die Brandung des Meeres. So lenkt Gott — Natur die Fülle der Geschehnisse mit sicherer Hand nach ewigen Gesetzen).196 Ich finde nicht, daß dieser große Fernel (1485—1558), der es getrost mit den Geheimräten unserer Zeit und mit den 40 „Unsterblichen" der Academie Francaise aufnehmen kann, trotz der Weite seiner Horizonte gegen das Kausalgesetz, diesen Panzer der rationalen Wissenschaft, verstoßen hätte.

       80. Mit abstrakten, von der engen menschlichen ratio ersonnenen Formeln läßt sich nun einmal die Fülle des lebendigen Geschehens nicht umspannen.197

       Bei Licht betrachtet sind alle unsere Lebensvorgänge Katalysen, bzw. Ketten von Auslösungen, von welchen die eine die andere bedingt. In gesunden Tagen beachten wir sie nicht. In der Krankheit verlassen wir uns darauf, daß unsere Arzneimittel die gestörten wieder in die richtige Reihe bringen. Aber erzwingen können diese nichts. Remedia, ubi natura non adjuvet, inutilia esse, lehrte schon der trotz — oder wegen? — seiner Größe vergessene A. Caesalpinus (1519—1603).198

       Die Erfahrung zeigt uns zwar die durchschnittlichen Endresultate dieser Katalysenketten. Indessen, so sicher die Wirkung von Digitalis, Chinin, Morphium, Adrenalin, der Vitamine sein mag: wir wären baß erstaunt, wenn wir uns klar machten, daß wir von dem Weg, welchen die Auslösungen bis zum Schlußakt nehmen, so gut wie nichts wissen.

       Vor dieser Unkenntnis müßte eigentlich jeglicher Streit um die Dosierung verstummen. Wir kennen die entscheidenden Vorgänge weder bei den massiven noch bei den homöopathischen Dosen. Wir kennen sie in unserer persönlichen Physiologie so wenig, als in den größeren Lebenseinheiten der Völker, wo sie — sozusagen als heimliche Mitspieler — den Ahlauf des historischen Lebens bedingen.

       81. Verfolgt man diese Gedanken von Berzelius, des „ersten aller Chemiker, die je gelebt haben", weiter, wird man ganz von selbst zu der Instanz geführt, welche unter Voraussicht der späteren Reize, Katalysatoren usw. die Konstitution der lebendigen Substanz geschaffen, ja darüber hinaus den Ablauf der Katalysen geordnet hat. Die Bemühungen unserer physiologischen Chemiker in allen Ehren: aber wie geringfügig erscheinen sie neben den Leistungen des biologischen ÜberChemikers !

       Hier hört alle Anschaulichkeit auf. Genau so wie die mit physikalischem und chemischem Inhalt erfüllte Bestimmung der Substanz in der heutigen Physik zu einem völlig unanschaulichen, nur mathematisch — d. h. gedanklich-faßbaren ,,Etwas" wird, so müssen wir Biologen hinter bzw. in den Lebensvorgängen „Einen" vermuten, der nicht bloß die Quelle des ewig Seienden der Eleaten, sondern noch viel mehr des ewig Werdenden des Heraklit bildet, d. h. sich in diesen Formen zu erkennen gibt.195 Höher als sämtliche Einzelfunde uud Erfindungen ist das Wiedererwachen des hyperphysischen Sinnes zu schätzen. Denn nicht in Wirkungsquanten und Atomen liegt unsere wahre Kraft und aller Fortschritt, sondern in den Ideen. Sie lenken aus dem Irrationalen heraus unser Denken und unser Handeln vermittelst der Resonanzen, die sie in unser psycho-physisches System eingebaut hatten (Mittasch)136.

       Wer nicht unheilbar blind durch die Welt rennt, kann gar nicht anders, als solch eine höhere Instanz annehmen. Wer im Glaskrebs unserer heimischen Teiche180 oder in den Tiefseequallen199 den Künstler nicht erkennt, gleicht dem sonderbaren Zweifüßler, der wohl ein Orchester spielen hört, aber den Komponisten und den Dirigenten leugnet. Freilich muß es seinem Hochmut unerträglich vorkommen, daß er selbst als Katalysator für das Mädchen, und dieses für ihn geschaffen ist — eben von solch einer höheren Instanz.

       Mit Kepler kann man sagen: Die Welt ist nicht groß für Gott, sondern wir sind klein im Vergleich zur Welt.200

       82. Übereinstimmend mit Berzelius vis occulta schreibt W. Hellpach201 von den vitalen Kräften: am allerdunkelsten ist ihr Walten und Wirken dort, wo sie ohne Bewußtsein nachweisbar sind und je weniger bewußt sie sich geltend machen. Daß Dinge von geradezu wunderbarer Zweckmäßigkeit von den Organismen und innerhalb des Organismus geschehen, und zwar stündlich, tagaus, tagein, bei denen keine Spur von Bewußtheit nachweisbar ist, das ist für uns vollkommen unaufgehellt.

       Mit dem reinen Beschreiben, wie es im Anschluß an Kirchhoff der Behaviourismus will, kommt man nicht weit. Aus den chemischphysikalischen Eigenschaften einer Maschine, eines Präparates kann kein Mensch den Plan, die Idee des Konstrukteurs, des Komponisten erfassen. Die Archäologen wissen ein Lied davon zu singen. Je weiter der soziale Kreis ausgedehnt wird, in welchen die, der geheimnisvollen Erde entrissenen Funde eingefügt werden sollen, um so dunkler wird die Sache. Die Gesamtpsyche, aus welcher der damalige Techniker geschöpft, welche ihm die Hand geführt hat, bleibt — auch mit einem Multiplum von Funden — unaufgehellt.

       83. Aber die höhere Instanz ist noch weit klüger als auch der genialste irdische Konstrukteur: sie hat die lebendigen Resonanzapparate zwar nach einem bestimmten Gesamtplan, aber in den Einzelheiten verschieden aufgebaut. Sie sah nicht, wie wir, auf den Einzelnen, sondern auf die größere Lebenseinheit des Volkes. Es mag technisch nicht möglich gewesen sein, sämtliche Resonanzen in den Einzelgeschöpfen zu vereinigen. Drum wurden sie verteilt, und deshalb sprechen die verschiedenen Individuen auf die gleichen Reize verschieden an. Eben deshalb ruft die höhere Instanz den einzelnen zurück — wir nennen es: sterben —, um neue Kombinationen für neue Aufgaben zu schaffen. Die Vorstellung eines ewigen Lebens des Individuums macht uns lächeln.

       84. Nicht bloß die Katalysatoren, wie sie in unseren Lehrbüchern aufgezählt werden, wirken so geheimnisvoll katalytisch. Das tun auch Strahlen anderer Art.

       Als vor bald 3 Menschenaltern das Gesetz von der Erhaltung der Energie wieder entdeckt worden war bzw. bei den Zeitgenossen Resonanz gefunden hatte, wurde es auch auf die Umsetzungen im lebendigen Organismus übertragen. Die Kalorienrechnung mit den qualvollen Kostformen war das Ergebnis dieser Bemühungen.

       Noch heute wirken sie in Diätvorschriften aller Art nach. Man rühmte die guten Erfolge — und verschwieg die anderen.

       Die Unterschiede erscheinen heute erklärlich: die Verschiedenheit der Konstitution aus verschiedenen Schwingungsbündeln läßt die äußerlich scheinbar gleichen Menschen auf die gleichen Katalysatoren verschieden ansprechen.

       Wir leben eben in einem Meer von Schwingungen, welche vorhanden sind, auch ohne daß unser Bemerken sie auffaßt. Bircher-Benner202 hat Recht, wenn er die uns zugesandte und von der lebendigen Substanz verarbeitete Energie auf die Sonne zurückführt. Das ist die moderne Form des Sonnenkultus hochentwickelter vergangener Völker, über die wir uns turmhoch erhaben dünken. Aber indem der Sonnengott — welche Einkleidung er auch gewählt haben mag — bei den Indern, Japanern, Iraniern, Ägyptern, Griechen, Germanen, in den ersten Büchern Moses, den Mittelpunkt ihrer Religionsformen bildete, ging er ungleich mehr in das Gesamtdenken jener Völker ein, als unsere bewundernswerten exakten Kenntnisse von dem Tagesgestirn, von dessen Innerem wir verzweifelt wenig wissen. Man möchte sagen: eben diese Kenntnisse versperren den Zugang zu dem, was offen zutage liegt.

       85. Indessen, wenngleich die Sonne unserem, auf Licht eingestellten dominierenden Aulnahmeorgan am gewaltigsten imponiert, so sendet sie daneben doch auch noch andere Schwingungen aus. Die Astronomen und Physiker bemühen sich in der Stille ihrer Laboratorien eifrig darum; das große Publikum interessiert sich wenig für diese nicht-sicht- und nicht-tastbaren Vorgänge.

       Eine Eigentümlichkeit unseres Beobachtungsvermögens läßt uns nur kompakte Massen bewerten; zerstreut wirken sie nicht auf unseren Geist. Ein Regiment Soldaten exerziermäßig aufgestellt gewährt einen großartigen Anblick, vereinzelt wirken sie nicht, obwohl sie in aufgelöster Formation im Gefecht ungleich wirkungsvoller sind.

       Die Angst vor den Millionen Toter und Verwundeter läßt den Pazifismus übersehen, daß ohne das reinigende Gewitter eines Krieges eine noch größere Zahl von Millionen ein sieches Dasein fristen müßte, — allerdings in Zeit und Raum verteilt.

       Könnte man die Opfer des Trinkens und des Rauchens an einem Ort versammeln, wäre der Eindruck auf die Allgemeinheit gewaltig, — die Einzelfälle interessieren sie nicht.

       Die Geschichte der Physiologie und der Medizin ist angefüllt mit Studien über das voluminöse Organ Herz. Erst neuerdings werden auch die Haargefäße als treibende Kräfte erkannt. In der Tat ist es nicht ganz leicht, im Geiste die zarten Gebilde von 0,5 mm Länge und 0,005 mm Durchmesser zu einem Ganzen zusammenzufassen, auch wenn ihre Zahl Millionen beträgt. Sie sind so zahlreich, daß der mittelalterliche Anatom Ruysch (1638—1731) sich zu der Behauptung verstieg: der ganze Körper bestehe nur aus Haargefäßen. Eben auf dieser mangelhaften Zusammenschau beruht der Ruhm Harveys (1578—1658), welcher im kompakten Muskel Herz den alleinigen Motor für den Kreislauf des Blutes proklamierte. Die fortschreitende Erkenntnis der treibenden Kräfte der Haargefäße und ihrer Umgebung wird den Ruhm des Engländers schmälern. Eine — allerdings von vielen Harvey-hypnotisierten Generationen nicht beachtete Bresche in seine Lehre haben bedeutende Köpfe wie Joh. de Gorter (1689—1762) und Senac (1693—1770) geschlagen. Der Letztere bemerkte ausdrücklich: l'elasticite donne aux vaisseaux une force qui excede celle du coeur.203 Schon 100 Jahre vor Harvey hatte Joh. Fernel (1485—1558) ungleich biologischer als die späteren, mechanistisch infizierten Physiologen gedacht: Extincto animante ampliora duntaxat vasa et spiracula cernumtur, plurima in se considunt atque connivent, quae, dum id in vivis erat, vi caloris Spiritus distenta latius patebant. (Nach dem Erlöschen des Lebens kann man lediglich die größeren Gefäße und Gefäßschlingen erkennen. Die Mehrzahl aber sinken in sich zusammen, während sie bei Lebzeiten durch die Kraft der Wärme und der Nervengeister ausgedehnt waren und offen standen.)204

       Ganz ähnlich messen wir der Meinung einzelner keine große Bedeutung bei. Der große Haufen hat immer das Übergewicht, so lange, bis die katalytische Wirkung eben jener einzelnen die herrschende Meinung zersetzt, bzw. die in ihr immer vorhandenen Einzelschwingungen beschleunigt oder in andere Bahnen dirigiert.

       86. Majorität ist Unsinn, — mag sein. Aber Majorität ist Macht, weit mehr als das Wissen. Diese Macht stammt aus den Tiefen des Unbewußten, wo sie durch Resonanz sich einfühlender Rattenfänger verstärkt wird bis zu einem fürchterlichen Grade.

       Nicht die Beweiskraft verstandesmäßiger Gründe setzt die Massen in Bewegung, sondern die Resonanz der primitivsten Instinkte, d. h. des auf das kleine persönliche Wohlergehen gerichteten Strebens. Auch die klügsten Staatsmänner, auch die geheiligtesten Traditionen stellen sich diesen Katalysen vergebens entgegen, welche von unbekannten Elementen eingeleitet und von zielbewußten weitergeführt zu werden pflegen. Die Revolutionen in Athen, Rom, Frankreich sind allbekannte Beispiele für diese Katalysenketten.

       Katalysen, Auflösungsprozesse, wie wir sie in Vergangenheit und Gegenwart unaufhörlich am Werke sehen, lassen sich weder mit Worten und Gründen noch mit Gewalt aufhalten oder gar rückgängig machen. Sie laufen sich schließlich tot wie eine Lawine und machen dann synthetischen Vorgängen Platz; aber erst, wenn die Zerstörung genug Material zum Neuaufbau geliefert hat. Das sind dann die Zeiten, in denen man mit Hutten ruft: es ist eine Lust zu leben! und wie sie das Opfer von Mayerling, Kronprinz Rudolf in erschütternder Prophezeiung vorausgesehen hat: „Eine große, gewaltige Reaktion muß kommen, soziale Umwälzungen, aus denen nach langer Krankheit ein ganz neues Europa emporblühen wird."205

       87. Für den praktischen Gebrauch genügt es, die Erde als Trabanten der Sonne zu betrachten. Indessen, diese ist ihrerseits nur ein kleiner Stern unter Millionen anderer. Man kann noch weiter gehen und alle diese, unseren Augen zugänglichen Gebilde als Verdichtungen des unsichtbaren Weltäthers auffassen, jenes sagenhaften Etwas, das uns die Licht- und allerlei andere Strahlen übermittelt, jenes Etwas, das nicht als etwas Fremdes außerhalb unser steht, sondern das uns selbst unaufhörlich durchwogt, ohne Rücksicht auf die Brechungsgesetze der Physik des Lichtes.

       Solche Betrachtung mag ungewohnt sein. Aber damit ist nichts über ihre Richtigkeit oder Falschheit ausgesagt. Wenn die meisten sich als Maschen, als Kinder der Sonnenstrahlen betrachten, so kann es doch anderen nicht verwehrt bleiben, sich als Verknotungen der von den Sternen kommenden Strahlen oder des das All durchstrahlenden Äthers zu fühlen.

       Gewiß sind deren Energien im Vergleich zu der Sonnenenergie gering. Aber wir wissen von den Katalysen her, daß sogar Kräfte, welche wir mit Null bewerten, Wirkungen auslösen können, wenn sie auf ein passendes Resonanzsystem fallen. Wir haben auch eine Vorstellung bekommen von der hyperphysischen, supramundanen Instanz, welche die verschiedenen Resonanzsysteme zusammengefügt hat. Aber wir werden die Phantasien der Astrologen nicht mitmachen, welche das Weltall aufbieten, um das, ach so nebensächliche Geschick des Individuums zu bestimmen, etwa nach dem Vers des Virgil: flectere si nequeo superos, Acheronta movebo, d. h. Himmel und Hölle in Bewegung setzen.206

       88. Gibt es etwas weniger Wäg- und Meßbares als die psychischen Wirkungen, welche die Menschen unter sich ausüben ? und möchte trotzdem sich einer erkühnen, diese Wirkungen in Abrede zu stellen ? Man kann freilich über die Technik des Wirkens streiten und dadurch das Problem verschieben: die Wirkung als solche bleibt davon unberührt.

       Es gibt keinen Mann und keine Frau, auf welche nicht dauernd ihre Mitmenschen einwirkten, zumeist unbewußt;207 freilich nicht alle, sondern nur diejenigen, auf deren Erregerwellen der einzelne abgestimmt ist.

       Auch in der Technik gibt es keinen Universalkatalysator. Jede Aufgabe erfordert andere. Drum ist das Bestreben der Chemiker darauf gerichtet, jeweils den „richtigen" Katalysator bzw. eine Kombination von solchen zu finden. Nur wenige ahnen, wie viel Mühe auf dieses Suchen verwendet wird, für welches es noch keinerlei wissenschaftliche Anhaltspunkte gibt.

       Genau so zahllos wie die Sterne, und so unergründlich wie der Weltäther sind die uns umgebenden Lebewesen, bzw. das von ihnen gebildete psychische Kraftfeld. Weder diesem noch jenem kann sich der Einzelne entziehen. Aber andererseits vermittelt das Diapsychicum die Verbindung zwischen allen Einzelnen und stellt eine organische Einheit her, deren Stärke nicht auf einer starren Uniformität beruht, sondern auf einer elastischen Verschiedenheit und der im Größten wie im Kleinsten wirksamen Resonanz.

QUELLEN

1. Ranke, Verwandtschaft und Unterschied der Historie und Politik, Antrittsrede 1825. W.W. 24. 287.
2. Goethe, Farbenlehre, Abschnitt: Autorität. Jubil. 40. 159.
3. X. J. Hartmann, Zur Psychologie der zwischenmenschlichen Kontaktbildung. Ztschr. f. Psychol. 135. Bd. 1935. 165.
4. Friedr. M. Huebner hat das in seiner Schrift: Menschen als Arznei und Gift — Niels Kampmanns Verlag, Kampen auf Sylt 1936, 50 Seiten — klar und überzeugend dargetan.
5. L. v. Krehl, Erkennung innerer Krankheiten, 2. Aufl. 1932. 11.
6. H. v. Helmholtz, in: Goethes Vorahnungen naturwiss. Ideen.
7. L. v. Krehl, Standpunkte in der inneren Medizin. Sonderdruck aus Münch. Med. W. 1926, 19. Die historische Gerechtigkeit fordert, dabei auch an Hahnemann zu denken, dessen scharfe Beobachtungsgabe ihn im Organon §12, schreiben ließ: Die unsichtbare krankhafte Veränderung im Inneren und der Komplex der von außen wahrnehmbaren Symptome sind wechselseitig und notwendig durch einander bedingt, sowie § 25: Die Krankheiten sind nicht mechanische oder chemische Veränderungen der materiellen Körpersubstanz, sondern geistige dynamische Verstimmungen der Lebenskraft. Vgl. R. Tischner, zur Krankheitslehre Hahnemanns, II. Teil, biologische Heilkunst. 1933. Nr. 35. 546/47.
8. Newcomb- Engelmann, Populäre Astronomie, 7. Aufl. 1922. 154.
9. W. Wundt, Grundzüge der physiologischen Psychologie. 6. Aufl. I. 1908, 572. 615. 659. — II. 1910. 237.
10. Ed. Zeller, Philosophie der Griechen. 5. Aufl. I. 716/17.
11. Einleitung zu Garre-Borchardt- Stich, Lehrb. der Chir.
12. Alw. Mittasch, Katalytische Verursachung im biologischen Geschehen. 1935. 29. 91. 9.
13. Debye-Ramm, Grundlagen der Strahlungsphysik, in: Die Welt der Strahlen von Woltereck 1936. 35ff.
14. Cicero, Briefe an Lucilius, 3. Brief.
15. Montaigne, Essais, livre I. 27.
16. Alb. Bielschowsky, Goethe II. Bd. 1905. 119.
17. Vauvenargues, Introduction ä la connaissance de l'esprit humain, 1746. Discours preliminaire S. l.
18. Ed. Zeller, Philosophie der Griechen. I. 2. 914.
19. Schopenhauer, Parerga 2 7 9 ff. 264.
20. H. Wimmer, Palagyis Phantasieenlehre usw. Psych.-neurolog. Woch. 1935 Nr. 34—37. Sonderdruck S. 6.
21. W. Windelband, Lehrb d. Gesch. d. Philos. 8. Aufl. 1919. 325.
22. Borellus, de vi percussionis, Lugd. Bat. 1686. XVIII. 105.
23. Ottom. Rosenbach, Dynamik des Nervensystems; Nervenkreislauf. Berl. Klinik Heft 101. 1896. — Ausgew. Abhandl. von W.Guttmann I. 1909. 197/198.
24. Durch die Ingenieure der General EIectr. USA. — Filmtechnik XII. 2. — Umschau 1936, Heft 24. 463.
25. Empedokles, Über die Natur; bei Ed. Baltser, Empedokles 1879, 59 ff.
26. Christ. Wolf, Psychol. rat, § 259.
27. Wundt, W., Physiol. Psych. II. 566.
28. Edm. de Amicis, la carrozza di tutti, 1902. cap. l. 2.
29. A. Mittasch, Katalyt. Verursachungen. 1936. 27 ff. 94. 91.
30. Georg Gabr. Stockes, Das Licht, 12 Vorlesungen 1888. 208.
31. Karl Dräxler — Manfred (1806—1879) Geheimnis, in: Gedichte 1838. 181/182.
32. M. Reichardt, Allgemeine und spez. Psychiatrie. 3. Aufl. 1923. 323.
33. Schiller, Chor in: Braut von Messina 374/75.
34. Seneca, Epistol. 107, 11.
35. Pindar, 11. nemeische Ode 40/41.
36. Schiller, Die Ideale.
37. W. Wundt, Grundzüge d. physiol. Psychologie, 6. Aufl. II. 1910. 562.
38. AIfr. Lehmann, Aberglauben und Zauberei, 3. deutsche Aufl. von D. Petersen L 1925. 204.
39. A. Mittasch, Katalyt. Verursach. 1936. 14. Damit übereinstimmend schreibt W. Wundt bezüglich der Entwicklung der Kunst: die Totalität der in der gesamten Vorgeschichte des Bewußtseins entwickelten Lebensgefühle strahlt auch auf den Eindruck des beschränkten ästhetischen Objekts zurück, um durch ihn selbst wieder gesteigert zu werden. (Völker-Psychologie, 2. Aufl. III. Bd. 552). Und in der gleichen Weise betont R. Koskimies-Helsingfors die stete Wechselwirkung des schöpferischen Erzählers mit seinen Zuhörern. (Theorie des Romans, Annales Acad. Scient. Fennicae. Bd. XXXV. l. 1935. S. 106 ff. Theorie des Erzählens.)
40. E. Erdsiek, Frankfurter Zeitung, 29. 11. 1936.
41. Gomperz, Herkulan. Stud. 1865. Heft l.
42. Gg. Hauffe, Herz, Pulsation, Blutbewegung 1930. 18ff.
43. F. Buttersack, Streuung (Irradiation) von Reizen, Ansprechbarkeit usw. 1936.
44. Rob. Mayer, Die Mechanik der Wärme, herausgegeben von Jac. Weyrauch 3. Aufl. 1893. 442.
45. E. Fr. Müller, Prodromalsymptome, D, Archiv f. klin. Med. 166. Bd. 1929. Heft 1/2.
46. Helmbold, Kurz. Handb. d. Ophthalmologie II. 207. — J. Strebel, Diagnose und Bedeutung d. Anisometropie beim Kunstschaffen. Klin. Monatsbl. f. Augenheilk. 96. Bd. Mai 1936. 676.
47. H. v. Treitschke, Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. 5. Aufl. 1894. I. 98.
48. H. v. Seeckt, Moltke, 1931. 118.
49. Fontenelle, Entretiens sur la pluralite des mondes. 2. Ausgabe 53. 180. 132. 125.
50. G. Simmel, Philosophie des Geldes 1900. 43.
51. Chem. Ztg. 1934. 801. — Ebert, Angewandte Chemie 1934. 305.
52. H. Leonhardt, Einige neuere physik. und physikochem. Verfahren z.
Wertbestimm, von Arzneimitteln. Mercks Jahresbericht 50. Jahrgang. 1934. 143/144.
53. Melanchthon, Orat. II. laudem medicinae continens.
54. Demokrit, Fragm. mor. 140—142. — Zeller, Geschichte der griechischen Philosophie. I3 924.
55. Heraklit, Fragm. 19. Diog. IX. l. — Zeller, Geschichte der griechischen Philosphie I3 668 und 714.
56. W. Nestle, Heraklit und die Orphiker, Philologus 64. Bd. (N. F. 28. Bd.) 1905. 376. 384.
57. Demokrit. nach Theophrast. Zeller I. 864.
58. K. E. v. Baer (1792—1876), Welche Auffassung der Natur ist die richtige usw.? Reden, 2. Aufl. 1886. I. Teil. 275.
59. Nach Treitschke, Deutsche Geschichte I. 98.
60. Moltke, Trostgedanken, in: Ausgewählte Werke” von v. Schmerfeld 1925. IV. 401.
61. Eröffnungsrede z. Leibniz-Tag am 27. 6. 1935. Sitz.ber. Preuß. Akad. d. Wiss. 1935. S. CI.
62. Max Hartmann, Philosophie der Naturwissenschaften. 1937. 16/17.
63. Max Caspar, Keplers wissenschaftliche und philosophische Stellung, Corona-Schriften XIII. 1935. 20.
64. Goethe, Faust, Auerbachs Keller.
65. Schiller, Prolog zu Wallensteins Lager.
66. C. G. Carus, Lebenskunst, neu herausgegeben von C. Haeberlin 1936. 53. — Gelegentl. Betracht. über d. Charakter d. gegenwärt. Standes d. Naturwiss. 1854. Neuabgedr. f. d. 94. Naturforsch.-Versammlung 1936 von Steinkopff S. 17. 23.
67. E. H. Weber und W. Weber, Die Wellenlehre auf Experimente gegründet 1825, Abschnitt II. § 219, Ziffer 13. 346, 363, 369.
68. A. Nippoldt, Physikal. Erklärung d. Erdmagnetismus, Vortrag im Esthnischen Gen.-Stab. Veröff. Nr. 4. 1926. 99.
69. Invectiva in quendam ignarum dialectices Abaelardi Opera. Tom. I. 695 nach H. Reuter, Gesch. d. religiös. Aufklärung im Mittelalter I. 1875. 326.
70. 0. Hertwig, Allgemeine Biologie, 3. Aufl. 1909. 625.
71. Petersen, Z. Geschichte der Literatur-Wissensch. Akad. d. Wiss. Berlin, philos.-histor. Klasse 22. 10. 1936.
72. P. Debye, Kernphysik 1935. 23. 34.
73. W. Windelband, Gesch. d. Philos. 8. Aufl. 1919. 393.
74. Rud. Keller, Neue Meth. in der Mikro-Physiko- Chemie. Biochem. Ztschr. 168. Bd. 1926. 91/92.
75. K. Fischer, Leibniz in: Geschichte der Philosphie, III. Bd. 5. Aufl. 1920. 325.
76. W. Windelband, Die Hypothese des Unbewußten, Festrede Akad. d. Wiss. Heidelberg, 24. 4. 1914. 10.
77. Joh. Fernel Ambian, de abditis rerum causis libri II. 1587 Praefatio.
78. C. A. Wunderlich, Handb. d. Path. und Therapie, 2. Aufl. 1852 I. 508. 213.
79. Aber nicht bloß für die einzelnen ist ihre Herausnahme aus der societas ein Jammer, sondern auch für diese selbst. de Lapouge hat in: les selections sociales. Revue d'anthropol. XVI. 3. ser. Tome II. 1887. 528ff. die Zahl der Opfer antibiologischer Satzungen auf viele Millionen, vielleicht auf eine Milliarde seit dem Stifter der Religion der Liebe geschätzt.
80. 0. Veraguth, Die psycho-galvan. Reflexphänomene, 1909.
81. W. Wundt, Physiol. Psychol. II. 365.
82. Hume, Treatise on human nature I. 4.
83. H. Weyl, Philos. d. Mathematik und Naturwiss. Handb. d. Philos. II. 1927. 130ff.
84. Ebenso bei Goethe, Wahlverwandtsch. II. Teil, 3. Kap. — Jub. 21, 159.
85. Goethe, Gesch. d. Farbenlehre, II. Abt. Roger-Bacon, W.W. 1858. 39. Bd. 78.
86. Hippokrates, Vorhersagungen, II. Buch, Kap. 3. — Littre IX. 12. So rechnet auch der Anonymus Londinensis, Aigimios von Elis, mit Ausscheidungen nicht-sinnlicher Art, die dann später in der perspiratio insensibilis wieder auflebten.
87. Ed. Zeller, Teleolog. und mechan. Naturerklärung usw. Vorträge und Abhandl. II. 1877. 549.
88. J. J. Berselius, Lehrb. d. Chemie, 5. Aufl. 1843. I. 110/111.
89. Nach Sanders, Wörterbuch d. deutsch. Sprache, 1876. II. 2. Hälfte, bei:
Wirbel.
90. G. Herwegh, Gedichte eines Lebendigen 1841. Stroph. a. d. Fremde II.
91. Rich Morton,
πυρετολογια seu exercitationes de morbis universalibus acutis 1592. 6.
92. Seb. Wirdig, nova medicina spirituum 1673.
93. Franc. Glisson, tractatus de natura substantiae energetica us. 1672. 193. 235. 509. In der gleichen Weise läßt der Jainismus (600 v. Chr.) im Samyutta-Nikaya 5, 10 die Nonne Vajira zu Mara, dem Bösen sagen: es gibt nur Bündel von Gestaltungen, aber es gibt kein beharrendes Wesen (H. v. Glasenapp, Der Jainismus 1925 S. 144).
94. Goethe, Geschichte d. Farbenlehre, bei Bacon von Verulam, W. W. 1858. 39. Bd. 127.
95. P. Debye und Ramm, Welt der Strahlen, von Woltereck 1936. 61. — S. Flügge und A. Krebs, Experim. Grundlagen d. Wellen-Mechanik. Wissensch. Forsch.berichte, naturwiss. Reihe 38. Bd. 1936. 210.
96. Rudolphi, Bemerkungen a. d. Geb. d. Naturgesch. usw. Reiseeindrücke I. 1804. 153.
97. Damit findet die berühmte Frage des Euripides ihre Erledigung: „Wer weiß: vielleicht ist unser Leben Tod, und Tod das wahre Leben." Offenbar
lag dieser Frage die Vorstellung des ewigen Wechsels zugrunde, welche 100 Jahre vorher Buddha und Heraklit entwickelt hatten.
98. La grande encyclopedie, XXII. Bd.
99. Ed. Baltzer, Pythagoras. 1868. 40.
100. Lessing, Erziehung des Menschengeschlechts § 95.
101. Joh. Gaub, de vana vitae longae, a chemicis promissae spectatione. Oratio, 18. 10. 1734. Leiden 1736.
102. G. Baglivi, Opera omnia med.-pract. edit. IX. 1715. 121.
103. Schiller, Zur ästhet. Erziehung, 4. Brief.
104. Ku Hung Ming, der Geist des chinesischen Volkes. 1918.
105. H. Schomburgk, Tierfreundschaften. Volk und Welt. Januar 1936. 121.
106. G. Le Bon, Lois psycholog. de l'evolution des peuples, 7. edit. 1907. 171/172.
107. Ranke, Englische Gesch. W. W. XIX. 147. 161.
108. Ranke, Die römischen Päpste in den letzten 4 Jahrhunderten. W. W. XXXVII. 387.
109. M. Neumayr-Sueß, Erdgeschichte, 3. Aufl. 1920. 502. — R. H. France, Bios I. 1921. 198.
110. W. Muschg, Mystik in der Schweiz von 1200—1500. 1935.39.
111. Ranke, Geschichte Wallensteins, Vorrede.
112. Zeller, Gesch. d. griech. Philos. 5. Aufl. I. 535.
113. E. Liek, Das Wunder in der Heilkunde, 1930. 89, 124.
114. Goethe, Warum gabst du uns die tiefen Blicke?
115. Roger Bacon, De mirabili potestate artis et naturae. 1542. 48. 39.
116. Eucherius, Epistola de laude eremiti seu vita solitaria, zit. nach Muschg, Mystik S. 33. — Eucherius war ein Heiliger der asketischen Schule.
117. Billroth an Baum 4. März 1872 — Billroth- Briefe, 4. Aufl. 1897.
118. Horaz, Epigramme, lib. XI. 35.
119. Eichendorff, Wanderlieder.
120. Vauvenargues, Reflexions 87.
121. C. Fries, Das biolog. Formbildungsgesetz als metaphys. Ausdruck. Philosoph. Abhandl. Heft 6. 1934. 9.
122. R. Eucken, Wert d. Geschichte d. Philos. Antrittsrede Jena 1874. 14.
123. Pindar, 7. nemeische Ode. 34.
124. L. Plate, Vererbungslehre, 2. Aufl. 1932. 21.
125. E. Radl, Biolog. Theorien in d. Neuzeit, 2. Aufl. I. 1913. l.
126. E. Zeller, Philos. d. Griechen. I. 2. Hälfte 887/89.
127. Nach P. Ernst, Das morpholog. Bedürfnis. 89. Naturforsch. Vers. Düsseldorf 1926 — Naturwissenschaften XIV. 1926. Heft 48/49. 1075.
128. Schiller, Votivtafeln 2.
129. Aristoteles, De mundo 4. 5.
130. Themist. Gluck, R. v. Langenbeck, in: Der Chirurg II. 1930, Heft l. 29.
131. Shakespeare, Cassius in Jul. Caesar IV. 3.
132. Hufeland in einer Nachschrift z. Aufsatz von Wetzler über Struvesche Mineralwässer. Journ. d. prakt. Heilk. 65. Bd. Neues Journ. der prakt. Heilk. und Wundarzneikunst. 58. Bd. 1827. 122/123.
133. Voltaire, Oeuvr. compl. 1879. 32. Bd. 174.
134. Heinr. Cornel. Agrippa von Nettesheim, De occulta philosophia libri III. 1523. ad lectorem.
135. Moltke, Ausgewählte Werke in 4 Bänden von v. Schmerfeld 1925. II. 449.
136. Nach A. Dove, Ausgewählte Schriftchen 1898, Rankes Leben in Umrissen. 217.
137. Cuvier, Anatomie comparee. Lettre ä M. J. Cl. Mertoud I. 1835. S. XIV.
138. H. v, Hentig, Zusammenhang von kosmischen, biolog. und sozial. Krisen. 1920. 3.
139. Platon, Phaedon 249. C.
140. Ew. Hering, Über d. Gedächtnis. 5 Reden. Leipzig 1921. 15.
141. P. Deussen, Allgem. Gesch. d. Phil. I2 179.
142. Montaigne, Essais, livre I. chap. XXV.
143. Polybios, VI. 53. — Fr. Bethge, Ahnenbild und Familiengeschichte bei Römern und Griechen. 1935. 2. 13.
144. Alexis Carrel, Der Mensch, das unbekannte Wesen, nach der italien. Übersetzung von Virginio Porta, 1936, S. 145.
145. Newton, Prinzipien III. 5.
146. Immermann, Merlin. Klingsor über das Rätsel von den 3 Eimern.
147. E. Hoppe, Geschichte der Fernwirkung, Progr. d. Wilhelms-Gymnasiums Hamburg 1921.
148. Three treatises on Mysticism by Suhra- Werdi, deutsch von 0. Spieß und Khattak, Bonner oriental. Stud. von P. Kahle und W. Kirfel, Heft 12. 1935. D. Lit. Ztg. 1937, Heft 3, 92.
149. H. Poincare, Science et hypothese 1892. 190. 93/94. 179.
150. Schopenhauer, Parerga 243. — Grundprobleme d. Ethik 61 (nach der Frauenstädtschen Gesamtausgabe 1877).
151. Dannemann, Naturwissensch. Probleme 1928. 187.
152. Ew. Hering, Letzter Satz der berühmten Rede über das Gedächtnis.
153. Koch-Griinberg, vom Roroima zum Orinoco, III. 1923. 210ff.
154. Sir Jagadis Chunder Bose, Die Pflanzenschrift und ihre Offenbarungen, deutsch von K. Höfler 1928.
155. Ad. Wagner, Die Vernunft der Pflanze. 1925.
156. R. H. France, Bios, die Gesetze der Welt. 1921. II. Bd. 197.
157. Braun- Blanquet, PflanzensozioL 1928. — Reinh. Tüxen, Bedeutung d. Pflanzensoziologie in Forschung, Wirtschaft und Lehre; der Biolog. IV. 1935. Heft 3.
158. Franz Koch, Die Besiedelung der Erde mit höheren Landpflanzen. Mitteil. d. deutsch, dendrolog. Gesllsch. 1936. Nr. 48. 160. — Mit erschütternder Klarheit hat Luden Haumann diese Sünden unserer „Zivilisation" und ihre Folgen dargestellt in seinem prachtvollen Vortrag: La phytogeographie. Bull. de l'acad. royale de Belgique, classe des sciences, 5e serie, tome XIX. Sitzung vom 15. Dez. 1933. S. 1405ff.
159. Wilh. Eitel, Die Bedeutung d. Silikatsynthese f. d. Geochemie. 91. Naturforsch.-Vers. 1930. Königsberg — Naturwissenschaften 28. 11. 1930. Nr. 47—49. S. 1019/1025.
160. Jac. Henle, Handb. d. rat. Path. 1846. Vorrede.
161. P. Deussen, Vedanta, Platon, Kant, 2. Aufl. 1917. 9.
162. Die kleine Chronik d. Anna Magdalene Bach, 1930. 257.
163. W. v. Siemens, Lebenserinnerungen 1892. 248.
164. Schopenhauer, Der Wille in der Natur 108 und ff. — ähnlich Moltke in den Trostgedanken. Ausgewählte Werke von v. Schmerfeld, IV. 1925. S. 402.
165. Fr. X. Bichat, Eloge de Desault, oeuvr. chir. de Desault. 1813. I.
166. Vgl. dazu W. Muschg, Gegenwart und Altertum 1932. Reihe 16, Bd 11. (die deutsche Literatur von Kindermann) S. 7. 11.
167. Virgil, Aeneis IV. 175.
168. C. A. Wunderlich, Geschichte d. Med. 1859. 171.
169. Dannemann, Fr., Die Naturwiss. in ihrer Entwicklung usw. 2. Aufl. 1921. II 293.
170. Them. Gluck, Phonetik. Chirurg, der oberen Luftwege. Monatsschr. f. Ohrenheilkunde und Laryng. 64. Jahrgang. 1930. Heft 8. 882.
171. Schiller, Ideal und Leben.
172. Vauvenargues, Discours entre Isocrate et Demosthene. Oeuvr. posth. et oeuvr. inedit. par Gilbert, Vol. suppl. 1857. 10.
173. Ranke, Weltgesch. 5. Aufl. III. 24.
174. Ewige Worte, Kronschatz des Geistes, herausgegeb. von A L Moszkowski 1924. 140.
175. J. Strebel, Konstellationspathol. u. Augenheilkunde. Klin, Monatsbl. f. Augenheilkunde. 97. Bd. Dezember 1936. 780.
176. Friedr. Hoffmann, Fundam. path. general. Halae-Magdeb. 1746. 77.
177. Schönbein an Liebig, 5. Sept. 1853. Briefwechsel 1900. S. 12/13.
178. K. Haushofer, Staat, Raum u. Selbstbestimmung, in: Raumüberwindende Mächte. 1934. 82.
179. Agrippa von Nettesheim, De occulta philos. libri III. 1533; ad lectorem.
180. Vgl. dazu: Rob. Nachtwey, Wunderbare Welt im Wassertropfen. 1936. Brockhaus.
181. Lessing, Briefe d. neueste Literatur betr. Nr. 65.
182. Fermat, nach Dannemann, Naturwiss. 2. Aufl. II. 162.
183. Maupertuis, Les lois du mouvement et du repos, deduites d'un principe metaphys. Hist. de I'Academ. de Berlin 1746. 290.
184. Joh. Kepler, Prognosticum für 1605, Keplers Werke von Frisch I. 476.
185. Roderich a Castro, Medicus polit. 1614. Lib. IV. cap. 7. 242/43.
186. Alw. Mittasch, Katalyse und Katalysatoren in Chemie und Biol. 1936. 34.
187. Physikal. Handwörterbuch, 2. Aufl. 1932. 1043. Resonanz.
188. Ferd. Trendelenburg, Klänge und Geräusche 1935. 29.
189. Aug. Pauly, Aphorismen 1905. 16.
190. H. Geiger und K. Scheel, Handb. d. Physik. V. Bd. 1927. 369.
191. P. Debye-Ramm, Grundlagen d. Strahlungsphysik in: Woltereck, Welt der Strahlen 1937. 51. — M. Hartmann, Philos. d. Naturwiss. 1937. 24.
192. Bismarck am 13. 6. 1890 zu Heinr. Friedjung.
193. Berzelius, Lehrb. d. Chemie. 5. Aufl. I. 1843. 110/111.
194. Schönbein an Liebig, 16. Januar 1856; an Clausius, 23. l. 1863.
195. M. Hartmann, Philos. d. Naturwiss. 1937. 16.
196. Joh. Fernel, Therapeut. univers, libri VII. 1581. praefat. in lib. I. S. 3.
197. H. Reuter, Gesch. d. relig. Aufklärung im Mittelalter. I. 1875. Vorrede. VI.
198. A. Caesalpinus, Quaestion. medic. lib. I. quaest. 3. 1593.
199. E. Haeckel - W. Breitenbach, d. Natur als Künstlerin. 1929.
200. Kepler, Schreiben an d. bayer. Kanzler Herwarth v. Hohenburg, bei:
Caspar,
Keplers wissensch. u. philos. Stellung. Corona-Schriften. XIII. 1935.20.
201. W. Hellpach, Geopsyche. 4. Aufl. 1935. 77.
202. Bircher-Benner, Vom Wesen u. d. Organisation d. Nahrungsenergie. Kleine Hippokrates-Bücherei. VIII. Bd. 1936.
203. Senac, Traite de la structure du coeur. T. III. 1749, chap. VIII. 121.
204. Joh. Fernel, Therap. univ. libri VII. 1581. Liber III. cap. VII. 101.
205. Nach Mitteilungen aus dem Österreich. Staatsarchiv von Dr. H. Schlitter. Neues Wien. Journ. 18. Febr. 1937.
206. Aeneis, VII. 312. — Haggai, 2, 7.
207. Fr. M. Huebner, Menschen als Arznei und Gift. Niels Kampmann 1936. — Zeichensprache der Seele. Ebendort 1934.

NAMENVERZEICHNIS

Agrippa 25, 65, 69. 71, 88
Alexander 49
Anaxagoras 17, 58
Anaximander 52
Arago 69
Aretaeus 64
Aristarch 69
Aristoteles 61, 70, 82
Arnold de Villanova 65
Bach, Joh. Seb. 77
Bacon, Rog. 46, 55, 64, 65, 67
Baglivi 44, 49
Bauer, K. H. 58
Baur, Erw. 74
Beethoven 30
v. Bergmann 42, 69
Bergson 19, 60
Berkeley 36
Berzelius 42, 93, 96
Bichat 78, 81
Bier 69
Billroth 56
Bircher-Benner 98
Boerhave 78, 79
Borelli 19
Bruno 69
Bunsen 16, 81
Burbank 74
Caesalpinus 95
Campanella 47, 69
Carlyle 50
Cartesius 18, 31
Carus 32, 33
Christus 17
Cicero 16, 70
Clausius 51
Columban 53
Cromwell 63
Cuvier 47, 68, 81
Darwin 75
Debye 16, 20, 36, 46, 76
Demokrit 18, 26, 30, 59, 77
Diogenes v. Apollonia 26
Eitel 75
Empedokles 20, 53
Erasistratus 70
Eucherius 56
Eucken 25, 70
Euler 26, 72, 73, 80
Euripides 105
Faraday 69, 71, 72, 76
Fermat 89
Fernel 36, 95, 99
Firdusi 83
Fludd 65
Fontenelle 29, 77
France 73
Fries 58
Frommel 12
Fürth 36
Galilei 67, 79, 82, 84
Garre 14
Gaub 49, 79
Gauß 78, 80, 81, 82
Geiger-Scheel 92
Glisson 42, 45, 67
Goethe 11, 16, 32, 43, 45, 61, 69, 81
Goldschmidt 75
Gorter 99
Haeckel 75
Hahnemann 102
Hannibal 80
Hartmann, K. J. 12, 21
Hartmann, M. 31
Harvey 99
Hauffe 26
Haumann 79, 107
Haushofer 87
Hegel 17, 70, 80, 81
Heisenberg 92
Hellpach 96
Helmhoitz 12, 69, 81 v.
Helmont 65
Heraklit 14, 53, 82, 96
Herder 28, 31, 73, 81
Hering, E. 69, 73, 83
Herodot 31, 41
Hippokrates 41, 90
Hobbes 19
Hoffmann, Fr. 44, 80, 85
Horaz 56
Hufeland 64
Huebner 4, 67, 109
Humboldt, AI. 78
Hutten 100
Huygens 71, 76, 80, 82
Irenäus 17
Juncker 49
Kant 17, 43, 79, 81
Keller, Rud. 36
Kepler 33, 71, 82, 84, 87, 96
Kielmeyer 61
Kirchhoff 16, 97
Koch, Franz 107
Kopernikus 69
Koskimies 103
Krehl 12, 44
Ku Hung Ming 49
Langenbeck 69
de Lapouge 38, 105
LeBon 50
Leonardo 30
Lessing 7, 37, 81
Leukipp 77
Liek 32, 55, 64
Longfellow 69
Lukretius 92
Marc Aurel 47
Marcion 77
Maupertuis 108
Mayer, Rob. 27, 35
Melanchthon 22, 30
Mesmer 63
Michelangelo 85
Mittasch 15, 25, 39, 43, 93, 96
Moltke 31, 65, 66, 80, 81, 87
Montaigne 16, 70
Morgenstern 68
Morton 44
Newton 24, 71
Nicolaus Cusan. 77
Niebuhr 70
Nippoldt 104
Ohm 54
Paracelsus 17, 47, 65
Parmenides 53
Pasteur 72
Pauly 92
Petersen 34
Phidias 76
Picard 54
Pindar 23
Planck, M. 31
Platon 17, 68, 69, 70
Plotin 17, 47
Poincare, H. 72, 75
Pythagoras 17, 30, 48, 53, 77, 93
Rädl 59
Ranke 51, 63, 81, 83
Regener 54
Reuter, H. 78
Richelieu 63
Rodbertus 87
Roderich a Castro 89, 92
Rosenbach, Ott. 19
Rudolphi 44, 105
Ruysch 99
Schiller 7, 16, 22, 31, 49, 60, 63, 81, 82, 86
Schleiermacher 70
Schlieffen 80
Schönbein 85, 94
Schopenhauer 19, 40, 69, 72
Seeckt 28, 104
Senac 99
Seneca 22, 56
Seydlitz 90
Shaftesbury 47
Shakespeare 62
Siemens 16, 69, 81
Sophokles 83
Stahl, G. E. 49, 70, 80
Stokes 20
Strebel 27, 85
Sylvius, de le Boe 42, 44
Terenz 67
Trendelenburg 91
Valentinus 48
Vauvenargues 17, 57, 83
Vesal 70
Virchow 44, 60, 65, 80
Virgil 79, 101
Voltaire 65
Wallenstein 63
Weber, Gebrüder 16, 33
Weyl 40
Wieland 40, 42
Windelband 36
Wirdig 45
Wolf, Chr. 20
Wunderlich 105
Wundt, W. 14, 24, 40, 75, 81, 103
Xenophanes 53

STICHWORTE

Ablenkung 15, 77, 93
Abstumpfung 55, 58
Abtrennung 66
Aether 26, 30, 100
Analogie 26, 68
Anlehnung 57, 62, 66
Ansprechbarkeit 14, 21, 24, 29, 37, 54,58, 70, 77, 79, 81, 84ff., 94
Anziehung 24, 41
Antennen 57, 62, 78, 52
Archaeologen 97
Astronomie 69
Aufmerksamkeit 19, 21, 24
Auge 37, 61, 74, 77
Ausstrahlung 40ff., 42, 53, 65
Avitaminosen 62, 67, 62
Befangenheit 43
Befinden 12
Begeisterung 58
Beispiel s. Vorbild Berührung 12, 61 ff.
Bestattungsfeiern 71
Bewußtsein 73
Bindungsenergie 46, 48
Billard 76, 79
Bilder 72, 76
Blicke 37, 43
Blinde 77
Blitz 19
Blütezeiten 81
Brandung 25, 33
Briefwechsel 56
Brücke 39
Charme 46
Chemie 39, 41, 49, 55, 63, 78, 87, 94, 96, 101
Chirurgie 69
Chorführer 81
Conatus 19
Denkgesetze 31
Diapsychicum 55, 68, 75, 101
Diät 98
Dielkometer 29
Differenzierung 67
Doppelbegabung 81
Drall 34
Dynamomaschine 25
Echolot 59
Ehen 23, 57, 63
Eigenschwingungen 39, 44, 90 ff.
Einkerkerung 67
Einsamkeit 56, 57
Elastizität 26, 34, 99, 101
EIektrone 34, 36, 39, 40
Entpersönlichung 63
Entropie 51
Erinnyen 29, 68
Fading 27
Farben 14
Fata morgana 87
Ferngeschütze 54
Fortpflanzung 80
Freundschaft 16, 49, 62
Ganzheit 37, 40, 45, 48, 51, 53
Gebärfähigkeit 22
Gedächtnis 73
Gehirn 41, 69, 72, 91
Geist 46, 68, 71, 81
Gemüt 39
Gene 59
Genealogie 50
Geruch 41
Gift 67, 74, 85
Glaube 23, 64
Glaubenskriege 50, 78
Gleichung, persönliche 14
Glück 42
Grundwasser 81
Haare 38, 40
Haargefäße 99
Haftpsychose 67, 105
Handbücher 68
Harmonie 59, 74
Haß 15, 17, 78
Heilung 63
Heimweh 40
Herz 99
Hilfskonstruktion 11
Hochspannung 45
Homöopathie 95
Hypothese 75
Hysteresis 91
Idee 24, 30, 46, 48, 51, 69, 72, 80, 96, 101
Influenz 78
Innungen 50
Instinkte 100
Interesse 37, 59
lonier 53, 80
Irradiation 26
Irrationales 13, 52, 96
Kalorien 97
Kammermusik 76
Katalyse 15, 20, 25, 39, 43ff., 57, 85, 90, 93
Kernphysik 36
Klima 28, 68, 86
Kongresse 56
Kontakt 12, 25
Konstitution 37, 58, 90, 92, 98
Kraftfeld, elektrisches 28, 40
Kraftfeld, psychisches 41, 44, 47, 51, 55, 61, 64, 69, 76, 93, 101
Krankheit 39, 57, 62, 85, 89, 95, 102
Krebs 58
Kreisbewegung 31, 33
Kristalle 75, 89
Kugel 87
Kunst 54, 57, 77, 83, 96, 103
Lebenselixier 66
Lebenskraft 46, 61, 78, 95, 96
Lichtreligion 72
Liebe 15, 25, 91, 105
Literatur 34
Luftveränderung 16
Magie 64, 71
Majorität 99
Magnetismus 47, 63, 65, 72, 75, 78
Männer, große 79, 82, 87
Massen 63
Massendefekt 46
Materialisierung 36, 42, 47, 52
Mesmerismus 63
Meteorologie 27
Mienenspiel 38
Migrationen 75
Mikroskop 53, 84
Mimik 38
Mißbrauch 55
Musik 77
Mütter 83
Nerven 41
Nihilismus 64
Nordlicht 21
Oszillieren 35
Ozon 20
Paradiesidee 87
Parteien 50, 56
Persönlichkeit 47, 63
Pflanzenleben 73
Pflanzensoziologie 74
Phantasie 11, 36, 49, 52, 64, 83
Pleroma 48, 61
Positron 20, 36
Potentiale 13, 27, 50, 67, 77, 79
Prismen 17, 79
Prodromalstadium 27
Propheten 88
Radiostörungen 27
Rassenstrahlung 49, 90
Ratio 18, 22, 42, 52, 88, 94
Rauchen 99
Raum 53 ff., 87
Reaktion 56
Redner 41
Reflexe, psych.-galv. 39, 87
Reflexion 18, 38
Reklame 55
Religiosität 71, 76, 98
Resonanz 21, 24, 28, 30, 37, 43, 47, 50, 54, 59, 67, 91
Reue 29
Revolution 35, 50, 100
Romantik 94
Ruhe 82, 89
Sammellinse 17, 79
Schauspieler 61
Schuld 74
Schulung 29, 80
Schwangerschaftspsychose 23
Seelenwanderung 35
Seismograph 52
Sitten 21
Sonne 98, 100
Spektraltypen 60
Spektrum 18
Spirale 11, 32ff., 85
Spitzenentladung 38
Sterne 100
Strahlen 13, 15, 42, 47, 53, 56ff., 59, 61, 66, 71, 74, 82, 88, 92, 100, 105
Suggestion 50, 65, 93, 99
Sympathicus 62, 66
Theater 80
Therapie 62, 63, 70
Tierbändiger 74
Tierfreundschaften 49
Totemismus 75
Troposphäre 55
Trinken 99
Typen 59
Überreizung 5 5 ff.
Unendlichkeit 47, 57, 70, 76, 83
Universum 51, 54, 69, 95
Unsterblichkeit 68
Untergang 23, 50
Untermensch 22, 50, 100
Urkraft 42, 47
Vacua 78
Vererbung 35, 58
Vergangenheit 86
Verknotung 17, 52
Verstehen 54
Vielgeschäftigkeit 23
Volk 97
Vorausfühlen 27 ff.
Vorbilder 21, 23, 70
Wechselwirkungen 18ff., 21, 23, 30, 37, 52, 62, 66, 72, 87
Wellen 26ff., 31, 37, 82
Weltseele 69, 75
Werden 96
Wetterfühlen 28
Wirbel 31, 33, 57
Wirkung, chronische 43
Wunder 55
Zauber 55, 64
Zeit 53 ff., 86, 91
Zeitlupe 70
Zeitraffer 70
Zeitpunkt 23, 90
Zerstrahlung 36
Ziele 22, 87, 88
Zivilisation 107
Zusammenhänge 69, 71, 76, 84, 86, 94
Zünfte 50, 56
Zweckmäßigkeit 97
Zwischenmenschliche Beziehungen 12, 101

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